Lateinamerika | Nummer 246 - Dezember 1994 | USA

Jesse Helms

Die häßliche Fratze des konservativen Amerikas

Die Mehrheiten der Demokraten in den USA sind gebrochen, und quasi auto­matisch kann Senator Jesse Helms als Dienstältester jetzt den Vorsitz des au­ßenpolitischen Ausschusses übernehmen. Grund genug, dieses rassistisch-re­aktionäre Fossil, dem selbst Ronald Reagans Mittelamerikapolitik noch zu soft war, in unserer Zeitschrift vorzustellen.

Katja Holsten

“Meine Wahlkämpfe waren immer wie Wurzelkanalbehandlungen”, hat Jesse Helms einmal gesagt. Seit 1973 ist er Se­nator für North Carolina und vertritt im Senat die alten Ideale des rassistischen Südens. Diesmal stand er selbst gar nicht zur Wahl – und könnte doch einen Schritt aufrücken. Wie schon 1984 steht ihm als Dienstältesten der Vorsitz des außenpoliti­schen Ausschusses zu. Damals lehnte er ab: er könne es seinen Wählern im Tabak­staat North Carolina nicht antun, den Landwirtschaftsausschuß zu verlassen.
Jesse Helms, am 18.10. 73 Jahre alt ge­worden, gilt als eine der Schlüsselfiguren innerhalb der US-amerikanischen ‘Neuen Rechten’ und kann zweifellos als einer der bedeutensten Förderer des faschistischen Netzwerks der “Antikommunistischen Weltliga” WACL in Zentralamerika be­zeichnet werden. In der Öffentlichkeit er­regt Helms, der der UNO-Antifolterkon­vention seine Zustimmung versagte, im­mer wieder durch Haßtiraden gegen Ho­mosexuelle Aufmerksamkeit. Der Abtrei­bungsgegner sorgte mit dem sogenannten Helms-Amendment dafür, daß AIDS-Auf­klärungskampagnen nicht vom Senat fi­nanziert werden dürfen, wenn Homose­xualität als gleichwertiger Lebensstil dar­gestellt wird. Selbstredend stimmte Helms gegen die kostenlose Vergabe von Sprit­zen an Drogenabhängige und gegen eine Ausweitung der Behindertenförderung.
1992 geriet Helms in die internationalen Schlagzeilen, als es ihm gelungen war, ein 104 Mio. Dollar-Hilfspaket an Nicaragua zu suspendieren. Ziel seiner Kampagne war es, die nicaraguanische Regierung, die er als “Chamorro-Lacayo-Ortega-Ter­rorregime” bezeichnete, zu zwingen, Ar­mee, Justiz und Militär von Sandinisten zu säubern und durch Contras zu ersetzen. Nicht ohne Erfolg: Wenig später wurden Polizeichef René Vivas und elf hohe san­dinistische Polizeioffiziere entlassen. Auch Armeegeneral Humberto Ortega wird seinen Posten im Februar 1995 räu­men müssen.
Helms ist mitverantwortlich für die etwa 40.000 Opfer der Todesschwadrone in El Salvador, als deren Protegé er seit 1980 auftritt. Roberto D’Aubuissón, der 1992 an Krebs verstorbene Führer der “Escuadrones”, wurde durch Helms beim Aufbau der “Republikanischen Nationali­stischen Allianz” ARENA, einer faschi­stoiden Partei mit paramilitärischer Basis, unterstützt. Nicht zuletzt durch seine tech­nische und politische Beratung im Wahl­kampf erreichte ARENA, deren Pro­gramm Anleihen sowohl bei dem der US-Republikaner und dem der NSDAP ge­nommen hat, 1982 25 Prozent der Stim­men und stellt nach dem Wahlsieg im April 1994 mit Calderón Sol, einem Escuadronero der ersten Stunde, den Prä­sidenten.
Finanziert wird Jesse Helms maßgeblich von Philip Morris, dem Tabakgiganten aus North Carolina. Deshalb läuft seit 1990 in den USA eine Kampagne zum Boykott der Philip Morris-Zigaretten Marlboro. In Deutschland werden von diesem Konzern auch die Marken KARO, L&M, F6 und JUWEL hergestellt.

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