Argentinien | Nummer 353 - November 2003

„No a la mina” – „Nein zur Mine”

Nach Protesten in einem patagonischen Andenstädtchen wird der Ausbau einer Goldmine auf Eis gelegt

Mit ihrem Protest gegen eine geplante Goldmine in unmittelbarer Nahe ihrer Stadt Esquel, brachte die Bevölkerung Licht ins Dunkel der nationalen Bergbaupläne. Mit der Parole „Nein zur Mine, ja zum Leben” stoppten sie vorläufig ein Tagebergbauprojekt mit gigantischen Ausmaßen.

Kornelia Laurin / ALASEI

Im Januar 2001 brachte die Mapuchegemeinschaft Huisca-Antieco in der argentinischen Provinz Chubut zur Anzeige, dass eine Gruppe von Personen mit Autos ohne Befugnis in ihr Territorium eingedrungen war. Offensichtlich wurden Untersuchungen des Bodens betrieben, um ein Gold- und Silberabbauprojekt vorzubereiten. Es handelt sich um ein nahezu unberührtes Gebiet, nahe dem Nationalpark Los Alerces, das für die Mapuche eine seit Generationen überlieferte symbolische und rituelle Bedeutung innehat und über einen ungeheuren Schatz an Flora und Fauna verfügt.
Dieses Ereignis ließ die Bevölkerung des patagonischen Andenstädtchens Esquel aufhorchen. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt nichts von dem 1997 fast im Geheimen geschlossenen Pakt zwischen Argentinien und Chile, der die Anden bis 2005 von Jujuy bis Santa Cruz (auf der argentinischen Seite) in einen der größten Minendistrikte der Welt verwandeln soll. Und sie wusste auch nichts von den Abmachungen zwischen dem multinationalen Unternehmen Meridian Gold IMA Exploration Inc. und der Provinzregierung von Chubut, die vorsahen, dass nur sieben Kilometer außerhalb der Stadtgrenze eine Goldmine ungeheuren Ausmaßes entstehen und für die nächsten zehn Jahre Dynamitdetonationen den Alltag der BewohnerInnen bestimmen sollten: ein Krater mit einer Länge von 2.100 Metern, 500 Meter Breite und einer Tiefe von 180 Metern.
Meridian Gold hatte das Gebiet der zukünftigen Mine gekauft und ließ 67 Hektar ursprünglicher Lenga und Nirewald abgeholzen. Unter Beschwörung des vermeintlichen Fortschrittes wurden Versprechungen gemacht, dass mit der Mine an die 2.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze geschaffen und Millionen von US-Dollar ins Gebiet fließen würden.

Gold und Gift

Doch die Bevölkerung war mittlerweile alarmiert. Recherchen zeigten das wahre Gesicht von Meridian Gold, ein Unternehmen „berühmt“ geworden durch seine „effizienten“ Abbaumethoden im Tagebau. Wegen dieser Methoden operiert es fast ausschließlich in Ländern, in denen es keine gesetzlichen Einschränkungen oder Kontrollen gibt. Von nahezu allen Mauern schrien Plakate „No a la mina, si a la vida!“ – „Nein zur Mine, ja zum Leben!“. Zahlreiche Proteste der verschiedensten Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen und sieben Demonstrationsmärsche durch die Stadt zwangen die Provinzregierung zu einer Reaktion.
Am 23. März 2003 lehnte die Bevölkerung in einer Volksbefragung mit rund 85 Prozent der abgegeben Stimmen das Vorhaben ab. Beteiligt hatten sich 75 Prozent der Stimmberechtigten. Der Gouverneur der Provinz Chubut, José Luis Lizurume, legte in Absprache mit dem Vorstand von Meridian Gold das Goldprojekt auf unbestimmte Zeit auf Eis.
Mit den Auflagen das Projekt zu überarbeiten, zu garantieren, dass keinerlei Verseuchung des Grundwassers durch den Goldabbau stattfände und jegliches Risiko auszuschließen sei, bevor das Projekt weitergeführt werden könne.
Die Bevölkerung konnte noch mehr erreichen. In der Provinz Chubut wurde im April ein Gesetz beschlossen, dass das Betreiben von Minen im Tagebau verbot, ebenso die Verwendung von Zyanid im Produktionsprozess. Außerdem gibt es nun ein Transportverbot des toxischen Elementes im Stadtgebiet.
Allerdings gibt es immer noch Hinweise darauf, dass die Firma trotz anderslautender Zusagen weiter die Erkundung des Gebietes um Esquel betreibt. So ist mittlerweile ein zweiter Standpunkt für eine offene Mine in den Blickfang von Meridian Gold geraten. Diesmal nur vier Kilometer von Esquel entfernt.

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