“WIR BAUEN UNSERE EIGENE HARDWARE”


Was zeichnet den LibreRouter aus?
Ein LibreRouter kommt mit einer recht potenten Antenne, die für die Kommunikation mit anderen Routern in der Nachbarschaft gedacht ist. Der Router kommt aufs Dach und verbindet sich dann automatisch mit anderen Routern, die in der Nähe sind. Deswegen kommt er auch in einer wasserdichten Box. Der Router kommt jetzt schon fertig installiert mit der Software und bringt auch GPS mit, damit die Leute die Position ihres Geräts selber bestimmen und auf einer Karte eintragen können. Wir geben auch Dokumentation für nicht technisch sonderlich versierte Menschen dazu. Das ist das Spezielle bei diesem Projekt: Dieser Router ist gemacht für die Leute, die ihn verwenden sollen. Das sind in Argentinien oder auch in Südafrika, wo ein Teil vom Team herkommt, keine technikaffinen Personen. Zusätzlich gibt es auch ein Solarmodul für Gebiete, wo es wenig Strom oder oft Stromausfälle gibt. Dies trifft jetzt auf Argentinien eher nicht zu, aber in Südafrika ist es in den Dörfern oft ein Problem. Es kann auch in anderen Gemeinschaften spannend sein. Wir werden in letzter Zeit oft eingeladen, mit indigenen Völkern zusammen zu arbeiten, und im Amazonas-Gebiet zum Beispiel ist Solar auch Thema, weil es da einfach keinen Strom gibt. Das ganze LibreRouter-Projekt ist mittlerweile zu einem ziemlich umfangreichen Projekt geworden.

Was gab den Anstoß zu dem Projekt?
Der konkrete Anlass war eine Regulierung aus den USA, die bei Gemeinschaftsnetzwerkprojekten als Firmware Lockdown (Abriegelung des Router-Betriebssystems) bekannt wurde (siehe Kasten, Anm. d. Red.).

Was soll es Leute in Argentinien kümmern, was die Federal Communications Commission in den USA oder das EU-Parlament bestimmen?
Weil der globale Markt so funktioniert. Abhängig von den USA und Europa wird bestimmt, was für die Welt produziert wird. Wenn die gesetzlichen Bestimmungen in den beiden Regionen bestimmte Eigenschaften verlangen, heißt das, dass höchstwahrscheinlich die Mehrheit der Produkte für alle Regionen nach dem Maßstab produziert wird. Unsere Motivationen liegen aber weiter zurück. In Argentinien haben wir schon jahrelang die Router immer adaptiert, das freie Betriebssystem LibreMesh darauf installiert, selber eine wasserdichte Box und Antennen gebaut. Das funktioniert ganz gut, wenn man in einer Gegend ist, wo man schon weiß, wo es die Materialien und das Werkzeug gibt. In den letzten Jahren haben uns Leute immer wieder in andere Dörfer eingeladen, um da Workshops zu geben. Da haben wir oft selber versucht, diese Sachen einzukaufen, mit den Leuten lokal, oder ihnen vorher gesagt, was sie einkaufen sollen. Und sind darauf gekommen, dass es zum Teil super schwierig ist und dass es viel Zeit braucht, die Materialien zusammen zu bekommen. Andererseits ist es auch spannend, weil man sich dadurch mehr mit der Technologie auseinandersetzt. Wir waren der Meinung, dass diese Workshops eine schöne Erfahrung sind und die Leute dadurch die Angst verlieren und sich mehr aneignen. Und grade in Lateinamerika ist es oft gar nicht so einfach, die benötigte Technik zu bekommen. Es kommen extra Steuern drauf oder es gibt sie gar nicht und es dauert einige Jahre, bis sie irgendwann importiert wird. Außerdem wollten wir unabhängiger sein. Wir reden die ganze Zeit von unabhängigem Internet und dem Sich-Selbst-Versorgen. Und im Endeffekt ist man komplett abhängig von der Hardware, die wer anderes produziert. All diese Erfahrungen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass wir gesagt haben, dann machen wir eben unseren eigenen Router.

Schlussendlich kommen aber die Hardwareteile selbst aus Taiwan?
Das ist definitiv so. Wir haben überlegt, es anders zu machen. Ganz anders kann man das ja nicht machen, denn die Chips selber gibt es nur aus Taiwan. Aber wir haben überlegt, den Router in Argentinien zusammenbauen zu lassen, zumindest einen Teil der Produktion in einem anderen Land zu machen. Da haben wir gemerkt, an welche Grenzen man stößt. Einfach aufgrund von allen möglichen Bestimmungen, aufgrund von Fragen, wie eben diese globalisierte Welt funktioniert. Schiffstransport aus Asien kostet einfach einen Bruchteil von dem, was es kosten würde, aus Argentinien woandershin zu schiffen. Ich bin auch Umweltschutzaktivistin und das versuche ich auch in dieses Projekt miteinzubringen. Mich interessieren geplante Verfallsdaten und was mit dem Elektroschrott passiert. Deshalb finde ich es sehr spannend, in diese Welt einzutauchen, und finde auch, dass sich da was verändern muss. Nur auf der Skala, auf der wir produzieren, habe ich bemerkt, dass nur ganz kleine Dinge möglich sind. Um ehrlich zu sein, auch wenn wir mit einem kleinen Projektpartner in der Produktion arbeiten, denke ich, dass die Bedingungen trotzdem nicht viel anders sind als anderswo. Ich hoffe es zwar, aber vermute, dass es eher nicht so ist. Was mir auch total am Herzen liegen würde: mehr in Richtung Recycling, Wiederverwendung der Router zu arbeiten. Aber dazu kenne ich momentan noch zu wenig Leute.

Was kostet ein Router?
Im Einkauf soll er etwa 100 Dollar kosten.

Wie ist das im Verhältnis zur Standardtechnik zu sehen, mal abgesehen davon, dass die in Argentinien auf dem Land nicht unbedingt so out-of-the-box einsetzbar ist?
Es ist ähnlich, beziehungsweise der LibreRouter ist günstiger.

Du hast mal die Selbstversorgung mit Essen und die Selbstversorgung mit Internet miteinander verglichen. Was sind für dich die Zusammenhänge?
Ich bin sehr aktiv in der Souveränitätsbewegung und bin darüber in diese Technologieszene reingerutscht. Da brauchen wir zum Beispiel auch immer eine Software, um alles zu organisieren. Es geht auch darum, aus einem System auszubrechen, sich Alternativen zu suchen und sich selbst zu versorgen, in Bezug auf Fragen wie, ich weiß, wo es herkommt, ich kann bestimmen, wie es produziert wird. Das ist bei Ernährung noch mehr möglich als bei der Technologie. Andererseits finde ich es immer wieder schwierig, dass es nur wenige Leute sind, die die komplette Verwaltung auf technischer Ebene für die ganze Souveränitätsbewegung machen. In Wirklichkeit ist das keine Souveränität, wenn es nur eine Person versteht und macht.


Hola!

Wenn Dir gefällt, was du hier liest, dann unterstütze unsere ehrenamtliche Redaktion doch mit einem Abo! Das gibt's schon ab 29,50 Euro im Jahr. Oder lass uns eine Spende da! Egal ob einmalig 5 Euro oder eine monatliche Dauerspende – alles hilft, die LN weiter zu erhalten, Gracias ❤️

Newsletter abonnieren