Kolumbien | Nummer 310 - April 2000

Pastrana hat noch keinen Plan

Demokraten und Republikaner in den USA üben am Plan Kolumbien Kritik – und den Wahlkampf

Im letzten Jahr stellte Präsident Pastrana den Plan Kolumbien vor, der das Land aus der wirtschaftlichen, sozialen und staatlichen Krise führen soll. Dieser ist über sieben Milliarden US-Dollar schwer und soll zur Hälfte durch das Ausland finanziert werden. Dass die USA als erster Geldgeber bereitstehen würden, war beinahe zu erwarten, ebenso wie die Ausrichtung: Über 80 Prozent des Geldes sollen militärischen Zwecken dienen. Kritik hätten US-Präsident Clinton und Außenministerin Albright deshalb wohl weniger aus heimischen Landen erwartet. Aber in den USA steht das Finanzierungspaket jetzt vor erheblichen Problemen, die benötigte Abstimmungsmehrheit im Kongress zu bekommen.

Tommy Ramm

Nachdem die US-Regierung für den Plan Kolumbien im Januar finanzielle Unterstützung in Höhe von knapp 1,6 Milliarden US-Dollar zugesichert hatte, mußte dieser nur noch den Senat passieren. Eigentlich kein Problem, wären nicht im November Präsidentschaftswahlen. Für die Republikaner ein willkommener Anlass, sich auf den Wahlkampf einzustimmen und auf Konfrontationskurs zu gehen. Auf deren Stimmen ist nun aber die Clinton-Regierung angewiesen, will sie eine Mehrheit für das Finanzpaket bekommen, dass voraussichtlich in der letzten Märzwoche abgestimmt werden soll.
Pastranas Plan Kolumbien umfasst ein Gesamtvolumen von 7,5 Milliarden US-Dollar und soll eine Umstrukturierung des Staates innerhalb von drei Jahren vorantreiben. Für einen Großteil der benötigten Gelder wirbt die kolumbianische Regierung im Ausland, besonders in der EU und den USA. Letztere haben bereits genannte 1,6 Milliarden versprochen, allerdings überwiegend in Form militärischer Ausrüstung, was zu einem Vertrauensverlust bei den Verhandlungspartnern im kolumbianischen Friedensprozess geführt hat (siehe LN 308).
Die Gründe für die jetzige Haltung der Republikaner sind wohl kaum pazifistischer als vielmehr taktischer Natur. Denn die Gelder für den Plan Kolumbien gehören zu einem Gesamtpaket in Höhe von neun Milliarden US-Dollar. In diesem sind neben Kolumbien auch Finanzhilfen für das Kosovo und Osttimor enthalten, wie auch Gelder für US-Bundesstaaten, die von Naturkatastrophen heimgesucht wurden.
Trent Lott, Vorsitzender der republikanischen Mehrheit im Senat, kündigte nun Widerstand gegen dieses Paket an. Er fordert, dass die Kolumbiengelder nicht im Gesamtpaket verabschiedet werden sollten, sondern im normalen Haushaltsplan unter „außenpolitische Angelegenheiten“ eingebettet sein müssten.
Der Knackpunkt an dieser Argumentation: Sollten die Republikaner das Finanzpaket in der Abstimmung durchfallen lassen, um es in den normalen Haushaltsplan zu integrieren, würden die Gelder erst Mitte 2001 nach Kolumbien fließen. Im laufenden Haushalt ist nichts mehr zu holen. Der Unterschied wäre zudem, dass dann wo möglich George Bush jr. im Weißen Haus wohnt, der vielleicht eigene Pläne hat.

78 Stimmen fehlen für den Plan Kolumbien

Doch damit noch nicht genug mit dem taktischen Geschacher. Einige Abgeordnete versuchen im Sinne der Kostenreduzierung am Paket Veränderungen vorzunehmen. So gibt es den Vorschlag einiger Republikaner, die 375 Millionen US-Dollar für 30 Black Hawk Kampfhubschrauber einzusparen und lieber für den billigeren Typ UH-1H zu verwenden. Wohl nicht ganz zufällig kommen diese Senatoren aus den Bundesstaaten, wo dieser Hubschraubertyp hergestellt wird. Dagegen sträubt sich wiederum eine andere Gruppe um Senator Christopher Dodd, in dessen Bundesstaat Connecticut die Black Hawk-Firma ihren Standort hat.
Während die Republikaner eher die finanzielle Seite in Frage stellen, müssen Präsident Clinton und seine Außenministerin im eigenen demokratischen Lager Stimmen sichern. Bei Redaktionsschluss lag die Anzahl der sicheren Stimmen für das Finanzpaket bei 140. Insgesamt werden 218 benötigt. Fehlen also noch 78, darunter viele Demokraten.
Einige davon können nicht erkennen, wie das Geld der Zivilgesellschaft helfen soll, wenn der Großteil für Militärausgaben eingeplant ist. Zudem wird das Problem des Paramilitarismus ins Feld geführt. Unter der Pastrana-Regierung soll sich die Zahl der Kämpfer bei den Todesschwadronen allein im letzten Jahr auf 5.000-7.000 fast verdoppelt haben.
An Schärfe hat diese Diskussion noch zugenommen, als in der New York Times Zahlen veröffentlicht wurden, wonach allein im letzten Jahr knapp 350.000 Menschen Kolumbien verlassen haben sollen und die Hälfte der kolumbianischen Bevölkerung bereit wäre, das Gleiche zu tun. Bei einer Intensivierung der Militäroperationen erwartet man weit höhere Zahlen.

Erst Kolumbien, dann Mexiko…

Sollte der Plan Kolumbien kein grünes Licht bekommen, orakeln die BefürworterInnen schon mal dunkle Szenarien. So etwa die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein: „Wenn Kolumbien in die Hände einer Allianz des Drogenhandels mit der linken Guerilla fällt, dehnt sich das Problem auf Mexiko aus.“ Noch bizarrer gibt sich Senator Bob Graham aus Florida. Er sieht gleich den halben Kontinent in Gefahr, sollte Kolumbien fallen.
Eines wird deutlich: Der Plan Kolumbien zeigt schon jetzt seine Auswirkungen, ob im US-amerikanischen Wahlkampf oder in Kolumbien. Dabei spielt es keine Rolle, ob das jetzige Finanzpaket von den USA abgesegnet wird oder nicht.
Irgendeine Form der Finanzierung des kolumbianischen Militärs wird es wohl dennoch geben. Dafür sind die Stimmen in diese Richtung nur allzu deutlich. Sollte der aktuelle Plan Kolumbien erfolgreich durch die US-Instanzen gehen, werden die USA weit mehr als bisher in den Konflikt involviert sein.
Was einige euphorisch als konsequente Drogenbekämpfung feiern, sehen kritische Stimmen als neues Vietnam am Horizont heraufziehen. So stellt etwa die Washington Post die Frage: „Wo ist das Vietnam-Syndrom, wenn wir es brauchen?“
Und in Kolumbien selbst? Präsident Pastrana wird vermutlich unruhige Tage verbringen. Zu viel steht für ihn auf dem Spiel. Sollten sich die Republikaner damit durchsetzen, die Kolumbiengelder erst in den Haushalt 2001 einzuplanen, hätte er nur noch etwa ein Jahr seiner Amtszeit zur Verfügung, um mit der Umsetzung des Milliardenprojekts beginnen zu können. Wer weiß schon, wer danach Präsident wird und vor allem, was noch alles davor passieren wird. Jedenfalls hat er seine halbe Ministerriege in Richtung USA in Gang gesetzt, um für seinen Plan zu werben.

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