Literatur | Nummer 582 - Dezember 2022

LYRIK AUS LATEINAMERIKA

Ein Gedicht von María José Ferrada

Von María José Ferrada, Übersetzung: Karen Genschow

Illustration: Joan Farías Luan (www.cuadernoimaginario.cl)

XII
Ahora miremos el cielo,
hablemos del día en que antes de ser tú
fuiste nube
y tu pasatiempo era atravesar el cielo volando
volverte
dragón
oveja
elefante
todos los animales
sobre el fondo celeste.

No, no me digas que no te acuerdas.
Si desde ese día
busco y busco
entre mis recuerdos
uno tan liviano como ese.
El día en que también yo
fui nube
viento
sol
el color anaranjado de los días.

XII
Schauen wir jetzt zum Himmel
und reden von dem Tag, an dem du noch nicht du selbst
sondern Wolke warst
und zum Zeitvertreib über den Himmel flogst
Drache
Schaf
Elefant
wurdest
alle Tiere
vor hellblauem Grund.

Sag mir nicht, du erinnerst dich nicht.
Denn seitdem suche ich
in meinen Erinnerungen
nach einem so leichten Tag
wie diesem.
Der Tag, an dem auch ich
Wolke
Wind
Sonne war
der orangene Farbton der Tage.

María José Ferrada (Chile, 1977) ist Journalistin und Autorin. Ihre Bücher sind bislang in 15 Sprachen übersetzt worden. Sie hat zahlreiche Auszeichnungen für ihr Werk erhalten, darunter den Premio Iberoamericano Cervantes Chico, Premio Iberoamericano SM für Kinder- und Jugendliteratur, Premio Academia und Premio Hispanoamericano für Kinderlyrik. Ihr erster Roman Kramp wurde 2021 auf Deutsch im Berenberg Verlag veröffentlicht.

Karen Genschow ist Dozentin für lateinamerikanische und frankophone karibische Literatur sowie für Literaturdidaktik an der Goethe-Universität Frankfurt. Sie hat zudem verschiedene Sachbücher aus dem Englischen übersetzt.


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