Kinderfreie Zone Managua
Regierung begann mit Vertreibung arbeitender Kinder
Um die Bevölkerung auf die Vertreibungsaktion einzustimmen, hatte die Regierung zuvor Meldungen über sich angeblich häufende Diebstähle und Überfälle an den Verkehrsampeln lanciert und an die Autofahrer appelliert, die Polizei bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Obwohl die Regierung vorgab, mit ihrer Maßnahme die Kinder vor den “Gefahren der Straße” schützen zu wollen, war in den Medien allgemein von Säuberungen die Rede.
Die Kritik an ihrem rabiaten Vorgehen veranlaßte die Regierung inzwischen zu versichern, die Maßnahmen seien Teil eines weitergehenden Planes, der sich am wohlverstandenen Interesse der Kinder und dem Internationalen Übereinkommen über die Rechte der Kinder orientiere. UNICEF wurde eingeladen, sich an der Umsetzung des Planes zu beteiligen.
Repressive Betreuung
Doch trotz vollmundiger Worte, sieht der Plan im Konkreten lediglich erzieherische und repressive Schritte vor. Kinder, die sich nicht überreden lassen, ihre Arbeitsorte zu verlassen und die Schule zu besuchen, sollen in zu errichtende Erziehungsheime eingewiesen werden. Den Eltern, die trotz “freundlicher” Empfehlungen und Androhung von Strafen nicht ihren Erziehungspflichten nachkommen und ihre Kinder nicht von der Straße fernhalten, soll das Sorgerecht entzogen werden.
Für diese Art von Betreuung sollen 50 street worker, 20 weibliche Polizisten und 35 Lehrer auf Kinder und Eltern angesetzt werden. Mit Hilfe internationaler Geber sollen 11 Millionen US-Dollar locker gemacht werden, um den Menschen der unteren Bevölkerungsschichten abzugewöhnen, Kinder arbeiten zu lassen.
Die Kinder, die in der Bewegung der NATRAS organisiert sind, haben in dem Regierungsvorhaben nichts entdeckt, was ihnen wirklich zugute käme. Sie von der Straße zu vertreiben, löse angesichts der fortbestehenden Not keines ihrer Probleme, sondern schaffe nur neue, so müßten sie jetzt heimlich in der Nacht einer Arbeit nachgehen und seien noch größeren Risiken ausgesetzt. NATRAS ist empört, daß man die Kinder als die Hauptbetroffenen nicht vorher angehört hat und sie gegen ihren Willen von ihren Familien trennen will. Die Kinder bestehen darauf, sie selbst entscheiden zu lassen, ob sie arbeiten und wo sie sich aufhalten wollen.
NATRAS fordert von der Regierung, daß sie anstelle ihrer repressiven Maßnahmen wieder allen Kindern kostenlosen Schulunterricht ermöglicht und ihren Eltern ausreichend bezahlte Arbeit verschafft. Statt weiter einen Haufen Geld für die Spezialpolizei zur Aufstandsbekämpfung auszugeben, sollten Schulen und Gesundheitszentren eingerichtet werden. Von der Polizei wird erwartet, daß sie die Kinder nicht – wie jetzt geschehen – von ihren Arbeitsorten vertreibt, sondern vielmehr dort schützt.
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, werden die Kinder weiter auf die Straße gehen und sich mit den bereits Vertriebenen solidarisieren. Die Autoritäten fordern sie auf, mit ihnen über ihre Problematik zu diskutieren und ihre Vorschläge anzuhören, wie ihre Situation zu verbessern und ihre Rechte zu erfüllen seien. Die Kinder sind davon überzeugt, daß sich ihre Probleme nur lösen lassen, wenn Lösungen nicht weiter in einem generellen Verbot der Kinderarbeit gesucht werden, sondern zusammen mit ihnen und ihren Familien für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen gesorgt wird.