Fasten für die Guerilla?
Kolumbien übt scharfe Kritik an Schweizer Hilfswerken
Die ökumenische Fastenkampagne der drei kirchlichen Hilfswerke Partner sein, Fastenopfer (FO) und Brot für alle (BFA) unter dem Motto „Wir glauben. Menschenrechte fordern Einsatz“ hat bei Kolumbiens Regierung heftige Reaktionen ausgelöst. Die Kampagne war von einer Plakat-Serie begleitet, die zum Nachdenken über Verletzungen der Menschenrechte in vier Schwerpunktländern anregen wollte. Sie zeigte Bilder wie eine weggeworfene Dose (Kolumbien), eine bis zum Letzten ausgepresste Tube (Indien), eine verdorrte Zimmerpflanze (Philippinen) und ein abgebranntes Zündholz (D.R. Kongo). Gleichzeitig riefen die Plakate zum Handeln auf. Im Falle Kolumbiens hieß es: „Tun Sie mit uns etwas für die Opfer von Gewalt.“ Auch wenn sich die Lage in Kolumbien etwas beruhigt habe, spreche der UN-Menschenrechtsbericht 2005 noch immer von zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, erklärten BFA und FO. In der parallel zu den Plakaten breit gestreuten Kampagne erschienen Hintergrundberichte zur Arbeit in Kolumbien.
Kolumbiens Vizepräsident Francisco Santos, der zur Herausgeberfamilie der einflussreichen Tageszeitung El Tiempo gehört, machte aus der Plakat-Aktion im Vorfeld der Ende Mai angesetzten Präsidentenwahlen ein Medienthema: Santos sprach auf einer Pressekonferenz in Bogotá Ende April von einer Kampagne, die in der Schweiz gegen sein Land geführt werde. Santos warf BFA und FO vor, sie würden mit staatlichen Geldern die FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) Guerilla unterstützen.
Sicherheitsrisiko für Hilfswerke
BFA und FO wiesen diese Vorwürfe entschieden zurück. In einer Medienmitteilung halten sie fest, dass sie Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützen, die sich für die Überwindung der Gewalt einsetzen, und in keiner Weise mit bewaffneten Gruppierungen zusammenarbeiten. Es gefährde aber die Arbeit der Partnerorganisationen, wenn sie in die Nähe der Guerilla gerückt würden. Ziel der Fastenkampagne, die ohne staatliche Gelder geführt wurde, sei eine Sensibilisierung der Schweizer Bevölkerung.
Gleichentags wie das Dementi von BFA und FO fand in der Schweizer Botschaft in Bogotá ein Gespräch zwischen dem Schweizer Botschafter und Vizepräsident Santos statt, das die von diesem geäußerten Vorwürfe zum Thema hatte. Dabei distanzierte sich Santos von der Behauptung, dass die beiden Hilfswerke die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) unterstützten. Allerdings legte er daraufhin in einem Interview mit der westschweizer Zeitung Le Temps mit seiner Kritik nach. Schlimmer noch: Die Vorwürfe Santos’ wurden sogar auf der Webseite des paramilitärischen Dachverbandes AUC publiziert. „Dadurch sind unsere Partner einem großen Sicherheitsrisiko ausgesetzt“, ist BFA-Kampagnenverantwortlicher Beat Dietschy daher nun besorgt.
Unterstützung erhielten BFA und FO vom Beobachtungsprogramm für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern, das von der Internationalen Föderation der Menschenrechtsligen (FIDH) und der Weltorganisation gegen Folter (OMCT) getragen wird. In einer Erklärung zeigten sie sich äußerst besorgt, weil Hilfsorganisationen zur Zielscheibe von paramilitärischen Angriffen gemacht werden. FIFH und OMCT rufen alle Regierungen und insbesondere die kolumbianische auf, die UN-Erklärung zum Schutz der Verteidiger der Menschenrechte von 1998 zu respektieren.
Rehabilitierung gefordert
Zudem haben mehrere Schweizer NRO in einem Brief an Vizepräsident Santos jetzt ihre Besorgnis über die Angelegenheit ausgedrückt und festgehalten, dass Staaten die Arbeit von regierungsunabhängigen Organisationen (NRO) respektieren müssten, wie in verschiedenen internationalen Verträgen festgehalten worden sei. Schließlich möchten sie wissen, was die Regierung Kolumbiens unternehmen werde, um den beschädigten Ruf der Schweizer NRO wieder herzustellen.
Viera Malach, InfoSüd
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