Literatur | Nummer 231/232 - Sept./Okt. 1993

Gefüllte grüne Pfefferschoten in Walnußsoße

Uta Bange

Zutaten: 25 frische Poblano-Pfefferschoten
8 Granatäpfel
100 Walnüsse
100 g Parmesankäse
250 g saure Sahne
1 kg Rinderhack
100 g Rosinen
1/4 kg Mandeln
1/4 kg Pekan-Nüsse
1 kg Fleischtomaten
2 mittelgroße Zwiebeln
2 Tassen Zitronat
1 Pfirsich, 1 Apfel
Kümmel, weißer Pfeffer
Salz, Zucker

Mit diesem bzw. ähnlich aufwendigen Rezepten delikater Gerichte der traditionellen mexikanischen Küche beginnt jedes Kapitel des Romans “um Kochrezepte, Liebe und bewährte Hausmittel in monatlichen Fortsetzungen”, wie es im Untertitel heißt.
Die Handlung ist eingebunden in die minuziöse Beschreibung der Fertigstellung dieser Gerichte (was zum Nachkochen animiert), und daneben erfahren wir weitere nützliche Dinge über das Kastrieren von Hähnen, Hausmittel gegen Blähungen und schlechten Mundgeruch, die Herstellung von Streichhölzern sowie über die Hausgeburt ohne Hebamme.
Die Heldin der Geschichte ist Tita, eine junge Frau, die zur Zeit der mexikanischen Revolution, gegen alte Traditionen rebellierend, um ihr Liebesglück kämpft. Als jüngste von drei Töchtern der Familie ist sie verpflichtet, unverheiratet zu bleiben, um ihre Mutter im Alter zu pflegen. Nun entbrennt Tita aber in Liebe zu einem jungen Mann namens Pedro, der den Mut aufbringt, trotz der widrigen Umstände bei Titas Mutter um ihre Hand anzuhalten. Doch das Herz Mama Elenas, der verwitweten Gutsbesitzerin, die mit strenger Hand über Familie und Hof herrscht, läßt sich nicht erweichen. Sie bietet Pedro zum Ausgleich die ältere Tocher Rosaura an. Um wenigstens in der Nähe der Angebeteten zu leben, willigt Pedro in diesen Handel ein. Tita, die Höllenqualen erleidet, bleibt zunächst nur die Liebe zur Kochkunst, die sie von Nacha, der alten Köchin, übernommen hat.
Was diesen Roman zu einem Lesevergnügen macht und von einer schnulzigen Allerweltliebesgeschichte unterscheidet, sind die in der Handlung wie selbstverständlich eintretenden magischen, märchenhaften Begebenheiten, die zumeist in Zusammenhang stehen mit Titas Zubereitung kulinarischer Köstlichkeiten. So lösen Titas Tränen im Hochzeitsessen des Geliebten eine tiefe Schwermut unter den Gästen aus. Wachteln in Rosenblättern entfesseln bei Gertrudis, der anderen Schwester Titas, eine ekstatische Leidenschaft, so daß sie mit einem Hauptmann des Revolutionsheeres nackt auf einem Pferd durchbrennt.
Tita, die aufgrund verschiedener unglücklicher Ereignisse beinahe wahnsinnig wird, wendet sich zwischenzeitlich dem sich auf indianische Heilkunst verstehenden Dr. Brown zu. Dieser hilft ihr, die Lebensfreude zurückzugewinnen. Doch auch von Pedro kann sie nicht lassen. Erst als seine Gattin ihren anhaltenden Blähungen erliegt, ebnet sich ein neuer Weg für die Liebenden unter Mitwirkung der anfangs erwähnten Pfefferschoten in Walnußsoße.
Wer eine tiefergehende politische Message sucht, wird diese nicht finden. Doch wenn frau das seltene Genre “witziger Frauenroman” sucht, wird sie es finden. Und ihr Lachen ist mindestens so tiefgehend wie eine politische Message. Ähnlich wie bei Isabel Allende und Gioconda Belli ist es diese Mischung aus sprudelnder Lebendigkeit, Leidenschaft und Magie, die auch den Reiz dieses ersten Romans von Laura Esquivel ausmacht.

Laura Esquivel. Schäumend wie heiße Schokolade. Mexikanischer Roman um Kochrezepte, Liebe und bewährte Hausmittel in monatlichen Fortsetzungen. Insel Verlag. Frankfurt/M. 1992. Als TB im gleichen Verlag 1993 unter dem Titel “Bittersüße Schokolade” (Titel des derzeit laufenden Kinofilms), Preis 24,80 DM

Originaltitel: Como agua para chocolate. Novela de entregas mensuales con recetas, amores y remedios caseros

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