Mexiko-Stadt. Der Verkehr staut sich und Guadalupe steckt fest. Nicht so ihre Großmutter Elvira, die im Affentempo auf dem Motorrad an ihr vorbeisaust. Sie steckt voller Lebensenergie, so scheint es. Kein Wunder, dass Guadalupe genervt reagiert, als ihre Oma ihr später am Abend ihre Wünsche für ein Begräbnis in ihrer Heimat Oaxaca mitteilen möchte – das scheint noch in weiter Ferne. Doch Elviras Vorahnung täuscht sie nicht, wenige Tage später kommt sie bei einem Motorradunfall um und Guadalupe steht vor der Aufgabe, sie für ihr Wunschbegräbnis nach Oaxaca zu transportieren. Eine zunächst klassisch daherkommende Roadtrip-Story zusammen mit Minerva, Elviras Kind und Guadalupes Hauptbezugsperson, beginnt. Die Mission ist klar und Hürden, die überwunden werden müssen, fehlen nicht. Mystische Elemente beginnen ganz natürlich aufzutauchen, sobald Guadalupe und Minerva im, zum Leichenwagen umfunktionierten, Auto sitzen.
Ihr Widersacher auf dem Weg nach Oaxaca ist insbesondere ein Diener des frustrierten aztekischen Gottes Xyzótlan, der als Herrscher über die Seelen dringend menschlichen Nachschub braucht. Sein Diener soll daher schnellstens den Körper von Guadalupes Großmutter entwenden, wogegen die beiden sich mit Hilfe der Superkräfte, die ihnen ein paar magic mushrooms verleihen, wehren.
Durch eingewobene Rückschauen erfahren die Leserinnen das ein oder andere über Elviras rebellisches Leben in Oaxaca, Minervas persönliche Geschichte als Ikone eines Schwulenclubs in Mexiko-Stadt und Guadalupes Kindheit an ihrer Seite. Fantastische Elemente und zapotekische Legenden sind mit den Lebensgeschichten der Figuren verwoben, was beim Lesen immer wieder für Überraschungen sorgt und zuweilen auch stutzig macht, denn an der ein oder anderen Stelle muss man zweimal lesen, um der Geschichte zwischen Zeitsprüngen und Stilwechseln folgen zu können. Der Ursprung des besonderen Stils des Texts, der die Leserinnen oft selbst assoziieren lässt und nicht jeden Erzählstrang komplett ausformuliert, mag darin liegen, dass die Autorin Angélica Freitas normalerweise eher Gedichte schreibt. Zusammen mit dem ebenfalls brasilianischen Zeichner Odyr hat sie es gekonnt geschafft, Figuren mit viel Identifikationspotenzial zu kreieren und sonst oft schwere Themen wie patriarchale Gewalt, Queerness in einer queerfeindlichen Welt, die nie ausbleibenden Sinnkrisen des Erwachsenwerdens und die Suche nach einem besseren Leben mit Leichtigkeit und Humor aufs Papier zu bringen. Im Stil des Roadmovies, zu dem das Buch zuletzt wieder zurückkehrt, bleibt dann am Ende auch Guadalupes Erleuchtung nicht aus: Statt zu ihrem 30. Geburtstag Minervas Buchhandlung zu übernehmen, möchte sie zunächst weiterreisen und sich selbst finden. Es ist ein wenig klischeebehaftet, dieses Ausbruchsnarrativ, ansonsten kann Guadalupe & Minerva jedoch große Originalität aufweisen und bringt mit vielen absurden Wendepunkten sicherlich jeden Leserin zum Lachen.