Literatur | Nummer 552 - Juni 2020

LYRIK AUS LATEINAMERIKA

Ein Gedicht von Christian Formoso

Von Christian Formoso, Übersetzung: Odile Kennel

Illustration: Joan Farías Luan, www.cuadernoimaginario.cl

Fines del siglo XVI (1584), Pedro Sarmiento de Gamboa, a bordo del bajel «Nuestra Señora de la Esperanza», fundó la “Ciudad del Rey Don Felipe», hoy «Puerto del Hambre»: el sitio es testamento mudo del primer enclave español a orillas del Estrecho; murieron allí 300 colonos que quedaron esperando ese barco: “Nuestra Señora de la Esperanza”.

 

EN PUERTO DE HAMBRE UN NIÑO PIDE ENCONTRAR LA ESPERANZA

 

Detrás de la pared de la iglesia
yo pinté el ese barco que yo pido
para Navidad, yo pido cien barcos
entrando en el Puerto antes
que yo sea grande quiero
y también cien barcos de juguete
y un árbol lleno
de cosquillas, de terror.
Pero mejor los barcos y no
más lágrima para mi hermano, ni palabra
de mi madre, sino barcos
ese barco, uno, por favor
te prometo, portarme
bien yo quiero
que los barcos
me lleven hasta el sol.
Muchos más barcos quiero
cien más barcos, mejor
que sean mil.

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Ende des 16. Jahrhunderts (1584) gründete Pedro Sarmiento de Gamboa an Bord des Fregattenschiffs „Nuestra Señora de la Esperanza“ (Unsere Liebe Frau der Hoffnung) die „Ciudad del Rey Don Felipe“ (Stadt des Königs Don Felipe), heute „Puerto del Hambre“ (Hafen des Hungers): Der Ort ist stummer Zeuge der ersten spanischen Enklave an der Magellanstraße; 300 Siedler verhungerten dort, weil das Schiff „Unsere Liebe Frau der Hoffnung“ nie zurückkam.

 

IN PUERTO DEL HAMBRE WÜNSCHT SICH EIN KIND, DIE HOFFNUNG ZU TREFFEN

 

Hinten auf die Wand von der Kirche
hab ich das Schiff gemalt, was ich mir wünsche
zu Weihnachten, ich wünsch mir hundert Schiffe,
die in den Hafen laufen, bevor
ich groß bin, genau, und außerdem
hundert Spielzeugschiffe
und ein Baum voll mit
Kitzeln, mit Schreck.
Aber lieber Schiffe und keine
Tränen mehr für meinen Bruder oder Wörter
von meiner Mutter, einfach nur Schiffe,
dieses Schiff, nur eins, bitte bitte
ich versprech dir, ich bin auch
brav, ich will,
dass die Schiffe
mich mitnehmen zur Sonne.
Und noch mehr Schiffe will ich, noch
hundert Schiffe mehr, noch besser
wären tausend.

Christian Formoso (*1971 in Punta Arenas, Chile) ist Dichter, Literaturwissenschaftler und Dozent an der Universidad de Magallanes sowie korrespondierendes Mitglied der Chilenischen Sprachakademie. Er hat sechs Gedichtbände veröffentlicht und wurde mehrfach für seine Werke ausgezeichnet, unter anderem zweimal mit dem Binationalen Literaturpreis Patagoniens. Zuletzt erschienen ist El milagro chileno (2018), herausgegeben von der Stiftung Pablo Neruda.

Odile Kennel ist eine deutsch-französische Lyrikerin, Autorin und Übersetzerin. Sie veröffentlichte zwei Romane, Was Ida sagt (2011) und Mit Blick auf See (2017) sowie die Gedichtbände oder wie heißt diese interplanetare Luft (2013) und Hors Texte (2019). In ihrer Übersetzung erschien zuletzt Senhor Roubado der portugiesischen Dichterin Raquel Nobre Guerra (2019) und Ode an den Champagner (2018) des französischen Dichters Jacques Darras.

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