Ein Leben zwischen den Welten
Der „Langstreckenkämpfer“ Ernesto Kroch, deutsch-uruguayischer Metallarbeiter, Basisaktivist und Schriftsteller, wurde 90
Ernesto Kroch schreibt seit mehr als zwanzig Jahren für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen über Uruguay (u.a. regelmäßig für die ILA). Auch für die Lateinamerika Nachrichten ist er kein Unbekannter. Die Lebensgeschichte von Ernesto Kroch, die viele Geschichten des 20. Jahrhunderts beinhaltet, ist geprägt von einem doppelten Exil. Ernst Kroch, der am 11.02.1917 in Breslau geboren wurde, kam als junger Sozialist jüdischer Herkunft unter den Nazis ins Gefängnis und ins Konzentrationslager. Ende 1938 landet er ungewollt in Uruguay. Sein für Paraguay ausgestelltes Visum stellte sich als gefälscht heraus, nach einer kurzen Internierung kommt er frei und kann am Rio de la Plata bleiben. Er engagiert sich in seiner Heimat im Exil für das „Deutsche Antifaschistische Komitee“, tritt der Kommunistischen Partei Uruguays bei und baut mit anderen deutschstämmigen jüdischen Emigranten das „Casa Bertolt Brecht“ auf, das von 1964 bis 1989 als Kulturinstitut der DDR in Uruguay das Bild des anderen Deutschlands vermitteln will. Nachdem auch in Uruguay Mitte 1973 die Militärs geputscht haben, arbeitet der Metallarbeiter für die Gewerkschaft im Untergrund. 1982 muss er auch selbst die Verhaftung fürchten und so geht Ernesto, dessen Eltern im KZ Auschwitz umgebracht wurden, ins Exil in seine Heimat Deutschland. Nach dem Ende der Militärdiktatur 1985 kehrt er nach Uruguay zurück und engagiert sich seitdem vor allem in den Basiskomitees des linken Parteienbündnisses Frente Amplio. Ernesto Kroch steht aber auch für die Öffnung der „Casa Bertolt Brecht“ zu einem offenen Kulturzentrum der Linken. Mit seinen Kontakten zu deutschen Stiftungen und Organisationen einerseits und seinen Verbindungen zur uruguayischen Linken andererseits öffnete er das Haus nach Außen und nach Innen. Seit einigen Jahren gönnen es sich Ernesto und seine Lebensgefährtin Eva Weil, einige Monate im Jahr in Deutschland zu verbringen. Diese Zeit nutzt der „Langstreckenkämpfer“ Ernesto – wie ihn der Frankfurter Filmemacher Martin Kessler, nennt, der seit einiger Zeit an einer filmischen Langzeitbeobachtung über Ernesto Kroch arbeitet – auch intensiv, um die deutsche Realität näher kennen zu lernen. Er interessiert sich für die sozialen und globalisierungskritischen Bewegungen, nimmt als Referent an Veranstaltungen des Attac-Netzwerkes teil, liest aus seiner 2005 im Verlag Assoziation A erschienenen Biografie „Heimat im Exil – Exil in der Heimat“ und anderen Werken in Schulen und vor GewerkschafterInnen. Insgesamt acht Bücher – Romane, Erzählungen, Sachbücher über Uruguay und über die Globalisierung – hat er veröffentlicht, drei davon sind auch auf Deutsch erschienen. Ernesto Kroch ist einer dieser Unermüdlichen und Unersetzlichen, einer jener, von denen Bertolt Brecht in seinem berühmt gewordenen Gedicht geschrieben hat: „Es gibt Menschen, die kämpfen einen Tag, und sie sind gut. Es gibt andere, die kämpfen ein Jahr und sind besser. Es gibt Menschen, die kämpfen viele Jahre und sind sehr gut. Aber es gibt Menschen, die kämpfen ihr Leben lang: Das sind die Unersetzlichen.“