Kolumbien | Nummer 425 - November 2009

Mit Blumen gegen Imageprobleme

Die erste ExpoKolumbien in Berlin soll ein geschöntes Bild des Landes vermitteln

Mit großem Aufwand soll Kolumbien in Deutschland vermarktet werden. Was dabei nicht zur Sprache kommt, sind kritische Themen wie Menschenrechtsverletzungen.

Alexandra Huck

Die erste ExpoKolumbien findet Ende Oktober in Berlin unter Schirmherrschaft der kolumbianischen Botschaft statt. Für das Wirtschaftsforum wird der kolumbianische Wirtschaftsminister, Luis Guillermo Plata, erwartet. Partner von ExpoKolumbien sind unter anderem die Deutsche Industrie- und Handelskammer, die Freie Universität Berlin, die staatlichen Entwicklungsinstitutionen GTZ und InWent sowie das Instituto Cervantes. Die ganze Vielfalt Kolumbiens soll dargestellt werden: Kinowoche, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und eine Podiumsdiskussion, Swing Latino zum Auftakt, Salsa zum Abschluss. Ein Seminar für Reisekaufleute bringt der deutschen Tourismusbranche die Sehenswürdigkeiten Kolumbiens unter dem Stichwort „Colombia ist Leidenschaft“ näher. Die ganze Vielfalt Kolumbiens – abgesehen von einigen Ausnahmen. Denn vielfältig sind in Kolumbien immer noch die Menschenrechtsverletzungen. Kolumbien ist für Gewerkschaftsarbeit weltweit weiterhin das mit Abstand gefährlichste Land. Gewaltsame Vertreibungen nehmen wieder zu, über tausend Menschen sind täglich betroffen. Die Zahl der außergerichtlichen Hinrichtungen seit dem Amtsantritt von Präsident Uribe sorgte international für Aufsehen. Der staatliche Geheimdienst DAS hat jahrelang MenschenrechtlerInnen und ihre Familien ausspioniert, Drohungen geschickt und Informationen an Paramilitärs weitergegeben.
Erwähnenswert sind einige der ExpoKolumbien-Sponsoren. Zum Beispiel der UnternehmerInnenverband der Blumenproduzenten Asocolflores. „Als fröhliche Einstimmung“ wird Asocolflores zehntausende von Blumen in Berlin verteilen lassen. Bei ArbeitnehmerInnenrechten ist Asocolflores nicht ganz so großzügig. Statt dem unabhängig kontrollierten Flower Labelling Program (FLP) beizutreten, hat Asocolflores es vorgezogen, mit Flor Verde ein eigenes „Zertifikat“ zu schaffen – mit niedrigeren Standards.
Auch Fedepalma, ein weiterer Sponsor, steht in der Kritik. Erst im Juli haben zwei Fedepalma-Mitgliedsunternehmen die Räumung von Kleinbauern und -bäuerinnen von ihrem Land veranlasst. Diese hatten in Las Pavas, im Bundesstaat Bolívar, seit Jahren ihre Felder auf brachliegendem Land bestellt und die Eintragung auf ihren Namen beantragt. Doch dann kauften C.I. Tequendama und San Isidro das Land und beantragten die Räumung. Geräumt werden darf, solange das Überschreibungsverfahren läuft, laut Gesetz nicht. Das nützte den Kleinbauern und -bäuerinnen aber wenig: am 14. Juli wurden sie von der Polizeit vertrieben und ihre Hütten zerstört. Keine Handlungsmöglichkeiten in einem solchen Fall sieht der UnternehmerInnenverband Fedepalma. Zwar trägt Fedepalma den ohnehin höchst umstrittenen Roundtable on Sustainable Palm Oil Production (RSPO) mit, hat aber nicht einmal Mechanismen vorgesehen, um zumindest dessen Niedrigstandards durchzusetzen. Leidenschaft, Vielfalt und Schönheit sind gewiss kennzeichnend für Kolumbien – das kann bestätigen, wer das Land kennt. Für allzu viele Menschen jedoch stehen immer noch Leiden, Unrecht und Straflosigkeit für die Täter im Vordergrund. Die Pressemitteilungen der ExpoKolumbien lesen sich, als wollten sie das „endlich“ vergessen machen. Doch erst wenn die Opfer Wahrheit und Gerechtigkeit erfahren und die Straflosigkeit endet, wird das Land in seiner ganzen Schönheit erstrahlen. Vergessen hilft dafür nicht weiter.

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