Editorial | Nummer 537 - März 2019

// HÄNDE WEG VON VENEZUELA

Eine „Troika der Tyrannei“ sind die Regierungen von Venezuela, Kuba und Nicaragua, wenn es nach US-Präsident Trumps Sicherheitsberater John Bolton geht. Schon im November 2018 sprach er von Diktaturen, humanitären Katastrophen – und darüber, dass die USA sich darauf freuten, „alle Ecken des Dreiecks fallen zu sehen: in Havanna, Caracas und Managua.“

Dass es den USA dabei nicht um Demokratie und Menschenrechte geht, dürfte klar sein. Im Fall von Venezuela jedenfalls sind die geopolitischen Interessen eindeutig. „Das ist das Land, gegen das wir in den Krieg ziehen sollten“, so ein Trump-Zitat im jüngst erschienenen Buch von Andrew McCabe, dem ehemaligen FBI-Vizedirektor. „Die haben dieses ganze Öl und sind direkt an unserem Hinterausgang“, zitiert er den Präsidenten. Die Begriffe Hinterausgang und Hinterhof liegen dicht beieinander und somit sind auch die Erinnerungen an die US-amerikanische Außenpolitik während des Kalten Krieges nicht fern, als die USA in gewaltsame Umstürze gegen demokratisch gewählte linke Regierungen in Lateinamerika verwickelt waren.

Das heutige Szenario weckt diese dunklen Erinnerungen an die Rolle der USA in ihrem sogenannten „Hinterhof”, auch wenn sie nun in anderem Gewand daherkommen. Von den staatsfinanzierten Organisationen USAID und National Endowment for Democracy fließen Millionen an die venezolanische Opposition. Am 18. Februar hielt Trump eine Rede, in der er das venezolanische Militär zur Unterstützung vom selbsternannten Präsidenten Juan Guaidó aufforderte. Dieser war bis vor Kurzem ein politischer Nobody, seine Partei verfügte in der Nationalversammlung nur über 14 der 165 Sitze._Die US-Regierung schließt eine militärische Intervention nicht aus, um der Selbsternennung Guaidós wenn nötig Nachdruck zu verleihen.

Im Namen der Demokratie haben bereits mehr als 50 Staaten Guaidó als Interimspräsidenten anerkannt, darunter die rechten Nachbarregierungen Kolumbiens und Brasiliens. Dabei leben oppositionelle Politiker*innen und Aktivist*innen dort mindestens so gefährlich wie in Venezuela. Deutschland sicherte Guaidó Untertstützung zu, ehe man überhaupt seinen Namen kannte: „Wir stehen auf der Seite von Guaidano“, so Außenminister Heiko Maas im Fernsehinterview. Mit solch unqualifizierten Einmischungen macht sich Deutschland zum Deppen und im Fall einer militärischen Intervention zum Komplizen der USA. Um den Druck auf Maduro zu erhöhen, verschärfen die USA ihre Sanktionen und haben Zahlungen für venezolanische Öllieferungen eingefroren. Guaidó erhält währenddessen humanitäre Hilfen, die zwar nur einen Bruchteil dessen Wert sind, ihm aber Unterstützung in der Bevölkerung bringen sollen. „Das ist keine humanitäre Hilfe. Das ist eine humanitäre Intervention“, so denn auch die Einschätzung des venezolanischen Sozialwissenschaftlers Edgardo Lander im Interview mit dem Fernsehsender Democracy Now. Darin warnt er davor, dass die extrem angespannte Lage zu einem Bürgerkrieg führen könnte.

Dass das altbekannte Vorgehen der USA ein weiteres Mal aufgehen könnte, ist auch die Schuld von Nicolás Maduro und seiner gescheiterten Politik. Jahrelang hat er das Land kaputt gewirtschaftet, korrupte Strukturen mitgetragen und sich im Laufe der Jahre zunehmend autoritär und repressiv gezeigt. Das führt nun dazu, dass sein Rückhalt auch in den eigenen Reihen schwindet. Dabei wird die venezolanische Bevölkerung zu einem Spielball in einem absurden Theaterstück im Namen der Demokratie, in der handfeste Wirtschaftsinteressen in die Rollen von Hilfsgütern schlüpfen und der Machterhalt die alleinige Hauptrolle spielt. Was das heiß umgarnte „Pueblo Venezolano“ (die Bevölkerung Venezuelas) indes wirklich braucht – eine Zukunftsperspektive – ist beiden Seiten in ihrer fatalen Freund-Feind-Logik scheinbar vollkommen egal geworden. Hoffentlich nicht so egal, dass es in einer Tragödie endet.

 

// Die Redaktion

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