// KEINE FREIHEIT FÜR ALBERTO FUJIMORI!
Die noch lebenden peruanischen Ex-Präsidenten haben sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Sie werden womöglich eher als Delinquenten denn als Helden in die Geschichte eingehen. Drei von ihnen sollen für die Erteilung von Bau- oder Bohrlizenzen üppige Schmiergelder der brasilianischen Baufirma Odebrecht eingestrichen haben. Ollanta Humala, Präsident von 2011 bis 2016, sitzt bereits ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Das Ermittlungsverfahren gegen seinen Vorgänger Alan García läuft noch. Alejandro Toledo schließlich, Präsident von 2001 bis 2006, konnte sich trotz eines internationalen Haftbefehls gerade noch in die USA absetzen. Ihm drohen bis zu 28 Jahre Gefängnis. Der peruanischen Justiz gebührt ein dickes Lob für ihre Arbeit.
Die mutmaßlichen Taten dieses Dreigestirns schrumpfen indes zu Bagatelldelikten, wenn man sie an den Verbrechen misst, die auf das Konto Alberto Fujimoris gehen, der vierte noch lebende Ex-Präsident. Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes setzte ihn 2004 auf Platz sieben der weltweit korruptesten Politiker*innen aller Zeiten. Er wurde vier Mal rechtskräftig zu insgesamt 45 Jahren Gefängnis verurteilt: wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Mord, Entführung, Folter, Unterschlagung, Wahlfälschung, Korruption und als Auftraggeber von Todesschwadronen. Er bestach, kaufte und erpresste während seiner Amtszeit von 1990 bis 2001 systematisch Politiker*innen, Staatsanwält*innen, Richter*innen oder ganze Redaktionen. Ausgerechnet für diesen Mann öffneten sich an Heiligabend die Gefängnistore – eine schallende Ohrfeige für den Rechtsstaat!
Der Ex-Diktator musste nicht einmal ein Viertel seiner Strafe absitzen. Unter anderem dank Odebrecht. Denn der aktuelle Präsident Pedro Pablo Kuczynski stand als früherer Wirtschaftsminister Toledos ebenfalls auf der Schmiergeldliste des brasilianischen Baulöwen. Deshalb brachte Keiko Fujimori, Tochter des Ex-Diktators und Chefin der größten Oppositionspartei, ein Misstrauensvotum gegen ihn ins Parlament ein, für das sich eine klare Mehrheit abgezeichnet hatte. Keiko sah sich bereits selbst auf dem Präsidentenstuhl. Doch ausgerechnet der zweite Diktatorenspross, Keikos Bruder und Parteigenosse Kenji, fiel ihr in den Rücken. Er enthielt sich mit zehn Gefolgsleuten der Stimme und rettete Kuczynski die Präsidentschaft; zwei Tage später unterschrieb dieser die Begnadigung des Ex-Diktators.
Zufall sieht anders aus. Kuczynski hat einen schmutzigen Deal mit der Fujimori-Sippschaft eingefädelt, um sein eigenes politisches Überleben zu sichern. Damit brach er sein Wahlversprechen, den Ex-Diktator nicht zu begnadigen. Kuczynski ist von nun an erpressbar und Präsident auf Abruf. Wann immer es Kenji Fujimori künftig gefällt, kann er ihn zur Strecke bringen.
Der machthungrige Kenji will sich anstelle seiner Schwester zum Präsidentschaftskandidaten seiner Partei küren lassen. Daher brannte trotz der Rückkehr des Patriarchen über Weihnachten wohl der Baum bei den Fujimoris. Aber wer von den Diktatorenzöglingen auch immer die Oberhand behält: Beide haben sich immer wieder mit Kompliz*innen ihres Vaters umgeben und sich niemals überzeugend von dessen Verbrechen distanziert. Sie profitieren davon, dass ihr Vater als der Mann gilt, der den mörderischen Konflikt mit der maoistischen Guerillaorganisation „Leuchtender Pfad“ beendet hat. Über wie viele Leichen er dabei ging, danach fragt heute nicht einmal mehr der Präsident.
Doch zum Glück fragt die Justiz danach. Sie kann den Ex-Diktator mit weiteren Anklagen erneut hinter Gitter bringen. Und nicht nur ihn. Denn gegen seine Tochter läuft ein Ermittlungsverfahren, weil sie illegale Wahlkampfspenden angenommen haben soll. Natürlich von Odebrecht.