KEIN ENDE DER ÖLPEST IN SICHT

Dauernde Gefahr Ölplatform in der Guanabara-Bucht westlich von Rio de Janeiro (Foto: Alex Guerrero via flickr.com CC BY 2.0)

Anfang September tauchten die ersten schwarzen Klumpen auf, mittlerweile sind mehr als 340 Strände in neun Bundesstaaten betroffen. Anfang November erklärte das brasilianische Bundesumweltamt (IBAMA), dass an betroffenen Stränden bereits 4.000 Tonnen Ölrückstände gesammelt wurden.
Pedro Luiz Côrtes, Geologe und Professor an der Universität von São Paulo (USP), sagte den LN, dass es sich um die schlimmste Umweltkatastrophe in der Küste in der Geschichte Brasiliens handele. Gerade die Reinigung der Korallenriffe werde Jahre dauern. Es drohen irreparable Schäden des Ökosystems. Außerdem bedroht die Ölpest die Lebensgrundlage von 144.000 Fischer*innen. Da viele Urlaubsstrände betroffen sind, droht ein Einbruch des Tourismus. Die Ölpest erreichte inzwischen auch den bekannten Touristenstrand Morro de São Paulo im Bundesstaat Bahia.
Die Herkunft des Öls ist bisher unklar. Jüngste Vermutungen der brasilianischen Behörden legen nahe, dass der Öltanker Bouboulina des griechischen Unternehmens Delta Tankers für die Umweltkatastrophe verantwortlich ist. Delta Tankers weist jedoch jegliche Verantwortung von sich. Der Öltanker Bouboulina habe die im Juli in Venezuela geladenen Fracht vollständig in seinem Zielhafen in Malaysia entladen. Die Marine informierte, dass insgesamt 30 Öltanker im entsprechenden Zeitraum die Region durchquerten, in der sich das Öl ausgebreitet haben könnte. Der anfängliche Verdacht, das Rohöl stamme von brasilianischen Offshore-Ölplattformen, wurde nach Untersuchungen des halbstaatlichen Erdölkonzerns Petrobras verworfen. Die These, es sei aus einem gesunkenen deutschen Frachtschiff aus dem Zweiten Weltkrieg entlaufen, hält der Geologe Côrtes für unwahrscheinlich. Die brasilianische Regierung verdächtigte zunächst auch Venezuela. Der Nachbar weist jegliche Verantwortung von sich und erklärt, dass es keine Lecks bei Tankern oder auf Plattformen gegeben habe. Jedoch könnte das Öl beim Umfüllen von venezolanischen Schmuggelschiffen auf hoher See ausgelaufen sein. Auch Côrtes hält dies für möglich. Durch die Embargo-Politik gegen Venezuela floriert der illegale Handel mit Öl.
Der brasilianischen Regierung wird Untätigkeit vorgeworfen. Bolsonaro besuchte weder die betroffenen Regionen, noch traf er sich mit den Gouverneur*innen oder rief den Notstand aus. „Die Bundesregierung hat bei der Bekämpfung der Ölpest versagt und uns mit dem Problem alleingelassen“, sagte José Berotti, Umweltsekretär des Bundesstaats Pernambuco für die Kommunistische Partei von Brasilien (PCdoB) den LN. Erst 41 Tage nach dem ersten Ölfund trat das gesetzlich vorgeschriebene Notfallprotokoll bei Umweltkatastrophen in Kraft. Außerdem schlägt Bolsonaro Kritik entgegen, weil er im April zwei Komitees zur Bekämpfung von Ölkatastrophen schließen ließ.
Umweltminister Ricardo Salles reiste in den Bundesstaat Pernambuco und versprach Hilfe. Am gleichen Tag begannen Soldaten damit, bei der Reinigung der Strände zu helfen. Zum ersten Mal in der Geschichte Brasiliens wurde die Armee für eine solche Aufgabe eingesetzt. Nach Kritik von Greenpeace deutete Salles an, dass die Umweltorganisation selbst hinter der Ölpest im Nordosten stehen könnte. Zuvor hatte Salles erklärt, nicht mit der Umweltschutzorganisation zusammenarbeiten zu wollen und diese als „Terroristen“ bezeichnet.
Laut Côrtes sehe es nicht so aus, als ob die Katastrophe ihren Höhepunkt erreicht habe. In den kommenden Tagen könnte das Öl auch an die Strände des zentral gelegenen Bundesstaates Espirito Santo und Rio de Janeiro gelangen.

 

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