Guatemala | Nummer 284 - Februar 1998

„Versöhnung ist nur eine Utopie“

Interview mit Helen Mack über Menschenrechte, Straffreiheit, die Suche nach Wahrheit und den Umgang mit der Vergangenheit in Guatemala

Am 11. September 1990 wurde die Anthropologin Myrna Mack, die den Staatsterror gegen die Zivilbevölkerung im guatemaltekischen Hochland und die Situation der Kriegsvertriebenen und -flüchtlinge untersuchte, vom Militär ermordet. Ihre Schwester Helen Mack ging auf die Suche nach den Tätern, machte die Verantwortlichkeit hoher Offiziere publik und erreichte die Verurteilung des ausführenden Soldaten. Die Auftraggeber, ein General und zwei Obristen, hofft sie in den nächsten Monaten vor Gericht zu bekommen. Für ihren mutigen, aber auch gefährlichen Kampf um Gerechtigkeit – sie wurde selbst mehrmals mit dem Tode bedroht – erhielt sie 1992 den „Alternativen Friedensnobelpreis“. Mit dem Preisgeld gründete sie die „Stiftung Myrna Mack“, zu deren Arbeitsschwerpunkten die Menschenrechtsarbeit und die Reform des Justizsystems gehören. Helen Mack sieht das Friedensabkommen vom 29. Dezember 1996 und die aktuelle Lage der Menschenrechte in Guatemala wesentlich kritischer als die Regierung und die ehemalige Guerilla URNG („Nationale Revolutionäre Einheit Guatemalas“). Sie kritisiert beide Seiten für deren fehlendes Interesse an der Aufklärung der Vergangenheit. Die Lateinamerika Nachrichten sprachen mit Helen Mack am 28. November 1997 in Berlin.

Michael Krämer

Nach 36 Jahren Bürgerkrieg unterzeichneten die guatemaltekische Regierung und die URNG am 29. Dezember 1996 ein Friedensabkommen. Wie hat sich die Menschenrechtssituation seitdem entwickelt?

Wenn wir uns auf eine traditionelle Definition der Menschenrechte beschränken, also vor allem auf die politischen und individuellen Rechte, ist die Quantität der Menschenrechtsverletzungen zurückgegangen. Qualitativ hat es längst nicht so viele Fortschritte gegeben. Noch immer werden Menschen aus politischen Gründen ermordet. Zum Beispiel wurde vor kurzem im Departement Quiché ein Maya-Priester getötet, der sich um die Freilegung eines Massengrabes mit Opfern eines Massakers des Militärs bemüht hatte.
Betrachten wir die Menschenrechte hingegen umfassender, also unter Einschluß der ökonomischen und sozialen Rechte, deren Verletzung eine wichtige Kriegsursache war, so sind wir nach wie vor sehr weit von der Einhaltung der Menschenrechte entfernt. Das Friedensabkommen hat an den ungerechten sozio-ökonomischen Strukturen gar nichts verändert. Im Gegenteil: Durch die neoliberale Regierungspolitik verschlechtert sich die Lage der armen Bevölkerungsmehrheit noch weiter.

Wie können die „Organisationen der Zivilgesellschaft“, wie es in Guatemala so schön heißt, auf diese Situation Einfluß nehmen?

Einerseits sind die unterschiedlichsten sozialen Sektoren und Organisationen an verschiedenen Kommissionen beteiligt, die im Rahmen des Friedensprozesses gebildet wurden. In diesen erarbeiten wir Vorschläge, wie die Friedensabkommen umgesetzt werden oder neue Gesetze aussehen sollen. Aber andererseits haben wir Angst, daß auf unsere Vorschläge kaum eingegangen wird und die Reformen oberflächlich bleiben. Insgesamt sind wir damit überfordert. Die sozialen Bewegungen sind nicht ausreichend auf die Veränderungen und die Arbeit, die der Friedensschluß mit sich brachte, vorbereitet.

Es gab einigen Streit um das Teilabkommen über die Wiedereingliederung der Guerilla und das Versöhnungsgesetz, das gegen Ende der Verhandlungen im Eiltempo verabschiedet wurde. Wie wurde das Gesetz bislang gehandhabt?

Das Abkommen und vor allem das Versöhnungsgesetz waren in der Tat sehr umstritten. Das Teilabkommen über die Versöhnung war schon unzulänglich. Das anschließend in nur drei Tagen im Parlament durchgepeitschte Versöhnungsgesetz begünstigt das Militär gegenüber der Guerilla URNG [das Gesetz sieht vor, daß alle Menschenrechtsverletzungen, die direkt im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg begangen wurden, amnestiert werden; die Red.]. Besonders wenn man an den Zustand unseres Justizsystems denkt, bestand zu Recht große Angst, daß es für eine allgemeine Amnestie eingesetzt wird. Bislang kam es allerdings besser als erwartet. Immerhin wurden rund 50 Amnestiegesuche von Militärs abgelehnt. In drei Fällen wurde URNG-Mitgliedern die „Wiedereingliederung ins Zivilleben“ ermöglicht.
Diese insgesamt positive Entwicklung wurde nicht zuletzt durch die Proteste der „Allianz gegen die Straffreiheit“ erreicht, die sich gegen die Amnestie von Menschenrechtsverletzungen einsetzt. [Die alianza contra la impunidad ist ein Zusammenschluß von Menschenrechtsorganisationen und kirchlichen Einrichtungen, dem auch die Stiftung Myrna Mack angehört; die Red.]

Wie erklärst Du Dir, daß die URNG das Amnestiegesetz akzeptiert hat?

Schließlich wird durch das Gesetz die strafrechtliche Aufarbeitung der allermeisten Menschenrechtsverletzungen der Kriegszeit unmöglich.
Die URNG war zum Ende der Verhandlungen in einer Position der Schwäche. Während der Verhandlungen über das Abkommen zur Wiedereingliederung der URNG wurde die Entführung der Señora de Novella aufgedeckt. [Entführung der Industriellen-Greisin Olga de Novella im Herbst 1996 durch ein angeblich autonom agierendes Kommando der URNG-Teilorganisation ORPA, die von einer Sondereinheit des Militärs beendet wurde. Der Verantwortliche der Aktion, Comandante Isaías, wurde bei der Aktion verhaftet und nach geheimen Absprachen zwischen URNG und Regierung, die den Verhandlungsprozeß nicht gestört sehen wollten, wieder freigelassen. Nachdem der ganze Fall in der Öffentlichkeit bekannt wurde, kam es zu einer vorübergehenden Unterbrechung der Verhandlungen. Schließlich mußte Rodrigo Asturias, einer der historischen Führer der URNG, aus der Verhandlungskommission zurücktreten. Der politische Schaden für die URNG war enorm; die Red.]
Durch den Fall Novella hatte die URNG keine moralische Autorität mehr, um sich klar gegen eine Amnestieregelung auszusprechen. Auch anderweitig protestierte kaum jemand gegen die Amnestieregelung, und die es taten, wurden heftig angefeindet. Als „Allianz gegen die Straffreiheit“ wurden wir sogar beschuldigt, gegen den Friedensprozeß zu sein. Dabei ging es uns gerade darum, den Gehalt des Friedensprozesses zu retten und die Amnestie von Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.
Die Verhandlungsparteien haben uns zwar angehört und zumindest einige unserer Forderungen in den Abkommenstext aufgenommen. Aber es gehörte schließlich zum vereinbarten Verhandlungsmechanismus, daß die Organisationen der Asamblea de la Sociedad Civil („Versammlung der Zivilgesellschaft“) offiziell Vorschläge an die Verhandlungsparteien unterbreiten können.

Die Auseinandersetzung mit der URNG ging nach dem Amnestiegesetz ja noch weiter…

Da ging es vor allem um den „Fall Mincho“. Mincho war an der Entführung von Frau Novella beteiligt und wurde von dem Spezialkommando der Armee verhaftet und später zu Tode gefoltert. Die Guerilla machte die Verhaftung von Mincho nicht öffentlich. ORPA-Chef Rodrigo Asturias hatte anfangs sogar dessen Existenz geleugnet. Es gibt die These, daß Mincho noch einen ganzen Monat nach seiner Verhaftung lebte. Der Fall wurde lange Zeit heruntergespielt. Das Verhalten der Guerilla-Führung war für viele, auch für die eigene Basis, eine große Enttäuschung.
Schließlich hat die „Allianz gegen die Straffreiheit“ bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen des Verschwindenlassens von Mincho eingereicht. Die Geschichte hat gezeigt, daß unser Justizsystem nicht funktioniert. Denn das Verteidigungsministerium, das für das Verschwinden von Mincho verantwortlich ist, gibt die Unterlagen nicht frei. Im gesamten Fall Novella-Mincho geht es um die Straffreiheit, sowohl der Regierung als auch der Guerilla.

Kommen wir zurück zu den Menschenrechtsverletzungen während des Krieges. Im Rahmen des Friedensprozesses hat mittlerweile unter der Verantwortung der Vereinten Nationen die „Wahrheitskommission“ ihre Arbeit aufgenommen. Wie beurteilst Du ihre Chancen, zur Aufarbeitung der Vergangenheit in Guatemala beizutragen?

Das Abkommen, auf dessen Grundlage die „Wahrheitskommission“ eingerichtet wurde, grenzt ihre Möglichkeiten stark ein. Zum einen ist sie auf sechs Monate befristet, mit der Möglichkeit einer sechsmonatigen Verlängerung. Das ist einfach zu kurz, um einen umfassenden Bericht vorzulegen. In unserer Gesellschaft herrscht eine Kultur des Terrors: Die Menschen haben große Angst, über das zu sprechen, was sie erlitten haben. Da reicht es nicht aus, daß die Kommission einige Anzeigen veröffentlicht, und schon kommen die Leute und sprechen über ihre Erfahrungen.
In den Gemeinden, die vom Terror des Krieges betroffen waren, wurden die Menschen zudem nicht auf die Arbeit der Kommission vorbereitet. Das führt dazu, daß die Aussagen der Menschen oberflächlich bleiben. Nach all den Jahren der Unterdrückung haben die Menschen kein Vertrauen, wenn jemand kommt, den sie nicht kennen, noch dazu oft aus dem Ausland, und der sie über ihre Erlebnisse während des Krieges befragen will.
Ein weiteres Problem für die Kommission waren ihre finanzielle Schwierigkeiten. Anfangs war die Kommission vor allem damit beschäftigt, Geld aufzutreiben, um geeignetes Personal einzustellen. Dadurch blieb keine Zeit, um eine adäquate Methodologie für die eigene Arbeit zu diskutieren. So sind die ersten zwei Monate vergangen. Als Folge wurde in jeder Region anders verfahren, was es sehr schwer machen wird, die Aussagen zu systematisieren und auszuwerten.

Und wie sieht es mit der Zuarbeit seitens der Armee und der URNG aus?

Keine der beiden Seiten hat der Wahrheitskommission bislang ihre Dokumente zur Verfügung gestellt. Die Armee meint, sie müsse erst noch analysieren, welche Dokumente sie der Kommission übergibt. Diese Informationen werden dann sehr lückenhaft sein. Und die URNG sagt, sie habe ihre Dokumente im Ausland. Aber auch die USA haben ihre Dokumente noch nicht freigegeben. Und im April wird die Kommission ihre Untersuchungen bereits abschließen.
In Guatemala gab es sehr hohe Erwartungen an die Wahrheitskommission. Aber ich glaube, daß die Enttäuschung am Schluß sehr groß sein wird. Es wird ein akademisches Dokument rauskommen, das so etwas wie die offizielle Geschichte des Krieges werden wird. Aber ich glaube nicht, daß der Bericht sein ursprüngliches Ziel erreichen kann: einen Beitrag zur Versöhnung zu leisten, vor allem in den Gemeinden auf dem Land.

Was hältst Du von dem Projekt „Wiedererlangung des historischen Bewußtseins“ (REMHI), einer Art alternativer Wahrheitskommission der katholischen Kirche?

REMHI macht eine sehr seriöse Arbeit. Es ist eine wirkliche Alternative zur offiziellen Wahrheitskommission. REMHI hat sich viel Zeit genommen und über 20.000 Zeugenaussagen gesammelt und analysiert. Außerdem ist für die Zeit nach der Veröffentlichung des Berichts [im kommenden April; die Red.] geplant, den Menschen die Ergebnisse der bisherigen Arbeit „zurückzugeben“ und durch konkrete Arbeit in den Gemeinden zum Prozeß der Versöhnung beizutragen.

Was kann ein Bericht in der Gesellschaft und der Politik Guatemalas bewirken, der keinen offiziellen Charakter hat und nicht von den Verhandlungsparteien vereinbart wurde, sondern von der katholischen Kirche stammt?

Zunächst wird es wohl einige Kritik von Guerilla und Regierung geben, die mit den Ergebnissen des Berichts nicht einverstanden sein werden. Die katholische Kirche gehört jedoch zu den wenigen Institutionen in Guatemala, die noch Glaubwürdigkeit besitzen. Der Bericht wird sicherlich gelesen und diskutiert. Ich habe die große Hoffnung, daß der Bericht von REMHI für das Land von großem Nutzen sein wird.
Vielleicht wird er nicht die gleiche Bedeutung für das offizielle politische Leben haben wie der Bericht der Wahrheitskommission, aber er wird sicherlich großen Einfluß auf die Gesellschaft haben.

Ein Ziel von REMHI war es, die Geschichte des Krieges aus der Sicht der Opfer zu schreiben. Was müßte der Staat Deiner Meinung für die Opfer des Krieges tun?

Zunächst einmal: Die Bedürfnisse der Opfer sind je nach Person und Gemeinde sehr verschieden. So haben einige Gemeinden sehr detailliert die Schäden ausgerechnet, die ihnen während des Krieges zugefügt wurden, und wollen dafür Wiedergutmachung. Anderen geht es vor allem um die moralische Anerkennung ihres Leids. Die Regierung steht, unabhängig davon, was sie zu leisten bereit ist, vor dem Problem, daß sie nicht weiß, wie sie dies finanzieren soll. Die Empfehlungen der Wahrheitskommission werden aber großen Einfluß auf das Entschädigungsgesetz haben, das verabschiedet werden soll.

Im Zusammenhang mit der Entschädigung der Kriegsopfer stellt sich die Frage der Versöhnung. Wie kann diese Deiner Meinung nach erreicht werden?

Es klingt vermutlich sehr negativ, aber für mich ist Versöhnung in Guatemala eine Utopie. Es ist eine Utopie, weil sich nichts wirklich ändert. Das System und die Menschen sind noch nicht reif für Versöhnung.

Was bedeutet für Dich Versöhnung?

Versöhnung heißt für mich, daß die Wahrheit bekannt und Gerechtigkeit geschaffen wird. Und genau dies wird es nicht geben. In Bezug auf den Mord an meiner Schwester Myrna heißt das, daß die Verantwortlichen verurteilt werden. Das Problem ist natürlich, daß die Wahrheit eines Gerichtsverfahrens nicht unbedingt dem entspricht, was tatsächlich geschehen ist. Ich bin überzeugt davon, daß es noch weitere Verantwortliche für die Ermordung von Myrna gibt. Aber ich werde sie niemals vor Gericht bekommen, weil die Militärs einen Schweigepakt geschlossen haben. Mir geht es nicht um materielle Entschädigung, ich will die Verurteilung der Mörder meiner Schwester.

Die Grundlage für Versöhnung ist also die Verurteilung aller, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben?

Für mich ja. Aber andere Menschen können selbstverständlich ganz andere Forderungen haben. Einigen reicht es bereits, wenn anerkannt wird, daß sie zu unrecht verfolgt wurden, oder daß sie erfahren, wo das Grab ihres Angehörigen ist. Ich habe nicht das Recht, für andere zu sprechen. In den vergangenen Jahren habe ich aber mit sehr vielen Opfern gesprochen, für die es schon ein großer Schritt wäre, wenn die Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen ihre Schuld eingestehen und sich bei den Opfern entschuldigen würden. Es gibt jedoch eine unglaubliche Arroganz von Seiten der Täter.
Daran hat sich genauso wenig geändert wie an den Strukturen, die für die Aufstandsbekämpfung geschaffen wurden und noch weitestgehend intakt sind. Und die wirtschaftlichen und sozialen Reformen, die viele erhofft hatten, sind ebenfalls ausgeblieben. Wie kann es da Versöhnung geben?

In Südafrika wurde ein anderer Weg eingeschlagen. Die dortige Wahrheitskommission geht davon aus, daß…

…die Gesellschaft nicht dazu in der Lage ist, Gerechtigkeit zu schaffen…
…und die Gesellschaft den Versuch, all jene zu bestrafen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, gar nicht aushalten würde.
In Südafrika wurden die Erfahrungen aus verschiedenen Ländern Lateinamerikas aufgenommen. Wer vor der Wahrheitskommission aussagt und seine Schuld anerkennt, der soll amnestiert werden. Aber so einfach ist es nicht. Viele Opfer wollen auch Gerechtigkeit, wenn sie die Wahrheit erfahren haben. Sie wollen nicht, daß die Täter nun, da sie an die Öffentlichkeit gehen, amnestiert werden, obwohl sie dies sonst vermutlich niemals getan hätten.
Auch das, was in Südafrika versucht wird, ist kein verallgemeinerbarer Weg. Positiv ist, daß in Südafrika das Thema intensiv in der Öffentlichkeit behandelt wird. Die Vergangenheit darf nicht in Vergessenheit geraten, damit sie sich nicht wiederholt.

Wird dem Thema in Guatemala denn genug Bedeutung beigemessen?

Auf keinen Fall. Dies liegt nicht im Interesse der ehemaligen Kriegsparteien.

Neben Regierung, Armee und URNG gibt es aber noch viele andere Organisationen, die für die politische und gesellschaftliche Diskussion des Landes große Bedeutung haben…

Die sind zur Zeit aber sehr schwach, da sie noch keine neue Identität und Zielrichtung für die Zeit des Friedens gefunden haben. Meines Erachtens gibt es in Guatemala zur Zeit überhaupt keine richtige Opposition. Von der URNG und den ihr nahestehenden Organisationen ist nur sehr wenig zu merken. Die URNG ist mit dem Aufbau der eigenen Partei beschäftigt. Aber es gibt zahlreiche andere Organisationen, die diese Aufgaben schon heute übernehmen könnten. Zudem ist die URNG beim Thema der Wahrheit so passiv, weil sie ihm keine so große Bedeutung beimißt und weil sie Angst hat, daß dann auch ihre eigenen Menschenrechtsverletzungen thematisiert würden.

Die mangelnde Beschäftigung mit der Menschenrechtsthematik und das Amnestiegesetz sorgen ja dafür, daß die jahrzehntelange Straffreiheit bestehen bleibt. Welche Reformen am Staat und am Verhältnis zwischen Zivilgesellschaft und Regierung beziehungsweise Armee fordert die „Allianz gegen die Straffreiheit“, um die Straffreiheit in Zukunft zu beenden?

Die Armee hat sich im Laufe des Krieges stark verändert. Gemeinsam mit Zivilisten aus den unterschiedlichsten sozialen Sektoren – auch aus der Regierung – ist sie in die organisierte Kriminalität verwickelt: Schmuggel, Drogenhandel, Entführungen. Diese Verbindungen machen es sehr schwer, dagegen vorzugehen. Präsident Arzú hat ja versucht, etwas gegen diese Strukturen zu unternehmen, aber bis heute ist kein einziger der „Großen“ belangt worden. Als 1996 das Teilabkommen über die „Stärkung der Zivilgesellschaft“ unterzeichnet wurde, ist der „Fall Moreno“ bekannt geworden. Bis heute ist jedoch gegen keinen einzigen der Offiziere, die in diesem Fall als Anführer dieser Schmuggler- und Autoschieberbande bezeichnet wurden, angeklagt worden. Das gleiche gilt für die Entführungen, an denen immer wieder Militärs beteiligt sind: Kein einziger Militär wurde vor Gericht gestellt.
Wie ist das möglich? Diejenigen, die für die Entführungen verantwortlich sind, und jene, die die Ermittlungen leiten, gehören zum selben Geheimdienstapparat, der bereits in der Aufstandsbekämpfung aktiv war. Sowohl die Entführungen als auch ihre Untersuchungsmethoden sind illegal, doch sie genießen noch immer Autonomie. Solange diese Strukturen fortbestehen, sind auch keine wirkliche Verbesserungen im Justizsystem möglich. Dies gilt sowohl für die Polizei als auch für die Staatsanwaltschaft und die Gerichte.


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