“Ich ziehe es vor, optimistisch zu sein”
LN: Bis jetzt gibt es immer noch keinen Zeitplan für Friedensverhandlungen, die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Militärs und Guerilla gehen unvermindert weiter. Stehen die Friedensbemühungen vor einem erneuten Scheitern?
Méndez: Dies würde ich nicht sagen. Die Verhandlungen werden nicht sofort, also in wenigen Tagen oder Monaten, beginnen. Man muß in Betracht ziehen, daß es in den vorhergehenden 18 Monaten keine wie auch immer geartete Annäherung gegeben hatte. Im Gegenteil hatte die Regierung Gaviria nach dem Scheitern der Verhandlungen in Venezuela und Mexiko der Guerilla den “integralen Krieg” erklärt, mit dem Ziel, diese “auszulöschen” oder zu einer vollständigen politischen und militärischen Kapitulation zu zwingen.
Die Regierung Samper öffnet, wenn auch langsam, die Türen. Auf beiden Seiten herrscht eine besonnene Haltung vor, da man weiß, daß man sich nicht gegenseitig die Vorbedingungen für den Verhandlungsbeginn aufzwingen kann. Man darf sich nicht davon abschrecken lassen, daß nach wie vor bewaffnete Auseinandersetzungen stattfinden. Ein zu überhasteter Beginn von Friedensverhandlungen könnte zu einem neuen Scheitern führen.
Wie stark ist das tatsächliche Bestreben der Regierung, der Gewalt und den Verletzungen der Menschenrechte ein Ende zu bereiten? Verhält sie sich nicht sehr widersprüchlich, wenn man zum Beispiel an die Verabschiedung des Gesetzes über das “Verschwindenlassen” denkt?
Die gegenwärtige Regierung hat eine dynamischere, entschiedenere Haltung als die vorhergehende. So hat sie beispielsweise zugegeben, daß es bisher in Kolumbien keine Politik zum Schutz der Menschenrechte gab. Desweiteren hat sie gesagt, daß es ohne eine Lösung dieses Problems keinen Frieden geben könne. Es hat Willensbekundungen gegeben, die wichtig und bedenkenswert, aber nicht ausreichend sind. Entsprechend muß von den progressiven und demokratischen Sektoren der Gesellschaft Druck auf die Regierung ausgeübt werden, damit den Worten auch Taten folgen.
Bezüglich des “Verschwindenlassen” gab es ständige Gespräche zwischen der Regierung und den Menschenrechtsorganisationen, damit diese im Senat eine klarere Position bezöge. Die Regierung distanzierte sich, was das Gesetz angeht, relativ klar von der vorherigen, allerdings nicht ausreichend.
Diese Regierung weiß, daß sie sich nicht mehr so einfach herausreden kann: Mittlerweile klagen sogar einige Staatsorgane, wie die “Defensoría del Pueblo” und die Generalstaatsanwaltschaft, die staatliche Verantwortung für die Verletzung der Menschenrechte ein. Der nationale und internationale Druck auf die Regierung muß so groß sein, daß diese sich an die Wand gedrückt fühlt und gezwungen ist, ihr gegenwärtiges ambivalentes Verhalten aufzugeben und klar Position zu beziehen.
Wie ist gegenwärtig die Rolle des Militärs einzuschätzen? Werden sie versuchen, die Verhandlungen zu torpedieren?
Der Spielraum der Militärs ist enger geworden. Neue repräsentative Umfragen haben ergeben, daß trotz einiger Guerillaaktionen, die öffentliche Ablehnung erfahren haben, mehr als 60 Prozent der Bevölkerung für eine politische Verhandlungslösung sind. Das betrifft auch die Streitkräfte, die für ihre bisherige strikte Ablehnung von Verhandlungen mit der Guerilla nicht mehr so viel Unterstützung haben wie zu anderen Zeiten. Offenbar haben die Militärs sich mittlerweile bereiterklärt, mit am Verhandlungstisch zu sitzen. Das würde bedeuten, sie hätten faktisch akzeptiert, daß die Gespräche beginnen, ohne daß die Guerilla vorher die Waffen übergibt oder sich an einem bestimmten Ort festsetzen läßt.
Welche Gefahr geht von der Zunahme der Aktivitäten von Todesschwadronen aus? Erst im Sommer dieses Jahres wurde Manuel Cepeda, der einzige kommunistische Parlamentsabgeordnete, ermordet.
Die Förderung paramilitärischer Aktivitäten ist wohl die bevorzugte Form der Militärs, um Druck auszuüben. Indem sie politische und soziale Kämpfer sowie tatsächliche oder angebliche Sympathisanten der Guerilla eliminieren, versuchen sie, den Friedensprozeß zu verhindern. Der Mord an Manuel Cepeda oder an einigen Gewerkschaftsführern in Antioquia oder Todesdrohungen gegenüber politischen Aktivisten verkomplizieren den Friedensprozeß. Die Regierung weiß, daß es nicht zu Verhandlungen kommen kann, wenn es keine Sicherheitsgarantien sowohl für die Guerillaführer als auch für die sozialen Gruppen gibt, die sich mit regierungskritischen Positionen an den Diskussionen beteiligen wollen. Das ist wahrscheinlich der schwierigste Faktor bei zukünftigen Verhandlungen.
Samper sagte neulich in einem Gespräch mit Menschenrechtsorganisationen, die Regierung müsse langsam und vorsichtig agieren, um zu vermeiden, daß diejenigen Kreise innerhalb des Staatsapparates, die keinen Frieden wollen, diesen nicht torpedieren können. Solche Argumente können natürlich auch benutzt werden, um uns zu moderateren Forderungen zu zwingen. Immer wieder wird gesagt: Verlangt keine Veränderungen in den Strukturen der Streitkräfte, verlangt keine Gerechtigkeit bei Menschenrechtsverletzungen, rührt die Vorrechte und die interne Gerichtsbarkeit des Militärs nicht an. Mit solchen Argumenten wurde schon die ehemalige Guerilla und jetzige Partei M-19 Anfang der neunziger Jahre in der Verfassungsgebenden Nationalversammlung erpreßt. Nach und nach mußte die M-19 immer mehr Forderungen aufgeben.
Man darf sich in diesem Bereich nicht erpressen lassen, sondern muß die Regierung dazu zwingen, die Kontrolle der Streitkräfte und die Beseitigung der Paramilitärs als ihre Verantwortlichkeit anzuerkennen.
Wie ist die gegenwärtige politische Stärke der Guerilla einzuschätzen? Es ist zum Beispiel in der Presse davon die Rede, daß diese bei den Kommunalwahlen im November in etlichen Gemeinden an indirektem Einfluß gewonnen habe.
Nach der Periode des “integralen Krieges” von Seiten der Regierung ist die Guerilla militärisch getroffen, wenn auch nicht in entscheidendem Maße. Einige Führer sind in Haft. Die militärischen Strukturen blieben allerdings intakt. Politisch gesehen hat die Guerilla in den großen Städten an Einfluß verloren, hält diesen aber in den ländlichen Gebieten, wo sie seit Jahrzehnten agiert, weiterhin aufrecht. Es gibt Gemeindevertreter, die mit der Guerilla sympathisieren, und es gibt welche, die dies nicht tun, aber wissen, daß sie ohne bestimmte Übereinkünfte mit ihr nicht regieren können. Dies wurde von der Rechten immer wieder als Vorwand benutzt, um lokale Autoritäten zu attackieren. Die Regierung muß als Ausgangspunkt für Verhandlungen anerkennen, daß die Guerilla keine Kriminellenbande ist, sondern auch politisch agiert.
Wie ist die momentane Stimmung in der Gesellschaft? Sind die sozialen Bewegungen, die Gewerkschaften und die linken Parteien in der Lage, den erforderlichen Druck auf die Regierung auszuüben?
Die Situation ist nicht gerade optimal, da die sozialen Bewegungen durch die vielen Jahre des schmutzigen Krieges ziemlich geschwächt sind. Gleichzeitig gibt es gegenwärtig in der Gesellschaft ein eindeutiges Klima für Verhandlungen – sei es, weil die Leute Veränderungen wollen, sei es, weil sie einfach für eine Beendigung des Krieges sind. Viele, die vor anderthalb Jahren noch die Auslöschung der Guerilla verlangten, haben heute die realistische Einschätzung, daß dies mit militärischen Mitteln nicht möglich ist. Bei den sozialen Bewegungen oder den Intellektuellen gibt es das Bewußtsein, daß die Möglichkeit besteht, die Verhandlungen zum Anlaß zu nehmen, um über die gesellschaftlichen Probleme zu diskutieren.
In der Vergangenheit haben Regierung und Guerilla immer allein verhandelt. Heute wollen sich viele Sektoren der Gesellschaft, wie zum Beispiel die Kirche, die Gewerkschaften, die politischen Parteien, die Menschenrechtsgruppen, Intellektuelle, am Friedensprozeß beteiligen. Sogar ein so traditionalistischer Bereich wie die Kirche verkündet mittlerweile, daß der Frieden nicht die Frucht der Abwesenheit von Krieg, sondern die Frucht der sozialen Gerechtigkeit sei. Auch die Massenmedien haben ihre Position vollständig geändert, sind jetzt flexibler in dem Sinne, daß sie fordern, daß Bedingungen geschaffen werden, um über eine Reihe von gesellschaftlichen Problemen zu diskutieren. Sie geben mittlerweile der Debatte Raum und rufen nicht mehr, wie in der Vergangenheit, zum Krieg auf. Einige Medien der Alternativpresse, wie etwa “Colombia hoy” und “Utopías”, nehmen aktiv an den Diskussionsprozessen teil.
Bemerkenswert ist, daß diese Regierung im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen bereit ist, die Anwesenheit von gesellschaftlichen Gruppen bei den Friedensgesprächen zu akzeptieren, beispielsweise der Vertreter der Erdölgewerkschaft, die sich besonders vehement gegen die neoliberale Politik wehren.
Wichtige Verhandlungspunkte werden die Landverteilung, die öffentlichen Ausgaben und die Rohstoff- und Umweltpolitik sein. Die Regierung ist sich offenbar darüber im Klaren, daß sie Zugeständnisse machen muß. Aber auch die sozialen Bewegungen und die Guerilla müssen verstehen, daß der Friedensvertrag, der am Ende der Verhandlungen steht, nicht die “Revolution per Dekret” sein kann. Doch müssen einige solide Grundlagen im wirtschaftlichen und sozialen Bereich geschaffen werden. So muß beispielsweise die Situation der ärmsten Bevölkerungsschichten deutlich verbessert werden.
Es handelt sich also um einen Prozeß von großer sozialer Dynamik, was mir als weitaus produktiver erscheint, als wenn lediglich die Regierung und die Guerilla sich an einen Tisch setzen würden. Gleichzeitig sind die Entwicklungen kaum vorhersehbar. Ich ziehe es vor, optimistisch zu sein.
Gibt es nicht genug Anlaß, skeptisch zu sein? In der Vergangenheit übergaben schon andere Guerillas die Waffen, und später wurden viele ihrer legalen VertreterInnen ermordet. Besteht nicht die Gefahr, daß dies wieder geschieht?
Diese Möglichkeit kann auf keinen Fall ausgeschlossen werden. Um unnötige Risiken zu umgehen, ist es wichtig, daß sowohl Guerilla als auch soziale Bewegungen von der Regierung konkrete Sicherheitsgarantien verlangen. So müssen die Militärs aufhören, in den Medien politischen Druck auszuüben und gegen die Guerilla zu provozieren, um anschließend ihre Morde rechtfertigen zu können. Auch muß die Regierung klar signalisieren, daß Militärs, die mit den Paramilitärs zusammenarbeiten, aus den Streitkräften entfernt und die Verbindungen zwischen Militärs und Todesschwadronen zerstört werden. Es ist natürlich schwierig, dies in einem Vertrag festzuschreiben, da es sich hierbei nicht um offizielle, sondern um verdeckte und illegale Verknüpfungen handelt.
Zudem ist von entscheidender Wichtigkeit, daß sowohl auf die Guerilla als auch auf die Regierung Druck ausgeübt wird, daß sie zu der Übereinkunft kommen, die Internationalen Menschenrechte zu akzeptieren. Eine internationale Kontrollkommission könnte dazu beitragen, daß sich das Klima verbessert, würde allerdings noch keine vollen Sicherheitsgarantien gewährleisten. Auch in diesem Bereich muß man Schritt für Schritt vorgehen. Die Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien haben komplexe Ursachen und lassen sich daher nicht einfach durch ein Dekret des Präsidenten abschaffen.
Was ist angesichts dieser politischen Entwicklungen die Interessenlage der Drogenhändler?
Auf diese Frage habe ich keine sehr präzise Antwort. In der Zeit, als das Medellín-Kartell noch stärker war, waren die Verbindungslinien zwischen dem Drogenkartell und der Aufstandsbekämpfungspolitik sehr offensichtlich. Einer der politischen Akteure des Drogenhandels, die überlebt haben, ist Fidel Castano, der in Urabá und Cordoba agiert und paramilitärische Gruppen befehligt, die mit dem Militär zusammenarbeiten. Ihm ging es stets nicht nur darum, seinen Drogenhandel zu schützen, sondern auch die Guerilla und ihr soziales Umfeld zu bekämpfen, indem er beispielsweise gegen Bauern vorging, die Land besetzten. Es ist damit zu rechnen, daß Drogenhändler wie Castano versuchen werden, sich in die Verhandlungen einzumischen.
Es gibt allerdings keine offene Opposition gegen Verhandlungen, sondern vielmehr Forderungen, daß die Drogenhändler und Paramilitärs in den Friedensprozeß integriert werden. Die Regierung hat angekündigt, sie wolle die Verhandlungen mit der Guerilla von der Lösung der Probleme des Drogenhandels und der Paramilitärs trennen, da sie letztere nicht als politische Akteure und Gesprächspartner anerkennt. Trotzdem gehe ich davon aus, daß unter der Hand Verhandlungen stattfinden.
Das Kartell von Calí äußert sich selten zu solchen Fragen. Es setzte immer auf Übereinkünfte mit wirtschaftlichen Kräften in der Region Cauca, investierte Geld und mischte sich kaum in die Politik ein. Wenn es paramilitärische “Säuberungsaktionen” durchführte, tat es sie einfach, ohne gleichzeitig Propaganda zu betreiben. Auch wenn das Cali-Kartell den Ruf hat, nicht terroristisch, sondern kultivierter und zivilisierter vorzugehen, waren seine Methoden im Tal von Cauca immer sehr barbarisch. Es ließ zwar keine Bomben legen, massakrierte aber Campesinos und richtete Blutbäder in der Bevölkerung an.
Es ist sehr schwierig abzuschätzen, wie sich die Drogenmafia verhalten wird. Man kann nur sagen, daß sie heute ein weniger komplizierter Akteur ist als in der Vergangenheit.
Weil sie so geschwächt sind?
Das Kartell von Medellín ist geschwächt, das Cali-Kartell ist an Verhandlungen interessiert, weil sie wissen, daß sich in Zukunft der Druck auf sie erhöhen wird. Früher befanden sich die Drogenbosse aus Cali nie im Konflikt mit der kolumbianischen Regierung oder der US-amerikanischen Drogenbekämpfungsbehörde DEA, da diese sich auf das Medellín-Kartell konzentrierten. Dabei wurde teilweise auch mit dem Cali-Kartell zusammengearbeitet. Jetzt, nach dem Tod von Pablo Escobar, dem Chef des Medellín-Kartells, wissen die Bosse in Cali, daß die DEA ihr Augenmerk auf sie gerichtet hat. Deswegen treten sie in Verhandlungen mit der Staatsanwaltschaft ein. Einige Drogenhändler haben sich bereits gestellt.
Unterstützen die Menschenrechtsorganisationen die Politik des Straferlasses für Drogenbosse, die sich stellen?
Nein. Einige Menschenrechtsgruppen sind der Meinung, daß eine Legalisierung des Drogenhandels Vorteile hätte. Es ist allerdings nicht akzeptabel, daß die Menschenrechtsverletzungen der Drogenhändler straffrei bleiben. Viele von ihnen sind noch dazu in die Aufstandsbekämpfung verwickelt. Es ist für uns schwer zu akzeptieren, daß die Strafe für diese Verbrechen zwischen ihnen, der Staatsanwaltschaft und der Regierung ausgehandelt wird.
Während ein Drogenhändler dann nur zwei oder drei Jahre absitzen muß, werden Gewerkschaftsführer der staatlichen Telefongesellschaft Telecom, die kein anderes Delikt begangen haben, als einen Streik zu organisieren, zu acht Monaten Haft verurteilt. Viele politische Gefangene sitzen nach wie vor sogar ohne Gerichtsverfahren und Verurteilung seit mehr als vier Jahren in Haft. Es gibt eine Politik, die Drogenhändler willkürlich zu bevorzugen und soziale Bewegungen zu kriminalisieren.
Gleichzeitig bin auch ich der Meinung, daß man dem Phänomen des Drogenhandels nicht nur mit Repression begegnen darf. Es handelt sich um ein gutes Geschäft, weil es illegal ist. In dem Moment, wo es legalisiert wird, ist es für die Drogenhändler weniger lukrativ. Gleichzeitig würde die Gewalttätigkeit zurückgehen, die mit einem illegalen Gewerbe einhergeht. Diese Position wird nicht von allen Menschenrechtsgruppen in Kolumbien geteilt. Meine Organisation vertritt allerdings die Meinung, daß der Handel mit Drogen und Betäubungsmitteln entkriminalisiert werden muß.
Die kolumbianischen Menschenrechtsgruppen werden zusammen mit der internationalen Kampagnenkoordination im kommenden Februar einen Kongreß in Brüssel abhalten. Welche Unterstützung erwarten sie sich vom Ausland?
Gerade jetzt, nach der internationalen Kampagne von “amnesty international” und der Vorlage des Berichtes der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, befindet sich die kolumbianische Regierung in einer Situation, wo sie klare Zeichen setzen muß, damit die internationale Gemeinschaft ihr abnimmt, daß sie Anstrengungen zur Bekämpfung der Menschenrechtsverletzungen unternimmt. Heute kann sich ihr politischer Wille nicht mehr darin erschöpfen, daß sie einige Menschenrechtskurse für Militärs anbietet oder ein Büro für Menschenrechte im Verteidigungsministerium einrichtet.
Wir erwarten von der internationalen Gemeinschaft, daß sie anfängt, die kolumbianische Regierung nicht mehr als ohnmächtiges Opfer, sondern als Verantwortliche für die Menschenrechtsverletzungen und den schmutzigen Krieg anzusehen. Der Fall Kolumbien muß in der UNO-Menschenrechtskommission analysiert werden. Jahrelang war der Blickwinkel der Staaten des Nordens und auch der Vereinten Nationen auf Militärdiktaturen verengt. Dort, wo formale Demokratien existierten, wurden Menschenrechtsverletzungen als interne Probleme angesehen. Dies hat lange verhindert, daß die internationale Gemeinschaft sich mit der Situation in Kolumbien beschäftigt. Jetzt ist eine unserer Forderungen, daß ein UNO-Sonderberichterstatter für Kolumbien ernannt wird.
Momentan hat die kolumbianische Regierung enorme Angst, durch ihre Verletzungen der Menschenrechte einige ökonomische Vorzugsbedingungen im Exportbereich zu verlieren, die sie zur Zeit bei der Europäischen Gemeinschaft oder einigen Mitgliedsländern hat. Zwar handelt es sich hierbei mehr um eine Befürchtung als um eine Realität, denn bis jetzt gab es keine offenen Äußerungen, daß die europäischen Staaten wirtschaftliche Sanktionen in Erwägung ziehen.
Wichtig ist, daß diese kolumbianische Regierung großen Wert darauf legt, was im Ausland von ihr gehalten wird. Der Druck, der von der internationalen Öffentlichkeit ausgeht, ist daher von entscheidender Bedeutung.