Musik | Nummer 481/482 - Juli/August 2014

Zurück zu den Wurzeln – und auch wieder nicht

Nach nunmehr 21 Jahren Bandgeschichte hat die mexikanische Band Los de abajo mit Mariachi Beat ihr achtes Studioalbum veröffentlicht

Man nehme Salsa, Ska, Punk, Hip-Hop, elektronische Elemente, ein paar musikalische Studierende, führe beides zusammen und schon hat man – Los de Abajo. Hatte, um genau zu sein, denn auf ihrem neuen Album schlägt die Band noch ganz andere Töne an.

Sarah Bekker

Los de Abajo gehen auf ihrem neuen Album zurück zu den Wurzeln – und auch wieder nicht. Die Songs klingen nicht mehr nach früheren Aufnahmen – kein Ska, kein Punk, kein Rock – doch gleichzeitig sind die zehn Musiker_innen seit jeher tief in der mexikanischen Folklore verwurzelt.
Mariachi Beat ist musikalisch verspielt und vielschichtig, wirkt aber trotzdem sehr strukturiert. Auf eine Art könnte man das achte Album der „ersten Salsa-Punk-Band“ sogar als Konzeptalbum bezeichnen, auf dem die Gruppe eine ganze eigene Antwort auf die Frage nach dem Klang mexikanischer Musik gibt.
Was teilweise schon auf dem vorherigen Tonträger Actitud Calle anklopfte, ist nun zu einem echten Stilwechsel herangereift – sofern das von einer Band behauptet werden kann, die sich musikalisch nie eindeutig einordnen ließ. Mariachi Beat polarisiert die bisherigen Hörbegleiter_innen der bunten Truppe aus Mexico Stadt, denn es ist nun eindeutig nicht mehr der schnelle Salsa-Ska-Punk, der auf Mariachi Beat das Hörerlebnis bestimmt – es sind Mariachi, Merengue und Co.
Der Name Los de Abajo („Die von unten“) bezieht sich auf den gleichnamigen Roman von Mariano Azuela, der sich mit der mexikanischen Revolution beschäftigt. Als politische Band, die unter anderem solidarisch mit der Zapatista-Bewegung ist, erscheint es nun verwunderlich, dass im Booklet kein einziger Songtext, sondern nur bunte Fotos der Bandmitglieder zu sehen sind. Das sei eine Frage der künstlerischen Gestaltung gewesen, heißt es dazu. Ästhetik vor Politik?
Für manche ist Mariachi Beat das unpolitischste Album der Band – für die Band selbst ist das Gegenteil der Fall. In der Vergangenheit haben Los de Abajo in Mexiko immer wieder mit Zensur zu kämpfen gehabt – das wird sich wohl auch mit dem neuen Album nicht ändern. Der politische Anspruch ist auf den ersten Blick allerdings schwer zu erkennen – nicht zuletzt durch die fehlenden Texte . Es wirkt, als haben sich Los de Abajo auf diesem Album mehr mit ihren musikalischen, nicht so sehr mit ihren politischen Positionen beschäftigt. Politisch sind die Texte aber trotzdem. Ab Oktober sollen sie schließlich auf Spanisch und in deutscher Übersetzung auf der Internetseite der Band zu finden sein.
Los de Abajo sind mittlerweile wohl an dem Punkt angelangt, den die meisten Bands nach längerem Bestehen erreichen – der Punkt des musikalischen Kurswechsels, der auf Mariachi Beat für manche auch nach einem Zurückschrauben der politischen Ansprüche klingt. Manche Stimmen lassen sogar verlauten, diese Band werde wie die meisten anderen irgendwann einmal erwachsen. Bei einer Band wie Los de Abajo ist das schwer vorstellbar. Ob das nun stimmt und ob das gut oder schlecht ist, davon kann sich ab jetzt jede_r selbst ein Bild machen.

Los de Abajo // Mariachi Beat // Flowfish Records

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