Literatur | Nummer 593 - November 2023

Lyrik aus Lateinamerika

Ein Gedicht von Sandra Rosas

Von Sandra Rosas (Übersetzung: Inés Noé)
Illustration: Joan Farías Luan

UN RUIDO LLENA LAS HOJAS

Nosotros en el campo
rodeados por la nada
abrazados por el trigo.

Un inodoro en medio de un descampado.
No tengo pena, me digo. Hasta que apareces tú
y tus enormes piernas me llevan hacia el campo.

Nosotros en el campo con la vida recién estrenada y
tus zapatos de granjero amasando las orillas de la hierba.
Nosotros en el campo donde tú me has llevado
caminando sin rumbo.

De pronto un ruido llena las hojas.
Recuerdo que mi teléfono se ha hecho pedazos y
solo el campo nos escucha.

Cuando llegamos a la orilla donde una casa
—apenas construida—
se hace mesa
recuerdo que has olvidado al perro y tu mochila.
Me echo a reír sobre las hojas
hasta que me doy cuenta de que te has ido.

EIN RAUSCHEN ERFÜLLT DAS LAUB

Wir auf dem Feld
vom Nichts umgeben
vom Weizen umarmt.

Ein Toilettenbecken mitten auf dem Brachland.
Ich glaube schamlos zu sein, bis du auftauchst
und deine riesigen Beine mich aufs Feld tragen.

Wir auf dem Feld
mit frisch eingeweihtem Leben
und deine Bauernschuhe
zerdrücken den Wiesenrand.

Wir auf dem Feld.
Du brachtest mich her
nach ziellosem Umherstreifen.

Plötzlich erfüllt ein Rauschen das Laub.
Ich erinnere mich, dass mein Telefon aufgab
und nur das Feld uns hört.

Als wir zum Ackerrand gelangen,
wo ein nie fertiggestelltes Haus
uns zum Tisch wird,
hast du Hund und Gepäck vergessen.

Ich lache über das Laub
bis ich bemerke, dass du gegangen bist.

Sandra Rosas, Master of Arts von der Freien Universität Berlin. Sie hat zwei Gedichtbänder veröffentlicht: Blinde Pupillen/ Pupilas ciegas (KLAK Verlag, 2019) und El mar que no vio mamá (LP5 editora, 2023). Sie war am Anfang des Jahres 2023 Stipendiatin der Berliner Senat (nicht deutschsprachige Literatur).

Inés Noé (Berlin, 1991) hat Kultur- und Literaturwissenschaften in Frankfurt (Oder) und Buenos Aires studiert. Nach Aufenthalten in Bolivien, Chile, Argentinien und Kasachstan lebt sie in Berlin. Sie ist seit 2020 ehrenamtliches Redaktionsmitglied von alba.lateinamerika lesen und übersetzt aus dem Spanischen ins Deutsche.

Die Übersetzung dieses Gedichts wurde durch das Siesta Festival 2023 ermöglicht und ist in dessen Rahmen entstanden.

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