NEIN ZUR WIEDERWAHL
Verfassungsänderung provoziert gewaltsame Proteste, die brutal unterdrückt werden
Am 31. März hat eine Rumpf-Versammlung des paraguayischen Senats den Weg für eine umstrittene Verfassungsänderung geebnet, und dabei massive Proteste provoziert. Der umstrittene Verfassungszusatz soll es ermöglichen, dass ein*e Präsident*in oder Ex-Präsident*in sich für eine zweite Amtszeit zur Wahl stellen darf. Die paraguayische Verfassung erlaubt einer Person nur eine Amtszeit als Präsident*in, auch wer einmal Vize-Präsident*in war, darf sich nicht auf das Präsidentenamt bewerben. Seit Monaten wird in Paraguay darum gestritten, ob diese Regelung – eine Reaktion auf die 34-jährige Diktatur von Alfredo Stroessner – geändert werden sollte (siehe LN 503).
Eine Koalition hauptsächlich aus der regierenden Colorado-Partei und der linken Frente Guasu wollte am 28. März einen entsprechenden Verfassungszusatz im Senat zur Abstimmung bringen. Als der Senatspräsident die Abstimmung darüber nicht zulassen wollte, erklärte ihn der Vize-Präsident des Senats für abgesetzt und sich selbst zum Präsidenten des Senats. Zahlreiche Abgeordnete boykottierten daraufhin die Versammlung. Der 25-köpfige Rumpfsenat (von 45 Senator*innen) ging dann dazu über, mehrere Verfahrensregeln für den Senat so zu ändern, dass der Kongress die Möglichkeit hätte, den umstrittenen Verfassungszusatz einfacher zu bewilligen. Für den 1._April setzte er eine Abstimmung diesbezüglich an.
Die Parlamentarier*innen, die die Versammlung boykottierten, sowie andere politische und gesellschaftliche Gruppierungen, organisierten daraufhin am 31. März eine Demonstration vor dem Kongressgebäude, zu der tausende Menschen kamen. Einige Personen aus dieser Protestveranstaltung gelang es, in das Kongressgebäude einzudringen und Feuer zu legen. Auch in anderen Städten kam es zu Protesten, in der wichtigen Handelsstadt Ciudad del Este wurde die Brücke der Freundschaft, die der Grenzübergang zu Argentinien ist, von Demonstrant*innen besetzt und der Rücktritt von Präsident Horacio Cartes gefordert.
Auf diese Proteste reagierte die Polizei mit brutaler Gewalt. Unter anderem sind Polizist*innen in die Parteizentrale der Liberalen Partei PLRA, die größtenteils gegen das Vorgehen des Rumpfparlaments ist, eingedrungen, um „die Anstifter zur Gewalt“ festzunehmen, wie sie sagten. Videoaufnahmen von den Überwachungskameras in dem Gebäude zeigen Polizist*innen, wie sie wahllos auf die dort Anwesenden einprügeln und diese festnehmen. Bei dieser Polizeiaktion ist ein Mitglied der Jugendorganisation der PLRA umgekommen.
In einer offiziellen Verlautbarung verurteilte Präsident Horacio Cartes die Proteste und beschuldigte sie, Gewalt zu säen. „Die Demokratie wird nicht mit Gewalt errungen oder verteidigt“, heißt es in dem Schreiben. „In Paraguay herrscht immer noch der Rechtsstaat“, heißt es weiter. Zu den offensichtlichen Rechtsbrüchen des Rumpfparlaments sagte er allerdings nichts. Als Reaktion auf die Todesfälle bei den Polizeieinsätzen entließ der Präsident aber den Innenminister Tadeo Rojas und den Polizeichef Críspulo Sotelo. Bis zum Redaktionsschluss blieb unbekannt, wie das Verfassungsgericht auf das beispiellose Verhalten des Rumpfparlaments reagiert. Das Rumpfparlament hat die Abstimmung über den umstrittenen Verfassungszusatz nun auf Dienstag, den 4. April verschoben.