Brasilien | Nummer 536 - Februar 2019 | Politik

IM SUMPF VON KORRUPTION UND MAFIA

Bolsonaro-Clan unter Verdacht

Nicht einmal drei Wochen nach der Amtsübernahme erschüttern ungewöhnliche Einzahlungen auf das Konto des Sohnes des Präsidenten und eine mutmaßliche Verbindung zu der Ermordung der Stadträtin Marielle Franco den Antikorruptionsdiskurs der Regierung Bolsonaro.

Von Taina Mansani (Übersetzung: Julia Ganter)

Clan im Blick Flavio Bolsonaro (links im Bild) und sein Vater Jair Bolsonaro (ganz weit rechts), (Foto: Jeso Carneiro/Flickr (CC BY-NC 2.0)

Jair Bolsonaro kam vor allem mit dem – für viele heuchlerischen – Versprechen an die Macht, dass er die Korruption bekämpfen werde. Weniger als einen Monat an der Regierung wird gegen seinen Sohn wegen verdächtiger Bankgeschäfte ermittelt. Außerdem wird eine Verbindung zu dem Tod der linken Stadträtin Marielle Franco vermutet, die im März 2018 erschossen wurde. Der Skandal begann mit Veröffentlichungen in den brasilianischen Medien, dass auf dem Konto von Flávio Bolsonaro, Abgeordneter des Bundesstaates Rio de Janeiro und designierter Senator, ungewöhnliche Geldeinzahlungen verzeichnet wurden. Dieser erhielt in nur einem Monat – zwischen Juni und Juli 2017 – innerhalb von fünf Tagen 48 Bareinzahlungen, immer über denselben Betrag von 2.000 Reais (umgerechnet 460 Euro). Laut eines Berichts der Staatlichen Behörde für die Kontrolle von Finanzaktivitäten (COAF), die dem brasilianischen Wirtschaftsministerium untersteht, konnten die Urheber der Einzahlungen nicht identifiziert werden. Allerdings vermutet die COAF aufgrund der Merkmale der Einzahlungen, dass Bolsonaros Sohn versucht haben könnte, den Ursprung von 96.000 Reais (umgerechnet 22.240 Euro) zu verschleiern.

Die Informationen wurden am 18. Januar in der landesweiten Hauptnachrichtensendung Jornal Nacional veröffentlicht und führten zu einer Krise, die die kürzlich gewählte Regierung erschütterte. Es besteht der Verdacht, dass Beamte aus den Abgeordnetenbüros der Gesetzgebenden Versammlung von Rio de Janeiro einen Teil ihrer Gehälter zurückgezahlt haben, eine Praxis, die als illegal angesehen wird. Eine weitere Vermutung ist, dass Fabrício Queiroz, Militärpolizist und ehemaliger Berater von Flávio Bolsonaro, für das Eintreiben eines Teils der Gehälter anderer Berater aus dem Abgeordnetenbüro von Flávio Bolsonaro verantwortlich war.  Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit etwa sechs Monaten gegen Queiroz wegen Geldwäsche. Im Oktober 2018 wurde er aus dem Büro von Flávio Bolsonaro entlassen. Im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Rio de Janeiro wurde Queiroz für eine ungewöhnliche Finanztransaktion von 1,2 Millionen Reais zwischen 2016 und 2017 verantwortlich gemacht. Eine der Transaktionen betrifft Schecks in Höhe von 24.000 Reais (5.560 Euro), die an die neue First Lady, Michelle Bolsonaro, gingen. Flávio Bolsonaro muss sich als neu gewählter Senator jedoch keinem Gerichtsverfahren unterziehen. Seine Rolle wird in einer internen Untersuchung der Staatsanwaltschaft Rios – dem so genannten Kriminalermittlungsverfahren (PIC) zur Untersuchung möglicher Rechtsverstöße – geklärt.

Laut Untersuchungen der Staatsanwaltschaft von Rio de Janeiro war der ehemalige Polizeibeamte Adriano Magalhães da Nóbrega das mögliche Bindeglied zwischen der Ermordung der Stadträtin Marielle Franco und Flávio Bolsonaro. Das Büro des Abgeordneten Bolsonaro beschäftigte bis November 2018 die Mutter und die Frau von Nóbrega, den die Staatsanwaltschaft Rio als Kopf der Miliz „Escritório do Crime“ betrachtet, die des Mordes an Marielle Franco verdächtigt wird. Laut der Tageszeitung Jornal o Globo ist Nóbrega ein Freund des ehemaligen Beraters von Flávio Bolsonaro, Fabrício Queiroz. Die Mutter von Nóbrega, Raimunda Veras Magalhães, sei eine der Mitarbeiterinnen, die das Geld an Queiroz weitergegeben habe. An dem Skandal, der die brasilianischen Presse im ersten Monat der Regierung von Bolsonaro dominiert, ist auch das Oberste Bundesgericht Brasiliens (STF) beteiligt. Am 16. Januar setzte der Minister des STF, Luiz Fux, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Queiroz aus, nachdem Flávio Bolsonaro eine gerichtlichen Anfrage dazu gestellt hatte. Der Sohn des Präsidenten argumentierte, dass die Untersuchungen vom STF und nicht von der Staatsanwaltschaft Rio de Janeiros durchgeführt werden sollten. Ein Anliegen, das für viele den Versuch darstellt, allgemeines Recht zu umgehen, denn am 1. Februar tritt Flávio Bolsonaro sein Mandat im Senat an, so dass er politische Immunität erhält und zudem berechtigt ist, ausschließlich Verfahren vor höheren Gerichten zu erhalten. In den sozialen Netzwerken mangelt es angesichts der Ermittlungen nicht an Kritik am gewählten Präsidenten Jair Bolsonaro. Während seines Wahlkampfes erschien er in einem Video neben seinem Sohn und erklärte, er wolle „diesen Mist der politischen Immunität“ nicht. Sein Sohn Flavio beantragt nun die Aussetzung der Ermittlungen gegen Queiroz am STF, um seine politische Immunität zu nutzen.

 

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