Pinochets Alpträume
Kurzrezension
Diese lebt am Rande der Gesellschaft: als Transvestitin belächelt oder geächtet, als Mittvierzigerin schon dental verwahrlost, unpolitisch, arm. Zum Leben bleibt ihr wenig mehr als eine hübsch gelegene Bleibe, ein wenig Lebensunterhalt durch hübsch bestickte Tischdecken – und ein hübscher Carlos, den sie vergöttert. Carlos jedoch ist einer jener Attentäter, und die Tunte von der Front erlaubt ihm, einige gefährliche Kisten bei ihr unterzustellen, obwohl sie zunächst nur von ferne ahnt, worum es geht. Träume aus Plüsch ist die Geschichte einer Bekehrung aus Liebe, denn am Ende unterstützt sie die Umstürzler ganz bewusst. Dieser Stoff ist nicht neu, aber Lemebel hat daraus ein über weite Strecken frisches, klares, humorvolles Buch gemacht.
Erzählerischen Schwung verleiht ihm der ständige Wechsel zwischen der schwul-politischen Liebesgeschichte und der intimen Welt der Gegenseite, nämlich der Ehe des Augusto P. In Alpträumen von den eigenen Verbrechen verfolgt, von einer schwatzhaften Gattin geplagt, möchte er sich eigentlich nur seiner Waffensammlung widmen und ansonsten seine Ruhe haben. Die bekommt er nicht, weder von seiner Frau noch von den Gegnern.
Das Strickmuster mag reichlich einfach sein – liebenswerte Rebellen hier, die trotz ihres Scheiterns auf der ganzen Linie siegen, das brutale und zugleich banale Böse dort. Gewagt ist der Roman dennoch, denn Lemebels Pinochet ist – mit bitterer Grundierung – auf Lacheffekte aus. Da der Autor den ornamentreichen, barocken Duktus im Griff hat, gleitet seine amouröse Politkomödie aber nie ins Peinliche ab. Das ist wohl das Erstaunlichste an diesem kurzweiligen Buch.
Pedro Lemebel: Träume aus Plüsch. Aus dem Spanischen von Matthias Strobel. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 2004, 201 Seiten, 8,50 Euro.