Literatur | Nummer 383 - Mai 2006

Der Smaragdkönig

Victor Carranza und das grüne Gold der Anden

Jeanette Erazo Heufelder erzählt mit der Geschichte von Victor Carranza auch die der Smaragdminen Kolumbiens und gibt zugleich einen Einblick in eine Welt, die für Außenstehende unzugänglich ist.

Eva Danninger

Victor Carranza ist ein Junge wie jeder andere,
der in der kolumbianischen Provinz Boyacá aufwächst, im Umfeld der Esmeralder@s, der SmaragdschürferInnen. Wie viele kolumbianische Jungen träumt er von den Edelsteinminen und wie er mit den grünen Steinen reich wird. Er beginnt in den Minen zu arbeiten, durchwühlt mit Tausenden Esmeralder@s den Schlamm, den die MinenbesitzerInnen den armen SchürferInnen überlassen und muss lernen, dass sein Traum eine Falle ist.
Er lernt das Leben mit dem Smaragd von ganz unten kennen und durchschaut die Falle. Man lässt die Menschen gerade soviel finden, dass die Hoffnung auf den großen Reichtum wie eine verzehrende Flamme immer weiter in ihnen brennt. Doch Victor will mehr und erkennt, dass für ZwischenhändlerInnen bessere Verdienstmöglichkeiten bestehen. Aber auch hier sind dem Gewinn Grenzen gesetzt. Für ihn ist dies eine neue Herausforderung.
Der Zufall will es, dass er zu diesem Zeitpunkt Juan Beetar kennen lernt, einen Rechtsanwalt aus Bogotá, den es seit langem zum Juwelenhandel hinzieht, obwohl diesem Geschäft seit jeher der Ruch von Kriminalität anhaftet. Carranza wird zum besten Lieferanten für Beetar und schon bald haben sie große Pläne: Sie wollen ins Minengeschäft einsteigen und Minenbesitzer werden.
Geschickt eignen sie sich die reichsten Minen in der Region Boyacá an. Dabei nützen ihnen die diplomatischen Fähigkeiten von Beetar und die untrügliche Spürnase Carranzas für neue und ertragreiche Minen. Heute sind die beiden in Kolumbien und weltweit die mächtigsten Minenbesitzer.
Doch der Smaragdhandel ist ein blutiges Geschäft. Die Drogenkartelle wittern ein großes Geschäft und steigen ein. Die paternalistische Struktur im Juwelengeschäft und die Machtkontrolle durch lokale Caudillos verschärfen die Konflikte.
Jeanette Erazo Heufels Roman gibt einen beeindruckend lebensnahen Einblick in die Welt des grünen Steins. Er zeigt einen Querschnitt der kolumbianischen Gesellschaft, der, jenseits der üblichen Berichterstattung über die allgegenwärtige Gewalt, Verständnis für die kolumbianische Realität zu wecken vermag.

Jeanette Erazo Heufelder: Der Smaragdkönig; Malik 2005, 294 Seiten, 19,90 Euro.

Ähnliche Themen

Newsletter abonnieren