„KINDER FÜHREN MILITÄRÜBUNGEN AUS“

Gegen die Militarisierung Protest der Zivilgesellschaft // Foto: Felipe Canova, Flickr

Wie hat sich die Situation seit dem Putsch vor zehn Jahren verändert?
Auf den Putsch folgten unter anderem die Militarisierung, die Unterdrückung der Bevölkerung und eine Verschärfung der vorher schon existierenden Probleme wie Armut, Ungleichheit und eine hohe Auslandsverschuldung. Heute ist Honduras eines der ärmsten Länder Lateinamerikas, Arm und Reich klaffen weit auseinander. Die Menschen migrieren zu Tausenden in Karawanen in Richtung USA, weil sie keine Möglichkeit finden, in Honduras zu überleben.
Der Staat hat seine sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben vernachlässigt. Mit Blick auf die Kinder und Jugendlichen schätzt die Nationale Pädagogische Universität Honduras, dass mehr als 800.000 Jungen und Mädchen wegen fehlender schulischer Einrichtungen dem Schulsystem fernbleiben. Laut Schätzungen des Ministeriums für Arbeit werden täglich circa 475.000 Jungen und Mädchen wirtschaftlich ausgebeutet. Die Teenagerschwangerschaften sind dramatisch angestiegen: Laut Gesundheitsministerium sind 25 Prozent der Schwangerschaften jährlich von Minderjährigen. Gemäß einer Studie von Save the Children ist Honduras für Kinder und Jugendliche das gewalttätigste Land mit einer Mordrate von mehr als 30 Kindern pro 100.000 Einwohner.

Und was macht die Regierung?

José Guadelupe Ruelas // Foto: Honduras Delegation

Anstatt Antworten zu finden, entledigt sich der Staat seiner Verantwortung. Er konzessioniert Straßen, die Telekommunikation, den Energiesektor, Flüsse, Land und nimmt dadurch den Menschen ihre Räume. Dazu kommt das extraktivistische Wirtschaftsmodell. Honduras hat viele Konzessionen dem metallischen und nicht- metallischen Bergbau erteilt, der die Bevölkerung dazu zwingt, ihre ländlichen Gebiete zu verlassen. Außerdem wurden die Ölpalmplantagen erweitert, die sich auf den fruchtbarsten Böden befinden, gleichzeitig jedoch verringern sich die Anbauflächen von Grundnahrungsmitteln für die Bevölkerung. Es gibt keine integrale Strategie für eine Produktion der Grundnahrungsmittel, die auch einen Zugang zu Anbauflächen für Bauern und Bäuerinnen einschließt.

Inwiefern hat sich die Rolle des Militärs verändert und welche Folgen hat dies für Kinder und Jugendliche?
Honduras hat einen enormen Militarisierungsprozess durchlebt. Dieser beruht nicht nur auf der Sicherheitsstrategie, der Prozess reicht weit in das gesellschaftliche Leben. Es gab eine Militarisierung des öffentlichen Raumes. Per Dekret wurde die Militärpolizei gegründet, die in den Straßen patrouilliert, Anzeigen entgegennimmt und Haftbefehle gegen Zivilisten ausführt. Dazu kommt die Erhöhung des Verteidigungsbudgets, der Erlass des Tazón, einer Besteuerung der Bankgeschäfte, wobei 90 Prozent dieser Gelder in den Verteidigungshaushalt fließen. Im Jahr 1994, als es noch den verpflichtenden Militärdienst gab, gehörten ungefähr 9.000 Soldaten der Armee an. Heute, 25 Jahre nach Abschaffung des Militärdienstes, gibt es mehr als 15.000.
Die Militärpolizei bewacht öffentliche Instituti-onen, darunter auch circa 40 Prozent der Schulen. Besorgniserregend ist die Ausbildung von Tausenden Mädchen und Jungen aus armen Familien im Alter zwischen 7 bis 12 Jahren innerhalb des Programms Guardianes de la Patria („Bewacher des Vaterlandes“, Anm. der Red.). Die Kinder werden samstags von Soldaten in Themen wie Gehorsamkeit, Respekt und Werten aus Militärperspektive unterrichtet. Öffentlich bekannt wurde, dass den Kindern der Umgang mit Waffen gezeigt wird und sie Militärübungen ausführen.

Was zeichnet die Regierungen der letzten Jahre aus?
Das Regime hat an Legitimität verloren, es wird des Betruges bezichtigt und ist verfassungswidrig. Die honduranische Verfassung verbietet ausdrücklich die Wiederwahl eines Präsidenten. Im Jahr 2015 wurde ein Artikel durch die Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofs gestrichen, was dem aktuellen Präsidenten Juan Orlan- do Hernández zur Wiederwahl verhalf. Die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2017 wurden von nationalen und internationalen Akteuren kritisiert und als Wahlbetrug deklariert. Bis heute hat es die Regierung nicht geschafft, die Rechtmäßigkeit dieser Wahl nachzuweisen.
Bezeichnend sind auch die uferlose Korruption und die Verbindungen zwischen dem Regime und der organisierten Kriminalität. Unternehmer, Politiker und Polizei haben mit dem Drogenhandel Allianzen gebildet. Viele wurden bereits in die USA ausgeliefert. Dem wegen Drogenhandels in New York inhaftierte Bruder des aktuellen Präsidenten wird vorgeworfen, tonnenweise Kokain durch Honduras geschmuggelt zu haben. Es gibt Korruptionsvorwürfe gegen die Familien des vorherigen und des aktuellen Präsidenten, gegen Abgeordnete des Parlaments und Funktionäre des Staates. Letztere haben mehr als 300 Millionen US-Dollar aus dem honduranischen Sozialversicherungssystems veruntreut. Statt einer integralen Sozialpolitik, die Gesundheit, Bildung und Sicherheit einschließt, wendet das Regime eine Art Philanthropie gegen die Armut an. Dem Fehlen von Lebensmitteln begegnet es mit dem Verteilen von „bolsas solidarios“ (Lebensmittelpakete, Anm. d. Red.).
Charakteristisch ist die Brutalität des Regimes gegen die landesweiten Proteste. Durch die „Reform“ der Strafgesetzgebung wurde das Recht zu protestieren unter Strafe gestellt. Es ist nicht mehr erlaubt, vor dem Parlament oder Präsidentenpalast zu demonstrieren, generell wurden gegen friedlich Protestierende Gerichtsverfahren eingeleitet. Seit dem Wahlbetrug von 2017 gibt es wieder politische Gefangene, Menschen im Exil und viele Tote.

Wie verhält sich die Bevölkerung?
Frauenkollektive, Indigene, Afroindigene, Organisationen von Bauern und Bäuerinnen, Gemeinden, die durch den Bergbau betroffen sind, haben sich organisiert, um gegen die Ressourcenausbeutung vorzugehen. Zu Tausenden gehen sie gegen die offensichtliche Korruption, gegen die extraktivistischen Projekte, Privatisierungen im Bildungs- und Gesundheitssystem auf die Straße.
Die sozialen Bewegungen haben mehrere Versuche unternommen, die verschiedenen Akteure landesweit zu vereinen und die bestehenden Differenzen untereinander abzubauen. In der breiten Opposition hat sich jedoch bis heute keine legitime Führung hervorgetan, die einen gemeinsamen Kampf vereinen könnte. Die Akteure haben alle eine Forderung: den Rücktritt des Regimes, Neuwahlen, die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung und die Beendigung des extraktivistischen Wirtschaftsmodells.

 


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DON LEO NO QUIERE SER NARCO

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De vuelta en su mundo Don Leo (Foto: Lorena Schwab De La O)

 

“Nací en 1953 en la región del Chocó. De niño fui a la escuela sólo por unos meses, lo suficiente para aprender a leer y escribir. Cuando tenía nueve años, mi familia me envió a un cafetal. Los dueños de la finca, a quienes los niños llamábamos nuestros ‘abuelos’, nos acogieron como parte de su familia. Este afecto alivió nuestra pobreza.

En 1975 una helada en la región brasileña de Paraná, donde se producían las mayores cantidades de café del mundo, destruyó miles de plantas de café. Colombia, que antes era el segundo productor de café del mundo, se convirtió en el número uno. En Brasil este evento fue llamado “helada negra”, mientras que el gobierno colombiano la denominó “helada santa”. El valor de la libra de café en Colombia aumentó de 70 centavos a cuatro dólares estadounidenses en 1976 y 1977. Este precio exorbitante hizo a los propietarios de las fincas cada vez más ricos y, sin embargo, a los recolectores de café se nos seguía pagando el mismo miserable salario diario que antes del aumento del precio del café.

Temiendo a la guerrilla y a la violencia que se avecinaba, los ‘abuelos’ empezaron a vender sus fincas a bajo precio o a abandonarlas si ya nadie quería pagar por ellas. En ese momento aparecieron nuevos propietarios que compraron las fincas y pagaron a la guerrilla el precio de la extorción. Cuando compraban una finca, derribaban las modestas pero cómodas casas y construían nuevas casas grandes y hermosas. Luego compraban otra finca y hacían lo mismo. Cuando compraban ocho o diez parcelas de tierra, las llamaban hacienda.

Lo que pasó entonces nos hirió en el alma, hirió nuestros sentimientos y nuestro orgullo como campesinos. Comenzó una discriminación social a la que no estábamos acostumbrados desde nuestra infancia. Los dueños aseguraron las grandes casas con cercas eléctricas para que no pudiéramos acercarnos a ellas y trajeron cosas como piscinas y saunas que ni siquiera sabíamos pronunciar.

Injusticia de todos lados

Los hábitos de los ‘abuelos’ de acogernos como familia y darnos la misma comida que a sus hijos se perdieron en las nuevas haciendas. Las noches se volvían traumáticas, porque estábamos alojados en barracas donde dormían hasta 200 trabajadores en el suelo de manera inhumana. Para hacer nuestras necesidades teníamos que ir a los cafetales y nos bañarnos en los arroyos porque no había ni siquiera sanitarios para nosotros. Durante este tiempo veíamos que para los dueños de la hacienda los perros eran más importantes que nosotros, los recolectores de café. Por esta injusticia, maldecía mi vida como recolector de café y rezaba en las noches para que Dios me diera mi propia finca algún día, siempre y cuando tuviera  la suerte de no ser asesinado por la guerrilla, los paramilitares o los militares. De esta manera podría mostrar a los dueños de las haciendas en Colombia que no es necesario humillar a los trabajadores, herir sus sentimientos o mantenerlos como esclavos para administrar una finca.

Las injusticias nos convirtieron en nómadas. En 1980 me trasladé a la Sierra Nevada en Santa Marta, donde me dijeron que había mucho café y que como recolector ganaría muy bien. Pero cuando llegué, me di cuenta de que todo era un fraude, porque no había café, sino enormes campos de marihuana. No tenía dinero para volver, comprar comida o pagar una habitación para dormir, así que me vi obligado a pedir trabajo en los campos de marihuana y quedarme allí. Resultó que aunque el trabajo era duro, ganábamos tres o cuatro veces más que como recolectores de café.

En lugar de café, campos de marihuana hasta donde desaparece el horizonte

La vida campesina en el mundo de la marihuana no es agradable. Es injusta y dura, pero nadie es superior a otro. Todos, desde el dueño de la plantación hasta el más humilde trabajador, comen la misma comida y duermen en las mismas camas, así que no se siente la discriminación. Sin embargo, en Sierra Nevada, la violencia llegó con gran brutalidad, ya que había tráfico de drogas. De nuevo tuvimos que huir y en 1984 llegué a una enorme plantación en la frontera con Brasil para recoger hojas de coca. No conocía esta planta todavía, pero oí a los trabajadores hablar el primer día de un supuesto laboratorio. Me dio curiosidad y pedí permiso para ver el laboratorio. Allí vi a un anciano llamado Don Vicente sentado en un tronco de un árbol para procesar las hojas de coca. Pensé que parecía muy simple y me dije que un día yo también llegaría a ser químico. Así que todos los días después del trabajo me sentaba cerca del laboratorio, sólo para ver cómo el viejo procesaba las hojas de coca. A los cuatro días me di cuenta que Don Vicente ya no tenía la precisión de un químico, porque le temblaban las manos al mezclar los productos. A través de mi experiencia como campesino, noté inmediatamente que tenía malaria.

Mi entusiasmo creció cada día, esperando poder reemplazar a este hombre en su trabajo. Después de unos días me llamó para pedir ayuda y en ese momento me convertí en la persona que había detestado toda mi vida: en un oportunista. Ya no me interesaba la enfermedad del hombre, sólo quería que me enseñara todo lo que yo necesitaba saber. Tuvo que hacerlo, porque los narcos no permiten errores. Doce días después, ya era un experto y podía manipular toda la porquería que se necesitaba para producir ese veneno.

Después de dos meses de trabajo, nos mandaron a casa del dueño y nos dieron nuestro sueldo. Cuando tenía el dinero en la mano casi me caigo de la alegría. Era tanto dinero para mí que sentí que había ganado la lotería. Me sentía grande e importante y empecé a tratar a mis colegas desde arriba, como los narcos cuando ganan mucho dinero. Después de dos o tres horas – estaba acostado en mi hamaca y ya tenía la cabeza más fresca – me empezó a pesar la conciencia por todo lo que había hecho. Me di cuenta que debido a mi trabajo en las montañas, miles de familias estaban pasando por el peor infierno sin tener un futuro para sus hijos. También pensé en mi hijo, quien tenía sólo unos meses de edad y cuya vida algún día también podría ser envenenada por una persona despiadada, como yo lo hice con muchas familias.

Valentía para escapar del infierno

Después de unos minutos, Dios me dio la valentía de decidirme a escapar de ese infierno sin temer las consecuencias. Existía el peligro de ser tragado vivo por la selva o de ser encontrado y asesinado por los narcos, porque para ellos escapar es el mayor fraude. Así que a las once o doce de la noche, no puedo recordar la hora exacta, tomé la decisión de huir. Fue una caminata de cuatro días a través de la selva tropical hasta que llegué al primer pueblo. Allí pude comer, beber, dormir y comprar medicinas. Incluso mi cabeza estaba hinchada por las picaduras de los insectos y me había infectado con malaria.

Llegué a donde estaba mi familia y con el dinero que gané compramos todo lo que nunca habíamos tenido: un televisor, muebles para la sala de estar  y otras cosas. Con el resto del dinero compramos una pequeña tienda que creció constantemente a lo largo de los años. En el 2009 ya tenía dos coches, varias tiendas y terrenos. Pero no era feliz, porque este no era mi mundo. Mi mundo siempre han sido las montañas, los campos y los campesinos. Los veía pasar todos los días, cargados de la humillación de la que yo me había librado con gran esfuerzo.

Asique un día le dije a mi esposa y a mi hijo que era hora de vender todo y volver a las montañas. Quería comprar una finca para realizar mi sueño tan ansiado. Estuvieron de acuerdo y vendimos todo excepto un pequeño coche para que mi hijo pudiera ir a la universidad a estudiar. Luego compré una finca completamente abandonada, de la época de la violencia, con una casa venida abajo. Hice lo mismo que los dueños de la hacienda en ese entonces: derribé la casa y en su lugar construí una casa  grande y hermosa con muchas habitaciones y baños. Quería que el trabajador más humilde de la finca comiera la misma comida que mi hijo, durmiera en las mismas camas y tuviera un salario decente. Y lo más importante, que este trabajador fuera valorado como un ser humano y no tratado como una máquina de producción, como yo lo había vivido en mi juventud.”

 


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