“Da sind ja auch unsere Kosten drin” – Kommissionärsverhandlungen á la Mauss
Wie in LN 272 berichtet, ist zu Beginn des Jahres ein Tonband mit kompromittierenden Telefongesprächen des deutschen Multiagenten Werner Agenten Werner Mauss an die Öffentlichkeit gelangt. Offenbar handelt es sich um wichtiges Beweismaterial der kolumbianischen Staatsanwaltschaft, die gegen das Ehepaar Mauss wegen “Mitarbeit bei Entführungen” ermittelt. Es wird damit gerechnet, daß in Kürze entweder Anklage erhoben wird oder aber die beiden freigelassen werden.
Eine der brisantesten Passagen des Tonbandes ist das folgende Gespräch zwischen Mauss und Jan Carlsen, Manager der dänischen Firma F.L. Schmidt, in denen beide über Höhe und Übergabemodalitäten des Lösegeldes für die Freilassung von drei im Februar 1996 entführten Firmeningenieuren verhandelten. F.L. Schmidt hatte zu diesem Zeitpunkt eine Million US-Dollar Lösegeld angeboten. Mauss übermittelte ein Gegenangebot von fünf Millionen US-Dollar und versuchte mit allen Mitteln und offensichtlichem Eigeninteresse, Carlsen zum Eingehen auf die Forderung der Entführer zu bewegen.
Mauss: Wir könnten jetzt nur eins machen, daß wir versuchen, mit den Leuten nochmal auf unserem Level zu reden und sagen also, ob sie damit einverstanden sind, daß das als Gesamtpaket zu verstehen ist, dieser Betrag …
Carlsen: Aber den Preis haben wir ja noch nicht, die haben das erste Angebot abgelehnt, und jetzt geht’s weiter.
Mauss: Die wollen bei fünf bleiben.
Carlsen: Ja, das geht nicht, das wissen Sie auch, das ist nicht der Preis in Kolumbien.
Mauss: Ja, also ich kenne, ich kenne nur Preise, die viel höher sind, das kann Ihnen auch der Minister (gemeint ist Bernd Schmidbauer; d. Red.) bestätigen, der hat da durch seine Dienste genaue Informationen. Die Preise liegen im allgemeinen so um fünf herum, zwischen fünf und acht und das ist so bei diesen Leuten hier. (…) Sie sagen, wenn wir diesen Preis akzeptieren, dann sind sie in einer Woche frei.
Carlsen: Glaub’ ich nicht.
Mauss: Ja, aber 100 Prozent.
Carlsen: Ich glaub’ das nicht. (…) Ich zahle fünf Millionen nicht.
Mauss: Sie müssen eins bedenken, in diesen fünf sind ja auch unsere Kosten drin, und es sind Kosten drin, für die Mittel ins Land zu bringen, für die Mittel in den Urwald zu fliegen.
Carlsen: Da brauchen Sie sich nicht zu kümmern, das mach’ ich selbst. Das ist viel zu gefährlich für Sie, Sie sind eine humanitäre Organisation, das bin ich nicht (…) Das kann ich machen, das hab’ ich schon gemacht.
Mauss: Was machen Sie?
Carlsen: Ich will alle Mittel nach Kolumbien bringen, da haben wir kein Problem.
Mauss: Zur Guerilla selbst?
Carlsen: Natürlich. Da brauchen Sie sich nicht zu kümmern (…) Ich will auch selbst die Gefangenen transportieren und alles, da gibt’s keine Kosten von Ihnen.
Mauss: Für uns ist es so, daß wir nur eine Sache komplett machen können oder gar nicht, das hängt mit den sensiblen Mitarbeitern zusammen. Die ELN ist sonst nicht dazu bereit, aus Sicherheitsgründen …
Monate später kam es schließlich zur Einigung, ganz offensichtlich unter Beteiligung von Werner Mauss. Am 15. September 1996 wurden die drei Ingenieure Dressel, Schulz und Halten freigelassen – die Firma F.L. Schmidt zahlte angeblich ein Lösegeld von über zwei Millionen US-Dollar. Im darauf folgenden Entführungsfall “Brigitte Schoene” überspannte das Team Werner Mauss und Bernd Schmidbauer den Bogen: Die kolumbianischen Behörden, an denen erneut vorbeiverhandelt worden war, nahmen Mauss und seine Ehefrau fest.