Die LN stellen das neue Kabinett in Brasília vor.
Die Chicago Boys, Anhänger der ultraliberalsten Schule der Wirtschaftspolitik, sind zurück! Superminister Paulo Guedes ist vehementer Anhänger Pinochets und sammelte fünf PhDs aus Chicago. Er propagiert klar Privatisierung, die Kürzung von Sozialausgaben und die Öffnung der Märkte. Paulo Guedes ist Liebling der Wirtschaft und der deutschen Unternehmen in Brasilien!
Die Lobbyist*innen, insbesondere des Agrobusiness, übernehmen gleich das Agrarministerium mit der „Muse der Pestizide“, Tereza Cristina. Chef des Bodenreforminstituts wird der Präsident des Grundbesitzerverbands UDR. Der Umweltminister Ricardo Salles, selbst in Prozesse verwickelt, geht sofort gegen Umwelt-NGOs vor und will Dienstleitungsverträge mit ihnen suspendieren. Er verspricht, schnell und flexibel zu agieren, und weniger Strafen für Umweltvergehen!
Die Militärs haben nun die für Infrastruktur, Wissenschaft und Technologie und Verteidigung wichtigen Ministerposten inne. Die Militärs beäugen die Privatisierungspläne von Guedes misstrauisch und widersprachen bereits dem Präsidenten sofort, als dieser mit der Idee kam, den USA Militärbasen in Brasilien anzubieten.
Der Sheriff, Richter Sérgio Moro, ist nun Justizminister und schon lange Liebling der hasserfüllten Mittelklasse und seit gut einem Jahr sprichwörtlicher Kerkermeister des Ex-Präsidenten Lula. Moro muss schon jetzt damit leben, dass der erste Korruptionsskandal um den Erstgeborenen von Bolsonaro (Flávio, oft kurz „01“ genannt) bereits jetzt bekannt wurde. Moro hat keine Erfahrung mit den umfangreichen Tätigkeitsfeldern eines Ministeriums, will sich aber an nordamerikanischen Erfahrungen inspirieren.
Die Lunáticos – Portugiesisch für die Bekloppten – sind nun das beste ideologische Spiegelbild der Denkstrukturen von Bolsonaro. Die evangelikale Pastorin Damares Alves (Ministerin für Frauen, Familie und Menschenrechte) proklamiert: „Endlich ist die Kirche an der Macht“. Und weiter: „Ab sofort tragen die Mädchen rosa und die Jungs blau”. Ein Stipendium für vergewaltigte Frauen, die schwanger wurden, damit sie nicht abtreiben, gehört auch zu ihren Highlights. Und sie weiß, wie es so in den Niederlanden (?) läuft: „Die Eltern masturbieren dort ihre Babys“. Der Bildungsminister Ricardo Velez Rodriguez will endlich die Schul-Curricula vom Marxismus restlos säubern und natürlich: die Genderideoligie bekämpfen. Der Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta will die Aidsaufklärung aus den Schulen verbannen („Das Thema soll in den Familien besprochen werden“). Und nun die einsame Spitze: Außenminister Ernesto Araújo, dessen Feldzug gegen den kulturellen Marxismus (?) und seine besonders christliche Gottesfurcht bereits in der internationalen Presse ein dubioses Echo gefunden haben. Sein Vorbild: Präsident Trump sowie die Helden in Israel. Besonders wichtig: die europäische Erbschaft Brasiliens. Sein Feindbild: China (hier: Widerspruch der Lobbyisten!) sowie natürlich die Kommunisten allgemein, die Globalisten und überhaupt ist Klimawandel natürlich Humbug, gar eine Verschwörung. Brasilien müsse die Welt größer denken, nicht so kleingeistig „wie es der Philosoph Ludwig Wittgenstein“ vorgebe, die vorgefundene Welt zu akzeptieren, paraphrasiert er wild aus dem – vielleicht nie gelesenen, aber bestimmt nicht verstandenen – Tractatus Logico-Philosophicus, um kurz zu schlussfolgern: „I don’t like Wittgenstein.“ Eine finstere Gestalt, die Bolsonaro aus der unteren Hierarchie des Außenministeriums hervorgeholt hat.
Und zum Schluss nun der Mann mit dem Tatoo, Onyx Lorenzoni, der Schildträger Bolsonaros und nun sein wichtigster politischer Sprecher mit Sitz im Präsidialamt. Als herauskam, dass er für seine politische Kampagne Schwarzgeld annahm, bat er Bolsonaro um Entschuldigung (wurde angenommen) und ließ sich ein Bibel-Tatoo auf seinen Arm als Erinnerung an seine Sünden anbringen. Nur: Ein paar Wochen später wurden weitere illegale Zahlungen an ihn entdeckt – und jetzt munter das Ganzkörpertatoo anstreben?