Brot und Spiele

WM und Arbeitskämpfe verbinden Spielerinnen klagen über fehlende Unterstützung der Verbände (Foto: Medios Públicos EP via Flickr (CC BY-SA 2.0))

Es war spannend bis zur letzten Minute: Nach einer knappen 1:0-Führung in der Nachspielzeit gelang der haitianischen Stürmerin Melchie Dumonay ein weiterer Treffer, mit dem sie die chilenische Torhüterin überwand und einen historischen Sieg besiegelte, mit dem sich Haiti zum ersten Mal für die Weltmeisterschaft qualifizierte. Les Grenadières, wie die haitianische Frauen-Nationalelf auch genannt wird, hatten in der Gruppe A des Qualifikationsturniers den dritten Platz belegt und trafen damit im Februar zunächst auf Senegal und dann auf Chile. Nachdem Haiti beide Teams besiegt hatte, war die Teilnahme an der WM für Juli und August gesichert.

Panama musste ebenfalls in einem zusätzlichen Spiel um seine Teilnahme bei der WM kämpfen. Die Nationalelf besiegte Papua-Neuguinea mit Leichtigkeit, bevor sie sich mit einem 1:0-Sieg über Paraguay das letzte Ticket für die Weltmeisterschaft in Neuseeland und Australien sicherte. Auch für Panama ist es die erste Teilnahme an einer WM. Gegenüber der panamaischen Tageszeitung La Prensa äußerte sich die Torschützin Lineth Cedeño glücklich: „Es ist ein sehr wichtiges Tor für das ganze Land, das Tor, das uns zur Weltmeisterschaft bringt.“

Jahrelange Konflikte zwischen dem brasilianischen Fußballverband CBF und den Spielerinnen

Mit Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Jamaika und Costa Rica haben sich fünf weitere Teams aus Lateinamerika und der Karibik direkt für den Wettbewerb qualifiziert. Brasiliens seleção ist mit neun WM-Teilnahmen und Superstars wie Marta, der besten brasilianischen Torschützin aller Zeiten, nicht nur das Team mit den besten Chancen auf den Sieg aus der Region, sondern unter den Favoriten auf den Titel. Die Teilnahme der Brasilianerinnen erfolgt nach jahrelangen Konflikten zwischen dem brasilianischen Fußballverband CBF und den Spielerinnen. Im Jahr 2017 verließen fünf langjährige Spielerinnen die Nationalelf, unter anderem Cristiane, Francielle und Rosana. Sie begründeten den Weggang mit der Entlassung der ersten weiblichen Trainerin Emily Lima und mit ihrer Erschöpfung „durch jahrelange Respektlosigkeit und mangelnde Unterstützung“, wie es damals in einem offenen Brief hieß. Im Jahr 2021 wurde dann der Präsident des CBF, Rogério Caboclo, aufgrund von Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung von seinem Amt suspendiert. Im Jahr 2019 kam Pia Sundhage als neue Trainerin für das Team. Seither trainiert sie die brasilianische Nationalelf der Frauen. Damit wurde der 2017 von den Spielerinnen geäußerte Wunsch nach langfristiger Unterstützung durch den Verband und Beständigkeit im Trainerstab zumindest teilweise erfüllt.

Auch in Kolumbien und Argentinien kam es zwischen Nationalelf und Fußballverband zu Konflikten. Nach der Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich trafen sich alle 23 argentinischen Spielerinnen, um ihre Unzufriedenheit mit der Ausrichtung des Teams unter dem damaligen Trainer Carlos Borrello zu diskutieren. Als Tage später mehrere Schlüsselspielerinnen, darunter Kapitänin Estefanía Banini, für die kommenden Spiele aus dem Kader geworfen wurden, protestierten die Spielerinnen in den sozialen Medien. Banini schrieb, der Grund ihres Ausschlusses liege auf der Hand und hänge mit der zuvor geäußerten Kritik zusammen.

Ähnlich wie Banini wurde 2016 die kolumbianische Mittelfeldspielerin Daniela Montoya, eine der Schlüsselspielerinnen für Kolumbien bei der Weltmeisterschaft 2015, nicht mehr für den Olympia-Kader aufgestellt. Sie hatte öffentlich kritisiert, dass der Verband den Spielerinnen Preisgelder von vergangenen internationalen Turnieren noch nicht ausgezahlt hatte. Drei Jahre später prangerte die kolumbianische Spielführerin Natalia Gaitán zusammen mit anderen Spielerinnen den kolumbianischen Verband wegen mangelnder Unterstützung für das Frauenteam an. Beide Spielerinnen, Banini und Montoya, sind inzwischen in ihre Nationalteams zurückgekehrt.

Kolumbien und Argentinien liegen auf dem 25. bzw. 28. Platz der Weltrangliste und haben sich aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen bei der Copa América 2022 automatisch für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Beide Teams haben bereits an mehreren Weltmeisterschaften teilgenommen und wollen ihre Leistungen verbessern. Las Cafeteras aus Kolumbien waren enttäuscht, dass sie die Teilnahme an der WM 2019 in Frankreich verpassten, nachdem sie 2015 als erstes südamerikanisches Team neben Brasilien ein Spiel bei einer WM gewonnen und die Gruppenphase überstanden hatten. Sie bereiten sich nun darauf vor, den Weltmeistertitel zu erspielen. „Wir wollen dabei sein und um den Weltmeistertitel kämpfen“, so die aktuelle Kapitänin Daniela Montoya gegenüber FIFA.com. Die Mannschaft sei aus erfahrenen und jungen Spielerinnen zusammengestellt worden. „Ich weiß, dass dies unser Moment ist, das Jahr, in dem die kolumbianische Nationalmannschaft an der Spitze stehen wird“, erklärte Montoya weiter.

La Albiceleste nehmen zum vierten Mal an einer Weltmeisterinnenschaft teil. Obwohl sie sich seit Anfang der 2000er Jahre verbessert hat, konnte sie bisher keinen greifbaren Erfolg verbuchen. In Frankreich 2019 holte sie mit zwei Unentschieden ihre ersten Punkte bei einer Weltmeisterschaft. Kapitänin Stefanía Banini sagte im Gespräch mit DSports Radio, dass das Team sich darauf konzentriere „dort gut anzukommen und einige der Spiele zu gewinnen.“

Jamaika und Costa Rica nehmen erst zum zweiten Mal an einer Weltmeisterschaft teil. Costa Rica kehrt dieses Jahr auf die WM-Bühne zurück, nachdem es bei der WM 2019 in Frankreich nicht klappte und ein neuer Tarifvertrag zwischen Spielerinnen und Verband abgeschlossen wurde. Das jamaikanische Team erlebt seinerseits den Höhepunkt seiner Wiedergeburt im Frauenfußball, auch wenn seine Situation prekär bleibt. In den 2000er Jahren stand das Team kurz vor der Auflösung und musste sich aus internationalen Wettbewerben zurückziehen, bis die Sängerin und Tochter von Bob Marley, Cedella Marley, als Investorin einstieg und zudem eine Crowdfunding-Kampagne für das Team startete. Auch nach der zweiten WM-Qualifikation gehen die Probleme jedoch weiter. Am 15. Juni 2023, nur einen Monat vor Beginn des Turniers, veröffentlichten die Spielerinnen einen Brief in den sozialen Medien, in dem sie Veränderungen im jamaikanischen Fußballverband forderten. Sie erklärten, dass sie wiederholt spielten „ohne die vertraglich vereinbarte Bezahlung zu erhalten“, Freundschafts-spiele wegen „extremer Desorganisation“ verpasst hätten und es weiter unklar sei, ob Tage vor der Weltmeisterschaft überhaupt noch ein Trainingslager stattfinden würde.

“Ich kann das derzeitige System nicht mehr unterstützen”

Unruhen zwischen Spielerinnen und Verbänden kommen jedoch auch außerhalb von Lateinamerika und der Karibik vor. Die Kapitänin der französischen Nationalelf Wendie Renard sowie zwei weitere Spielerinnen kritisierten den Verband und kündigten einen Boykott der WM an. Auf Twitter schrieb Renard: „Ich kann das derzeitige System nicht mehr unterstützen, das weit von den Anforderungen der ersten Liga entfernt ist.”. Zwei Wochen später wurde die Trainerin entlassen. Auch das kanadische Team protestierte gegen mangelnde Unterstützung und Lohnungleichheit, in Spanien wollten 15 Spielerinnen nicht für den Nationalkader berufen werden, „bis Situationen, die unseren emotionalen und persönlichen Zustand, unsere Leistung und folglich die Auswahlentscheidungen beeinträchtigen und zu unerwünschten Verletzungen führen könnten, rückgängig gemacht werden“, wie sie in einer Erklärung mitteilten. Drei der 15 unterzeichnenden Spielerinnen nehmen allerdings trotzdem an der bevorstehenden WM teil. Der fehlende Wille der Verbände in den Frauenfußball zu investieren und ihn damit zu professionalisieren, führen dazu, dass viele Spielerinnen sich kurz vor der WM mitten im Arbeitskampf befinden.

Diese Weltmeisterschaft ist auch in anderer Hinsicht einzigartig. Das Teilnehmerfeld wurde von 24 auf 32 Teams vergrößert, darunter acht Teams, die zum ersten Mal bei einer WM mitspielen. Außerdem garantiert die FIFA erstmals jeder Spielerin, die an der Gruppenphase teilnimmt, ein Preisgeld von umgerechnet mindestens 27.000 Euro. Für Teams, die über die Gruppenphase hinaus kommen, erhöht sich das Preisgeld. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil der Förderung des Frauenfußballs und fällt besonders ins Gewicht, da 29 Prozent der Spielerinnen laut einem Bericht der Organisation FIFPRO „keine Zahlungen von ihren Nationalteams erhalten“.

Andere Verbände können sich ein Beispiel an der Vereinbarung zwischen dem costa-ricanischen Verband und seinen Spielerinnen nehmen. Diese unterzeichneten im April 2022 einen Tarifvertrag. Nach dem Vorbild der Vereinbarung für männliche Fußballer von 2014 wurden Prämien, Zulagen und Grundbedürfnisse für die Spielerinnen festgelegt. So wurde beispielsweise vereinbart, dass sie den gleichen Prozentsatz der von der FIFA gezahlten Einnahmen als Bonus erhalten wie die männlichen Profis.

Auch mit Blick auf die Berichterstattung gibt es positive Neuigkeiten. Mitte Juni unterzeichneten die deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF mit der FIFA eine Vereinbarung über die Übertragungsrechte. Der Vertragsabschluss ließ auf sich warten, da die FIFA beschlossen hatte, die Übertragungsrechte für die Frauen- und Männer-WM getrennt zu verkaufen und sich dann mit dem ursprünglichen Angebot der europäischen öffentlich-rechtlichen Sender nicht zufrieden gab. Wegen der Zeitverschiebung werden alle Spiele nach deutscher Zeit am Vormittag in ARD und ZDF übertragen.

GUTES BEISPIEL, SCHLECHTES BEISPIEL

Zu Besuch bei den „Kämpfern“ Der Fußballverein Aucas ist ein Raum der ärmeren Menschen – aber vor allem der Männer (Foto: Luis Herrera R.)

Wenn man vergessen kann, unter welchen Umständen die jüngsten Spiele stattfanden, funktioniert der Sport als eine Art Ablenkung ohne tiefere politische Bedeutung. Doch selbst wenn man die zahllosen Menschrechtsverletzungen rund um die WM in Katar ignoriert, passieren in der Fangemeinde Dinge, die Bände über die politischen Realitäten im Fußball sprechen. Die homofeindlichen Gesänge ecuadorianischer Fans während des Eröffnungsspiels sind dafür das perfekte Beispiel. Deswegen leitete die FIFA, auch wenn es fast ironisch klingt, ein Disziplinarverfahren gegen den ecuadorianischen Fußballverband ein.

In einem der Videos, die im Netz kursieren, sieht man im Fanblock Ecuadors Hunderte gelb gekleideter Fans, die undeutlich einen Text grölen. Obwohl dieser in den meisten Aufnahmen in den lauten Stadiongeräuschen untergeht, erkennt man etwas von der letzten Strophe. Es bedarf keiner besonders ausgeprägten Vorstellungskraft, um die homofeindlichen Ausdrücke zu identifizieren – ich habe viele dieser Gesänge selbst miterlebt und erfahren, wie oft das Wort maricón als Beleidigung gegenüber schwulen Menschen benutzt wird. Die ecuadorianischen Fans bei der WM nutzten ihre homofeindlichen Gesänge, um alten Gegnern eins auszuwischen. Aber so etwas geschieht nicht nur bei wichtigen Turnieren. Ob im Stadion oder gar während eines „freundlichen“ Spiels unter Nachbarn, sind solche Beschimpfungen im Fußball kein Einzelfall.

In diesem Kontext spiegelt Fankultur gesellschaftliche Verhältnisse wider und verdeutlicht, warum Fußball eben doch politisch ist. Wenn Fans solche Ausdrucksformen benutzen, sagt dies viel über deren Haltung gegenüber queeren Menschen aus – und über die Diskriminierungspraktiken, die hinter diesen Beleidigungen stehen. In einem Land, das noch viel dafür tun muss, die Rechte der LGBTQAI+-Community zu gewährleisten, sollten solche Gesänge nicht einfach überhört werden. In vieler Hinsicht ist Fußball und Fankultur von einer cis-männlichen Dominanz geprägt. Auch wenn es in den vergangenen Jahren Fortschritte gegeben hat, werden queerfeindliche Ausdrucksformen weiterhin geduldet, verharmlost oder zumindest nicht kritisch hinterfragt.

In solchen Räumen wird durch derartige Ausdrucksformen festgelegt, wer dazugehört und wer ausgegrenzt wird. Als Frau habe ich mich nicht immer willkommen gefühlt in dieser Kultur der Hinchada (Fußballgemeinde); als junges Mädchen empfand ich sie als bedrohlich. Lauter Männer, die sich betrinken, während sie den Fernseher oder die Spieler auf dem Feld anbrüllen – was soll da schon schief gehen? Später war ich davon überzeugt, dass Fankultur, wie andere männerdominierte Räume, dazu dient, toxisches männliches Verhalten zu reproduzieren.

Doch wann immer die schlechten Beispiele drohen, alles Gute am Fußball zu überschatten, gibt es jemanden, der einen doch noch an das Gute in der Fankultur glauben lässt. Für mich ist das mein Vater, mit dem ich zwei der WM-Spiele Ecuadors per Skype angeschaut habe. Und auch wenn ich nicht glaube, dass mein Vater das Politische am Fußball sieht, liefert er mir ein gutes Beispiel für die positive Kraft der Fangemeinde.

Mein Vater ist schon Zeit seiner Jugend leidenschaftlicher Fußballfan. Besonders schwärmt er von einem Stadion im Süden seiner Heimat Quito, wo er als junger Mann mit brennender Leidenschaft seine Mannschaft Aucas anfeuerte. Im Süden der Stadt lebten in den 1970er-Jahren vor allem Arbeiter*innenfamilien, während die urbane Elite, die früher im Zentrum lebte, begann, in den nördlichen Teil der Stadt zu ziehen. Mein Vater erzählt im Zusammenhang mit seiner Liebe für den Aucas-Fußballverein auch von seinen Erfahrungen mit der Armutsdiskriminierung, die entlang dieser geographischen Aufteilung der Stadt verlief.

In seinen Anfangsjahren war Aucas eine kraftvolle Mannschaft und der Verein wirtschaftlich stark. Aber seit ich mich erinnern kann, war er ein Fußballverein des Südens der Stadt, ein Verein der einfachen Leute. Über die Jahre hinweg verschlechterte sich die Mannschaft und spielte oft in der dritten Liga. Im Jahr 2017 stieg Aucas zum ersten Mal wieder auf.

Seinen größten Erfolg feierte der Verein im Oktober 2022 mit seiner Qualifikation für die Copa Libertadores de America für 2023. Für die Stadtviertel Quitos, die von der Politik traditionell am wenigsten beachtet werden, fühlte es sich wie ein Wunder an. Der Sieg hat bis heute eine symbolische Kraft und sorgte, wenn auch nur begrenzt, für die Sichtbarkeit der Aucas-Fans.

Für meinen Vater und viele andere schafft der Verein einen Raum für Menschen, die sich dem Klassismus in der Gesellschaft entgegenstellen, indem sie ihrem Team den Rücken stärken. Sie besuchen das Stadion auch mit dem Gefühl der Zugehörigkeit, inmitten einer Gesellschaft, von der sie oft diskriminiert werden. Umso passender ist in diesem Kontext der Name des Vereins. Aucas kommt aus dem Kichwa und bedeutet „Kämpfer“.

Und wenn der Erfolg einer Fußballmannschaft die Kraft besitzt, dem Klassismus einer Gesellschaft den Kampf anzusagen, könnte aus diesem guten Beispiel nicht noch etwas Besseres erwachsen? Nämlich ein sicherer Raum, an dem alle, die sonst Diskriminierung erleben, dieses stärkende Gemeinschaftsgefühl genießen können.

FÜR MEHR EINSATZ

Marta Viera da Silva Die sechsfache Weltfußballerin ist ein vorbild für den Nachwuchs / Foto: UN Women (CC BY-NC-ND 2.0)

Seit der ersten offiziellen Frauen-Weltmeisterschaft 1991 hat noch kein lateinamerikanisches Team den Titel gewonnen. Allein die brasilianische Nationalelf schaffte es 2007 ins Finale einzuziehen und den zweiten Platz hinter den deutschen Frauen zu erreichen. Deutlich an der Spitze liegen die USA mit vier Meisterschaftstiteln, Deutschland befindet sich mit zwei Titeln an zweiter Stelle. Dabei ist zu bedenken, dass von 1955 bis 1970 auch in Deutschland noch ein Verbot des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) herrschte, das Frauen untersagte Fußball-„Mannschaften“ zu gründen. Nach Aufhebung des Verbots gestattete der DFB den Frauen das Spielen nur unter Vorbehalt. Es durfte nur mit Jugendbällen und ohne Stollenschuhe gespielt werden. Die Spielzeit wurde auf 60 Minuten verkürzt.
Vor kurzem ist eine neue Diskussion entbrannt: Emma Hayes, Trainerin des Chelsea F.C. Women, machte den Vorschlag, die Tore im Frauenfußball entsprechend den Körpergrößen von Frauen zu verkleinern und stieß damit auf heftige Kritik. Während die Befürworter*innen in der Anpassung eine Chance für bessere Spielbedingungen sehen, befürchten andere Stimmen einen Rückschritt in der Debatte um Geschlechtergerechtigkeit und gleiche Bezahlung.

“Wir brauchen für den Frauenfußball eine eigene Identität”


Doch bevor man sich der Frage über die Größe des Tores annehmen kann, muss weltweit zunächst einmal an anderen Baustellen, wie Investitionen zur Förderung von Fußballtrainerinnen und Ligen gearbeitet werden. Der aktuelle Präsident der Fédération Internationale de Football Association (FIFA), Gianni Infantino, versprach aus diesem Grund am Tag des Eröffnungsspiels der WM 2019 Taten sprechen zu lassen, damit Frauenfußball besser promotet werden kann. “Wir brauchen für den Frauenfußball eine eigene Identität” – so der Funktionär. Dafür wäre es zunächst einmal nötig aufzuhören, ständig Vergleiche zu männlichen Pendants zu suchen. Warum wird die Brasilianerin Marta Vieira da Silva „Pelé de Saias“ („Pelé im Rock“) genannt und die Argentinierin Estefanía Banini „La Messi Feminina“ („die weibliche Messi“)? Und warum wird Christiane Endlers Talent als Torschützin mit der deutschen Herkunft ihres Vaters in Verbindung gebracht und nicht mir den chilenischen Wurzeln ihrer Mutter? Trotz des frühen Ausscheidens der lateinamerikanischen Nationalmannschaften lohnt es sich, die Profile dieser drei Kapitäninnen genauer unter die Lupe zu nehmen.
Die 1,82-Meter große Torhüterin Christiane Endler hat bei dieser WM mit körperlichem und spielerischem Einsatz geglänzt. Endler ist nicht nur eine der besten Spielerinnen und Kapitänin der chilenischen Nationalelf, sondern hat aufgrund spielerischer Höchstleistungen weltweite Anerkennung erlangt. Mit ihr als Torhüterin haben Chiles Frauen es erstmalig geschafft, an der Weltmeisterschaft teilzunehmen. Um an ihrer Karriere als Profi-Spielerin zu arbeiten, ist sie nach Europa gekommen. Aktuell spielt sie im französischen Verein Paris Saint-Germain. Zuvor hatte die 26-jährige Torhüterin ein Jahr lang für den spanischen FC Valencia ihren Einsatz gezeigt. Im selben Jahr spielte auch Estefanía Banini für den FC Valencia. Die Dribbling-Meisterin hat der Argentinischen Nationalelf zum ersten Mal seit 2007 zum Einzug in die Qualifikationsrunde verholfen. Im Einspielvideo der FIFA zur diesjährigen WM zeigt sie ihren Kampfgeist: „Wenn ich Fußball spiele fühle ich mich glücklich, frei, lebendig. Aber es ist nicht immer einfach gewesen“. Nach einem hart erkämpften 3:3 in der Gruppenphase gegen Schottland, musste die Argentinierin leider unter Tränen einsehen, dass es für den Einzug ins Achtelfinale nicht gereicht hat. In einem Interview, das Endler kurz nach der Qualifikation zur Weltmeisterschaft mit Radio France Internationale geführt hat, erklärt sie, dass es in ihrer Heimat an weiblichen Vorbildern fehle. Erst durch den Schritt ins europäische Ausland habe sie erkannt, dass Frauenfußball auf einer hohen professionellen Ebene gespielt werden kann. Hier verbessere sie stetig ihre Techniken und gewöhne sich langsam an Spielweisen, die einen höheren Grad an Tempo und Körpereinsatz forderten. Sie beobachte einen Aufschwung der Förderung von Frauen-Fußballligen in Chile, stellt aber zugleich klar, dass in Chile sowie in Argentinien die Mehrheit der Frauen nicht von den Einkünften als professionelle Spielerinnen leben können und es zeitweise sogar an Aufwandsentschädigungen fehle.


„Es wird nicht für immer eine Formiga geben, es wird nicht für immer eine Marta geben und auch keine Cristiane“


Ein etabliertes Vorbild für jüngere Generationen ist die sechsfache Weltfußballerin Marta Vieira da Silva. Sie hat den langen Weg von den Straßen der brasilianischen Kleinstadt Dois Riachos bis hin ins Maracanã-Stadion geschafft. In den jungen Jahren ihres Werdegangs wurde sie immer wieder mit Stimmen aus ihrem Umfeld konfrontiert, die behaupteten, dass Fußball nichts für Frauen sei. Auch sie trat aus diesem Grund eine Karriere in Europa an. Nachdem sie mehrere Jahre lang für schwedische Vereine spielte, ist sie seit 2017 beim US-amerikanischen Verein Orlando Pride unter Vertrag. Als „United Nations Women Goodwill Ambassador“ setzt sie sich für die Gleichberechtigung von Frauen im Sport ein und motiviert junge Sporttalente, ihr Potenzial auszuschöpfen. Im diesjährigen Gruppenspiel gegen Italien schoss Marta in der 74. Minute ihr 17. WM-Tor und erzielte damit nicht nur den entscheidenden Treffer für den Einzug ins Achtelfinale, sondern auch den Weltrekord unter den – männlichen wie weiblichen – WM-Torschütz*innen. Dass Marta für die Lippenstiftmarke Avon wirbt und auf der Titelseite der Vogue zu sehen ist, steht der Anerkennung ihrer sportlichen Leistungen nicht im Wege. Im Achtelfinalspiel gegen Gastgeberin Frankreich reichte es dann leider nicht für einen Sieg. Nach Angaben der FIFA verfolgten 23.965 Besucher*innen im Stade Océane und ca. 33,57 Millionen Zuschauer*innen vor dem Fernseher die Niederlage. Marta nutzte die Aufmerksamkeit, um einen Appell an die jungen Nachwuchstalente in ihrer Heimat zu richten: „Ich würde jetzt gerne lächeln oder vor Freude schreien. Und das ist, glaube ich, der wichtigste Punkt: Zuerst zu weinen, um an Ende zu lächeln. Was ich damit meine, ist, mehr zu wollen, mehr zu trainieren. Achtet auf euch, seid bereit, 90 und die zusätzlichen 30 Minuten zu spielen, so viele Minuten wie nötig. Es wird nicht für immer eine Formiga geben, es wird nicht für immer eine Marta geben und auch keine Cristiane. Dass der Frauenfußball überlebt, hängt von Euch ab, denkt darüber nach und schätzt es mehr. Weint zuerst, um am Ende zu lächeln“ (Sportschau, veröffentlicht am 25.06.2019). Die Förderung von motivierten Nachwuchsspielerinnen ist auch deshalb so wichtig, da Martas erfolgreiche Teamkolleginnen Cristiane Rozaira de Souza Silva und Miraildes Maciel Mota Formiga (Ameise) mit 34 und 41 Jahren ihre Hochphase als Leistungssportlerinnen bereits hinter sich haben.
Leider gibt es zu viele Fälle aus der Vergangenheit, die gezeigt haben, dass weibliche Stars des Fußballs weniger aufgrund ihres spielerischen Talents, sondern vielmehr aufgrund ihrer Körpereigenschaften auf sich aufmerksam machen. Fußball spielenden Frauen wird in den Medien häufig erst dann Aufmerksamkeit geschenkt, wenn sich die Themen um ihr erotisches Aussehen, ihre vermeintliche sexuelle Orientierung oder um ihr angeblich unangebrachtes burschikoses Auftreten drehen. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte Model-Fußball, der in den 90er Jahren in den brasilianischen Medien bekannt wurde. Als Aufnahmekriterien zählten weniger die spielerischen Leistungen, als vielmehr das Äußere der Frauen. Fußball wurde mehr als Trend denn als Leistungssport betrieben. Die Qualität und Sichtbarkeit des Frauenfußballs nahm stark ab. Potenzielle Talente wurden in die zweite Liga abgestuft und blieben hier lange Zeit unentdeckt, da die Gelder zur Professionalisierung der Spielerinnen fehlten.

Der Frauenfußball braucht neue Idole, die die Menschen mit ihrem Fieber für den Sport anstecken


Nicht nur an diesem Beispiel ist zu erkennen, dass die finanzielle Budgetplanung der FIFA stark von der Medienberichterstattung und den damit zusammenhängenden Quoten des öffentlichen Fernsehens abhängt. Je mehr Zuschauer*innen sich für den Frauenfußball begeistern lassen, desto mehr finanzielles Interesse entsteht. Nun stellt sich die Frage: Wer schaut sich Frauenfußball an und warum? Für sportlich interessierte Zuschauer*innen und Profis stehen sicherlich herausragende spielerische Leistungen, Kreativität und technisches sowie taktisches Können im Vordergrund. Doch diese Gründe allein erklären nicht den gesamten Zauber, der mit der Fußballfankultur einhergeht. Wenn Menschen Fußball schauen, dann sind sie unter anderem auf der Suche nach großen Emotionen, nach einem Gemeinschaftsgefühl, nach einer kollektiven Euphorie, oder zumindest der Hoffnung darauf. Finden nicht viele Zuschauer*innen im Fußball einen Raum zur Identifikation? Dafür braucht der Frauenfußball neue Idole, wie Endler und Banini, die die Menschen mit ihrem Fieber für den Sport anstecken. Ob es sich nun um eine 1,82 m große Torhüterin oder eine 1,62 m kleine Mittelfeldstürmerin handelt − die Beurteilung körperlicher Eigenschaften der Frauen tritt nur dann in den Hintergrund, wenn wir als Zuschauer*innen beginnen, auf das Talent und die Leidenschaft der Spieler*innen zu schauen. Erst dann können finanzielle Förderungen zur Ausbildung von Trainerinnen und Schiedsrichterinnen und der Aufbau von weiblichen Fußball-Ligen erfolgreich in die Wege geleitet werden.

 

BIZARRE SCHOCKSTARRE

„Wir stehen vor der traurigen Tatsache, dass die Demokratie unter Beschuss steht,“ sagte Brasiliens Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot und übergab dem Obersten Gerichtshof kistenweise Beweismaterial und eine höchst brisante Liste. Sie zählt die Politiker*innen auf, die von dem skandalträchtigen Baukonzern Odebrecht Bestechungsgeld erhalten haben sollen – eigentlich das gesamte Establishment in Brasília: Mindestens neun amtierende Minister*innen, die Präsident*innen von Senat und Parlament, einflussreiche Senator*innen und Parteichefs der Regierungskoalition und nicht zuletzt die ehemaligen Präsident*innen Dilma Rousseff und Luis Inácio Lula da Silva.

Eigentlich hat das gesamte Establishment Bestechungsgelder erhalten.

Inzwischen sickern immer mehr Details über die eigentlich geheime Namensliste an die lokale Presse durch: Ende März wurde bekannt, dass mindestens zehn Gouverneur*innen in die Korruptionsaffäre verwickelt sein sollen, unter ihnen Geraldo Alckmin, Gouverneur des Bundesstaates São Paulo. Auch Eduardo Paes, Bürgermeister von Rio de Janeiro während der Fußball-WM und der Olympischen Spiele, wird Bestechlichkeit vorgeworfen.

Nicht zuletzt Präsident Michel Temer ist unmittelbar in die Affäre verwickelt. Sein Name steht zwar nicht auf der Liste, aber er muss dennoch mit Strafermittlungen rechnen: Im Jahr 2014 hatte er Odebrecht-Manager und Minister*innen in seine Residenz zum Abendessen geladen und um Wahlkampfhilfen in Millionenhöhe für die Regierungspartei PMDB gebeten. Angeblich ganz legale Spenden. Der Oberste Gerichtshof hat allerdings schon in anderen Urteilen angedeutet, dass auch deklarierte Spenden illegal seien, sofern sie aus fragwürdigen Quellen stammen – in diesem Fall von der berüchtigten Odebrecht-Abteilung, die für Bestechungen aller Art in zahlreichen Ländern zuständig war.

Janot empfiehlt dem höchsten Gericht die Einleitung von insgesamt 83 Strafprozessen. Weitere 211 Verfahren sollen von untergeordneten Gerichten verhandelt werden. Grundlage der neuen Flut von Ermittlungen sind mehr als 70 Kronzeugenaussagen von ehemaligen Odebrecht-Manager*innen, von denen einige mehr als 20 Monate in Haft sind. Es geht um nicht deklarierte Parteispenden, illegale Wahlkampfspenden, persönliche Bereicherung und Geldwäsche.

Gemeinsam mit anderen Bauunternehmen hat Odebrecht jahrelang Politiker*innen aller Couleur bestochen, um lukrative und meist überteuerte staatliche Aufträge zu ergattern. Zum Beispiel das Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro, das zur Fußball-WM renoviert wurde. Die Stadt fordert jetzt eine Rückzahlung in dreistelliger Millionenhöhe, nachdem Pfusch in der Buchhaltung festgestellt wurde. Der Umbau kostete schließlich fast das Doppelte des Kostenvoranschlags.

Damals war Temer noch Vizepräsident unter Rousseff. Vor allem Rousseffs Arbeiterpartei PT wurde durch die spektakulär dargestellten Korruptionsermittlungen an den Pranger gestellt, zum Teil seitens Justiz, der Polizei und der Medien mit dem klaren Ziel, einen Machtwechsel herbeizuführen. Den unmittelbaren Nutznießer*innen von 2016 fällt diese Strategie nun auf die eigenen Füße. Mehrere der jetzt offiziell verdächtigten PMDB-Größen hatten bereits in einem mitgeschnittenen Gespräch zugegeben, dass Rousseff geschasst wurde, um das „Ausbluten“ der Politiker*innenklasse im Zuge der Korruptionsermittlungen zu stoppen.

Bereits vor zwei Jahren hatte Janot eine erste Liste mit 47 verdächtigen Politiker*innen erstellt, darunter die damaligen Präsidenten von Senat und Parlament. Die Ermittlungsverfahren verlaufen jedoch sehr schleppend, da die meisten amtierenden Politiker*innen eine Art Immunität genießen und nur vom Obersten Gericht verurteilt werden dürfen. Dennoch wurden in den vergangenen drei Jahren, die die Korruptionsermittlungen gegen das Kartell von Bauunternehmen und den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras schon andauern, bereits einige Politiker*innen und Manager*innen zu teils hohen Haftstrafen verurteilt, unter ihnen der ehemalige Firmenchef Marcelo Odebrecht.

Der vor rund 70 Jahren von Nachfahren deutscher Einwander*innen gegründete Bauriese Odebrecht hat Ende vergangenen Jahres vor einem US-Gericht eingestanden, in zwölf Staaten Hunderte Millionen US-Dollar Bestechungsgeld an Regierungspolitiker*innen gezahlt zu haben. Gericht und Konzern einigten sich auf eine Strafzahlung in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar, der höchste jemals für Korruptionsvergehen bezahlte Betrag. Auch in anderen Ländern Lateinamerikas wird der Odebrecht-Skandal zu einer Bedrohung von früheren oder amtierenden Regierungen. Unter anderem in Peru, Kolumbien, Panama und Argentinien drohen der politischen Klasse Strafverfolgung wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche (siehe LN 513, zu Peru siehe Seite 29).
Brasília reagierte gefasst, fast überheblich auf den neuen Pegelstand im Korruptionsskandal. Da fast alle Parteien auf der Liste erwähnt wurden und die Zahl der inkriminierten Politiker*innen derart groß ist, sei davon auszugehen, dass der Effekt schnell wieder verpufft, so die Hoffnung in Regierungskreisen. Zudem wird die Debatte, ob illegale Spenden wirklich illegal sind, munter fortgesetzt. Ein entsprechender Gesetzesentwurf, der viele der Odebrecht-Finanzierungen nachträglich legalisieren würde, soll wieder aus der Schublade hervorgeholt werden.

Das durch eine heftige Wirtschaftskrise bereits angeschlagene Brasilien ist durch den Korruptionsskandal in eine bizarre politische Schockstarre geraten. Jederzeit kann die Situation implodieren – oder auch nicht, sollten sich die unterschiedlichen und teils heftig zerstrittenen Machtfraktionen wieder einigen. Für die meisten Beteiligten dienten die Ermittlungen in erster Linie dem Ziel, die PT zu diskreditieren und von der Macht zu vertreiben. Doch zumindest Janot und einige Mitglieder des Obersten Gerichts – unter ihnen offenbar die neue Vorsitzende Cármen Lúcia, die die Kronzeugenaussagen absegnete – lassen auch jetzt nicht locker. Dementsprechend stehen nun drei Gruppen, die die Absetzung von Rousseff betrieben, selbst im Kreuzfeuer der Ermittlungen: Zuallererst die Regierungspartei PMDB samt Präsident Temer und alteingesessenen Politfürsten, die allesamt zu den Verdächtigen gehören. Als nächstes der konservativ dominierte Kongress, der dem Präsidenten zwar eine ungewohnt breite Basis bietet, aber ebenfalls gerne das Ermittlungsdrama beenden würde, da über die Hälfte der Mandatsträger*innen vermutlich Dreck am Stecken hat.

Diesen beiden Gruppen geht es darum, die eigene Haut zu retten. Dazu schmieden sie eine Allianz mit den Teilen der Justiz, die jetzt plötzlich die Korruptionsermittlungen für überzogen halten und wie der Oberste Richter Gilmar Mendes von Anmaßungen der Staatsanwaltschaft sprechen. Zugleich bedeutet dies, dass das politische Projekt der dritten Machtgruppe, die Rousseff nicht wegen angeblicher Korruption, sondern zur Durchsetzung einer konservativen, neoliberalen Wende absetzen wollten, ins Stocken gerät. Die Regierungspartei PMDB und viele ihrer Gefolgsleute im Kongress scheuen sich mittlerweile, die herben Einschnitte im Sozialsystem, bei Renten und im Arbeitsrecht mitzutragen, da sie befürchten, 2018 nicht wiedergewählt zu werden – und damit ihren Immunitätsschutz zu verlieren und womöglich den vielen Manager*innen von Baufirmen ins Gefängnis zu folgen.

Doch auch diese dritte Machtgruppe, die aus der rechts-wirtschaftsliberalen Oppositionspartei PSDB, Unternehmerkreisen und den meisten Medien besteht, ist sich ihrer Sache nicht mehr sicher. Denn die Namen aller drei Führungspersonen und auch potenziellen Kandidat*innen der PSDB auf die Präsidentschaft sind nun auch auf der Janot-Liste aufgetaucht: Ex-Außenminister José Serra, Parteichef Aécio Neves und São Paulos Gouverneur Alckmin. Sollten sich diejenigen in der Justiz durchsetzen, die die Ermittlungen und Prozesse zu Ende bringen wollen, bliebe von der politischen Klasse Brasiliens kaum etwas übrig. Doch es ist unwahrscheinlich, dass den drei Machtgruppen nicht wieder eine Option einfällt, den Hals aus der Schlinge zu ziehen. Sicher ist, dass all die Diskreditierung der Politik, an der die PT durchaus eine Mitschuld trägt, höchstens der populistischen Rechten nützt, die auch in Brasilien erstarkt. Vor allem ihr Aushängeschild Jair Bolsonaro, der sich gerne als Retter der Nation gibt, eine Intervention der Militärs gutheißt und sich offen rassistisch und sexistisch gibt, profitiert. In Umfragen für die Präsidentschaftswahl 2018 liegt der Trump-Fan bereits an vierter Stelle.

 

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