Berlinale

Berührende Komödie

Zwischen Schmunzeln und Tränen zeigt Martín Shanly die Irrungen des Lebens von Arturo a los 30

Von Emily Groth

An der Zigarette ziehend, noch ein letzter Zug, eilt Arturo, selbst gespielt vom argentinischen Regisseur Martín Shanly, in die Kirche. Ist es seine eigene Hochzeit? Nein, die seiner besten Freundin. Ein Voiceover von Arturo beschreibt diesen Tag, den 30. März 2020, als den wahrscheinlich schrecklichsten Tag seines Lebens. Dieser Tag leitet die Zuschauer*innen durch den Film und lässt durch Rückblicke in die 2010er-Jahre nach und nach die sozialen Beziehungen, familiären Verhältnisse und Verluste des Protagonisten erkennen.

© Un Puma

Im Mittelpunkt dieser Komödie, die in der Sektion Forum läuft, stehen die Fehltritte, die den 30-jährigen Arturo durch sein Leben begleiten. Es tut fast weh, ihm dabei zu zusehen, in welche Situationen er sich begibt. In verschiedenen Episoden – wie die für seinen trans Mitbewohner bedeutende Busreise nach Patagonien oder dem überwältigenden Theaterstück seiner Schwägerin – spielen Teile seines Lebens selbst eine tragende Rolle.  Darin wird klar, dass Arturo ein guter und loyaler Freund, Bruder und Sohn ist, der versucht mit dem Alltag klar zu kommen, der sich aber doch immer wieder fehl am Platz fühlt. Fragen die sein Leben betreffen, nerven ihn und lösen Stress aus. Rückblicke auf Situationen mit seiner Mutter und seiner rebellierenden Schwester zeigen, dass jede auf ihre Art mit einem gemeinsam erlittenen Verlust im Jahr 2012 kämpfen und trotz der kleinen Anfeindungen eine tiefe familiäre Wärme und Zuneigung besteht. Der Höhepunkt des Films ist der Abend der Hochzeit, wo bei Arturo durch die unerwartete Begegnung mit seinem Ex-Freund sämtliche Gefühle von Verletzlichkeit und Einsamkeit hochkommen.

Ein eher abgedroschenes Thema, könnte man vielleicht denken: Ein Mann in der Quarterlife Crisis, der nichts auf die Reihe bekommt. Aber Martín Shanly kritisiert auf berührende Weise den gesellschaftlichen Diskurs, der sagt, dass du nur etwas wert bist, wenn du dich schneller und effizienter weiterentwickelst und schafft dadurch sehr viel mehr Tiefgang, als vielleicht zu Anfang erwartet.

Interessant ist die Kameraführung: Durch das Herauszoomen verlässt man Situationen oder Perspektiven verändern sich auf einmal. Emotionsgeladene Szenen folgen schnell auf langsame Erzählungen über den beiläufigen Ablauf des Alltags, was eine*n die Irrungen von Arturo nachvollziehen und aufwühlend empfinden lässt. Man nimmt selbst die Rolle von Arturo ein und identifiziert sich mit seiner Verwirrung, man empfindet aber gleichzeitig auch Mitgefühl und Fremdschämen.

Arturo a los 30 hat einen verwirrenden Plot, der langsam an Klarheit gewinnt. So auch Arturo, der sich zum Ende des Films im Sommer 2020 mitten in der Pandemie befindet und bemerkt, dass er nicht der einzige ist, der mit dem Leben struggelt. Dem Regisseur ist es gelungen, einen berührenden Film zu entwerfen, welcher einiges Schmunzeln, aber auch bittere Tränen auslöst.

LN-Bewertung: 4/5 Lamas

Arturo a los 30, Argentinien 2023, Forum, 92 Minuten, Regie: Martín Shanly

Berlinale Termine:
Samstag, 18.02, 16:00 h, Cubix 7
Montag, 20.02., 21:30 h, Kino Arsenal 1
Donnerstag, 23.02., 10:30 h, Zoo Palast 5
Samstag, 25.02., 21:00 h, Delphi Filmpalast

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