Film | Nummer 415 - Januar 2009

Ein Klo für den Papst

Ein Film über Träume, Taten und die Ironie des Schicksals

Raphael Schapira

Als sich Papst Johannes Paul II. auf einen Besuch ankündigt, wird das verschlafene Nest Melo im Nordosten Uruguays kräftig wachgerüttelt. Neben der Aussicht auf ein bisschen Seelenheil wittern die Bewohner des Städtchens das Geschäft ihres Lebens: nach Medienberichten sollen bis zu 50.000 BesucherInnen anreisen, um seine Heiligkeit zu sehen. Während die einfachen Leute von Melo den TouristInnen Essen verkaufen wollen, hofft der Gelegenheitsschmuggler Betto, mit einem vom ihm gebauten öffentlichen Klohäuschen ein paar Pesos extra zu verdienen. Allerdings stellt sich dessen Bau als eine echte Herausforderung dar – woher soll das Geld für das benötigte Baumaterial kommen? Das bisschen Angesparte wird von Ehefrau Carmen sorgfältig bewacht und ist für die Ausbildung von Tochter Sylvia vorgesehen, die von einer Zukunft als Radiomoderatorin in der fernen Hauptstadt Montevideo träumt. Als nun auch noch die üblichen Abnehmer seiner Schmuggelware abspringen, sitzt Betto verschuldet und mit einem nur halbfertigen Klohäuschen ganz schön tief in der Patsche. Der Pakt mit dem örtlichen Zollchef entpuppt sich als Falle und nur mit letzter Kraft schafft es Betto, am entscheidenden Tag sein Klohäuschen einsatzbereit zu bekommen. Doch der erhoffte Reibach bleibt aus.
Der Papstbesuch in Melo fand 1988 tatsächlich statt. Für ihren Film nehmen die beiden Regisseure Enrique Fernández und César Charlone diesen zum Anlass, von den Träumen der einfachen Leute und den Hoffnungen auf ein besseres Leben zu erzählen. Obwohl die dafür benutzte Filmsprache teilweise oberflächlich ist und der Film gegen Ende etwas langatmig wird, überwiegen die interessanten Einstellungen. Mit dokumentarisch wirkenden Szenen schafft es Regisseur Enrique Fernández, ein authentisches Gefühl für die Charaktere und deren Leben zu vermitteln. Hier zahlt sich aus, dass er selber aus Melo stammt und die Nebenrollen mit Laien aus dem Ort besetzte. Diese Arbeitsweise wurde schon beim Film City of God (2002) angewandt, für den César Charlone eine Oscar-Nominierung für die beste Kamera erhielt. In El Baño del Papa – Das große Geschäft bestechen die eindrücklich fotografierten Landschaftsbilder dieser leicht hügeligen Ecke Uruguays an der Grenze zu Brasilien. Witzig und traurig zugleich ist die kritische Betrachtungsweise des Medienhypes um den Papstbesuch. Das wirtschaftliche Desaster ignorierend, freut sich ein Fernsehmoderator schon auf den nächsten päpstlichen Besuch, der wieder Liebe und Arbeit für alle bringen soll. Hier platzt dem Kinohelden Betto endgültig der Kragen: „Der Papst hat doch keine Ahnung wie es hier in Melo aussieht, wir haben Würstchen bis zum Jahresende!“, ruft er aus und zerschlägt wutentbrannt eine Flasche auf dem Fernseher. Aber etwas Positives hatte der Papstbesuch für ihn dann doch: Das Klohäuschen steht noch und dort kommt Betto auch seine nächste Idee, wie ein paar Pesos extra zu verdienen wären – so leicht lässt er sich nicht unterkriegen. 
// Raphael Schapira

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