
1998 veröffentlichte die ecuadorianische Band Los Conquistadores ein Video zu ihrem Song „Mi conejito“ (Mein Häschen). Zu einer Cumbia mit schlüpfrigem Text (Ein Hase „ohne Unterhose“ hüpft dort des Nachts durch allerhand Betten) tanzt die Gruppe darin in lächerlichen Hasenkostümen vor einem Bergpanorama. Das Video ging viral und ist bis heute ein steter Quell der Heiterkeit vor allem im lateinamerikanischen Teil des Internets.
So weit, so gut. Wäre da nicht die argentinische Künstlerin und Regisseurin Amalia Ulman. Die scheint bis heute von „Mi conejito“ dermaßen fasziniert zu sein, dass sie diese kulturelle Meisterleistung aus den Anden zum Anlass für ihren neuesten Kinofilm Magic Farm nahm. Klingt nach einer Idee, die nur schiefgehen kann? Bingo. Magic Farm ist einer dieser Filme, bei denen man schon nach 10 Minuten weiß: In der Zeit, die nun folgt, könnte ich wahrscheinlich auch meine Steuererklärung machen oder das Bad putzen und der Erkenntnisgewinn wäre größer.
Der Plot klingt bereits ziemlich verdächtig. Ein Hipster-Team, das Content für einen TV-Trash-Kanal produziert, soll in Lateinamerika nach einem Sänger mit Hasenmaske (na, klingelt’s?) suchen und ihn seinem Publikum als Absurdität der Woche zum Fraß vorwerfen. Stattdessen landet man aber aufgrund einer Fehlbuchung in einem völlig anderen Land (Argentinien), weil dort ein Ort den gleichen Namen hat. Dass die gringos dort über eine Ansammlung billigster und altbackenster Lateinamerika-Klischees stolpern, geschenkt. Noch schlimmer ist, dass die Geschichte nach den ersten 20 Minuten im Prinzip auch schon endet, denn im Film passiert fortan nichts mehr von Belang. Lieblose Love-Stories, vorhersehbare Enthüllungen der Filmcrew-Mitglieder und vor allem extrem unlustige Versuche im Feld Humor (sie Gags zu nennen, würde den ernsthaften Versuchen anderer Filmemacher*innen nicht gerecht) geben sich die Klinke in die Hand. Nur ein Beispiel: Vier oder fünf Mal werden spanisch/englische Missverständnisse und Verwechslungen (auf dem Niveau „My Online Friends – OnlyFans“) als Lacher herangezogen. Und als wäre das noch nicht genug, werden diese meist auch noch von einer dritten Person (zum Beispiel die selbst mitspielende Regisseurin Ulman) übersetzt – irgendwie müssen die gähnenden Lücken in der Handlung schließlich gefüllt werden.
Die „subversive“ Message des Films ist ebenfalls sehr schnell klar: Das Dorf hat ein massives Problem mit giftigen Pestiziden. Was die plan- und kulturlosen Hipster-Gringos natürlich nicht kapieren, obwohl es ihnen buchstäblich ins Gesicht springt. Und so wird der „Witz“ die restliche Laufzeit des Films noch ermüdend ausgewalzt, damit ihn auch wirklich alle Zuschauer*innen verstehen.
Amalia Ulman kann es viel besser, wie sie mit ihrem Debütfilm El Planeta bereits bewiesen hat. Nach Magic Farm bleibt dagegen als einzige Frage, warum eine eigentlich renommierte Schauspielerin wie Chloë Sevigny sich diese Farce angetan hat. Sollte sie für einen Film mit dem gleichen Namen zugesagt haben und dann unverhofft in dieser Nummer gelandet sein, es würde zumindest thematisch ins Bild passen. Ach ja, und wer noch nach einem Wink mit dem Hasenohr gesucht hat: Im Abspann des Films läuft das Lied „Mi conejito“ von Los Conquistadores…