Kolumbien | Nummer 275 - Mai 1997

“Da sind ja auch unsere Kosten drin” – Kommissionärsverhandlungen á la Mauss

Gerhard Dilger, LN

Wie in LN 272 berichtet, ist zu Beginn des Jah­res ein Ton­band mit kompromittierenden Telefon­gesprächen des deut­schen Multiagenten Werner Agenten Werner Mauss an die Öffentlichkeit ge­langt. Offenbar handelt es sich um wichtiges Be­weismaterial der kolumbiani­schen Staatsanwalt­schaft, die ge­gen das Ehepaar Mauss wegen “Mitarbeit bei Entführungen” ermittelt. Es wird damit gerech­net, daß in Kürze entweder An­klage erhoben wird oder aber die beiden freigelassen werden.
Eine der brisantesten Passa­gen des Tonbandes ist das fol­gende Gespräch zwischen Mauss und Jan Carlsen, Manager der dänischen Firma F.L. Schmidt, in denen beide über Höhe und Überga­bemodalitäten des Löse­geldes für die Freilassung von drei im Februar 1996 ent­führten Firmeningeni­euren verhandelten. F.L. Schmidt hatte zu diesem Zeitpunkt eine Million US-Dol­lar Lö­segeld ange­boten. Mauss übermittelte ein Gegenangebot von fünf Millionen US-Dollar und versuchte mit allen Mitteln und offensichtli­chem Eigeninter­esse, Carlsen zum Ein­gehen auf die Forderung der Ent­führer zu bewe­gen.

Mauss: Wir könnten jetzt nur eins machen, daß wir versu­chen, mit den Leuten nochmal auf un­serem Level zu reden und sagen also, ob sie damit einver­standen sind, daß das als Ge­samtpaket zu verstehen ist, die­ser Betrag …

Carlsen: Aber den Preis haben wir ja noch nicht, die haben das erste Angebot abgelehnt, und jetzt geht’s weiter.

Mauss: Die wollen bei fünf bleiben.

Carlsen: Ja, das geht nicht, das wissen Sie auch, das ist nicht der Preis in Kolumbien.

Mauss: Ja, also ich kenne, ich kenne nur Preise, die viel höher sind, das kann Ihnen auch der Minister (gemeint ist Bernd Schmidbauer; d. Red.) be­stätigen, der hat da durch seine Dienste genaue Informationen. Die Preise liegen im all­gemeinen so um fünf herum, zwischen fünf und acht und das ist so bei diesen Leuten hier. (…) Sie sagen, wenn wir diesen Preis akzeptieren, dann sind sie in einer Woche frei.

Carlsen: Glaub’ ich nicht.

Mauss: Ja, aber 100 Prozent.

Carlsen: Ich glaub’ das nicht. (…) Ich zahle fünf Millionen nicht.

Mauss: Sie müssen eins be­denken, in diesen fünf sind ja auch unsere Kosten drin, und es sind Kosten drin, für die Mittel ins Land zu bringen, für die Mittel in den Urwald zu fliegen.

Carlsen: Da brau­chen Sie sich nicht zu kümmern, das mach’ ich selbst. Das ist viel zu gefährlich für Sie, Sie sind eine humani­täre Organisation, das bin ich nicht (…) Das kann ich machen, das hab’ ich schon ge­macht.

Mauss: Was ma­chen Sie?

Carlsen: Ich will alle Mittel nach Ko­lumbien bringen, da ha­ben wir kein Problem.

Mauss: Zur Gue­rilla selbst?

Carlsen: Natürlich. Da brau­chen Sie sich nicht zu kümmern (…) Ich will auch selbst die Ge­fangenen transportieren und al­les, da gibt’s keine Kosten von Ihnen.

Mauss: Für uns ist es so, daß wir nur eine Sa­che komplett ma­chen können oder gar nicht, das hängt mit den sensiblen Mitar­beitern zusammen. Die ELN ist sonst nicht dazu bereit, aus Si­cherheitsgründen …
Monate später kam es schließlich zur Einigung, ganz offensichtlich unter Beteiligung von Werner Mauss. Am 15. September 1996 wurden die drei Ingenieure Dressel, Schulz und Halten freigelassen – die Firma F.L. Schmidt zahlte angeblich ein Lö­segeld von über zwei Mil­lionen US-Dollar. Im darauf fol­genden Entführungsfall “Brigitte Scho­ene” überspannte das Team Werner Mauss und Bernd Schmidbauer den Bogen: Die kolumbiani­schen Behörden, an denen erneut vorbeiverhandelt worden war, nahmen Mauss und seine Ehefrau fest.

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