Professionalität statt Politisierung

Die Präsidentschaft Perus ist gegenwärtig wohl eines der denkbar undankbarsten politischen Ämter überhaupt. Alberto Fujimori übernimmt von seinem Vorgän­ger Alan García ein Land, das sich in der schwersten Wirtschaftskrise seiner Ge­schichte befindet. Allein im Mai lag die Inflation bei 32,8%. Die jährliche Inflati­onsrate erreicht 3000%. Nachdem García zu Anfang seiner Regierungszeit auf Konfrontationskurs zu IWF und Weltbank gegangen war, ist die Kreditwürdig­keit des Landes auf den Nullpunkt gesunken. Währungsreserven sind fast nicht mehr vorhanden. Neben einer Strategie gegen die Wirtschaftskrise muß der neue Präsident außerdem eine Politik zum Umgang mit Sendero Luminoso entwic­keln.

Gegen die Arroganz der weißen Oberschicht

Erste Wahlanalysen zeigen, daß Fujimori seinen Sieg zu einem großen Teil der Radikalität seines Gegenkandidaten zu verdanken hat. Mario Vargas Llosa hatte in seinem Wahlkampf Schockmaßnahmen angekündigt. Die Wirtschaftskrise sollte mit einem Programm à la Collor beigelegt werden, und gegen Sendero stand der totale Krieg im Programm des Schriftstellers. Gegenüber dem super-neoliberalen Vargas Llosa konnte Fujimori sich als Kandidat der Mitte profilie­ren, der den Menschen einen Ausweg mit geringeren Opfern versprach. Die Notwendigkeit von wirtschaftlichen Anpassungsprogrammen wurde nie von ihm bestritten, aber Fujimoris Diskurs war moderater: nicht alle Staatsbetriebe sollten privatisiert werden. Die Reallöhne sollten nicht weiter sinken. Ein “mittlerer Weg” der Anpassung an die ökonomischen Notwendigkeiten sei mög­lich. Darüberhinaus zeigt das Wahlergebnis aber auch die wachsende Polarisie­rung in der peruanischen Bevölkerung. Vargas Llosa war der Kandidat der städ­tischen weißen Oberschicht, für den die Welt der Mestizen und der indianischen Bevölkerung Perus völlig fremd ist. Die Wahl wurde so auch zu einer Protest­wahl der Nicht-Weißen und damit vor allem der sozial Benachteiligten gegen die Arroganz der hauptstädtischen Oberschicht. Auch wenn Fujimori als Sohn von japanischen Einwanderern und Professor an einer Landwirt­schafts­uni­ver­si­tät in Lima nicht viel mehr mit ihnen gemeinsam hat, blieb doch die Tatsache des Nicht-Weißseins, die ihn für sehr viele Menschen zum kleineren Übel machte. Nicht zufällig hat Vargas Llosa die Wahl vor allem auf dem Land verloren, nur in den Städten und vor allem in Lima konnte er rela­tiv besser abschneiden.

Wo bleibt Fujimoris Programm?

Durch sein Programm hat Fujimori kaum die Wahl gewinnen können, denn die­ses zeichnet sich durch Nebulosität aus. Schwerpunkt seiner Wirtschaftspolitik, soweit sie bisher bekannt ist, bildet die Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit Perus. Das Land soll wieder Teil des internationalen Finanzsystems werden. Das heißt nichts anderes, als daß eine Übereinkunft mit den Washingtoner Weltwirt­schaftswächtern in IWF und Weltbank gefunden werden muß, um ein Finanzie­rungsmodell für die peruanischen Auslandsschulden in Höhe von rund 20 Mrd. US-$ zu finden. Darauf aufbauend braucht Fujimori den guten Willen potentiel­ler Geldgeber für neue Kredite. Für die geplante “Unterstützergruppe” sind – welche Überraschung – die USA, Japan und die EG als Mitglieder vorgesehen. Noch vor der für den 28. Juli vorgesehenen Übergabe der Präsidentschaft von García, versuchte Fujimori in den vergangenen Wochen bei einer Reise in die USA und nach Japan, die Perspektiven für eine Wiederaufnahme von Kredit­zahlungen an Peru auszuloten. Der Plan zur Stabilisierung der peruanischen Wirtschaft, den er den IWF und Weltbank-Managern vorstellte, sieht u.a. eine 300%ige Erhöhung der Staatseinkünfte aus Steuern, Gebühren für öffentliche Leistungen und Zolleinnahmen vor. Außerdem soll eine neue Währung einge­führt werden mit einem einheitlichen Umtauschkurs. Etwa 250 Staatsbetriebe sollen privatisiert werden. Die zur Sicherung grundlegender öffentlicher Lei­stungen nötigen Staatsbetriebe sollen von der Privatisierung ausgenommen wer­den, allerdings sollen die Preise dieser Leistungen solange steigen, bis die Be­triebe rentabel arbeiten. Fujimori will damit einen ersten Überbrückungskredit erreichen, um die akkumulierten Zahlungsrückstände bei multilateralen Geldge­bern zu begleichen, die etwa bei 1,5 Mrd. US-$ liegen. Er braucht das IWF/Weltbank-Gütesiegel, ohne das er die wichtigsten Industrieländer nicht zum Engagement in einer wie auch immer gearteten Unterstützungsgruppe wird bewegen können. Bisher halten sich die anvisierten Geldgeber allerdings bedeckt. Nachdem in Peru viel über die besonderen Beziehungen Fujimoris zu Japan spe­kuliert worden war, wurde dort eilig klargestellt, daß ein japanischstämmiger peruanischer Präsident noch keinen Anlaß für ein verstärktes finanzielles Enga­gement Japans darstelle.
Es wird vorläufig Fujimoris Geheimnis bleiben, wie er die Bedingungen der Washingtoner Institutionen mit dem Anspruch vereinbaren will, die Schulden­zahlungen an der realen Zahlungsfähigkeit Perus zu orientieren und keine rezes­sive Tendenz zuzulassen, die seinen Plan zur Schaffung beständigen Wirt­schaftswachstums beeinträchtigen könnte. So jedenfalls beschreibt sein Berater Santiago Roca, der als kommender Wirtschaftsminister gehandelt wird, die Leit­linien der zukünftigen Politik. Die Vermutung liegt nahe, daß das “bolivianische Modell” beim Design der wirtschaftspolitischen Strategie Pate steht. In einer ähnlichen durch Hyperinflation und drohendem Zusammenbruch der Wirtschaft gekennzeichneten Situation hatte seit 1985 die Regierung Paz Estenssoro durch ein radikales Liberalisierungsprogramm eine relative Stabilisierung der bolivia­nischen Wirtschaft erreicht. In Bolivien war dies allerdings mit erheblichen so­zialen Kosten verbunden. Massenentlassungen und die Stabilisierung der Preise auf einem hohen Niveau waren die für die BolivianerInnen schmerzhaft spürba­ren Folgen. Fujimori ist mit dem Versprechen angetreten, gerade diese sozialen Folgen in Grenzen zu halten, die von seinem Gegenspieler Vargas Llosa als un­vermeidlich vorausgesetzt worden waren. Wird ein Mittelweg unter den Kondi­tionen von IWF und Weltbank möglich sein?

Der Präsident ohne Mehrheit

Ein weiteres Problem für Fujimori wird sein, sich die notwendigen Mehrheiten für seine Politik im Parlament zu beschaffen. Seine “Partei” Cambio 90, eigentlich mehr ein eigens für seine Kandidatur gegründeter Wahlverein, ist hinter der FREDEMO Vargas Llosas und der bisherigen Regierungspartei APRA nur die drittstärkste politische Kraft. Er wird Koalitionspartner suchen müssen.
Nach seinem Wahlerfolg proklamierte er eine “Regierung der nationalen Einheit”, eine aus anderen lateinamerikanischen Ländern nicht unbekannte Forderung von gerade gewählten Präsidenten, denen die notwendige parlamentarische Mehrheit fehlt. Fujimori wird möglicherweise vom Zerfall der FREDEMO profitieren. Das “Movimiento Libertad” Vargas Llosas hat das Bündnis bereits aufgekündigt und will als “Liberale Partei” zur selbstständigen politischen Kraft in enger Allianz mit den Unternehmerverbänden werden. Diese ihrerseits verhalten sich abwar­tend. Unternehmerpräsident Jorge Camet: “Wir müssen erst einmal Fujimoris Regierungsprogramm kennenlernen”. Von den bis jetzt in der FREDEMO organi­sierten traditionellen, konservativen Parteien macht die AP (Alianza Popular) Fujimori bereits Avancen. Auch die APRA, die den Sieg Fujimoris als “Niederlage der Rechten und Ablehnung monetaristischer Wirtschaftsstrategien” feierte, würde gerne einen Teil ihrer Macht über ein Bündnis mit Cambio 90 be­halten. Hier aber bewegt sich Fujimori auf Glatteis, denn im Wahlkampf war ei­ner der beherrschenden Vorwürfe gegen ihn, versteckter Aprist zu sein. Ange­sichts der Diskreditierung der APRA in der öffentlichen Meinung nach dem Scheitern ihres Präsidenten García könnte er ein Zusammengehen mit der ge­scheiterten Ex-Regierungspartei nur schwer rechtfertigen.
Sogar der Führer der Guerillabewegung MRTA, Victor Polay, bot Fujimori aus dem Gefängnis einen Waffenstillstand an, um, verknüpft mit Bedingungen, einer anderen Politik eine Chance zu geben. Auf die Reaktion Fujimoris darf man ge­spannt sein, denn Polay ist vor kurzem zusammen mit mindestens 40 Militanten des MRTA aus dem Hochsicherheitsgefängnis in Lima ausgebrochen und kann wieder aus dem Untergrund politisch aktiv werden, wenn er nicht wieder aufge­griffen wird.
Wie immer ein zukünftiges parlamentarisches Bündnis aussehen mag, die soziale Basis der Macht Fujimoris besteht in den WählerInnen, die ein Ende des rapiden Verfalls der Reallöhne und eine allgemeine Stabilisierung erwarten. Diese Er­wartungen nicht zu enttäuschen, wird ihm schwerfallen.

Der Krieg wird ausgeblendet

Für die Auseinandersetzung mit Sendero Luminoso scheint Fujimori bislang nicht die Spur eines Konzeptes zu haben. Es ist nicht ersichtlich, daß er der unge­bremsten und doch in der Bekämpfung Senderos weitgehend erfolglosen Repres­sion durch das Militär ein anderes Konzept entgegenzusetzen hat, das den Ursa­chen für die Existenz und Stärke Senderos Rechnung tragen würde. Seine bishe­rigen Äußerungen lassen nicht darauf schließen. Befragt nach seiner Haltung zu den Streitkräften und nach der Gefahr eines Putsches antwortete er, die Vorstel­lung eines Putsches sei ein psychologischer Trick seiner Gegner im Wahlkampf gewesen, und: “Unsere Streitkräfte haben genügend Reife erlangt und sind die besten Verteidiger unserer Verfassung!” Bei Fortsetzung der vom Militär prakti­zierten Form der “Verteidigung der Verfassung” werden die Gründe für die Exi­stenz Sendero Luminosos und für die in bestimmten Teilen der Bevölkerung vorhandenen Sympathien für Sendero nicht an Stichhaltigkeit verlieren.

Nur minimale Chancen auf Erfolg

Der Erfolg der Regierung Fujimori wird von Faktoren abhängen, die weitgehend außerhalb seiner politischen Entscheidungsmöglichkeiten liegen. Fujimori kann nur auf ein Einsehen der potentiellen Kreditgeber in die mehr als schwierige ökonomische Lage Perus hoffen, aber IWF, Weltbank und die führenden Indu­strieländer haben keinen Grund, Peru Sonderkonditionen einzuräumen, die über die in so vielen Ländern der Peripherie angewandten Strukturanpassungsmaß­nahmen mit allen sozialen Folgekosten hinausgehen. Die Hoffnung der Peruane­rInnen auf eine bessere wirtschaftliche Situation werden enttäuscht werden müs­sen, denn ohne ein Abwälzen der Kosten solcher Programme auf den Lebens­standard der Bevölkerung ist unter den gegebenen internationalen Rahmenbe­dingungen Stabilisierung nicht zu haben. Es ist eine offene Frage, in welcher Form sich der Protest der Bevölkerung äußern wird, ob es zu einem Anwachsen der Unterstützung für die verschiedenen Guerillas kommen wird, ob Gewerk­schaften und soziale Bewegungen zu einer neuen Stärke finden können, oder ob, wie in Bolivien, mangels politischer Alternative eine relative politische Stabilität erreicht werden kann. Da ein Ende des Krieges zwischen Militär und Guerillas nicht abzusehen ist, scheint Letzteres unwahrscheinlich. Eher zu erwarten ist vielmehr eine verschärfte Polarisierung, die das Militär tatsächlich zum Putsch bewegen könnte, sobald das Scheitern Fujmoris offensichtlich wird. Eine “Regierung der nationalen Einheit”, selbst wenn Fujimori ihre Formierung aus verschiedenen politischen Kräften gelingen sollte, wird eine Einheit nur auf Re­gierungsebene darstellen. Die gesellschaftlichen Konfliktlinien verlaufen anders, sie haben im Parteienspektrum schon lang keine adäquate Entsprechung mehr. Technokratisches Wirtschaftsmanagement à la Fujimori ohne Angehen der Pro­bleme extremer Ungleichheit und rassisch bedingter Unterdrückung wird in Peru nicht den Ausweg aus der Krise weisen können.


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Demokratie – Anmerkungen zur Geschichte eines Kampfbegriffes

Antike Aufladung

Die ersten systematischen und in der Ideengeschichte folgenreichsten Überle­gungen zum “Wesen der Demokratie” – so die antike Fragestellung – hat zwei­felsohne Aristoteles angestellt. Bei Aristoteles finden sich mehrere Versuche diese Frage zu lösen; der schlüssigste geht von der Fragestellung aus, daß es trotz viel­fältiger Erscheinungsformen im Grunde nur zwei Verfassungen gibt: Demokratie und Oligarchie. Denn die Bürgerschaft besteht zwar aus verschiedenen Teilen, aber diese Teile sind austauschbar: Ein Bauer kann auch Krieger sein und umge­kehrt, aber ein Armer kann nicht zugleich reich sein. Die grundlegende Unter­scheidung in einem Gemeinwesen ist also die zwischen Armen und Reichen. Ari­stoteles definiert nun Demokratie als Herrschaft der Vielen und Armen (Oligarchie demnach als Herrschaft der Wenigen und Reichen). Bei der Diskus­sion der Frage welches dieser beiden Kriterien, Zahl oder Vermögen, ausschlag­gebend ist, entscheidet sich Aristoteles für das Kriterium Vermögen. In der Pra­xis, so meint Aristoteles, spiele das zwar keine Rolle, denn die Vielen sind auch die Armen, aber systematisch ist es für ihn wichtig: Demokratie ist Herrschaft der Armen. Und mit Herrschaft meint Aristoteles tatsächlich die Ausübung von Herrschaft, nicht deren Regulierung.
Wahlen sind für Aristoteles ein aristokratisches Mittel, weil sie zwangsweise zur Auswahl der “Besten” führen. Das genuin demokratische Mittel ist das Los. In ei­ner Demokratie werden Ämter verlost.
Es ist klar, daß mit einem solchen Konzept der Demokratie kein Staat zu machen war (unter gegebenen Machtverhältnissen!), Aristoteles war natürlich ein Anti­demokrat, wie praktisch die gesamte griechische Elite antidemokratisch war. (Bei den Überlegungen Aristoteles sollte man/frau natürlich nicht vergessen, daß er nur über Frei-Bürger redet: Sklaven und Frauen – die Mehrheit der Bevölkerung also – sind von vornherein ausgeschlossen.)

Moderne Entlastungen

Für die gesamte Folgezeit, das Mittelalter und die frühe Neuzeit, war die antike Erfahrung und Theorie der Ausgangspunkt, wenn über Demokratie geredet wurde. Und es war ein negativer Ausgangspunkt. Die Demokratie wurde allge­mein als unmöglich verworfen, sie sei allenfalls in kleinen Stadtstaaten möglich, in denen sich die Bürger in Vollversammlungen treffen können. Demokratie war bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts ein durchweg negativ besetzter Begriff, De­mokrat ein Schimpfwort. Das lag aber auch daran, daß man/frau unter Demo­kratie in antiker Tradition die unmittelbare Herrschaftsausübung durch das Volk verstand. Charakteristisch sind einige Äußerungen Rousseaus, der im Grunde der Demokratie positiver gegenüberstand als die herrschende Meinung seiner Zeit:
“Die Wörter tun nichts zur Sache, wenn das Volk Oberhäupter hat, die für es re­gieren, ist es immer eine Aristokratie, welche Namen die Oberhäupter auch tra­gen.”
Daher:
“Wenn es ein Volk von Göttern gäbe, würde es sich demokratisch regieren. Eine so vollkommene Regierung paßt für Menschen nicht.”
Die Idee der Demokratie drohte an solchen Vollkommenheitsansprüchen zu scheitern. Die Rettung kam aus England. Etwa zur gleichen Zeit wie Rousseau jene Sätze geschrieben hat, taucht in England der Begriff der “repräsentativen Demokratie” auf, das heißt der Demokratie via Parlament. Diese Vorstellung von Demokratie hat einen beispiellosen, wenn auch schwierigen Siegeszug angetre­ten. Herzstück der Demokratie sind die freien, gleichen und allgemeinen Wahlen.
Ideengeschichtlich bedeutet das ein großes Umdeutungsmanöver. In einer “repräsentativen Demokratie” herrscht das Volk nicht, es wird beherrscht, wenn auch von gewählten Herrschern. Aristoteles und Jahrhunderte nacharistoteli­scher Tradition hätten eine solche Herrschaft als Aristokratie mit demokratischen Elementen bezeichnet. Die Idee der Demokratie tritt ihren Siegeszug an, nach­dem sie von weitreichenden Implikationen entlastet worden ist. Gegen alle Be­schönigungen haben die Elitetheoretiker dies auf den Begriff gebracht. Die Ver­treter des Elitedenkens, geschichtlich immer die schärfsten Kritiker der Demo­kratie, wurden in diesem Jahrhundert im angelsächsischen Bereich die herr­schenden Theoretiker der Demokratie.
Schumpeter hat 1942 vielleicht das einflußreichste Buch über Demokratie ge­schrieben. Dessen entscheidende Thesen sind:
1.Es regiert nicht das Volk, sondern die vom Volk gebilligte Regierung
2.Die Demokratie ist die Herrschaft des Politikers
3.Die Demokratie ist eine Methode, die darauf abzielt, eine starke entschei­dungs- und durchsetzungsfähige Regierung hervorzubringen.
Damit ist nicht nur das Volk von der Last zu herrschen befreit, sondern auch die Idee der Demokratie von allen inhaltlichen Implikationen wie Gerechtigkeit, Freiheit, Solidarität. Sie ist zu einer Methode zur Auswahl der Elie degradiert.
Solche Demokratietheorien waren natürlich nicht konkurrenzlos. Eine wichtige prinzipielle und einflußreiche Gegenposition, die an die klassische Tradition an­knüpft, ist die sogenannte Identitätstheorie. Demokratie ist demnach die “Identität von Regierung und Volk”. Ihre bedeutendsten Vertreter waren Georg Lukasz und Carl Schmitt. Lukasz Hauptwerk “Geschichte und Klassenbewußt­sein” war aber nur als Rechtfertigung des Stalinismus zu lesen und Carl Schmitt, von dem die gerade zitierte Definition stammt, war Vordenker und Bejubeler des Nationalsozialismus.
Zum Siegeszug der Elitetheoretiker hat sicherlich beigetragen, daß sich der iden­titätstheoretische Einwand durch die historischen Erfahrungen von Faschismus und Stalinismus gründlich diskreditiert hatte. So wurde nach dem zweiten Welt­krieg der reduzierte Demokratiebegriff auch für eine ernüchterte Linke als “kleineres Übel” tragbar. Der in den 20iger Jahren von rechten und linjken Intel­lektuellen gegeißelte und verspottete Parlamentarismus war hoffähig geworden.
Aber die Elitetheorie entspricht auch nicht den demokratischen Sonntagsreden und Selbststilisierungen der Demokraten. Die vielleicht am häufigsten zitierte Kurzformel über Demokratie ist die sogenannte Gettysburg-Formel von Abra­ham Lincoln: “Gouvernment of the people, by the people, for the people” Dieser Satz wurde 1949 weltweit zur Diskussion gestellt. Ergebnis:
– Es gab keine antidemokratischen Antworten
– Aber viele Antworten ließen nur den ersten Teil gelten, die beiden anderen Bestimmungen wurden als problematisch angesehen.
Hier erreichen wir einen wichtigen Punkt für alle populären Demokratiediskus­sionen: Die demokratische Praxis im Parlamentarismus entspricht dem sachlich-zynischen Blick der Elitetheorie: Gleichzeitig ist aber der Begriff Demokratie em­phatisch aufgeladen, an die Demokratie werden normative Erwartungen ge­knüpft und in deren Verfassungen in der Regel auch formuliert. Diese unrettbare Verknüpfung im Begriff macht es so schwer, aus “Demokratisierung” ein Kon­zept zu entwickeln.

Vor- und Nachteile der Demokratie

In wichtigen Ländern Lateinamerikas (Brasilien und Chile) war die Demokrati­sierung kein Erfolg von Volkskämpfen gegen die Elite, sondern ein bewußtes Konzept (von Teilen) der militärisch-politischen und ökonomischen Elite. Ihr Verlauf ist dann allerdings nicht mehr so recht kontrolliert worden. Dies wider­spricht der gängigen Annahme, die Demokratisierung sei der Elite in Kämpfen des Volkes abgerungen worden. Man/frau darf aber zwei Sachen nicht überse­hen:
1.Die USA sind das Produkt einer demokratischen Revolution, die Demokratie steht im Mittelpunkt der nationalen Identität. Die USA sind demokratisch und wollen daß andere Länder auch demokratisch sind.
2.Diktaturen haben große Schwiergikeiten bei der dauerhaften Sicherung bür­gerlicher Herrschaft.
Punkt eins wird oft übersehen, da sich die USA offensichtlich ganz anders ver­halten, sie unterstützen Putsche und schicken Folterspezialisten in die Welt. Aber das wird erklärbar, wenn wir uns an die Kernaussagen der Elitetheorie erinnern. Die demokratische Methode soll stabile Legitimation von Eliteherrschaft ermög­lichen. Demokratie ist eine Methode, die einem anderen Ziel dient, der Stabilität. Wenn also die Stabilität in einer konkreten historischen Situation bedroht ist, dann sind die USA auch bereit, zu putschen und zu foltern. Das tangiert aber gar nicht den Glauben, daß Demokratie prinzipiell die beste Methode zur Herr­schaftssicherung ist.
Damit sind wir bei Punkt zwei. Grundproblem von Diktaturen ist, Herrschaft dauerhaft zu legitimieren. Diktatorische Herrschaftslegitimationen neigen dazu, transistorisch zu sein, d.h. sie verzehren ihre eigene Basis. Beispiel: “Wir mußten die Macht ergreifen, um der kommunistischen Subversion Herr zu werden.” Nun – entweder beseitigt der Repressionsapparat die Subversion – und damit entfiel die Legitimationsgrundlage – oder er beseitigt sie nicht, und müßte damit sein Versagen zugeben. Diktatorische Regimes personalisieren daher oft die Legiti­mationsfrage, die personalisierten Diktaturen überleben, aber meist nicht die Person des Diktators (Franco). Diktaturen sind im höchsten Grad zusammen­bruchsgefährdet, wenn sie eine aktuelle Krise nicht lösen können (Argentinien, Griechenland).
Aus den strukturellen Problemen diktatorischer Herrschaft ergeben sich dtarke Argumente für Demokratien. Das sind freilich andere Demokratien, als ein emanzipatorisch aufgeladener Demokratiebegriff sie herbeisehnt. Im Prozeß der Demokratisierung fallen aber für eine gewisse Zeit Befreiungssehnsüchte und technologische Herrschaftskonzepte zusammen. Diese Aussage markiert, denke ich, das grundlegende Dilemma des Redens über Demokratisierung in Latein­amerika.
Zum Schluß noch der Hinweis auf einen Vorteil der Demokratie, der etwas aus dem Rahmen der bisherigen Betrachtung fällt. Die Demokratie hat nioch einen ganz anderen Vortreil: Sie ist unterhaltsamer als Diktaturen. Nur in demokrati­schen Systemen können wir erfahren, welch ein Lotterbube der Kerl ist, der US-amerikanischerVerteidigungsminister werden wollte, und was bei Menems alles los ist. Insbesondere Wahlen entwickeln einen hohen Unterhaltungswert. Sie sind quasi Pferderennen, in denen menschliche Schicksale entschieden werden.
Man sollte diesen Punkt angesichts der Gewalt des Fernsehens nicht unterschät­zen. Demokratische Politiker können Stars sein, Pinochet hat bei Wahlen keine Chance, ein Collor oder Menem schon. Es gibt den Verdacht, daß all dies eigent­lich das entscheidende ist, daß in “modernen” westlichen Demokratien die Politik vom Showgeschäft überwuchert ist, daß die großen püolitischen Auseinander­setzungen nur Teil einer gigantischen Simulation sind, während die Apparate , die Bürokratie, die Wirtschaft und die Technik längst von der Politik unbeein­flußt agieren. Die Politik kann diese Entscheidungen nur noch nachvollziehen und agonal in Scheinalternativen auflösen. Die Politik wäre dann eine Institution, die auf vollen Touren im Leerlauf läuft. In Lateinamerika ist die Demokratie in den letzten Jahren sehr ernst genommen worden. Sie hat ihre Würde aus dem Blut der Diktaturen bezogen. Ob das für die Zukunft reicht, ist fraglich.


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Das Imperium ist immer und überall

In seinem Beitrag “Demokratie Als Mittel der Aufstandsbekämpfung” unter­nimmt der Autor ein waghalsiges Unternehmen: Vom Isthums bis nach Feuer­land, so die Erkenntnis, hat die “Neue Rechte” in den Vereinigten Staaten ihr Konzept der “beschränkten Demokratie” ausgearbeitet und durchgesetzt. Ronald Reagan, idealtypische Feindfigur einer ganzen Generation von Internatioanali­stInnen in Europa und anderswo, darf seinen Triumph feiern. Wohin mensch auch schaut, überall auf dem Kontinent sieht man in den 80er Jahren das Entste­hen “verordneter Demokratien”, “ohne Veränderungen der gesellschaftlichen Machtverhältnisse, der Eigentumsverhältnisse und ihrer militärisch-repressiven Absicherung.” Der Autor stellt folglich fest, daß die Bevölkerung von “Demokratisierung nichts gemerkt hat” und das es dem Imperialismus geglückt ist einen üblen Widerspruch wenn auch nicht zu lösen, so doch in die nächste Runde zu tragen: Statt der weiteren Stützung der international diskreditierten, da eben offen-repressiven Militärdiktaturen, hat die im Santa Fé Papier ausgearbei­tete und von so cleveren Menschen wie Reagan und Geißler umgesetzte Strategie der Demokratisierungen durch die Institutionalisierung der “Scheingleichheit der StaatsbürgerInnen an der Wahlurne”, eine moderne Aufstandsbekämpfung ge­schaffen. Ohne repressive Diktaturen und ohne offene Intervention der USA ist die Wirtschaftsordnung auf alle Zeiten neu gesichert, die “Kriegsführung niedri­ger Intensität” hat die Entstehung und Durchsetzung einer Demokratisierung von Unten durch die sozialen Bewegungen erfolgreich verhindert. Soweit Frit­sche.
Ebenso wie all die DDR-BürgerInnen die im März ihre Henker gewählt haben, sind doch tatsächlich Millionen von LateinamerikanerInnen auf die Verspre­chungen der “formalen Demokratie” reingefallen. Schlimmer noch, anders als die BürgerInnen der DDR, die ja noch die Chance haben eine Zwei-Drittel-Gesell­schaft zu etablieren und als zehntreichste Nation der Welt an den Segnungen des zentralen Kapitalismus in der Festung Europa teilzunehmen, haben die Völker Lateinamerikas heute Demokratien verordnet bekommen (erkämpft haben kön­nen sie sie ja nun nicht mehr !), die ja nur zum Ziel haben die Diskussionen über soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftsdemokratie zu unterdrücken. Natürlich be­dienen sich die Herrschenden aller Mittel zu Sicherung ihrer Macht, aber sind sie wirklich die einzigen die “beschränkte Demokratien” gegen die Dikaturen durch­setzten und die neuen politischen Freiräume nutzen (wollen) ?
Das schlimme Wort des “falschen Bewußtseins” schwingt bei Fritsches Diskurs ebenso mit, wie er unterstellt, daß keine Diskussionen und keine durchaus kon­troversen Auseinandersetzungen über den “richtigen Weg” bei dem “Wahlvolk” in Lateinamerika existiert. In der jetzigen historischen Etappe, in der sich die Linke (radikal oder sozialdemokratisiert) – in Lateinamerika wie auch bei uns – in einer Defensive befindet, sollte man die lateinamerikanische Debatte ehrlich wie­dergeben und eine differenzierte Interpretation um Entstehung, Grenzen und Chancen der “beschränkten Demokratien” ernst nehmen.
Die Analyse von Eduard Fritsch negiert schlicht und einfach die Existenz realer gesellschaftlicher Auseinandersetzungen, die auch in der “formalen Demokratie” Menschen Handlungsfreiheiten ermöglichten, die angesichts der vorhergegange­nen Erfahrungen unter den Militärs heute als hoch eingeschätzt werden.
Die Linke Lateinamerikas kämpft zur Zeit um ihr historisches Überleben, bei dem unterschiedlichste Strategien und Handlungsfelder berücksichtigt werden. Ein Prozess der durch das permanente Wiederholen alter Positionen längst verlo­rengegangen wäre. Auch wenn neue Konzepte und Strategien in den überaus komplexen Gesellschaften (noch ?) nicht so herangereift sind, daß sich eine inter­nationalistische Bewegung an sie klammern kann (wen interessiert schon die Kommunalpolitik der PT in Sao Paulo) ohne die Widersprüchlichkeit in der sich linke Politik in Lateinamerika befindet mit aufzuzeigen, sollten diese Versuche nicht durch einen erneuten Verweiß auf die Allmacht des Imperiums unter den Tisch fallen.
Ohne Zweifel sind die Enttäuschungen, der “desencanto político” und die Gefah­ren der “formalen Demokratien” und ihr zustandekommen als “Pakte” groß. Kein Mensch- und schon gar nicht die Betroffenen in Lateinamerika selbst – geben sich heute noch Illusionen über die Versprechungen der “PolitikerInnen” hin. Eben­sowenig wie sie auf einen raschen Wandel durch einen Frontalangriff auf das Sy­stem oder durch ein Vertrauen auf die Parteienpolitik bauen. Vielmehr sind die politischen Kräfte die sich nicht selbst auf das Abstellgleis der Geschichte stellen wollen, an einer Nutzung der wiedererlangten Rechte und deren Verteidigung mehr denn je interessiert. Mit einer vergleichbaren Leichtigkeit über die “formalen Demokratie” herzuziehen, bleibt auch in Lateinamerika das Privileg einer intellektuellen Minderheit. Die sich durch die breite Unterstützung der Be­völkerungen ergebene Restaurierung parlamentarischer Demokratien ergebene Dialektik von Reform und radikalen Widerstand, ist durch den Verweis auf “eine Demokratisierung von der die Bevölkerung nichts gemerkt hat” nicht zu erklä­ren.
Auch wenn es uns nicht schmecken mag: Offensichtlich finden die Konzepte der “Neuen Rechten” in den USA auch ein lateinamerikanisches Pendand, das sich in der Ideologie doch wahrlich mehr aus der nationalen Realitär speist, als durch eine Note des jeweiligen US-Botschafters. Ein Aspekt, der durch die Vereinfa­chung der “Verschwörungstheorie” Fritsches schlichtweg ignoriert wird und den Blick auf die realen, gegenwärtigen Auseinandersetzungen verstellt.
Und sit es wirklich von den USA verordnet wenn die ideologischen AUseinan­dersetzungen in Lateinamerika. wie auch bei uns, um Pluralismus, um Wahlen als einen Teil grundsätzlicher Freiheiten, um individeuelle Rechte und Partizipa­tion eine Aufwertung erfahren ? Diese Felder der Rechten zu überlassen – und das macht Fritsche – wäre der größte Fehler überhaupt.
Wie ist nach dem Muster von Fritsche zu erklären, daß es heftigste nationale Auseinandersetzungen über den Weg der Transformation von den Diktaturenm zur Demokratioe gab ? Wie erklärt sich das Entsehen neuer sozialer Akteure bis hin zu neuen Organisationen ? Warum erlangt denn gerade der Kampf um Öf­fentlichkeit, Transparenz und das Betereten neuer Politikfelder (von der Frauen­bewegung bis zur Ökologiebewegung) eine neue Relevanz ? Wohl kaum, weil die Demokratien ein gigantisches Aufstandsbekämpfungsprogramm eben nur diese sozialen bewegungen zulassen.
Fritsch erklärt zwar das die Unsicherheit über den Begriff der Demokratie umso größer ist, je mehr er auf die Wahlen reduziert wird und dennoch leistet er in sei­nem Beitrag genau dieselbe Verkürzung. Wer verkennt, daß die Frage nach Wahlen (und eben nicht nur der für die Parlamente) in allen “redemokratisierten Ländern” auch die Diskussion um eine innere Demokratierung nach sich gezogen hat, der hat die Auseinandersetzungen der letzten Jahre in Lateinamerika nicht verfolgt.
Wie sind die Unterschiede zu erklären, daß sich Hunderttausende UruguayerIn­nen auf ihre wiedererlangte Verfassung berufen um ein Referendum gegen die Straffreiheit der Militärs zu erkämpfen, während in Chile die Menschenrechts­bewegung eine ähnliche politische Marginalisierung zu erlangen droht wie die argentinische ? Wie ist es zu erklären, daß offensichtlich die “Verteidigung der demokratischen Institutionen” erklärtes Ziel auch linksrevolutionärer Organisa­tionen ist ? Sind die Spielregeln, die ohne Zweifel eng sind, auf alle Zeiten unver­änderbar ? Ist die knappe Wahlniederlage Lulas in Brasilien, der Sieg der Frente Amplio in Montevideo tatsächlich nur ein Kampf gegen Windmühlen ? Und der millionenfache Versuch sich zu organisieren, die politischen Freiräume zu nut­zen, die nopch bis vor kurzem hermetisch verschlossen waren ? Alles eh sinnlos, da durch das Santa Fépapier a proiri zum Scheitern verurteilt ?
Ungewollt schließt sich die Argumentation Eduard Fritsches an das gefasel vom “Ende der Geschichte” an, das jüngst aus dem Weißen HAus zu vermehmen war: Alle sozialen Kämpfe und Hoffnungen, sei es von einer Punk Band in Chile die gegen die Linke des Landes verteidigen muß, warum sie ihre Lieder in englisch singt, oder doe Versuche nach einer Zurückdrängung der immer noch existie­renden MAcht der Militärs und des Autoritarismus, sei es in Chile oder in Uru­guayx, sind schon verlorene Kämpfe.
Scheiterten denn die Versuche der Vergangenheit nicht allzuoft an den nationa­len politischen Bedingungen, die determierend waren für den Erfolg oder Mißer­folg linker Politik in Lateinamerika ? Der wiederholte Verweis auf die Allmacht der Hegemoniemacht USA als Wurzel allen Übels, entschuldigt nicht nur die Fehler der eigenen Geschichte der Linken, sonmdern verstellt darüber den Blick auf die Ausarbeitung tragfähiger am Alltagsbewußtsein der Menschen anknüp­fenden politischer Konzepte. Der Spielraum für das vorantreiben emanzipato­rischer Projekte hat sich in den “formalen Demokratien” erst einmal erweitert. Das diese Projekte auch gesellschaftliche Mehrheiten benötigen, ist eine teuer be­zahlte Erfahrung. Nationale reaktionäre Hegemonien aufzubrechen um der neo­loiberalen Welle etwas entgegenzusetzen, bedarf heute der Nutzung und dem Ausbau aller politischen und sozialen Freiräume. Würde der rundumschlag Frit­sches stimmen: Der antiimperialistische Kampf in Lateinamerika hätte längst tri­umphiert !


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Auch Verhandlungswege bergen Hinterhalte

Das Treffen zwischen Parteien und Guerilla war im vergangenen März in Oslo zwischen der Nationalen Versöhnungskommission und der Guerilla als erste von mehreren Dialogrunden festgelegt worden. Als nächstes sollen sich die Aufständischen mit UnternehmerInnen, dann mit sozialen und religiösen Gruppen und zuletzt mit der Regierung und mit den Streitkräften treffen. Bei dem Treffen in Madrid konnte es um nicht viel mehr als um juristisch-institutionelle Veränderungen gehen. Einen Waffenstillstand oder die Entmilitarisierung bestimmter Landesteile müssen mit dem Militär verhandelt werden. Einer der wichtigsten Punkte in dem Abkommen von El Escorial verpflichtet denn auch die Parteien, ab 1991 eine Verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, an der sich die Guerilla, die “Revolutionäre Nationale Einheit Guatemalas” (URNG), beteiligen wird. Die URNG erklärte in Spanien, daß durch eine Verfas­sungsreform vor allem die Rolle des Militärs als Hüter der inneren Sicher­heit abgeschafft werden müsse, und die Indígenas die Möglichkeit erhal­ten müßten, sich politisch zu beteiligen. Außerdem legt das Abkommen fest, daß Parteien und Guerilla sich regelmäßig treffen werden. Für die Zeit des Wahlkampfs bis zur Amtsübergabe, die sich vom 8. Juni 1990 bis zum Januar 1991 erstreckt, verpflichtet sich die URNG, alle Sabotage­aktionen wie z.B. Anschläge auf Strommasten und Produktionsanlagen einzustellen.

Kein Krieg macht noch keinen Frieden

Seit den ergebnislosen Gesprächen zwischen Regierung und Guerilla im Oktober 1987 hat der christdemokratische Präsident Vinicio Cerezo über 20 Dialogvorschläge der URNG abgelehnt. Anfang dieses Jahres ließ er zum ersten Mal Gesprächsbereitschaft erkennen, vermutlich aufgrund der wachsenden militärischen Stärke der URNG und dem Druck einiger gesellschaftlicher Gruppen, insbesondere der Nationalen Versöhnungs­kommission. Unmittelbar nach der Wahlniederlage der SandinistInnen in Nicaragua jedoch fiel er wieder in die knallharte Position zurück: “Gespräche mit der Subversion wären wie ein Dialog unter Taubstum­men.” Er schloß sich damit der Meinung der guatemaltekischen Rechten an, daß die URNG sowieso bald verschwinden werde, wenn der unter­stellte Waffennachschub aus Nicaragua ausbliebe.
Doch dann änderte sich die Taktik erneut, ungefähr zeitgleich wie auch in El Salvador, offensichtlich auf “Anregung” der USA. Plötzlich bekam die Nationale Versöhnungskommission grünes Licht von Regierung und Militär für das Treffen in Oslo. Nach Oslo beglückwünschte Bernard Aronson, Unterstaatssekretär für Lateinamerika-Angelegenheiten des US-State-Departments, den Vorsitzenden der Nationalen Versöhnungs­kommission, Bischof Quezada Toruños, und die URNG für ihre “Friedensverpflichtung”. Dahinter steht sicherlich die Absicht, die Guerilla “in diesem günstigen Augenblick” zu überreden, die Waffen abzugeben. Dafür soll ihr bestenfalls angeboten werden, sich ins politische Leben ein­zugliedern, jedoch ohne irgendwelche grundlegenden gesellschaftlichen Änderungen zuzugestehen.
Vor allem den USA geht es darum, das “Problem Befreiungsbewegungen” auf dem Verhandlungsweg aus der Welt zu schaffen. Wenn mensch den Machtwechsel in Nicaragua – auch – als Ergebnis des “Friedensprozesses” interpretiert, der in Esquipulas begann, dann war diese Strategie ja durch­aus erfolgreich. Die URNG hat ihre Ziele bei den Verhandlungen klar­gestellt. Es geht ihr nicht darum, einen politischen Raum für sich zu gewinnen. “Wir wollen politische Lösungen für die Gründe, die zu dem internen bewaffneten Konflikt geführt haben. Zusammen mit den verschiedenen politischen, ökonomischen, sozialen und religiösen Kräften streben wir ein integrales Modell der Entwicklung in wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Aspekten an. Darin sollen die unter­schiedlichen Sektoren der Gesellschaft, insbesondere die traditionell unterdrückten Indígenas, volle Mitwirkungsmöglichkeiten besitzen. Dafür suchen wir den notwendigen Handlungsspielraum”, äußerte Luís Becker von der politisch-diplomatischen Vertretung der URNG.
Mit einem klaren Nein antworteten die Vertreter der URNG deshalb auch auf die in Spanien immer wieder gestellte Frage, ob sie sich an den Präsidentschaftswahlen im November beteiligen wollten. Nach “El Escorial” begann dann das Knobeln, ob die Guerilla zur Verfassungs­gebenden Versammlung eine Partei gründen werde. Bis Comandante Pablo Monsanto, Mitunterzeichner von El Escorial, in einem Interview gegenüber der kubanischen Zeitung “Granma” erklärte: “Wir werden als politische Kraft teilnehmen, nicht als politische Partei. Dies bedeutet weder die Entwaffnung der Guerilla noch die Demobilisierung unserer Streitmacht. Das Abkommen legt nur unsere Beteiligung an der Verfas­sungsgebenden Versammlung fest. Das haben wir nicht nur getan, um für die Guerilla Spielräume zu eröffnen, sondern auch für die sozialen Kräfte. Aber auf keinen Fall werden wir die Waffen aus den Händen legen, weil sie die Garantie für die Veränderungen sind, für die wir gekämpft haben. Außerdem: Auch wenn sich die URNG zu irgendeinem Zeitpunkt demo­bilisieren würde, würde der Krieg in Guatemala nicht verschwinden. Andere würden zu den Waffen greifen, weil der Ursprung des Krieges die Ungerechtigkeit, die Unterdrückung, die Ausbeutung und die Diskrimi­nierung sind”.

Erste Risse zwischen den Herrschenden?

Die Taktik der URNG, sich politische Bündnispartner zu suchen, erscheint durchaus nicht aussichtslos. Auch innerhalb der bürgerlichen Gruppen geht vielen die Abhängigkeit Cerezos vom Militär und von der Oligarchie zu weit. Seine Weigerung, mit der URNG zu verhandeln beispielsweise, war eindeutig auf den Druck des Militärs zurückzuführen. Obwohl – oder vielleicht auch weil – Cerezo das Abkommen von Esquipulas II nicht ein­hielt, begann in Guatemala als einzigem der mittelamerikanischen Länder die in Esquipulas festgelegte Nationale Versöhnungskommission ernsthaft zu arbeiten. Besonders auf Initiative der katholischen Kirche, aber auch einiger PolitikerInnen und kleiner UnternehmerInnen und natürlich der Volksorganisationen, wurde im März 1989 der “Nationale Dialog” eröff­net. Obwohl die URNG auf Druck des Militärs nicht teilnehmen konnte, erhielt der Nationale Dialog eine nicht vorhergesehene Dynamik, vor allem durch die “Vereinigte Vertretung der guatemaltekischen Opposi­tion” (RUOG).
Mit dem Putschversuch im Mai desselben Jahres warnte das Militär die Regierung davor, durch den Druck dieses Forums “weich zu werden” und einen Dialog mit der Guerilla zu beginnen. Gleichzeitig begannen Atten­tate und Drohungen gegen die RUOG-Mitglieder, woraufhin sie das Land verließen. Dem Dialog wurde damit die Luft abgeschnürt. Doch die Nationale Versöhnungskommission hat gezeigt, daß sie Personen versammelt, die bereit sind, nach den Gründen des bewaffneten Konflikts zu fragen. Deshalb droht die jüngste Taktik der Regierung, nicht direkt mit der Guerilla zu verhandeln sondern sie auf die Nationale Versöh­nungskommission abzuschieben, in ihr Gegenteil umzuschlagen. Die Gespräche, die in Oslo beschlossen wurden und die in El Escorial begon­nen haben, sind eigentlich ein “Nationaler Dialog”, in dessen Mittelpunkt die URNG steht. Sie bieten ihr die beste Gelegenheit, Allianzen aufzu­bauen. Mit diesem Rückhalt werden sie sich mit Regierung und Militär treffen.
Die unmittelbaren Reaktionen nach dem Abkommen von El Escorial zeigen, daß sich die ersten Gräben innerhalb der Herrschenden auftun. Während einige Finanziers und Industrielle das “Abkommen für den Frieden” öffentlich lobten und ihre Gesprächsbereitschaft für die nächste Runde bekundeten, reagierte die Agraroligarchie wie erwartet wenig enthusiastisch. Seine Äußerung wollte Roberto Cordón, Direktor des Großgrundbesitzerverbandes UNAGRO, allerdings nur als “persönliche Meinungsäußerung” verstanden wissen: “Wenn die Kommandatur der URNG mit ihnen (den Großgrundbesitzern) reden will, müssen sie erst ihre Waffen niederlegen.” Auch Verteidigungsminister General Hugo Bolaños drückte stellvertretend für das Militär die harte Haltung aus: “Gespräche zwischen der Regierung und den Subversiven wird es nur geben, wenn sie die Waffen niederlegen.”
Besonders nach den Äußerungen von Comandante Pablo Monsanto in “Granma” wurde wohl einigen klar, daß die URNG nicht aus einer defen­siven Position heraus verhandelt. Deshalb besteht immer noch die Möglichkeit, daß sich die Militärs weiterhin weigern zu verhandeln. Die im November neugewählte Regierung wird es sich allerdings nur schwerlich leisten wollen, sich gleich am Anfang genauso bedingungslos den Militärs unterzuordnen, wie es die Regierung Cerezo getan hat.

Der schwarze Christus von Esquipulas

Die PolitikerInnen der neun größten Parteien reisten mit dem Hinter­gedanken nach Spanien, sich für den Wahlkampf als FriedensstifterInnen zu profilieren. Nicht ohne sich vorher, genau wie die Nationale Versöh­nungskommission, mit dem Verteidigungsminister Bolaños und hohen Offizieren zu einem ausführlichen “Meinungsaustausch” zu treffen und abzusichern. Aus El Escorial übermittelte die bürgerliche Presse nur posi­tive Töne, freundliches Lächeln und viel Einverständnis zwischen Parteien und Guerilla. Auch aus den Reihen der ParteienvertreterInnen drangen keine Meinungsunterschiede an die Öffentlichkeit. Und
der Politiker Mario Sandoval Alarcón, Generalsekretär der rechtsextremen Partei namens “Bewegung für die Nationale Befreiung” (MLN), animierte die Journa­listInnen zu besonders harmonischen “Stimmungsreportagen”. Der international bekannte Antikommunist rührte die Anwesenden zu Tränen, als er seinen ideo­logischen Erzfeind, den Comandante Carlos Gonzáles, umarmte. Die Zeiten und die Welt hätten sich geändert, sagte er.
Zum krönenden Abschluß machte er der Guerilla sogar ein Geschenk: Er über­reichte jedem Comandante einen schwarzen Christus von Esquipulas – ein zwei­deutiges Symbol für Frieden. Aber GuatemaltekInnen mit einem scharfen Gedächtnis erinnern sich noch weiter zurück: Die Söldnertrup­pen, die 1954 mit Hilfe der USA die demokratische Regierung Arbenz stürzten, trugen diesen schwarzen Christus als “General des Befreiungs­heeres vom Kommunismus” vor sich her…


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Modernisierung von oben oder Organisierung von unten?

Die neue PRI-Politik unter Salinas de Gortari

Die Macht der Partei der Institutionellen Revolution (PRI – Partido de la Re­volución Institucional) war 1988 erstmals konkret in Frage gestellt worden; nur mit hauchdünner absoluter Mehrheit gewann sie die Präsidentschaftswah­len, und niemand zweifelt daran, daß sie ohne Wahlfälschungen von der Oppo­sition überrundet worden wäre. So steht das Projekt von Salinas, gegen Korruption, Vetternwirtschaft und zentrale Wirt­schaftsverwaltung durch die traditionelle “Politische Familie” vorzugehen, un­ter nicht gerade de­mokratischen Vorzeichen.
Dennoch kann Salinas anderthalb Jahre nach seinem Amtsantritt beachtliche Er­folge vorweisen. Kaum im Amt, ließ er den Chef der starken ErdölarbeiterIn­nengewerkschaft La Quina festnehmen und legte sich mit der gesamten Ge­werkschaftshierarchie an. Auch scheute Salinas nicht den Streit mit den Unter­nehmern, als er im Frühjahr 1989 Eduardo Legorreta, Börsenmana­ger und Mit­glied einer der einflußreichsten Familien im Norden Mexikos, wegen Betruges hinter Gitter brachte. Seinem Ruf als ersten Präsi­denten Mexikos, der der Korruption die Stirn bietet, wollte er noch einen demokratischen Anstrich geben, indem er erstmals einer Oppositionspartei den Sieg bei einer Gouver­neurswahl zubilligte – der rechten PAN (Partido Acción Nacional) in Baja Cali­fornia. Wurde Präsident Salinas de Gortari noch verher­gesagt, er werde seine sechsjährige Regierungszeit nicht ungeschoren überste­hen, sitzt er jetzt fest im Sattel und scheint sogar die Krise der PRI über­wunden zu haben.
Es herrscht jedoch keine Ruhe im Land. Im Gegenteil, gerade an den Stellen, an denen er mit den traditionellen Politikmustern der PRI gebrochen hat, entstehen Brüche, die sein Demokratisierungsprojekt als ein künstliches, in Mexiko kaum realisierbares entlarven. Zu nennen sind hierbei in erster Linie die Modernisie­rung der mexikanischen Wirtschaft und die zunehmende Gewalt in den politi­schen Auseinandersetzungen (vgl. LN Nr. 192).
Kehrseite der in volkswirtschaftlichen Kategorien recht erfolgreichen Wirt­schaftspolitik ist neben der prekären sozialen Lage im Land die Aufgabe der für die MexikanerInnen so wichtigen nationalen Souveränität. Politik der Mo­dernisierung bedeudet für Salinas die Orientierung an den Vorstellungen der USA, umgesetzt durch die Privatisierung vieler Staatsbetriebe, Auslandsbetei­ligungen in Schlüsselindustrien, Lockerung der Zollpolitik im Rahmen des GATT-Abkommens und die konsequente Bedienung des Schuldendienstes. Nächster Schritt ist die Schaffung eines gemeinsamen Nordamerikanischen Maktes mit den USA und Kanada, der faktisch schon beschlossen ist, doch von mexikani­scher Seite nicht als solcher bezeichnet wird, da dies in Mexiko als Auf­gabe der politischen und wirtschaftlichen Souveränität gewertet werden würde. Zwei wichtige Klammern des PRI-Diskur­ses, die Betonung der nationalen- gegenüber den US-Interessen und die for­melle Bevorzugung von Gewerkschafts- gegenüber Unternehmerinteressen, werden offiziell fallengelassen, wodurch die Integrationskraft des Systems ge­schwächt wird.
Die in allen Bereichen zurückgehende Integrationskraft der PRI muß auch als Ur­sache für die massive Gewaltanwendung in politischen wie sozialen Auseinan­dersetzungen gesehen werden. Während es bisher immer gelang, aufstrebende oppositionelle Kräfte, sei es in Gewerkschaften, Basisbewegungen oder Parteien, durch Kooptation der führenden Köpfe und geringfügige Reformen in die PRI-Politik zu integrieren, zeigte sich im vergangenen Jahr, daß die PRI keine Alter­native mehr zum Einsatz massiver Gewalt sah. Seitdem schwelen monate­lange Arbeitskämpfe in verschiedenen Landesteilen, und der erstmalige Einsatz des Militärs nach den Wahlen in Michoacán und Guerrero forderte schon über 50 Todesopfer (s. LN Nr. 192).
Noch ist nicht abzusehen, welchen Ausgang Salinas’ Projekt einer Demokrati­sierung durch Modernisierung von Wirtschaft und Politik nimmt. Seine Position ist ausreichend gefestigt, um den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, doch je weiter er kommt, umso fraglicher wird, was dieser Weg mit Demokratie zu tun hat.

Das Charisma von Cuauthémoc Cárdenas

Krise und die geleugnete Wahlniederlage der Regierungspartei sind nicht nur hausgemacht. In der traditionell zersplitterten mexikanischen Linken hat 1988 ein Einigungsprozeß stattgefunden, der genauso einmalig in deren Geschichte wie riskant in seiner Ausrichtung ist. Die Vereinigung ist auf die Person von Cuauthémoc Cárdenas zugespitzt, Sohn des allseits beliebten Präsidenten von 1934-1940, Lázaro Cárdenas.
Nachdem sein Reformprojekt innerhalb der PRI mißglückt war, lief er mit Be­ginn des Wahlkampfes 1988 mitsamt seiner Corriente Democrática del PRI (Demokratische Strömung in der PRI) zur Opposition über und gründete die FDN (Demokratisch Nationale Front), der sich Zug um Zug fast alle linken Par­teien und Gruppierungen anschlossen. Damit existierte erstmals eine Oppo­sitionskoalition, die real die Machtfrage stellen konnte und dies auch tat. Obwohl die Wahlniederlage der PRI politisch nicht durchgesetzt werden konnte, hat die
Kampagne und landesweite Mobilisierungsfähigkeit unter Cárdenas zu einer Po­litisierung geführt, die auch die eher passiven Sektoren der mexika­nischen Be­völkerung erreicht hat.
Doch der Schlüssel zum Erfolg ist zugleich eine große Gefahr für die Linke. Der mexikanische Sozialwissenschaftler Enrique Semo schreibt ein Jahr nach der Wahl: “Die Linke, die sich der Neocardenistischen Bewegung anschloß, be­wahrte ihre Präsenz in der Massenbewegung unter Inkaufnahme eines schweren Identi­tätsverlust. Das heißt: Die sozialistische Linke hat heute eine Anhän­gerschaft, die sie (noch) nie erreichen konnte, hat aber die Fähigkeit verlo­ren, sie mit eigener Stimme zu leiten. Die Volksrebellion folgte dem Ruf von Cárdenas. Die Linke nimmt an ihr Teil, führt sie aber nicht.” (Enrique Semo, Veinte Años Después, Juni 1989, Mexico D.F.) Wie so häufig steht und fällt eine Bewegung mit ihrem charismatischen Führer und ist zudem an dessen politische Ausrichtung gebun­den.
Nachfolgerin der FDN wurde die PRD (Partido de la Revolución Demócrata – Partei der Demokratischen Revolution), die zu ihrer Gründung die offizielle Re­gistrierung der sozialistischen PMS übernahm und nun unter Cárdenas die Poli­tik der Parteilinken bestimmt. In dem Versuch, den erneuten Vormarsch der PRI aufzuhalten, konzentriert sich die PRD auf die anstehenden regionalen Wahlen und profiliert sich hauptsächlich bei den Auseinandersetzungen um Wahlfäl­schungen in ihren Hochburgen – was vielen Mitgliedern das Leben kostete.
In einem Rückblick auf das erste Jahr der PRD zeigt die linke Tageszeitung “La Jornada” am 15.5.90 die Schwachstellen dieser Partei auf:
Nach außen: viele Tote und Verhaftete, Hetzkampagne der Medien, Anfeindung von Regierung und Wirtschaftsverbänden.
Nach Innen: Alte Politikmuster, Intrigen, keine gemeinsame Linie der einzelnen vorher existierenden Gruppierungen, Streit zwischen “Revolutionären” und “Reformisten”, schwerfälliger Apparat und autoritäre Führung.

Programmatik: Überholte Ökonomievorstellungen und fehlende Klarheit bei politischen Aussagen.

Angetreten ist Cárdenas mit dem Anspruch, die Politikstruktur Mexikos zu de­mokratisieren – zuerst innerhalb der PRI, und als dies scheiterte, gegen die PRI. Seine Erfolge haben zum einen die PRI gezwungen, sensibler mit den Er­wartungen und Forderungen der Bevölkerung umzugehen, soweit ihre eigene Machtposition nicht gefährdet war. Zum anderen entwickelte sich das Bewußt­sein, daß auch gegen die Regierungspartei Politik zu machen ist, was seinen Ausdruck in oppositionellen Aktivitäten in fast allen Lebensbereichen findet. Je­doch steht zu befürchten, daß nach dem Kulminationspunkt Präsidentschafts­wahlen 1988 die Parteilinke wieder in den alten Trott verfällt und nicht in der Lage sein wird, die errungenen Positionen auszubauen.
Noch vor dem Auftreten von Cárdenas führte 1985 das verheerende Erdbeben in Mexiko-Stadt zu einer breiten Mobilisierung der Basisbewegungen, deren Ent­wicklung parallel zum Neocardenismus eine steile Aufwärtstendenz zeigt. Vor allem in der Hauptstadt führte die Untätigkeit der Regierung nach dem Erd­
beben dazu, daß eine Vielzahl von Selbsthilfeorganisationen entstand, die bald in eine aktive Stadtteilbewegung, unterstützt von unabhängigen Gewerkschaf­ten, mündete.

Die Basisbewegung im Aufschwung

Trotz ihres Mißtrauens gegen Parteipolitik gliederten sich fast alle Gruppen der Basisbewegung in die Kampagne von Cárdenas ein, kämpften gegen den Wahl­betrug, forderten eine gerechte Mietpolitik, unterstützten die unabhängi­gen Ge­werkschaften in ihren Lohnforderungen und nahmen schließlich auch an der Kampagne zur Streichung der Auslandsschulden teil. Auch die politischen Or­ganisationen auf dem Land und unabhängige BäuerInnengewerkschaften gewan­nen neue Mitglieder hinzu und unterstüztzen die PRD in den jeweiligen Bun­desstaaten, insbesondere in Guerrero, Michoacán und Oaxaca.
Die wichtigsten Träger dieser neuen sozialen Bewegungen entstanden unmittel­bar in Folge des Erdbebens. Dazu zählt die Näherinnengewerkschaft 19. Sep­tember, die nach der Zerstörung vieler Konfektionsunternehmen durch das Erd­beben eine Organisierung der von Entlassung bedrohten Näherinnen ermög­lichte, Forderungen nach kollektiven Arbeitsverträgen durchsetzte und beim Aufbau von Kooperativen mithalf.
Die Asamblea de Barrios (Stadtteilversammlung) nahm sich der Wohnungs- und Mietpolitik an, indem sie aus der unmittelbaren Selbsthilfe beim Wiederaufbau nach dem Erdbeben eine politische Organisation der betroffenen Familien auf­baute, die durch konkrete Forderungen und Vorschläge an die Regierung Ein­fluß nahm und durch Besetzungen von Grundstücken und Gebäuden den Woh­nungsnotstand bekämpfte. Führer dieser Bewegung ist “Superbarrio”, der im Ge­gensatz zu Cárdenas kein Caudillo, sondern nur ein Symbol des Widerstandes ist. Er ist Freistilringer (Lucha Libre) und stellt in Schaukämpfen das Gute dar, das über das jeweils Böse, den Miethai, den Schuldeneintreiber, oder über Aids siegt. Da er immer maskiert auftritt, ist er nicht als Person identifi­zierbar, son­dern repräsentiert auf antiautoritäre Weise die Hoffnungen der Bevölkerung in den Stadtteilen. Er taucht auf allen politischen Veranstaltun­gen auf, nimmt an Demonstrationen teil und verhandelt mit Politikern, ohne jemals die Maske ab­zunehmen.
Dachorganisation der Basisbewegung in der Hauptstadt ist die CONAMUP (Coordinación Nacional del Movimiento Urbano Popular – Nationale Koordina­tion der Stadt- und Basisbewegung). Sie vereinigt Gruppen, deren Aktivitäten Öko­logie, Versorgung, Wohnungsprobleme, Bürgerrechte, Gewalt gegen Frauen und vieles mehr umfassen. Unmittelbar zielt die Arbeit der Gruppen auf eine Ver­besserung der Lebensumstände der Bevölkerung ab. Nach eigenen Aussagen will die Bewegung jedoch versuchen, den lokalen Charakter ihrer Aktivitäten zu überwinden, um sich in eine Alternative zur bestehenden Regierung zu verwan­deln (Zeitschrift Barrio Nuevo Nr. 2, Mexico D.F.).
Genau hier liegt das Problem der Basisbewegungen. Sie sind zwar keine “Einpunktbewegungen”, die nur kurze Zeit nach ihrem Auslöser oder während einer Konjunktur wie den Präsidentschaftswahlen existieren, doch fehlt ihnen ein politisches Konzept mit konkreten Alternativen, die über die bestehenden Kon­
flikte hinausgehen. Im Gegensatz zu den Parteien haben sie eine reale, verläßli­che Basis, sie ist aber beschränkt auf das unmittelbare Aktionsgebiet und noch besteht keine Infrastruktur, um die Regionalisierung zu überwinden.

Demokratie ohne Träger oder undemokratische Träger

Wenn es um Demokratie geht, ist es um Mexiko schlecht bestellt. Das korrupte Einparteinsystem, im demokratischen Mantel, ohne militaristische Strukturen und außenpolitisch mit progressivem Image, gab bisher weder Anlaß noch Mög­lichkeiten zu einem demokratischen Wandel. Gleichzeitig verhinderte es effek­tiv eine Organisierung von unten – alle integrierbaren Ansätze wurden koop­tiert, die übrigen verfolgt und aufgerieben.
So ist der Begriff einer “Demokratisierung von oben” in Mexiko schon auf­grund der internen Konstellation in Frage zu stellen. Modernisierung von Wirtschaft und Politik, verbunden mit hohen sozialen Kosten und abgesichert durch for­melle Wahlen nach westlichem Vorbild (kein Wahlbetrug mehr, dafür sinkende Beteiligung und ökonomische Erpressung), birgt weder Garantien für eine Auf­lösung des korrupten Apparates, noch ist zu erwarten, daß der Wandel des bis­herigen Systems reibungslos zu bewerkstelligen ist. Gewalt zur Durch­setzung der Demokratie ist die Realität dieser Alternative.
Und die “Demokratisierung von unten” ist vor allem zeitlich noch nicht in Sicht. Das Manko der linken Oppositionskräfte ist die fehlende Interventions­fähigkeit. Die Basisbewegungen befinden sich erst im Aufbau, haben keine kontinuierliche Tradition vorzuweisen und sind gezwungen, sich auf die sozialen Konflikte und die Abwehr staatlicher Repression zu konzentrieren. Die Ergeb­nisse dieses Wi­derstandes sind allerdings ermutigend. Eher zuviel Tradition weisen demgegen­über die linken Parteien auf, deren heutige Schlagkraft zu großen Teilen der In­tegrationsfigur Cuauthémoc Cárdenas geschuldet ist. Die theoretische Auseinan­dersetzung über ein sozialistisches oder eher an mögli­chen Reformen orientiertes Parteiprogramm ist im vollen Gange und verhindert ein einheitliches Auftreten der PRD (Tageszeitung La Jornada, 17.5.90).
Trotz der guten Zusammenarbeit von PRD und Basisbewegung ist die Linke nicht in der Lage, der Stabilisierung der neuen PRI-Politik entscheidende Hin­dernisse in den Weg zu stellen. So wird Salinas de Gortari weiter auf Mo­dernisierung setzen, und es steht zu befürchten, daß die Entwicklung der po­litischen und sozialen Gewalt der der Demokratie weiterhin vorauseilt.


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Die gesellschaftliche Struktur der Straffreiheit

“Niemals in der Geschichte von El Salvador hatte sich irgendein Militärangehöri­ger vor Gericht zu verantworten […] hier war kein Militärangehöriger jemals – und darf es auch in Zukunft nicht werden – an irgendein Gesetz der Republik ge­bunden.” Der Satz stammt von einem gewissen Aguiles Baires, mutmaßlicher Kommandant der Todesschwadron “Maximiliano Hernández Martínez”, der Al­lianz der Antikommunistischen Aktion. Der Satz spiegelt eine tiefe Überzeugung breiter Schichten der salvadorianischen Armee wieder.
“Hier war kein Militärangehöriger jemals – und darf es auch in Zukunft nicht werden – an irgendein Gesetz der Republik gebunden”; dies muß auch Oberst Benavides in jener Nacht des 15. November vergangenen Jahres gedacht haben, als er die Sitzung des Generalstabs verließ und die Kommando-Einheit des Ba­taillons Atlacatl einberief, um die Leutnants Espinoza Guerra und Mendoza Vallecillos mit der “Mission” zu beauftragen, die Jesuiten zu ermorden, weil “das Vaterland in Gefahr” sei. Der Widerstand gewisser Sektoren innerhalb des Mili­tärs gegen die gerichtliche Verfolgung von Benavides läßt sich angemessen nur durch diese allgemeine Wahrnehmung der Offiziere erklären. Sie glauben sich, wie Nietzsches Übermensch, an einem Ort, jenseits von Gut und Böse, dort, wo sie kein Gesetz der Republik erreichen kann. Ironischerweise maßen sie sich je­doch gleichzeitig an, Legalität für sich in Anspruch zu nehmen.
Als am 6. Januar der Präsident Cristiani öffentlich verkündete, was Tutela Legal (Menschenrechtsorganisation der kath. Erzdiozöse; d. Übers.) schon sechs Wo­chen vorher behauptet hatte, nämlich, daß die Armee an dem Massaker an den Je­suiten beteiligt war, schien die bisher ungebrochene Straffreiheit der Militärs für Menschenrechtsverletzungen Risse zu bekommen. Einige glaubten sogar, El Sal­vador würde zu einer richtigen Demokratie werden. Diese Hoffnung verstärkte sich noch, als der Präsident eine Woche später die Namen der Offiziere enthüllte, die an dem Massaker beteiligt waren. Das hatte es in der Geschichte des Landes noch nie gegeben, daß ein Oberst in einer solchen Angelegenheit vor Gericht ge­stellt wurde. Aber die Ressourcen der Straffreiheit sind unerschöpflich; die Nach­richt, daß Benavides ein Privatappartement habe, häufig Besuch erhalte und be­sonderes Essen serviert bekomme, erschien zuerst in der Washington Post am 22. Februar, blieb aber zunächst völlig unbeachtet. Die Zeitung fügte hinzu, daß Cri­stiani ärgerlich sei über die konfortable Luxusbehandlung Benavides`; die Situa­tion sei jedoch – so Cristiani – tolerierbar, solange Benavides an seinem Zwangs­aufenthalt verbleibe.
Die Situation ist ernst, nicht so sehr wegen der materiellen Bequemlichkeiten, die Benavides genießt, sondern vielmehr wegen der gesellschaftlichen Struktur der Straffreiheit, die dies ermöglicht. Das übergeordnete Problem des Respekts der Menschenrechte in El Salvador wurzelt in eben dieser Struktur der Straffreiheit für die Streitkräfte, die die Menschenrechte konsequent und immer wieder mit Füßen treten. Die Bemühungen der USA, die Idee der Achtung der Men­schenrechte innerhalb der Armee zu verankern, sind kläglich gescheitert. Die USA haben während des zehnjährigen Krieges nicht ein einziges Mal wirksame Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, daß Soldaten straffrei davonkom­men. Man konnte nach dem Massaker an den Jesuiten glauben, daß sich die Si­tuation zu verbessern begänne, aber die Tatsache, daß die Armee als Institution an der “Strafverfolgung” maßgebend beteiligt ist und Benavides ein solch luxu­riöses Leben bereitet, könnte den größten Optimisten demoralisieren. Die Struk­tur der Straffreiheit der Streitkräfte nach Menschenrechtsverletzungen ist so tief verwurzelt, daß auch die USA nichts dagegen unternehmen konnten. Wenn dies in einem Fall wie dem der Jesuiten passiert, in dem Protest und Abscheu welt­weit zu vernehmen waren und in dem die USA soviel Druck ausgeübt haben, was ist dann bei Gewalttaten zu erwarten, die Soldaten in irgendeinem abgelege­nen Dorf verüben?
Dieses Problem der Straffreiheit hat auch wichtige Konsequenzen für die Durch­führbarkeit des sogenannten demokratischen Prozesses in El Salvador. Streng genommen handelt es sich um ein strukturelles Problem eines jeden politischen Systems, das eine demokratische Struktur über einem hypertrophierten Militär­apparat installieren möchte. Es ist kaum zu erwarten, daß “wer bewaffnet ist, be­reitwillig dem gehorcht, der unbewaffnet ist”, formulierte Machiavelli im Jahre 1513. Die Menschen unter Waffen sind von daher immer versucht, die politische Kontrolle von Demokratien zu übernehmen, deren Bestehen sie eigentlich garan­tieren sollten. Die Geschichte Lateinamerikas bietet dafür überreiches Anschau­ungsmaterial. El Salvador ist dabei keine Ausnahme gewesen. Aber es gibt ver­schiedene Niveaus von Straffreiheit, und hier kann sehr wohl davon gesprochen werden, daß unser Land zu den Ausnahmefällen gehört.
Einigen Militärdiktaturen schlug bereits – wenngleich noch schüchtern – mit dem Beginn der Demokratie ihre Stunde von Nürnberg. Die südamerikanischen Mili­tärs haben begonnen zu begreifen, daß sie nicht straffrei ihre Gewehre auf die zi­vile Gesellschaft richten können. In El Salvador hingegen existiert noch keine Rechtsstruktur, die in der Lage wäre, einen uniformierten Kriminellen zur Ver­antwortung zu ziehen. Dies ist nicht nur ein Mangel der Vergangenheit. Wir ha­ben hier im letzten Vierteljahr die Massaker an der UCA, von Cuscatancingo und von Guancorita erleben müssen. Dies wird – ohne Ermittlungsverfahren und An­klageerhebung – so weitergehen, während die salvadorianischen Militärs sich auch zukünftig als eine gesellschaftliche Kaste wähnen, die über “den Gesetzen der Republik” steht.


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Volksherrschaft in Sao Paulo?

Das erste Jahr: Solide Haushaltspolitik statt Chaos

Viele hatten der Bürgermeisterin prophezeit, sie würde die Stadt direkt ins Chaos führen. Daß sich diese -vom wishfull-thinking und bösem Handeln genährten -Erwartungen nicht erfüllt haben, ist vielleicht der größte Erfolg des ersten Jahres der Verwaltung Erundina. “Jede Bewertung muß in Rechnung stellen, daß wir interne und externe Schulden in Höhe von über einer Mrd. Dollar geerbt haben, Schulden mit kurzer Laufzeit, die sich akkumuliert hatten.” (Erundina im Interview mit Isto E) Das Wunder des ersten Jahres war die Sanierung des Haushaltes. Anders gesagt: Die Regierung begann mit einem Notprogramm. Statt mit spektakulären Entscheidungen für Aufsehen zu sorgen -und, wie viele hofften, die “Massen” zu mobilisieren -begann die neue Verwaltung eine recht solide und technisch geschickte Haushaltspolitik. Sie schaffte damit -nach ihrer Argumentation -die Voraussetzungen, um die strategischen Ziele der Regierung anzuvisieren. Erleichtert wurde diese Politik durch eine Steuerreform (Konsequenz der neuen Verfassung). Die Steuereinnahmen der Stadt waren 1989 64% höher als 1988. Auf der anderen Seite wurden allerdings Zuschüsse der Bundes-und Landesregierung gestoppt. Um aber den Spielraum der Verwaltung zu beurteilen, muß man einige Voraussetzungen beachten. Erundina wurde mit einem Stimmenanteil von etwa 30% gewählt, die einfache Mehrheit in einem Wahlgang reichte aus. Die Wahl war weniger die Zustimmung zu einem klar formulierten Programm alternativer Kommunalpolitik, als ein Protest gegen die diskreditierte Bundesregierung (Sarney). Aber damit nicht genug. Erundina war in ihrer eigenen Partei -gelinde gesagt -umstritten. Die Mehrheitsfraktion der PT (Ariculacao) wollte Plino Sampair, einen der progressiven Kirche nahestehenden “seriösen” Politiker als Kandidaten aufstellen. Erundinas Kandidatur wurde durch ein Bündnis verschiedener linker, teilweise trotzkistischer Strömungen der PT ermöglicht und ihre Wahlkampagne zunächst von einem großen Teil der Partei eher sabotiert als unterstützt.
Die Regierung Erundina verfügt über keine Mehrheit im Stadtparlament und sie wird von Teilen der Partei nur halbherzig unterstützt. Wie kaum anders zu er-warten war, wird Erundina nicht nur von den “Rechten” in der Partei kritisiert, sondern auch von den enttäuschten Linken. In einer solchen Situation eine Stadt wie Sao Paulo zu regieren, scheint fast ein Ding der Unmöglichkeit.

Ansätze einer neuen Politik

Dennoch, nach einem Jahr konnte die Verwaltung Erundina eine beachtliche Erfolgsbilanz vorlegen und zeigen, daß ihr Handeln über die Verwaltung des Not-standes hinausgeht. Erster und wirklich beachtlicher Punkt ist die Umkehrung der Prioritäten im Haushalt. Die Ausgaben im Bereich “Soziales” sind 1989 im Vergleich zum Vorjahr um 62% gestiegen, herausragend dabei die Ausgaben für den öffentlichen Verkehr mit einer Steigerungsrate von über 200%. Allerdings muß bei diesen Zahlen beachtet werden, daß auch der Gesamthaushalt von 1989 angestiegen ist. Die prozentuale Verteilung zeigt aber an, daß die “Umkehrung der Prioritäten” tatsächlich realisiert worden ist: 1988 wurden 37% des Haushaltes im Bereich “Soziales” ausgegeben, 1989 58%. Die Bereiche Erziehung, Gesundheit und öffentlicher Transport sind deutlich aufgewertet worden -die größten Einbußen erlitt der Bereich “Straßenbau”, dessen Anteil von 36% (!) auf 12,7% gesenkt wurde. Eine weitere Umverteilung innerhalb des Haushaltes ist nicht beabsichtigt, das äußerte deutlich der Planungssekretär Paulo Singer im Gespräch mit den LN.
Bei allen diesen Zahlen ist eins zu beachten: Der größte Teil der Ausgabenerhöhung ist erfolgt, um die Gehälter der Angestellten der Stadt zu verbessern. Der Vorgänger Erundinas, Janio Quadros, hatte durch einen Lohnstopp (bei hoher Inflation) die Gehälter der Beschäftigten drastisch gesenkt, damit auch die öffentliche Verwaltung in vielen Bereichen fast lahmgelegt. Die PT-Verwaltung ging da-von aus, daß eine Moralisierung des öffentlichen Dienstes nur über Lohnverbesserungen zu erreichen ist. Von Dezember 88 bis November 89 wurden die Löhne drastisch erhöht, im Schnitt um Ca. 100% (Inflationsbereinigt), Erhöhungen, die im Wesentlichen den vorangegangenen Lohnraub kompensierten.
Darüberhinaus konnte die Verwaltung eine ganze Reihe von einzelnen Verbesserungen erreichen. So wurde das Programm der Schulnahrung um 30% erweitert und der Speiseplan verbessert. Die Kinder bekommen jetzt auch Fleisch und Fisch (die VegetarierInnen mögen es verzeihen!)
Die PT-Verwaltung sieht es als ihren größten Erfolg des ersten Jahres an, daß die Prioritäten des Haushaltes umgewertet und ein solider Haushalt vorgelegt wurde, ohne zwei Grundforderungen neoliberaler Politik zu erfüllen: die Privatisierung des öffentlichen Dienstes und die Verringerung der Zahl der öffentlichen Angestellten. “Wir haben ein neues ökonomisches Modell eingeführt”, heißt es stolz im Rechenschaftsbericht.
Nun, alles dies sind viele Zahlen, und es sagt wenig darüber aus, wie sich die konkrete Politik oder gar das Leben der Menschen in Sao Paulo verändert hat. Im Folgenden will ich an zwei Beispielen die Realisierungsversuche der alternativen Politik umreißen.

Ein neues Verkehrskonzept?

Wer jemals in Stoßzeiten Busse oder Nahverkehrszüge in Sao Paulo benutzt hat, wird sich mit Sehnsucht an die überfüllten U-Bahnen in Berlin nach dem 9.November erinnern. Aufgrund der großen Entfernungen dauert das tägliche Inferno für viele Menschen 2 -4 Stunden. Und an den Haltestellen ist kaum ein gutes Wort über die Verkehrspolitik der PT zu hören. “Es ist dieselbe Schweinerei wie vorher -wenn nicht noch schlimmer!”-so der eindeutige Tenor.
Daß es bisher kaum wahrnehmbare Verbesserungen gibt, gesteht auch der Sekretär für Verkehr, Adhemar Gianini, ohne Zögern ein. Gianini repräsentiert nicht gerade den typischen PT’ler, er ist einer der wenigen Unternehmer in den Reihen der Arbeiterpartei. Seine Politik ist symptomatisch dafür, wie die Verwaltung Probleme umgeht.
Der Nahverkehr in Sao Paulo wird überwiegend durch private Busgesellschaften bewältigt. Die städtische CMTC hatte 1988 einen Anteil von 20% am Passagier- aufkommen. Ziel der Regierung ist es, diesen Anteil bis zum Ende der Amtszeit auf 70% zu erhöhen. In den letzten Jahren hatte sich der öffentliche Nahverkehr dramatisch verschlechtert. 1979 verkehrten in Sao Paulo 8000 Busse, 1988 8329. Die Bevölkerung war aber inzwischen um 4 Millionen Menschen angewachsen. {b Im Wahlkampf hatte die PT die Verstaatlichung des Nahverkehrs auf ihre Fahnen geschrieben. Das heißt Enteignung der privaten Gesellschaften? Weit gefehlt. Gianini stellt ein ganzes Arsenal von Maßnahmen vor, daß zu einer Verbesserung des kollektiven Verkehrs im allgemeinen dient (Stichwort: mehr Busspuren), zum anderen die städtische Gesellschaft CMTC systematisch aufwertet. Tatsächlich fand die neue Regierung die CMTC in einem katastrophalen Zustand vor: Fast 800 der 3000 Busse lagen brach, weil Ersatzteile fehlten. Inzwischen ist der Anteil der täglich fahrenden Busse erhöht, 200 neue Busse sind angeschafft, 800 sollen dieses Jahr dazukommen und der Anteil der CMTC am Passagieraufkommen ist von 20 auf 30% erhöht.
Einer der umstrittensten Punkte der bisherigen Verkehrspolitik waren die (städtisch kontrollierten) Fahrpreise. Die bürgerliche Presse legte mit großer Aufmachung dar, daß die Bustarife im Jahre 1989 über die Inflationsrate hinaus gestiegen waren. Gianini legt Gegenrechnungen vor, bei verschiedenen Inflationsindices, oder unterschiedlichen Anfangspunkten der Rechnung kein Kunststück. Eine Diskussion für Fachleute die Gianini zugunsten der PT-Verwaltung entscheiden konnte. Nur: Eine deutlich spürbare Senkung der Buspreise hat es nicht gegeben -und kann es im Rahmen der überwiegend privaten Struktur auch nicht geben.
Die Verkehrspolitik Ist aber nicht nur ins Kreuzfeuer der bürgerlichen Verwaltung geraten. Auch Teile der linken Opposition in der PT und die albanistische (ja, ja) Kommunistische Partei (PC do B), die ein Wahlbündnis mit der PT eingegangen war, setzen hier mit ihrer Kritik an. Sie fordern, die Verkehrspolitik zum strategischen Schwerpunkt der Kommunalpolitik zu machen. Die Verwaltung
dürfe sich nicht in vielen Bereichen verzetteln, sondern müsse an einem Punkt exemplarisch den Konflikt mit der Bourgeoisie führen und sofort spürbare Verbesserungen erreichen. Statt den Konflikt mit Unterstützung der Massen zu wagen, setze die Verwaltung auf technische Lösungen, so die Kritik.

Eine Frauenbeauftragte für Sao Paulo

Daß mit Erundina eine Frau zur Bürgermeisterin der größten Stadt Brasilien gewählt worden ist, muß schon in der männerbeherrschten brasilianischen Politik als Sensation gelten. Erundina hat sich zwar nie als Feministin verstanden, aber ein überparteiliches Komitee von Frauen zur Unterstützung ihrer Kandidatur hat im Wahlkampf eine wichtige Rolle gespielt und Frauenforderungen in die Kampagne eingebracht. Eine Forderung von Teilen der Frauenbewegung, die Errichtung eines selbständigen Frauensekretariats, wurde nicht erfüllt, und erst im November 1989 wurde eine spezielle Frauenkoordination gebildet, die “coordinaria especial de mulher”. An ihre Spitze trat Simone Deniz, eine Arztin, Mitarbeiterin des “Feministischen Kollektives Gesundheit und Sexualität”.
Eine wichtige Entscheidung, da damit eine erklärte Feministin die Koordination
der Frauenpolitik in Sao Paulo übernommen hat, und keineswegs eine selbstverständliche, da auch in der PT orthodox-marxistische Einstellungen existieren, die Feministinnen mit Argwohn gegenüberstehen, wie Simone Deniz erklärt.
Die coordinaria, in der 11 Frauen arbeiten, verfügt zwar über eigene Mittel, ist aber dem “Sekretariat für außerordentliche Geschäfte” zugeordnet und damit einem männlichen Sekretär unterstellt. Die “secretaria de negocios extraordinarios” vereinigt die “Räte” spezieller Bevölkerungsgruppen, wie, den “Rat der Alten”, den “Rat der Behinderten” und die “Koordination der Schwarzen”. Damit ist die Frauenpolitik in das unheilige Sammelbecken sogenannter Minderheitenpolitik geworfen. Simone Deniz sieht dieses Problem durchaus, sie meint aber, mit der Bildung einer eigenständigen Koordination, die in der Praxis autonom arbeitet, wäre wenigsten ein erster Schritt gemacht. In einem Gespräch benennt sie vier Schwerpunkte der geplanten Frauenpolitik: Gesundheit und Sexualität, Frauen in der Arbeitswelt, Erziehung, Gewalt. Im Mittelpunkt stehen bisher zwei Projekte: Die Einrichtung zweier Frauenhäuser; Einrichtungen, die Frauen aufnehmen können, die Opfer von Gewalt sind, existieren zur Zeit nicht in Sao Paulo. Das zweite Projekt ist die Einrichtung einer Geburtsklinik, die eine Musterklinik wer-den soll. Dafür gibt es einen einleuchtenden Grund: Verletzungen bei der Geburt sind in Sao Paulo die Haupttodesursache für Kinder im Alter bis zu einem Jahr. Die Quote der Kindersterblichkeit lag 1984 in Sao Paulo bei 48,4 pro Tausend. in den USA liegt die Quote bei 8,5, in Japan bei 5,5. Circa 11 der 48 Todesfälle sind Folge von Verletzungen bei der Geburt, eine Zahl, die die miserablen Bedingungen in den Geburtskliniken anzeigt. Ein bereits verwirklichtes Projekt ist die Eröffnung eines Beratungszentrums für Frauen, die Opfer von Gewalt sind.

Räterepublik für Sao Paulo?

Die PT-Verwaltung hat im Rahmen ihrer äußerst engen Möglichkeiten Beachtliches geleistet. Aber sie ist nicht angetreten, um lediglich eine ehrliche, unbestechliche und technisch effektive Politik zu gestalten, sondern als Verwaltung einer sozialistischen Partei. “Die Maschinerie der Kommunalverwaltung ist nicht neutral, ist nicht übergreifend, wie die Bourgeoisie glauben machen will, um sie in ihren Dienst zu stellen. Die Verwaltung in den Dienst der Arbeiter zu stellen, bedeutet deshalb, sich auf Konflikte einzulassen, die nicht harmonisiert werden * dürfen.” (Dokument der PT-S.P. vom Mai ’89). Die PT sollte sich nicht von vorn-herein mit den ökonomischen und institutionellen Restriktionen einer Kommunalverwaltung abgeben, sondern ihre Position nutzen, um die Bevölkerung zu mobilisieren. Das entscheidende Merkmal einer PT-Regierung sollte nicht diese Schulspeisung oder jeher neue Bus sein, sondern die Beteiligung der Bevölkerung an der Regierung. Die Bildung von “Volksräten” (conselhos populares) war als
entscheidendes Mittel der autonomen Organisation gedacht. “Ohne diese Instrumente ist es unmöglich, die Vorschläge der PT-Regierung zu verwirklichen.” Die Volksräte sollten “die institutionalisierten Räte der Volksbeteiligung” sein, wobei es allerdings keine präzisierten Vorschläge gab, wie diese Räte gebildet werden könnten.
Die “conselhos populares” gibt es bis heute nicht -und sie sind auch aus der Diskussion. Zwar hat die Verwaltung regionale Beratungsgremien geschaffen, um lokale Probleme mit einem möglichst breiten Kreis von beteiligten Gruppen zu diskutieren, aber das ist eben keine institutionalisierte Partizipation.
Die Bewertung des ersten Jahres PT-Verwaltung durch das Direktorium der PT-Sao Paulo gipfelt denn auch in dem Vorwurf des “administrarismo”, des reinen Verwaltens. “Wir verstehen unter ‘administrarismo’ eine Politik der Anpassung an die politische und ökonomische Macht in der Gesellschaft und die mit dem bürokratischen Apparat verknüpften privaten Interessen. Dieses Konzept unter-stellt, daß es möglich ist, für alle zu regieren.”
Die Verwaltung habe, statt die politische Debatte zu forcieren, nur technische Lösungen für die Probleme der Stadt gesucht. “Das Ergebnis dieser administrativen Politik ist bekannt. Nach den Ergebnissen einer Umfrage von “Data Folha” reduzierte sich die Zustimmung zur Politik der Verwaltung auf 20%, der 18.Platz unter 23 befragten Hauptstädten. Tatsächlich wurde Erundina der Vonvurf gemacht, durch ihre Politik der Wahlkampagne Lulas geschadet zu haben.
Die Analyse, daß die Verwaltung in erster Linie technische Lösungen gesucht hat, ist wohl zutreffend. Die Frage ist nur, ob sie wirklich andere Möglichkeiten hatte. Die Wahl Erundinas war ja nicht das Ergebnis langer organisierter Kämpfe, sie wurde nicht von einer strukturierten Massenbewegung getragen. Natürlich haben organisierte Sektoren der zivilen Gesellschaft, insbesondere die Bewegung der Favela-BewohnerInnen, Erundina gestützt und zu ihrer Wahl beigetragen, aber das sind eben einzelne Sektoren. Die Bildung der Volksräte konnte nicht von oben per Dekret erfolgen (so argumentiert die Verwaltung), und eine Massenbewegung, die eine populäre Verwaltung von unten aufbaut ist nicht in Sicht. Der “administrarismo”der Verwaltung hat seine realen Gründe, und gegenüber diesen bleibt die Kritik der PT plakativ.
Erundina hat in dem bereits zitierten Interview mit der Zeitschrift Isto E einige bemerkenswerte Antworten auf die Vorwürfe der Partei gegeben: “Ich bekräftige noch einmal und versuche, es in der Praxis zu beweisen, daß ich nicht die Bürgermeisterin der PT bin. Ich bin eine ‘pedista’ in der Verwaltung und bin die Bürgermeisterin der Stadt.” Und in einem anderen Zusammenhang sagt sie: “Am Anfang gab es gegenseitige Vorurteile, auf unserer Seite gegenüber den Unternehmern und auf Seite der Unternehmer gegenüber uns. Aber die Erfahrung zeigte, daß es möglich ist, einvernehmlich zusammenzuleben und die Interessen der Stadt zu garantieren, ausgehend von einem transparenten, ehrlichen und offenen Verhältnis.”
Dies bestätigt die Aussage, die Verwaltung versuche eine Politik im (angeblichen) Interesse der Stadt zu machen statt Klassenpolitik. Solche Außerungen legen den Verdacht nahe, daß der politische Wille, in der Konfrontation mit den mächtigen Interessen die Hegemonie einer populären Verwaltung durchzusetzen, nur schwach entwickelt ist.

Shell, Samba und Coca Cola -oder die Linke in postmodernen Zeiten

“Wir werden die Verwaltung für die öffentliche Meinung verkaufen, wie man Coca Cola verkauft” sagte im April diesen Jahres ein Mitarbeiter Erundinas, um die neue Offentlichkeitspolitik zu erläutern. Damit reagierte die Bürgermeisterin auf die schlechten Umfrageergebnisse und auf die Kritik, ihre Medienpolitik sei absolut unzureichend. Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben und im Juni er-hielt die größte brasilianische Werbeagentur den Zuschlag. Sie wird versuchen, durch Werbekampagnen das Image der Verwaltung und Erundinas aufzubessern.
Politik muß inszeniert sein, muß Spektakuläres vorzeigen, mit neuen Schulspeisungen allein ist auch in der Stadt kein Staat zu machen. Nicht nur eine neue Medienpolitik sondern auch wirksame Show-Effekte will die Verwaltung. Der erste Coup ist ihr bereits gelungen: “Sao Paulo gibt Gas” heißt es stolz in der Einjahresbilanz. Damit sind nicht neue Sozial-Pläne gemeint, sondern die Formel I. Nach zehn Jahren ist es Erundina gelungen, das Rennen des “Großen Preises von Brasilien” wieder von Rio nach Sao Paulo zurückzuholen -durch einen Vertrag mit Shell. Der Multi restaurierte im Eiltempo die Rennstrecke Interlayes und er-hielt dafür die Konzession, zwanzig Grundstücke zehn Jahre lang zu nutzen. “Ein optimales Geschäft”, proklamierte Erundina. “Ein Verrat an den nationalen Interessen”, rief die rechte Opposition. Von dem internationalen Boykottaufruf gegen Shell hatte niemand etwas gehört, er spielte in der Diskussion keine Rolle. Auf jeden Fall war der 25.März, der Tag des Rennens, ein Erfolgstag für Erundina. Die ZuschauerInnen brachten ihr Ovationen dar.
Als weitere Projekte der Politik der Spektakel sind nun die Errichtung eines Sambastadions nach dem Vorbild von Rio und eine Neugestaltung des Stadtzentrums geplant. In diesem Jahr hatte Sao Paulo zum ersten Mal einen offiziellen Karneval. Das Gesetz 282/89 garantiert nun die Realisierung des Karnevals durch die Bürgermeisterin.
Genützt haben diese Bemühungen um ein neues Image allerdings bisher wenig. Nach einer jüngsten Umfrage der Folha de Sao Paulo (1.7.) ist der Anteil derer, die die Regierung Erundina für gut halten, sogar noch auf 21 % gesunken. Solche Umfragen sind allerdings fragwürdig. Denn eines kann man immer wieder hören: Erundina macht zwar Fehler, aber sie ist ehrlich. Eine Politikerin, die niemand für korrupt hält, das ist schon etwas in Brasilien.


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