Sleeping with the enemy?
Die PT und die Militärs
Im November 1993 lud die PT zu einem “Nationalen Seminar” ein, um das Programm einer Regierung Lula zu diskutieren. Ein Thema lautete “Die Streitkräfte in den neunziger Jahren”. Am Tisch saßen zwei Militärs von der ESG (Escola Superior de Guerra), dem “think-tank” der Streitkräfte, ein Ex-Militär, der nun an der angesehenen Universität von Campinas Vordenker für strategische Fragen ist (Geraldo Cavagnari) und Marco Aurelio Garcia, verantwortlich in der PT für Internationales.
Nationalismus = Antiimperialismus?
Die Thesen der Militärs, dem staunenden PT-Publikum vorgetragen, lassen sich stichwortartig folgendermaßen zusammenfassen:
* Der konstituierende Grund für die Existenz von Streitkräften ist die Bedrohung durch einen äußeren Feind.
* Die Gewährleistung “Innerer Sicherheit” ist Aufgabe anderer (bewaffneter) Segmente des Staatsapparates, vor allem der Polizei. Die Streitkräfte können diese höchstens unterstützen. Gäbe es keinen äußeren Feind, wären die Streitkräfte letztendlich überflüssig.
* Ist Brasilien aber durch einen äußeren Feind bedroht? Die klare Antwort lautet: Ja. Und wer ist es? Die Anmaßung der reichen Länder, überall zu intervenieren, stellt eine Bedrohung für Brasilien dar. Der “pax boreal”, der nördliche Friede, ist eine Gefahr für die Entwicklung im Süden.
* Ist diese Gefahr aber für Brasilien real? Auch hier lautet die Antwort “ja” und die angeblich bedrohte Souveränität Amazoniens muß als Illustration herhalten.
* Um ein nationales Projekt gegen den “borealen Frieden” entwickeln zu können, brauchen die Streitkräfte natürlich zum Beispiel atomgetriebene U-Boote und vor allem Geld…
Cavagnari setzte noch einen drauf: “Das Projekt ‘Brasilien – große Nation’ der Miltärs war ein Schwindel. Eine große Nation erbaut man nicht über Deklarationen und nationalistische Propaganda, sondern über eine Vereinigung des Volkes, die auf Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit beruht.” Lula als Führer von “Brasil- grande nacao” mit antiimperalistischer Ausrichtung – ist das kein Lockangebot? Die anwesenden PTlerInnen jedenfalls waren sichtlich beeindruckt.