„Kein Megaprojekt, sondern ein Gigaprojekt“

Worum geht es beim Interozeanischen Korridor?

Der Interozeanische Korridor soll Atlantik und Pazifik durch eine Güterzugstrecke verbinden. Damit wäre ein neuer, schneller Warentransportweg geschafften, der dem Wasserweg des Panamakanals klar überlegen wäre. Ein Schiff braucht dort mindestens eine Woche für die Überquerung. Mit dem Korridor hingegen läge die Transportzeit inklusive Be- und Entladen nach technischen Berechnungen bei nur 14 Stunden.

Eigentlich handelt es sich aber bei dem Projekt um ein Paket von zwölf Megaprojekten, zu denen der Bau von Windparks, der Ausbau zweier petrochemischer Anlagen, eine neue Raffinerie in Dos Bocas (Tabasco) und zehn Industrieparks gehören. In letzteren sollen sich Autofabriken, Mineralaufbereitungsanlagen und maquiladoras (Billiglohnfabriken) aller Art ansiedeln. Hinzu kommen noch die Öko- bzw. Elitetourismusprojekte der multinationalen Konzerne.

Wer profitiert davon?

All diese Projekte gehen an multinationale Unternehmen, die vor allem in den USA ansässig sind. Die mexikanische Regierung bietet ausländischen Investoren Steuerbefreiungen und stellt ihnen auch die nötige Infrastruktur zur Verfügung. Der Interozeanische Korridor ist kein Mega-, sondern ein Gigaprojekt.

Sie bezeichnen den Interozeanischen Korridor als „recyceltes Projekt“, warum?

Konkret wurde das Projekt, das heute den Namen Interozeanischer Korridor trägt, 1996 vom PRI-Präsidenten Ernesto Zedillo vorgestellt. Er nannte es „Programm zur Integralen Entwicklung des Isthmus von Tehuantepec“, was mit dem aktuellen Projekt identisch ist. Mexikos heutiger Präsident Andrés Manuel López Obrador erweiterte das Projekt von 10 auf nun 13 Megastrukturprojekte. Hinzugekommen sind die Windparks sowie Bergbau- und Wasserkraftprojekte.

Hier in Deutschland wird zwar das Megaprojekt Tren Maya (siehe LN 567) langsam bekannter. Wieso ist der Inter­ozeanischen Korridor fast unbekannt?

Der achte Abschnitt des Tren Maya führt von Palenque zum Hafen in Coatzacoalcos an der Atlantikküste. Damit ist er direkt mit dem Inter­ozeanischen Korridor verbunden. Manchmal denke ich, dass der Tren Maya ein Ablenkungsmanöver der Regierung ist. Ich meine damit nicht, dass er keine katastrophale Auswirkungen hat. Schließlich haben die Schäden an den archäologischen Städten, die Abholzung des Regenwaldes und die Zerstörung der unterirdischen Flüsse und Cenoten durch das Zugprojekt auch international Aufmerksamkeit erregt. Aber diese Aufmerksamkeit verdeckt die folgenschweren Interessen hinter dem Interozeanischen Korridor.

Welche Folgen meinen Sie?

Wenn das Gigaprojekt im geplanten Ausmaß fertiggestellt wird, verändert das nicht nur den Isthmus, sondern auch den gesamten Südosten des Landes auf brutale Weise. Der Isthmus von Tehuantepec ist das biologisch vielfältigste Gebiet Mexikos, er vereint alle Klimazonen des Landes bis auf Wüsten und Eiswüsten. Die Region ist der größte Produzent von Wasser und Sauerstoff, indem sie Kohlendioxid auffängt, umwandelt und somit das klimatische Gleichgewicht aufrechterhält. Der Interozeanische Korridor beeinträchtigt nicht nur alle Ökosysteme direkt negativ, sondern wird auf den Südosten Mexikos und den gesamten Planeten nachteilige Auswirkungen haben. Die Verwüstung wird zunehmen und eine brutale Umwandlung der gegenwärtigen Ökosysteme stattfinden.

Welche Probleme sehen Sie neben den schwerwiegenden Folgen für die Umwelt?

Mexiko ist zum einen das Land mit der fünftgrößten biologischen Vielfalt der Welt. Zum anderen steht es im Ländervergleich an sechster Stelle bei der kulturellen Vielfalt, also der Anzahl indigener Völker mit eigener Kultur und Sprache. Innerhalb Mexikos nimmt Oaxaca bei der biologischen und kulturellen Vielfalt den ersten Platz ein. Erstens ist also die Natur direkt betroffen. Zweitens zerstört das Projekt damit auch die Lebensgrundlage der indigenen Gemeinschaften und der Schwarzen Bevölkerung. Es wird also nicht nur einen Ökozid, sondern gleichzeitig einen Ethnozid an 13 indigenen Bevölkerungsgruppen geben, die in der Region leben. Drittens ist die nationale Souveränität bedroht, denn dieser Korridor sichert vor allem die Wirtschaftsinteressen multinationaler Konzerne und die geopolitischen Interessen der Vereinigten Staaten ab.

Warum führt der Ökozid zum Ethnozid?

Ein konkretes Beispiel: An der Pazifikküste im Süden des Isthmus leben die Huave, die Bevölkerungsgruppe ist auch unter dem Namen Mareños bekannt. Sie besteht aus fünf Gemeinden, die vom Fischfang leben. Sie fischen aber nicht auf hoher See, sondern in den zwei Lagunen der Binnenmeere. Diese beiden Lagunen werden sowohl durch das Salzwasser aus dem Meer als auch durch die Flüsse aus dem Chimalapas-Regenwald gespeist. Diese Mischung aus Salz- und Süßwasser verleiht den Lagunen die Eigenschaften eines Mangroven-Ökosystems mit einer immensen Vielfalt an Meeresbewohnern. Die Huave fischen dort mit einem wirklich beeindruckenden traditionellen System und verkaufen Fisch, Garnelen und andere Meeresfrüchte in der Region. Wenn das Megaprojekt zur Modernisierung vom Hafen von Salina Cruz umgesetzt wird, werden Millionen Tonnen von Sand aus der Bucht ausgebaggert, damit große Schiffe in Salina Cruz einlaufen können. Das gesamte marine Ökosystem einschließlich der beiden Lagunen würde sich verändern und das Verschwinden der Huave-Kultur zur Folge haben. Dies ist ein klassisches Beispiel für kombinierten Öko- und Ethnozid.

In der Regenwaldregion Chimalapas leben 13 indigene Gemeinschaften. Hat das Projekt Auswirkungen auf sie alle?

Eigentlich leben mit der Schwarzen Bevölkerung in der Region sogar 14 indigene Bevölkerungsgruppen. Diese Menschen wurden als Sklaven für die Zuckerrohrplantagen nach Coatzalcualcos und Salina Cruz gebracht und sind im mexikanischen Recht bereits als eigene Bevölkerungsgruppe anerkannt. Sie werden jedoch immer noch sehr stark diskriminiert. Auch sie wären betroffen, da sie ähnlich wie die indigenen Gemeinden leben, die seit tausenden von Jahren eine starke Verbindung zur Natur haben, sie betrachten die Natur als Mutter. Und wenn Mutter Erde zerstört wird, werden die Menschen ebenfalls zerstört, sie werden vertrieben und verlieren ihre Lebensgrundlage. Außerdem entstehen mit der urban-industriellen Entwicklung zahlreiche soziale Probleme: Alkoholismus, Drogensucht, häusliche Gewalt, Gewalt gegen Frauen und Feminizide. Das sind Erfahrungen, die man schon an vielen anderen Orten der Welt mit dieser Form der „Entwicklung“ gemacht hat.

Was können Sie uns über die Militarisierung durch die Projekte sagen?

Der Präsident hat die Verantwortung für Teilstrecken des Tren Maya an die Armee übergeben. Den Interozeanischen Korridor hat er der Marine mit der Begründung überlassen, dass er die Verbindung zwischen zwei Ozeanen herstellt.

Forschende am Observatorium für Geopolitik der UNAM (Nationale Autonome Universität von Mexiko) haben in einer Studie darauf hingewiesen, dass der Isthmus von Tehuantepec das am stärksten militarisierte Gebiet des Landes ist. Dort ist mehr Marine, Armee und Nationalgarde präsent als in den Hauptgebieten der Drogenkartelle und sogar mehr als an der Grenze zu Guatemala und Belize.
Seit 2018, als der Interozeanischen Korridor wiederbelebt wurde, sprechen wir in der Region von einer „grünen Mauer”. Diese Mauer ist nicht grün, weil sie ökologisch ist, sondern weil das Militär mit ihren grünen Uniformen vor Ort ist, um Migrant*innen aufzuhalten. Das Militär werde diese mit allen Mitteln stoppen, hat López Obrador seinem US-Amtskollegen Biden versprochen. Abgesehen von der Abschreckung durch das Militär bietet das Giga-Strukturprojekt den Migrant*innen 30.000 Arbeitsplätze an, um sie in der Region zu binden. Das Versprechen, Arbeitsplätze in einer armen Region an Migrant*innen zu vergeben, wird außerdem die Fremdenfeindlichkeit in der Bevölkerung schüren.

Wie sehen Sie die Region in 10 bis 15 Jahren?

Ich sehe die Region und besonders den Isthmus von Oaxaca im Kampf und im Widerstand. Denn der Isthmus hat seit Jahrhunderten, in spanischer und sogar in vorspanischer Zeit organisierten Widerstand gegen Eroberung und Kolonisierung geleistet. Auch 1996 gab es gegen das Projekt von Zedillo einen sehr gut artikulierten, kongruenten Widerstand. Ich glaube also, dass sich die Region auch in Zukunft im Kampf um eine Neuordnung befinden wird.

Eine traditionelle Form des Kampfes in der Region sind Straßenblockaden. Stellen Sie sich vor, dass die indigenen zapotekischen Genoss*innen aus Donaji oder Juchitán die interozeanischen Züge blockieren könnten. Dabei würde der Weltkapitalismus jede Minute Geld verlieren und wird versuchen, den Protest dem Erdboden gleichmachen. Deshalb müssen wir sehr wachsam und solidarisch mit der gesamten Bewegung sein.

Protestkarawane „El Sur Resiste“ – „Der Süden leistet Widerstand!“

Vom 25. April bis 5. Mai 2023 laden der landesweite indigene Kongress CNI und der indigene Regierungsrat CIG zu einer Rundreise in die vom Tren Maya und dem Interozeanischen Korridor betroffenen Gebiete im Südsüdosten Mexikos ein. Die internationale Karawane „Der Süden leistet Widerstand!“ soll die indigenen, kleinbäuerlichen, feministischen, gewerkschaftlichen und zivil­gesellschaftlichen Organisationen, die sich im Widerstand gegen verschiedene Formen von Raub und Enteignung durch Staat und globales Kapital befinden, besuchen und vernetzen. Zum Abschluss der Rundreise wird es am 6. und 7. Mai im zapatistischen Caracol Jacinto Canek in San Cristóbal ein internationales Treffen geben, um sich über Schmerzen und Hoffnungen sowie entwickelte Strategien auszutauschen. Das Ziel ist es, von Kämpfen in anderen Regionen zu lernen und starke weltweite solidarische Netzwerke des Widerstands und der Rebellionen zu knüpfen. Mehr Infos zur Karawane gibt es auf den Twitter-Kanälen von TrenMayaStoppen und AgRecherche sowie auf deinebahn.com und netz-der-rebellion.org/aktuelles/. // Recherche-AG

ECHTE TRANSFORMATION ODER PERSPEKTIVLOSE LINKE?

“Ich will keinen Tren Maya!” Neue Großprojekte lassen Bewegungen an echter Transformation zweifeln (Foto: Francisco Colín Varela via Flickr , CC BY 2.0 )

Die hemdsärmelige Art des Präsidenten, seine Provokationen auf den allmorgendlichen Pressekonferenzen, die umstrittenen Großprojekte oder die Militarisierung der inneren Sicherheit: Viele ärgert der undiplomatische Regierungsstil von Andrés Manuel López Obrador, andere warnen vor den Gefahren eines sich immer autoritärer gebärdenden Populismus. Und dennoch bleibt der AMLO genannte Politiker ungemein populär. 2018 hatte die Hälfte aller Wähler*innen dem Hoffnungsträger der gemäßigten Linken ihre Stimme gegeben. Heute bewerten sechs von zehn Mexikaner*innen seine Regierungsarbeit positiv. Im verarmten Süden des Landes, in den Bundesstaaten Chiapas, Tabasco und Oaxaca beispielsweise, erreicht der Präsident gar Zustimmungswerte von 80 Prozent.

Ein handfester Grund für die ungebrochene Zuneigung der Mexikaner*innen zu ihrem Präsidenten ist die Bekämpfung der Korruption. Zumal diese mit Maßnahmen zur Umverteilung verbunden ist – zur Abwechslung einmal von oben nach unten. In einem Land, in dem die staatlichen Leistungen für die meisten Menschen gelinde gesagt schon immer defizitär waren und Korruption die Programme zur Armutsbekämpfung noch zusätzlich schröpfte, kommt eine der zentralen Botschaften von AMLO gut an: „Es kann keine reiche Regierung in einem Land von Armen geben.“

Die Umsetzung dieser Botschaft ist für Mexikos Geschichte beispiellos. Spitzengehälter der Staatsbeamt*innen wurden massiv gekürzt, die Zeiten der staatlich gedeckten Spesenrechnungen für die Behörden sind vorbei. Beispielhaft für diese Politik ist der ehemalige Präsidentenwohnsitz Los Pinos in Mexiko-Stadt. Während AMLOs Vorgänger Enrique Peña Nieto dort noch wohnte, ist der Komplex mitten im Wald heute ein öffentlich zugängliches Museum. Täglich machen sich dort hunderte Besucher*innen ein Bild vom Luxus vergangener Zeiten. Viele Prunkstücke der Korruption sind allerdings kurz vor dem Machtwechsel Ende 2018 aus Los Pinos verschwunden, die Räume wirken leer, die ganze Villa wie geplündert. Im kollektiven Bewusstsein sind die Exzesse der früheren „pharaonischen Regime“, wie AMLO sie nennt, sehr präsent. Nicht nur die Partei der Institutionellen Revolution (PRI), die alte Einheitspartei, auch die rechte Partei der Nationalen Aktion (PAN) verprasste ohne mit der Wimper zu zucken Steuergelder. So schaffte Präsident Vicente Fox, der von 2000 bis 2006 regierte, für ebendiese Residenz zahlreiche Luxusgüter an. Der Skandal ging als Handtuch-Gate in die Geschichte ein, weil allein jedes Handtuch 402 US-Dollar kostete.

Eine zweite Komponente von AMLOs Politik ist eine gerechtere Besteuerung. Großunternehmen fanden dank ihrer Kontakte zur Politik früher immer Schlupflöcher zur legalen Steuerhinterziehung, das Steueramt verfügte gar in regelmäßigen Abständen Schuldenerlasse in mehrstelliger Millionenhöhe. Diese Ungerechtigkeit ging AMLO nicht juristisch an; vielmehr stellte er die Beschuldigten so an den Pranger, dass sie ihre Schulden „freiwillig“ beglichen. Die auf den präsidialen Pressekonferenzen veröffentlichte Liste zahlungsscheuer Unternehmen wirkte Wunder: Allein in den ersten beiden Regierungsjahren zahlten Firmen wie IBM, Walmart und Coca-Cola insgesamt 35.849 Millionen Pesos (1,8 Milliarden Euro) aufgelaufene Steuerschulden an den Fiskus.

Nach Jahren der ökonomischen Krisen unter neoliberaler Politik richten sich neue Programme an die verarmte Bevölkerung, und zwar ohne die von der Weltbank propagierten Leistungskriterien. Jugendliche und alte Menschen stehen im Fokus der staatlichen Stützen. Junge Erwachsene bekommen jetzt ein Stipendium für ihre berufliche Ausbildung, die allgemeine Rente ab dem 65. Lebensjahr wurde auf 1.925 Pesos pro Monat (rund 100 Euro) verdoppelt und soll weiterhin jährlich um 20 Prozent erhöht werden.

Auch der staatlich festgeschriebene Tagesmindestlohn verdoppelte sich in den letzten vier Jahren von umgerechnet 4,50 Euro auf knapp 9 Euro. Entgegen dem zentralen neoliberalen Argument deuten sich keine größeren Auswirkungen auf die Inflation an. Lange wurde so gerechtfertigt, den Tageslohn auf dem denkbar tiefen Minimum von rund 3 Euro zu halten. Diesen Hungerlohn gab einst Basilio González Núñez, Präsident der Nationalen Kommission zur Bestimmung des Mindestlohnes (CONASAMI), bekannt. Er selbst war von 1991 bis 2019 ununterbrochen im Amt und verdiente zuletzt monatlich 173.000 Pesos, was dem 68-Fachen des monatlichen Mindestlohns entsprach, den er den Hilfsarbeiter*innen auf dem Bau und in der Landwirtschaft zumutete. Auch wenn AMLO solche Fälle als „vergoldete Bürokratie“ anprangert, bleibt Mexiko ein Beispiel von krasser Ungleichheit. Gemäß der im September 2022 vorgestellten Zwischenbilanz der Regierung reduzierte sich die Einkommensungleichheit zwischen dem reichsten und dem ärmsten Zehntel innerhalb von drei Jahren von 18 zu 1 auf 16 zu 1.

Korruption und Straflosigkeit sind außerdem keineswegs Vergangenheit, wie prestigeträchtige Großprojekte beispielhaft zeigen. Beim Bau der neuen Erdölraffinerie Dos Bocas im Ort El Paraíso in Tabasco waren die Arbeiter*innen den mafiösen wirtschaftsnahen Gewerkschaften ausgeliefert, die solche einträglichen Geschäfte auch früher kontrollierten. Jeden Montagmorgen kassierte hier die der Partei PRI angehörende Gewerkschaft am Werktor in bar und ohne Quittung einen Betrag von den Arbeiter*innen. Wer nicht zahlen wollte, kam nicht rein, klagten die 1.500 Angestellten bei einem wilden Streik im Oktober 2021. Der Streik wurde gewaltsam unterdrückt. Und obwohl die Missstände so ans Licht kamen, änderte sich nichts – zu groß war die Eile, das Prunkstück der Renationalisierung der mexikanischen Energiepolitik fertigzustellen.

Neue Großprojekte im alten Stil

Die Großprojekte bleiben ein Brennpunkt in der sozialen Auseinandersetzung. Hier zeigt sich, dass sich an der grundlegenden kapitalistischen Ausrichtung und der Aneignung von oft indigenen Territorien nichts geändert hat. Dennoch, eine Reihe solcher Projekte früherer Regierungen wurde dank jahrelanger sozialer Proteste von AMLOs Regierung abgesagt, allen voran der Flughafen bei Atenco und Texcoco außerhalb von Mexiko-Stadt, aber auch Staudammprojekte oder eine US-amerikanische Bierfabrik in der wasserarmen Großstadt Mexicali. Neue Bergbaukonzessionen vergibt die Regierung nicht, auch wenn aktuelle Projekte trotz Widerspruch bis in die Umweltbehörden hinein nicht angerührt werden.

Im lukrativen Energiemarkt, der nach langem Widerstand erst von Peña Nieto 2013 privatisiert wurde, mussten europäische und nordamerikanische Unternehmen zuletzt bittere Pillen schlucken. Die Rückgängigmachung dieser neoliberalen Reformen geht trotzdem nur in kleinen Schritten voran. Gleichzeitig arbeiten die betroffenen transnationalen Unternehmen momentan eifrig daran, Mexiko wegen Verletzung der internationalen Freihandelsabkommen zu verklagen, was teuer werden kann. Einzelne Projekte werden dennoch abgesagt, so ein Windenergiepark der französischen Electricité de France in Oaxaca. Auch übervorteilende Verträge, die von der gut geschmierten Drehtürpolitik in der neoliberalen Vergangenheit zeugen, erneuern die Behörden nicht. Betroffen davon sind eine Reihe von Großunternehmen, darunter die spanische Iberdrola oder der holländisch-schweizerische Energiehändler Vitol.

Wie mit dem Bau der Raffinerie Dos Bocas angedeutet, sind die neuen Vorzeigeprojekte von AMLO kaum besser als die der Vorgängerregierungen. Der umgebaute Militärflughafen Felipe Ángeles nahe Mexiko-Stadt ist im März 2022 für die zivile Luftfahrt eingeweiht worden. Doch auch ein halbes Jahr später herrscht dort gähnende Leere, weil Fluggesellschaften und Passagiere ihn nicht nutzen wollen. Auch das Tourismusprojekt Tren Maya auf der Halbinsel Yucatán und der Interozeanische Korridor, ein Bauvorhaben zur Verbindung der Containerhäfen im Isthmus zwischen Oaxaca und Veracruz, wird von ökologischen Basisorganisationen und indigenen Protestgruppen heftig kritisiert. Doch der Bau der neuen Infrastruktur kommt fast überall ohne nennenswerten territorialen Widerstand voran. Ein Zeichen dafür, dass der Protest lokal oft weniger breit abgestützt ist, als es von außen den Anschein hat.

Die mexikanischen Menschenrechtsorganisationen kritisieren an der Regierung AMLO das Fehlen einer klaren Strategie, um die Menschenrechtskrise mit ihren historischen Missständen endlich anzugehen. Die Ausnahme ist der Fall Ayotzinapa, wo dank des unermüdlichen Drucks der Angehörigen der 43 verschwundenen Studenten im August und September 2022 endlich erstmals hohe politische und sogar militärische Entscheidungsträger in Haft genommen wurden. Das Staatsverbrechen von Ayotzinapa ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs und die Aufarbeitung kommt nach vier Jahren Regierungsverantwortung reichlich spät. Dennoch ist das juristische Vorgehen gegen Generäle und den ehemaligen Generalstaatsanwalt ein unerhörtes Ereignis in der langen Geschichte der politischen Repression des Landes. Immerhin musste sich in Mexiko im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Staaten bisher noch nie ein hoher Militär für Exekutionen oder gewaltsames Verschwindenlassen verantworten.

Wann und ob die Militärs überhaupt verurteilt werden, steht noch in den Sternen. Ein renommiertes Anwaltsbüro übernahm deren Verteidigung pro bono und der Generalstaatsanwalt zog 21 Haftbefehle, darunter gegen 16 Militärs, wenige Tage nach deren Ausstellung wieder zurück. Ein unglaublicher Sabotageakt der Chefetage an der Spezialeinheit der Staatsanwaltschaft zum Fall Ayotzinapa, den der zuständige Staatsanwalt Omar Gómez Trejo mit seinem Rücktritt quittierte. Präsident AMLO gab darauf öffentlich zu, es gäbe „starken Druck“ im Fall Ayotzinapa, ohne genauer darauf einzugehen. Die Angehörigen der 43 kritisierten am achten Jahrestag der Verbrechen die mangelhafte Aufklärung: „Ja, wir erreichten kleine Fortschritte mit dieser Regierung, aber als die Armee angefasst wurde, brach alles zusammen“, betonte Emiliano Navarrete, Vater des verschwundenen José Ángel Navarrete González, auf der Demonstration zum Jahrestag. Die Trauer steht im dabei ins Gesicht geschrieben.

Eine zentrale Schwäche der Transformation des Landes, die gemäß AMLOs Anhänger*innen momentan stattfinden soll, ist der Mangel an klarer politischer Ausrichtung der 2013 gegründeten Bewegung der Nationalen Erneuerung (Morena). Dank der Beliebtheit des Präsidenten gewinnt die neue Partei eine Wahl nach der anderen und nicht immer stehen dabei auch nur annähernd linke Visionen im Vordergrund. Im Gegenteil: An vielen Orten fanden Politiker*innen aus anderen Parteien bei Morena Unterschlupf. Das geht bis hin zum chiapanekischen Großgrundbesitzer Jorge Constantino Kanter, der die im Zuge des zapatistischen Aufstands von der indigenen Bewegung enteignete Oligarchie vertrat und für drastische rassistische Äußerungen bekannt ist. 2022 kandidierte er für Morena um das Stadtpräsidium von Comitán – zum Glück ohne Erfolg. Lokale Morena-Verwaltungsstrukturen waren gar in das gewaltsame Verschwindenlassen und die Ermordung von linken, aber der lokalen Morena-Regierung kritisch gegenüberstehenden Aktivist*innen involviert. Neu ist allerdings, dass deswegen Lokalpolitiker*innen in Untersuchungshaft sitzen, darunter der Gemeindepräsident von Amatán in Chiapas und die Gemeindepräsidentin von Nochixtlán im Bundesstaat Oaxaca.

“Als die Armee angefasst wurde, brach alles zusammen”

Der Gewaltspirale im Land wurde zwar 2019 die Spitze gebrochen, doch die Mordrate stagniert nun auf hohem Niveau: Die jährlich 28 Morde pro 100.000 Einwohner*innen entsprechen 98 Morden täglich. Viele Ecken und Enden des ländlichen Mexiko sind und bleiben Territorien ohne rechtsstaatliche Prinzipien, wo die caciques genannten Landfürste die Herren über Leben und Tod sind, heute meist im Verbund mit Mafiagruppierungen. Wenn die Verhältnisse absolut untragbar werden, dann wehrt sich die betroffene Bevölkerung bewaffnet. Wie 2021 in der Gemeinde Pantelhó im Hochland von Chiapas, wo die lokale Politikerfamilie und ihre pistoleros vertrieben wurden.

Einer der überraschendsten und gefährlichsten Aspekte der Regierung AMLO ist die breite Allianz mit dem Militär, dem auch die neuen Großprojekte übertragen werden. Anlässlich der Verlängerung der Militärpräsenz auf den mexikanischen Straßen sprach López Obrador im September 2022 von der „quasi-militärischen Macht der organisierten Kriminalität“, derer er sich erst bewusstwurde, als er das Amt antrat. Er habe deshalb seine Meinung in Sachen Militarisierung der inneren Sicherheit geändert. Ob das stimmt, mag bezweifelt werden, hat doch Wikileaks ein Gespräch in der US-Botschaft in Mexiko-Stadt vom Januar 2006 veröffentlicht, in dem der damals erstmals für das Präsidentenamt kandidierende AMLO zu Protokoll gab, dass er zwecks Bekämpfung der organisierten Kriminalität das Militär aus den Kasernen holen wolle, weil es die „am wenigsten korrupte Institution“ sei. Und gegen besseres Wissen wird die systematische Beteiligung des Militärs an Verbrechen wie Ayotzinapa individualisiert, die Institution als Ganzes nicht kritisiert.

Linke soziale Organisationen warnen ihrerseits, dass das Militär und die Nationalgarde auch andere Ziele verfolgen. So erklärt die Organisationsfront von Oaxaca (FORO), eine neue Allianz von zehn sozialen Organisationen, in ihrem Gründungsschreiben im September 2022, dass „die Militarisierung insbesondere dort strategisch präsent ist, wo es historisch am meisten Widerstand gegen Großprojekte der Regierung gab“. Auch wenn die dunkelsten Seiten der Streitkräfte momentan zurückgebunden sind, ihr Machtzuwachs ist unheimlich und wird über die Regierungszeit von AMLO hinaus wirken.

Dieser Artikel erschien in unserem Dossier „Sein oder Schein? – Die neue progressive Welle in Lateinamerika“. Das Dossier lag der Oktober/November-Ausgabe 2022 bei und kann hier kostenlos heruntergeladen werden.

„SIE WOLLEN UNS AUSLÖSCHEN”

Territorium und Maya-Identität sind Themen der Workshops des Kollektivs Múuch’ Xíinbal (Foto: Haizel de la Cruz)

Der Präsident von Mexiko, Andrés Manuel López Obrador (AMLO), hat in seiner Rede am 13. August 2021 gesagt, dass es keine Rechtfertigung dafür gebe, anderen Nationen oder Kulturen mit Gewalt ein politisches, wirtschaftliches, soziales oder religiöses Modell aufzuzwingen. Verhält sich seine Regierung entsprechend?
Die Regierung verfolgt ein für uns attraktives Narrativ, das aber ihren Handlungen widerspricht. Sie benutzt die indigenen Völker, indem sie den Eindruck erweckt, dass sie sich um eine historische Schuld ihnen gegenüber kümmert, um daraus Legitimität zu ziehen. Aber das trifft nicht zu, denn zumindest wir indigenen Völker in Yucatán und vom Isthmus von Tehuantepec müssen heute nicht nur wie früher gegen Unternehmen kämpfen, die uns von unserem Land vertreiben wollen. Heute müssen wir gegen die Regierung selbst kämpfen, da sie mit dem unzutreffend benannten „Tren Maya“ eines der zerstörerischsten, bedrohlichsten Projekte anführt, das uns als indigene Völker auslöschen und die Halbinsel Yucatán in einen Industriekorridor verwandeln soll, in dem wir nur noch prekarisierte Arbeiter wären, die für die großen Unternehmen produzieren. Der Präsident lügt, er manipuliert und ist ein Heuchler. Und er sagt auf Widerspruch hin immer, dass er andere Daten hätte. Wir wissen nie, welche Daten das sind, aber seine Daten sind immer die guten und die richtigen. Das ist für mich eine Schande. Während AMLOs Amtszeit sind schon mehr als 60 Indigene und Menschen, die für ihr Land gekämpft haben, ermordet worden. In keinem der Fälle wurde ermittelt oder die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen.

Welches sind die Großprojekte, die die Regierung auf der Halbinsel Yucatán verfolgt?
Vor einigen Jahren hat der Konzern Monsanto viel Urwald zerstört, um genveränderten Soja in Monokulturen anzupflanzen. Später wurden Schweinezuchtbetriebe angesiedelt, die ebenfalls große Flächen in Anspruch nehmen, aber vor allem durch ihren Gestank noch viel größere Gebiete beeinträchtigen. In ihrer Umgebung kann man dadurch nicht mehr gut leben. Dann kamen Wind- und Solarparks hinzu, in denen erneuerbare Energie erzeugt wird. In alarmierender Weise tauchten außerdem Immobilienunternehmen auf, die begannen, für den Tourismus interessante Gebiete im kollektiven Besitz indigener Gemeinschaften an sich zu reißen, auf denen sich etwa Cenoten, archäologische Spuren, Seen oder Urwald befinden. Wir haben gegen jedes dieser Projekte gekämpft.

Der „Tren Maya“ ist nun das Projekt, das all diese Projekte zusammenfasst und verbindet. Denn die Sojaproduzenten und Schweinezüchter können damit ihre Ware abtransportieren, die Hotel- und Restaurantbetreiber haben ihren Zug, mit dem die Touristen reisen können. Die Betreiber der Wind- und Solarparks können ihren Strom an die Bahn verkaufen. Es sind nicht mehr fünf Projekte, sondern ein einziges Megaprojekt, das einem globalen Interesse gehorcht. Und das Projekt ist nicht neu, sondern wurde schon vor langer Zeit von Regierungen der PRI und der PAN entwickelt. Die Vorgängerregierungen waren bei der Bevölkerung nur zu diskreditiert, um es selbst umzusetzen. Das Traurige ist, dass die Leute an eine linke Regierung geglaubt haben, die den indigenen Völkern gegenüber wohlgesonnen ist und AMLO mit 30 Millionen Stimmen vertraut haben. Mit dieser Legitimität setzt er nun den „Tren Maya“ um.

Aber es gibt noch uns, die wir gemerkt haben, dass das ein Verrat an seinem eigenen Wort ist. Wir kämpfen, um das wenige zu schützen, was uns bleibt: Wir haben nur noch wenig Urwald. Viel handfeste Maya-Kultur haben wir nicht, aber etwas bleibt uns noch. Wir haben noch die Produktion der milpa (traditionelles Landwirtschaftssystem der Maya, Anm. der Red.). Wir sprechen noch unsere Sprache, und wir, die Maya, leben immer noch.

Die Regierung dagegen will uns in Maya für die Touristen verwandeln, wie in einem Museum. ‚Maya’ steht heute in Yucatán für einen Zug, ein Restaurant, ein Hotel, eine Zeitung, eine Riviera. Wir stellen nicht die Regierung infrage, aber diese neoliberalen Projekte, die uns und unsere Kultur zerstören. Tatsächlich steht wörtlich in dem Bericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung des „Tren Maya“, dass der Ethnozid eine positive Wendung nehmen könne. Das belegt, dass sie uns auslöschen, unsere Kultur komplett zerstören wollen, und dagegen verteidigen wir uns.

Was genau sind die Folgen dieser Projekte?
Zum einen kommt es zu Spaltungen und Polarisierung in den Gemeinschaften. FONATUR (Nationaler Fonds für die Förderung des Tourismus, Anm. d. Red.) kommt und verspricht, dass jene, die ihr Land für den Zug hergeben, alles haben werden, was ihnen fehlt, wie vielleicht Wasser, Strom oder Straßen. Viele glauben den Versprechungen und nehmen das Angebot an. Das führt zu Konflikten in den Familien und in den ejidos (landwirtschaftliche Genossenschaften, die in Mexiko seit der Agrarreform 1917 existieren, Anm. d Red.), denn es gibt andere, die schon mehr Erfahrung und Zweifel haben. Wenn FONATUR auf Widerstand trifft, besticht es die Kommissare der ejidos. Diese Autoritäten bescheinigen dann Versammlungen, die nie stattgefunden haben und fälschen Dokumente.

Eine weitere soziale Auswirkung ist die Unsicherheit. In Cancún und an der Riviera Maya gibt es schon länger Morde, Überfälle sowie willkürliche Verhaftungen und Folter seitens der Polizei. Seitdem der „Tren Maya“ vorangetrieben und gebaut wird, nimmt das auch in unseren Gemeinschaften zu. Plötzlich kommen bewaffnete Gruppen aus Cancún und töten Menschen, das ist sehr schlimm.

Schließlich fördert das Projekt die Armut. Es gab sie zwar vorher schon, aber dadurch, dass die Leute jetzt ihr Land verlieren, wird es schlimmer. Man hat uns Arbeit im Austausch für das Land versprochen, aber der „Tren Maya“sucht für den Bau spezialisierte Kräfte und wir sind nur Bauern. Die Jobs bekommen daher andere. Ohne unser Land, ohne die milpa können wir keinen Mais mehr ernten und unsere Tortillas nicht mehr selbst herstellen, sondern müssen sie für bis zu 25 Pesos pro Kilo kaufen. Die Maya-Familien sind im Allgemeinen groß, mit 6 oder 7 Personen, und können sich das auch mit zwei Mindestlöhnen nicht leisten. Wir müssen dann Arbeit in der Stadt suchen und wohnen im Zweifel in den Elendsvierteln der Peripherie. Oder wir putzen die Klos der Restaurants und Hotels. FONATUR-Direktor Rogelio Jiménez Pons meinte, wir könnten ja in Zukunft an den Bahnhöfen des „Tren Maya“ betteln gehen.

Gibt es noch weitere Auswirkungen?
Es wird härter gegen Menschen vorgegangen, die die Maya-Sprache sprechen. Einige sagen, dass die Sprache verloren geht. Wir bekräftigen aber, dass sie nicht verloren geht, sondern dass ihre Sprecher getötet werden. Viele von uns, die die Stimme zur Verteidigung unseres Territoriums erhoben haben, werden kriminalisiert. Jiménez Pons hat uns soeben beschuldigt, rechtsextrem zu sein, nur weil wir uns mit amparo-Verfassungsbeschwerden (Rechtsmittel jedes mexikanischen Bürgers oder von Körperschaften, gegen staatlichen Machtmissbrauch und Verletzung von Verfassungsrechten vorzugehen, Anm. d. Redaktion) gegen Rechtsverletzungen durch den „Tren Maya“ wehren. Wir seien schuld daran, wenn der Zug nicht durch Campeche und Mérida fahren wird. Damit gibt er dem organisierten Verbrechen, das das Projekt unterstützt, Hinweise, damit es uns sucht und auslöscht. Es tut uns weh, dass staatliche Funktionäre solchen Rassismus zeigen und uns verachten.

Zu den Umweltauswirkungen gehört natürlich, dass für den Zug große Flächen Urwald abgeholzt werden. Das Hauptproblem ist aber, dass damit eine kapitalistische, territoriale Neuordnung einhergeht und für die Entwicklung der Halbinsel ca. zwanzig Städte à 50.000 Einwohner gebaut werden sollen. Mit der Zerstörung des Waldes wird auch der Lebensraum vieler Tiere vernichtet, die dann sterben müssen, und das Wasser geht verloren. Außerdem wird damit ein kulturelles Erbe zerstört, denn der Glaube und die Riten von uns Maya sind mit der Natur verbunden, nicht mit der Stadt – folkloristische Performances für Touristen erfüllen einen politischen Zweck und haben nichts mit uns zu tun. Unser ruhiges Leben spielt sich im Wald in Harmonie mit anderen Lebensformen ab, und wenn unsere Umgebung krank ist, dann sind wir es auch. Daher schützen wir sie.

Hat der Staat keine Konsultation der indigenen Bevölkerung nach der ILO-Konvention 169 durchgeführt?
Die Konsultationen sind ein Witz, niemand nimmt sie Ernst. Solche Gesetze nützen nichts, wenn der Präsident sagt, dass nur seine eigenen Daten gültig sind. Die Regierung fordert vom Parlament mit Erfolg, es möge an ihren Gesetzesentwürfen bitte nichts ändern. Die Gerichte haben unsere amparos entgegengenommen, aber außer zweien keine beantwortet. In zwei Fällen haben sie zwar eine Suspendierung von Maßnahmen verhängt, die Regierung hat sich aber nicht daran gehalten und die Gerichte haben anschließend keinen Respekt für ihre Urteile eingefordert.

Internationale Organisationen sind Komplizen des Projektes, denn UN-Habitat hat 5 Millionen Dollar dafür bekommen, Garantin der stattfindenden Vertreibung von unserem Land zu sein, auch die UNESCO begleitet das „Tren Maya“-Projekt.

Wie sieht der Widerstand aus?
Die Mehrheit der Menschen hat keine Hoffnung, sondern Angst und versucht nur zu überleben. Wir wenigen, die wir unser Land nicht hergeben wollen, haben beschlossen zu kämpfen, nachdem wir verstanden haben, dass wir nicht zwischen Leben und Tod wählen können, sondern nur die Art des Todes: Entweder sie erschießen uns, oder wir sterben langsam vor Hunger und Durst. Wir haben mit Personen aus etwa 25 verschiedenen Gemeinschaften der ganzen Halbinsel das Kollektiv Múuch’ Xíinbal („Gemeinsam schreiten wir voran“) gegründet, um Wege zur Verteidigung unseres Territoriums zu finden. Wir suchen etwa für uns wichtige Informationen, auch mit Hilfe einiger Wissenschaftler, übersetzen sie ins Maya und verteilen sie an die Leute in den Gemeinschaften. Für die juristische Arbeit sind wir auf Hilfe von Anwälten angewiesen, die uns kein Geld kosten, und manchmal lässt uns ein Anwalt mitten in einem langen Prozess hängen. Mit einem guten Anwalt gewinnen wir auch mal einen Prozess, wobei das immer schwieriger wird, da die Regierung danach die Gesetze immer wieder ändert.

Demonstrationen organisieren wir nicht, weil wir keine Tausenden auf die Straßen bringen können, und um uns vor Polizeigewalt und Gefängnis zu schützen. Ich, meine Familie und andere haben schon Todesdrohungen bekommen. Diejenigen von uns, die noch nicht bekannt und sichtbar sind, schützen wir daher lieber.

Unsere Prinzipien sind: Kein Verkauf und keine Vermietung von Land, keine Kooperation mit politischen Parteien, kein Akzeptieren von Bedingungen im Austausch für Unterstützung. Wenn unsere Basis, die ejidatarios (Mitglieder eines Ejidos, Anm. d. Red.) nein zu Verkauf und Vermietung von Land sagen, haben es die Unternehmen sehr viel schwerer, uns zu vertreiben. Dieses Jahr haben wir daher eine Reihe von Workshops gemacht: Wir treffen uns einmal im Monat und sprechen mit jungen Maya über unsere Identität und das Territorium. So haben wir es geschafft, Menschen aus den Gemeinschaften zu Beratern auszubilden: Sie tragen das Gelernte nach Hause. Wenn dann Abgesandte kommen, um Land zu kaufen, können sie die ejidatarios nicht mehr täuschen, auch wenn diese nur Maya sprechen. Denn es ist dann jemand da, der auf die Argumente der Firmen vorbereitet ist und den Älteren erklären kann, was eine Veräußerung von Land bedeuten würde. Um unsere Reichweite zu verbessern, veröffentlichen wir jede Woche außerdem einen kleinen Podcast auf Maya und Spanisch.

Sie sind Schriftsteller und verfassen Poesie in Ihrer Maya-Sprache. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrer Lyrik und Ihrem Aktivismus?
Angesichts unserer Ohnmacht in diesem Kampf um die Verteidigung unseres Territoriums suchen wir nach verschiedenen Formen, um den Kampf zu organisieren, Informationen zu verbreiten und Missstände anzuprangern. Die Verteidigung unseres Territoriums war für mich der Grund, mit dem Schreiben anzufangen. Die Poesie füllt eine Leere aus und alles, was ich geschrieben habe, hat zu tun mit unserer Trauer, unserem Schmerz, unserer Verzweiflung, mit der Situation der Eroberung, der Kolonisierung, der Erniedrigung durch den Rassismus, mit der Zerstörung unserer Umwelt und der Beziehung, die wir Maya zur Natur haben.

„NOS QUIEREN EXTERMINAR“

Territorio y identidad Maya son temas de los talleres de la Asamblea Múuch’ Xíinbal (Foto: Haizel de la Cruz)

El presidente de México, Andrés Manuel López Obrador (AMLO), dijo en su discurso del 13 de agosto de 2021 que nada justificaba imponer por la fuerza a otras naciones o culturas un modelo político, económico, social o religioso en aras del bien de los conquistados o con la excusa de la civilización. ¿Siente que las políticas y acciones del gobierno son consecuentes con estas palabras?

El gobierno federal tiene una narrativa atractiva para muchos sectores sociales que estamos aquí abajo, pero sus hecho van en sentido contrario. Está haciendo un uso político de las causas de los pueblos indígenas, tratando de legitimarse con la imagen de atender una deuda histórica que occidente tiene con los pueblos. Y no es así. Tan no es así que hoy los pueblos indígenas que estamos en la Península de Yucatán y en el istmo de Tehuantepec, tenemos que luchar no solamente en contra de las empresas que nos están despojando, sino en contra del propio gobierno. Ahora es el gobierno que está encabezando el mal llamado „Tren Maya“, uno de los proyectos más destructores, más amenazantes y con una orientación a nuestro exterminio como pueblos indígenas. En este proyecto se plantea convertir la Península de Yucatán en un corredor industrial en el que la población ya no sería culturalmente indígena, sino un mero grupo de trabajadores, de obreros, precarizados en las fábricas de las grandes empresas. Entonces el presidente miente, manipula, es un hipócrita con sus declaraciones, y me parece que está siendo maquiavélico con su costumbre de decir que él tiene otros datos. Nunca conocemos cuáles son sus datos, pero siempre sale con que sus datos son los buenos y verdaderos. Me parece una vergüenza. Hay más de 60 indígenas y luchadores por el territorio que han sido asesinados durante este gobierno, y ninguno ha sido investigado, en ninguno se ha enjuiciado a los responsables.

¿Cuáles son los proyectos que el gobierno persigue en la Península de Yucatán?
Hace algunos años la empresa Monsanto comenzó a sembrar una gran cantidad de soya transgénica en monocultivos. Después se instalaron las granjas porcícolas, cuyo mal olor ocupa miles de hectáreas donde difícilmente se puede vivir bien. Asímismo aparecieron como en avalancha los proyectos de energía renovable a través de la construcción de parques eólicos y fotovoltaicos. Luego las empresas immobiliarias de una forma alarmante empezaron a ocupar terrenos que están en propiedad colectiva de las comunidades indígenas donde hay cenotes, vestigios arqueológicos, lagunas, o selva muy alta, para desarrollarlos turísticamente. Hemos luchado contra cada uno de estos proyectos.

Ahora el „Tren Maya” trata de conectar a todos los demás proyectos para integrarlos en un solo megaproyecto: los proyectos que producen soya o carne ya van a tener su trenecito para transportar esos productos, los que construyen hoteles y restaurantes para el turismo ya van a tener su tren para llevar y traer a su turismo. Los que producen energía eléctrica la pueden vender al tren en su paso. Entonces ya no son 5 proyectos, sino es un megaproyecto que responde a un interés global. Y no es un proyecto que nació en la cabeza de AMLO, es un proyecto diseñado hace mucho tiempo que solamente ha ido cambiando de nombre, en un momento le llamaron el Plan Puebla Panamá. Venía desde los gobiernos del PRI, del PAN, que no lo habían podido hacer porque eran partidos sumamente desprestigiados. Aquí lo triste es que la gente creyó en un gobierno de izquierda, en un gobierno que favorece a los pueblos indígenas y le dio la confianza a AMLO a través de 30 millones de votos. Con esa legitimidad está haciendo estos proyectos.

Ellos quieren convertir al Maya que les perjudica en un Maya de museo, en un Maya turístico. Hoy lo Maya en la Península de Yucatán es un tren, un restaurante, un hotel, un periódico, una ribera. Pero quedamos quienes nos hemos dado cuenta que esto es una mentira, una traición a su propia palabra. Estamos dando una batalla, una resistencia por el cuidado de lo que nos queda. Es cierto que no es mucho lo que nos queda. Tenemos poca selva, tenemos poca cultura Maya solida. Tenemos la producción de la milpa (sistema agricultor tradicional Maya, nota de redacción), es poco, pero todavía la tenemos. Todavía hablamos nuestra lengua, todavía estamos los Maya vivos.

Nosotros no cuestionamos al gobierno como tal, sino a estos proyectos neoliberales que nos están destruyendo y están acabando con la cultura Maya. De hecho en el estudio de impacto ambiental del „Tren Maya“ dijeron literalmente que „el etnocidio puede tener un giro positivo“ (en capítulo IV.4.11. / página 1329 del documento, nota de redacción). Eso significa que tienen pensado acabarnos, destruir completamente nuestra cultura, y de eso nos estamos defendiendo.

¿Qué impacto tienen estos proyectos?
Hay una gran cantidad de impactos. Uno de los impactos sociales es la división, la polarización entre las mismas comunidades. Cuando llega FONATUR (Fondo Nacional de Fomento al Turismo, nota de la redacción) a las comunidades, enfrenta a las familias y a los ejidos (comunidades agrícolas que existen en México desde la reforma agraria de 1917, nota de redacción), los conflictúa prometiendo que la gente que ofrece su tierra para el tren tendrá una gran cantidad de beneficios. Por ejemplo, si no hay agua, si no hay corriente eléctrica, si hace falta carreteras, si hace falta luz, el tren los va a traer. Mucha gente dice que el gobierno no nos debe estar mintiendo, vamos a aceptar. Otros dudan y dicen, vamos a esperar, no podemos consentir en la entrega de nuestra tierra para esto. Cuando FONATUR encuentra alguna resistencia, corrompe a la gente, comienza a repartirles dinero a los comisarios ejidales, las autoridades de las asambleas. Y muchas veces falsificaron actas de asambleas que nunca se hicieron.

Otro impacto social es la inseguridad. Estamos acostumbrados a que en Cancún y toda la Riviera Maya haya asesinatos, asaltos, tortura de la policía o detenciones arbitrarias. Pero desde que el „Tren Maya“ empezó a fomentarse, hemos visto eso en nuestras comunidades también. De repente llegan grupos armados desde Cancún a ejecutar gente en los pueblos.

En lo económico, ahora hay mayor pobreza que antes porque la gente ha perdido sus tierras. Nos prometieron empleos a cambio de nuestra tierra, pero no han llegado. La gente empleada por el „Tren Maya“ son técnicos especializados en construcción que vienen de otros lugares. No podemos acceder a este tipo de empleos porque los comuneros Mayas no sabemos de construcción, somos campesinos.

Antes podíamos cosechar nuestro maíz en la milpa, molerlo, hacer nuestras tortillas y comer. Hoy ya no podemos y tenemos que comprar en la tortillería algo que es mas plástico que tortilla. Y vamos a tener que comprarlo a un precio muy elevado de hasta 25 pesos el kilo. Las familias Mayas son por lo general numerosas con 6 o 7 integrantes y necesitan comprar 4 o 5 kilos de tortilla para sobrevivir, es una cantidad que no ganan con uno o dos salarios mínimos. Entonces tendremos que buscar algún empleo en la ciudad donde seguramente vamos a engrosar esas franjas de miseria en la periferia. O lavamos los retretes de los restaurantes y de los hoteles. El director de FONATUR, Rogelio Jiménez Pons, dijo que los Maya vamos a tener la oportunidad de ir a las estaciones del tren a pie a pedir limosna.

¿En qué otros aspectos se ven afectadxs lxs Maya por estos proyectos?
Se comienza a combatir con mayor dureza a la lengua Maya. Quienes la hablamos sufrimos persecución por defender a nuestra cultura. Algunos dicen que la lengua Maya se está perdiendo. Nosotros afirmamos que no se pierde, sino que están matando a sus hablantes.

Muchos de los que hemos levantado la voz a defender nuestros territorios estamos siendo criminalizados. Jiménez Pons nos acaba de acusar en los medios de que somos de extrema derecha y que por culpa nuestra el tren ya no va a pasar ni en Campeche ni en Mérida. Señalarnos de esta manera nos está poniendo frente al crimen organizado que tiene interés en el „Tren Maya“ para que nos busque y nos elimine. Nos duele mucho que los líderes de las dependencias del gobierno sigan ejerciendo un racismo como el de Jiménez Pons y nos estén tratando con desprecio.

Respecto al impacto ambiental, el problema mayor es que además de la misma línea de tren, se trata de un programa de reordenamiento territorial capitalista, incluyendo la construcción de unas 20 ciudades de a 50.000 habitantes como polos de desarrollo. Entonces esto significa mucha destrucción de la selva, pero al destruir la selva, también se destruye el habitat de los animales que se van a morir, van a desaparecer. Además se destruye un patrimonio cultural intangible porque nuestra vida está en la selva junto a los animales, los aves, el viento, la lluvia y el agua. Allí es donde hacemos nuestros ritos como pueblo Maya, es parte de nuestra creencia y nuestra fé, nuestra práctica que tejemos con la naturaleza. Los ritos Mayas son agrícolas, mientras los performances folclorísticos para turistas solamente sirven al Estado y a las empresas turísticas. Eso no es nuestra vida, no somos nosotros.

La convención 169 de la OIT firmada por México obliga al Estado a garantizar una consulta previa, libre e informada a los pueblos indígenas cuando se realizan proyectos que les afecten. ¿Ha cumplido el Estado de México con esta obligación?
El tema de las consultas es por decir lo menos, un chiste. Nadie lo ha tomado en cuenta, nadie le ha dado seriedad. Yo creo que las consultas no sirven, por lo menos no han sido válidas. No sirven las leyes si el presidente siempre dice que tiene otros datos. Es lo que ha pasado frente a un gobierno tan fuerte que se impone al poder legislativo y al poder judicial. En su primer trienio, ha sido la costumbre del gobierno pedir al congreso que no le mueva ni una coma a sus iniciatitivas de ley y así ha sido. El poder judicial ha recibido nuestros amparos (recurso legal de cualquier ciudadano mexicano o persona jurídica para defenderse frente a abusos de poder o la violación de derechos constitucionales por parte del Estado, nota de redacción) y no ha contestado ninguno salvo dos. En dos ocasiones nos ha dado una suspensión temporal y definitiva que el gobierno no ha respetado, y el poder judicial no ha reclamado el respeto a sus sentencias, se ha agachado frente al poder ejecutivo.

Los organismos internacionales han sido cómplices en esto porque la ONU Habitat ha recibido 5 milliones de dólares de parte del Estado para que sea el garante del despojo en nuestra península. La UNESCO también es parte del proyecto Tren Maya. En el nombre de la ONU nos están despojando, y nosotros le pedimos una medida cautelar a la Corte Interamericana de Derechos Humanos hace casi dos años. Hasta la fecha no nos ha contestado.

¿Cómo se organiza la resistencia?
La mayoría de la gente tiene miedo, tiene muerta su esperanza y trata de buscar el pan de cada día para sobrevivir sin conflictuarse. Somos muy pocos en la Península de Yucatán quienes decidimos luchar porque no estamos dispuestos a entregar nuestra tierra y entendimos que no tenemos la opción de elegir entre la vida y la muerte. La elección que nos han puesto en frente es entre un tipo de muerte y otra: o nos matan de un balazo o morimos lentamente de hambre y de sed. Entonces en el 2018 acordamos organizarnos como una asamblea, venimos de alrededor de 25 comunidades de toda la península y fundamos el colectivo Múuch’ Xíinbal (“Caminamos juntos”) para buscar algunos modos de defender nuestro territorio. Una primera cosa es informarnos bien porque hay una narrativa muy fuerte desde el gobierno que justifica estos proyectos que nos destruyen. Entonces buscamos la información que necesitamos para poder vivir, no la que nos ponen en la boca, en el oído. Para eso necesitamos hacer alianzas con quienes manejan esa informacion. Algunos académicos nos ayudan y la buscan, nos pasan la información. Nosotros la traducimos a la lengua Maya, al lenguaje de la gente y lo compartimos con las comunidades, via WhatsApp o para los que no tienen celular, se hace la transferencia de informacion de boca a boca.

En el ámbito jurídico decidimos seguir la cuestion del litigio, de poner los amparos. Para eso dependemos de abogados que nos apoyen de forma solidaria porque no tenemos dinero. A veces un abogado empieza con un proceso pero luego nos deja tirados. Cuando tenemos un buen abogado comprometido, podemos ganar un caso porque hay de repente ciertos recobecos que se pueden buscar en la ley. Pero cuando ganamos un caso reforman la ley para tapar ese recobeco, y se hace cada vez mas difícil.

No hemos salido a hacer marchas porque no tenemos miles de personas, y no queremos que la policía lastime a nuestros compañeros, infiltrando las marchas y rompiendo cristales y cosas como pretexto para llevarnos a la cárcel. Ya hemos sufrido amenazas de muerte en mi persona y de mi familia, y de otros compañeros de la asamblea, entonces acordamos que los que ya hemos sido amenazados y somos visibles, seamos los que demos la cara para que se pueda proteger a los demás.

Nuestro acuerdo fundamental es: „¡La tierra no se vende ni se renta!” Tampoco vamos a dialogar ni a sentarnos con ningún partido político porque nuestro lucha no es partidista. Y el que nos quiera acompañar que lo haga sin condiciones, tiene que entender nuestra problemática. Nosotros tenemos solamente un objetivo: cuidar nuestro territorio. Si los ejidatarios le dicen no a la renta y a la venta de la tierra, eso va a dificultar mucho que nos despojen. Entonces es importante hacer trabajo con la comunidad. A través de talleres hemos logrado formar asesores nativos de las propias comunidades para la defensa del territorio: Cuando los coyotes llegan a comprar o rentar las tierras ya no pueden engañar a los ejidatarios que solo hablan lengua Maya porque hay personas preparadas para discutir los argumentos que se plantean y explicar a las personas más adultas las implicaciones de la enajenación de la tierra. Para mejorar la difusión también hacemos unos pequeños podcasts en Maya y español una vez por semana.

Usted es escritor y escribe poesía en su lengua Maya. ¿Hay una relación entre su escritura y su activismo?
Yo creo que frente a la impotencia que tenemos en esta lucha por la defensa del territorio, vamos buscando diferentes formas de organizar la lucha, de compartir y denunciar. Comencé a escribir por la defensa de nuestro territorio. La poesía viene a llenar un vacío y todo lo que he escrito tiene que ver con nuestro llanto, nuestro dolor, con nuestra desesperanza, con la situación de la conquista, de la colonización, de la humillación a través del racismo, de la destrucción de nuestro medio ambiente y de la relación que tenemos los Maya con la naturaleza.

GEGENSTIMMEN WERDEN LAUTER

„Projekt des Todes“ Geplante Strecke des Tren Maya in grün (Grafik: Carlos Pacheco via wikimedia.com, CC BY-SA 4.0)

Kann die neoliberale Epoche per Dekret beendet werden? Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador scheint davon auszugehen. „Aus dem Nationalpalast erklären wir formell das Ende der neoliberalen Politik“, sagte der 66-Jährige bei der Vorstellung des Entwicklungsplans für seine sechsjährige Amtszeit im März 2019. Erst vier Monate zuvor hatte López Obrador, kurz AMLO genannt, das Präsidentenamt angetreten, nachdem er im Juli 2018 die Wahlen mit der historischen Mehrheit von 53,2 Prozent der Stimmen für sich entscheiden konnte.

Bei den zwei vorausgegangenen Urnengängen 2006 und 2012 scheiterte AMLO noch aufgrund von Wahlmanipulationen und medialen Hetzkampagnen. Doch angesichts der wirtschaftlichen Krise, der anhaltenden Gewalt und der grassierenden Korruption im Land fanden seine sozialdemokratischen Positionen im Jahr 2018 immer mehr Anklang bei der von der politischen Klasse frustrierten Bevölkerung. Auch nach mehr als einem Jahr im Amt steht die mexikanische Bevölkerung weiter hinter AMLO.

Doch während die Zugstimmungswerte zu der von López Obrador versprochenen Transformation des Landes ungebrochen hoch sind, zeichnen sich auch klare Widersprüche im Regierungsprojekt von AMLO und seiner Partei Bewegung Nationale Erneuerung (MORENA) ab, die das angekündigte Ende des Neoliberalismus als bloßes Lippenbekenntnis erscheinen lassen. Exemplarisch dafür steht die von AMLO vertretene Entwicklungspolitik sowie seine damit verbundene Haltung zu den indigenen Gruppen.

Denn um das Versprechen vom wirtschaftlichen Aufschwung Wirklichkeit werden zu lassen, setzt die mexikanische Regierung in Allianz mit der Unternehmerelite des Landes vor allem auf infrastrukturelle Großprojekte, durch die periphere Regionen in die nationale und internationale Wertschöpfungskette eingebunden werden sollen.

Besonders drei Projekte stechen heraus: Erstens die mehr als 1.500 Kilometer lange Zugstrecke namens Tren Maya, die die verarmten südöstlichen Bundesstaaten Chiapas, Tabasco, Campeche, Yucatán und Quintana Roo dem Massentourismus zugänglich machen soll. Zweitens, der Corredor Transístmico, eine Verbindung von Atlantik und Pazifik an der Meerenge des Isthmus von Tehuantepec durch den Ausbau von Zugstrecken, Logistikzentren und Häfen, die Mexiko zu einer Schaltstelle des internationalen Handels machen soll. Und drittens, das Proyecto Integral Morelos, das aus verschiedenen Wärme- und Erdgasanlagen besteht und Zentralmexiko mit Energie versorgen soll.

Wirtschaftlicher Aufschwung durch infrastrukturelle Großprojekte

Bereits unter den neoliberalen Vorgängerregierungen wurde immer wieder die Möglichkeit der wirtschaftlichen Erschließung des Südens diskutiert. Dass nun ausgerechnet ein sozialdemokratischer Präsident im Verbund mit nationalen und internationalen Großunternehmen an der ökonomischen Umstrukturierung ganzer Regionen arbeitet, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Gleichzeitig macht erst die Popularität des Präsidenten derartige Vorhaben möglich, denn große Teile der mexikanischen Linken stehen nach wie vor fest hinter AMLO.

Doch während in der mexikanischen Verwaltung mit Hochtouren an der Realisierung der Megaprojekte gearbeitet wird, werden die Gegenstimmen immer lauter. Vor allem sind es die zapatistische Bewegung und die im Nationalen Kongress der Indigenen (CNI) organisierten Indigenen Mexikos, die sich gegen den Tren Maya und andere von ihnen als „Projekte des Todes“ bezeichneten Großprojekte der Regierung stellen.

Bereits während des Wahlkampfes positionierten sich die Zapatistas und CNI klar gegen AMLO und dessen Partei MORENA und setzten auf die Etablierung eines Indigenen Regierungsrates (CIG), der der besseren Vernetzung der autonomen indigenen Bewegungen auf dem gesamten Staatsgebiet dienen sollte. Die alternative Kampagne der Sprecherin des CIG, María de Jesús Patricio Martínez, besser bekannt als Marichuy, bescherte der antikapitalistisch-indigenen Bewegung in Mexiko erheblichen Aufwind, obwohl die nötigen Unterschriften für eine unabhängige Präsidentschaftskandidatur Marichuys bei weitem nicht erreicht wurden.

Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass der Einfluss der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) und des CNI bei aller medialen Reichweite gesamtgesellschaftlich eher marginal ist. Doch ihre Kritik trifft einen wunden Punkt und wird immer breiter rezipiert. Die Kernfragen lauten: Welches Entwicklungsmodell kann Mexiko aus der ökonomischen und sozialen Krise führen und somit auch zu einer Verbesserung der Sicherheitslage führen? Wer entscheidet, ob und wie ein Entwicklungsprojekt umgesetzt wird? Und wer profitiert eigentlich schlussendlich?

Massive Kritik an Informationspolitik der Regierung

Im Laufe des Jahres 2019 zeigte sich zudem, dass die Regierung bei der Umsetzung der genannten Projekte nicht gerade zimperlich vorgeht. Während López Obrador im Wahlkampf noch versprochen hatte Teile des umstrittenen Energievorhabens Proyecto Integral Morelos angesichts des Widerstandes der betroffenen indigenen Gemeinden auszusetzen, änderte er nach seinem Amtsantritt schnell seine Meinung. „Hört zu, ihr Linksradikalen, ihr seid für mich nichts anderes als Konservative“, sagte er im Februar 2019 bei einer Veranstaltung im Bundesstaat Morelos angesichts von Protesten. Einige Tage später wurde der bekannteste Aktivist gegen das Energieprojekt, der 36-jährige Samir Flores, von unbekannten Tätern vor seinem Haus erschossen. Der Mord an dem Delegierten des CNI ist nach wie vor nicht aufgeklärt.

Und auch im Rahmen der Realisierung des Tren Maya nimmt es die mexikanische Regierung mit gesetzlichen Standards nicht allzu genau. Im Rahmen einer Konsultation der betroffenen indigenen Gemeinden am 15. Dezember 2019 stimmten zwar 92,3% für den Bau des Touristenzuges, allerdings nahmen nicht einmal drei Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung Teil. Schon im Vorfeld hatte es massive Kritik an der Informationspolitik der Regierung gegeben, die in den Broschüren für die Konsultation nur positive Aspekte des Projekts betonte, dessen Gefahren und Risiken jedoch unerwähnt ließ. Zudem hatte es in der Woche vor der Abstimmung Morddrohungen gegen den indigenen Aktivisten und Kritiker des Tren Maya, Pedro Uc, gegeben. Selbst das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen in Mexiko äußerte Zweifel an der Einhaltung nationaler und internationaler Menschenrechtsstandards.

Angesichts der sich zuspitzenden Konflikte rund um die Megaprojekte ist absehbar, dass die Infrastrukturpolitik zu einem der zentralen Prüfsteine der Regierungszeit López Obradors werden dürfte. Noch mag der Widerstand von EZLN und CNI als gering erscheinen, doch ist es nicht auszuschließen, dass sich um die indigenen Organisationen eine linke Opposition gegen AMLO etabliert, der sich auch andere Teile der gesellschaftlichen Linken anschließen und die auch andere Teile des Regierungshandelns angreift. Denn spätestens Ende 2020 werden auch die linken Unterstützer*innen AMLOs erste handfeste Ergebnisse der Regierung erwarten. Wenn es bis dahin bei dem neoliberalen Weiter-so bleibt, dürfte es auch in Mexiko wieder zu sozialen Protesten kommen, die sich gegen weit mehr richten als gegen die Infrastrukturpolitik.

ÜBERRASCHUNG IN ZEITEN DER MILITARISIERUNG

„Schwierige Zeiten“ seien es in Chiapas, hört man dort seit Amtsantritt des neuen Präsidenten allenthalben. Während Mitglieder seiner Partei MORENA im Zentrum des Landes hin und wieder Projekte realisieren, welche von der Bevölkerung nicht als ausschließlich negativ aufgefasst werden, sieht sich der Bundesstaat Chiapas noch immer mit dem seit Jahren vorherrschenden Mantra konfrontiert: „Entwicklung“ durch mehr Wirtschaft und Wirtschaft in Form des Dreiklangs Infrastrukturausbau, Extraktivismus und Tourismus. Sinnbildlich für diese Politik stehen nicht nur verstärkte Abholzung, Fracking und 99 Minenkonzessionen, sondern vor allem der Ausbau einer Schnellstraße von der archäologischen Fundstätte Palenque in die touristische Kolonialstadt San Cristóbal de las Casas sowie der umstrittene Bau einer Zuglinie mit dem Namen Tren Maya (Maya-Zug). Diese soll die Halbinsel Yucatán mit der Pyramidenstadt Palenque verbinden. Drei Millionen Tourist*innen sollen dadurch ab 2023 jährlich in den Bundesstaat gelockt werden. Doch Straßen und Schienen eignen sich natürlich auch für den Warentransport. Beides bereitet der lokalen Bevölkerung Sorgen, welche die Probleme des Bundesstaates nicht in einem Mangel an Tourismus und Wirtschaft sieht. Umweltzerstörung und Landraub sind eine Folge dieser auf wirtschaftliches Wachstum ausgelegten Politik, das vermehrte Auftreten der organisierten Kriminalität eine andere. Wo das Interesse an Land und Ressourcen wächst, verbindet sich beides in einer explosiven Mischung. Seit drei Jahren gibt es im Hochland von Chiapas wieder massive und extrem gewaltvolle Vertreibungen der indigenen Bevölkerung (siehe LN 524). Die Konflikte wurzeln im Allgemeinen entweder in Korruption bei der Vergabe von Regierungsgeldern oder in ungeklärten Besitzverhältnissen von Land, ausgelöst durch bundesstaatliche Grenzverschiebungen der Landkreise. Auffallend ist, dass hochbewaffnete Akteur*innen mit Verbindungen zu den lokalen Kartellen dabei häufig mit lokalen Autoritäten kollaborieren.

Präsident Obrador steht den Zapatistas zweispältig gegenüber


Beim Amtsantritt des neuen Präsidenten und des neuen Gouverneurs der regierenden Partei MORENA in Chiapas, Rutilio Escandón Cadenas, waren alle gespannt, wie diese mit den gravierenden Menschenrechtsverletzungen und der Straflosigkeit umgehen würden. Schnell zeigte sich, dass sie eine ähnliche Politik wie ihre Vorgänger verfolgen. Medienwirksam inszenierte Friedensverträge zwischen Lokalpolitiker*innen ohne realen Einfluss bei ausbleibender Strafverfolgung sowie Entwaffnung, wie vom lokalen Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas (Frayba), gefordert, führten bisher nicht zur Lösung der Konflikte. Stattdessen wurde eine Militarisierung durch die neu geschaffene Nationalgarde im Bundesstaat vorangetrieben. Ursprünglich zur Bekämpfung der Kartelle geschaffen, wird sie in Chiapas vorwiegend zur Migrationsabwehr eingesetzt. Einige ihrer Basen sind auffallend nah an den zapatistischen Territorien, was Erinnerungen an die Aufstandsbekämpfungsstrategien der 1990er Jahre aufkommen lässt. Auch die militärischen Straßensperren und -kontrollen jener Zeit sind zurückgekehrt.
Neu ist die Rhetorik. Während Ex-Präsident Enrique Peña Nieto die Existenz der Zapatistas weitgehend ignorierte, schenkt AMLO ihnen zwiespältige Aufmerksamkeit. Hin und wieder twittert er ein Foto auf dem er unter anderem mit dem Subcomandante Galeano zu sehen ist und bekundet Verständnis für Anliegen und Autonomie der Zapatistas. Gleichzeitig verleumdet er sie sowie den Nationalen Indigenen Kongress (CNI) und andere lokale indigene und ländliche Organisationen als „zurückgeblieben“, wenn diese sich gegen gigantische Projekte wie den „tren maya“ oder spezifische Regierungsprogramme wenden. Sie würden nicht anerkennen, dass es sich nun um eine ganz andere Politik handele und wären in alten anti-neoliberalen Argumentationsmustern verfangen. Ähnliches erwiderte er, als die Zapatistas öffentlich die Militarisierung im Bundesstaat kritisierten, welche auch von Frayba dokumentiert wurde, und bezichtigte beide Akteur*innen der Lüge.
Die ersten Monate der MORENA-Regierung beförderten in weiten Teilen von Chiapas somit nicht gerade optimistische Erwartungen für die Zukunft. Die Zapatistas schienen diesen Tenor zu bekräftigen. Zum Jahreswechsel betitelten sie ihr Kommuniqué mit „Wir sind alleine“.
Um so überraschender traf am 17. August die letzte Erklärung einer Serie von Kommuniqués ein. Der Titel ist vielversprechend: „Wir haben die Belagerung durchbrochen“. Zuvor waren auf gewohnt amüsante, gleichzeitig analytische Art die aktuelle Situation, Kritik an der Regierung und deren Projekten sowie mögliche dystopische Szenarien beschrieben worden. Subcomandante Insurgente Moisés, Sprecher der Kommandantur der EZLN, gab schließlich bekannt, dass die Zapatistas trotz allem ihr Territorium massiv ausweiten konnten. Sie erfüllen damit die Grundsatzentscheidung des Nationalen Indigenen Kongress von 2016, in die Offensive zu gehen. Die bisherigen fünf caracoles, zapatistische lokale Verwaltungszentren und Sitz der rotierenden Autoritäten (Räte der Guten Regierung), werden auf insgesamt 12 Lokalregierungen erweitert. Zudem wurden vier neue autonome zapatistische Landkreise zu den bestehenden 27 ausgerufen.
Die Zapatistas haben es damit geschafft ihren Aktionsradius zu erweitern, während viele soziale Organisationen und widerständige Gruppen momentan damit beschäftigt sind, wenigstens bestehende Handlungsspielräume zu erhalten. Besonders wird in der Erklärung die wichtige Rolle der Frauen und jugendlichen Zapatistas hervorgehoben, die den Prozess entscheidend vorangetrieben haben, und all das ganz ohne den Einsatz von Waffen und Gewalt. Angesichts der steigenden Präsenz des Militärs und organisierter Kriminalität in Chiapas wäre alles andere auch ein Himmelfahrtskommando gewesen. Dennoch ist das im Kommuniqué beschriebene kleinteilige Vorgehen mit „tausend Gemeindeversammlungen“ und dem tausendmaligen unbemerkten Passieren der Militärposten auch als Schlappe der staatlichen Strategie zu werten. „Wie ein schmutziger Fleck blieben die Belagerer zurück, eingeschlossen in einem jetzt ausgedehnteren Gebiet, einem Gebiet, das mit Rebellion ansteckt.“ Das ist das Ziel: Den Zugang zu einer „anderen“ Regierung ermöglichen. Schon lange profitieren viele Regionen vom zapatistischen Gesundheits- und Justizsystem. Auch viele Parteianhänger*innen suchen statt staatlicher Einrichtungen wegen ihrer Unbestechlichkeit und Kenntnis der indigenen Sprache und Kultur bei Problemen die zapatistischen Räte auf. Es ist bekannt, dass es in den Gebieten der Zapatistas kaum Frauenmorde, weniger Gewaltverbrechen und weniger Präsenz der organisierten Kriminalität gibt. Ein Erfolg, den das Militär nicht verbuchen kann, ganz im Gegenteil. Somit ist es eine gute Nachricht, dass einige der neuen Zentren in Landkreisen wie Chicomuselo, Tila oder Motocintla sind. Gebiete, in denen sich die Situation aufgrund von bevorstehenden Extraktivismusprojekten und militärischer Migrationsabwehr monatlich zuspitzt.
Dass AMLO, nachdem er die Zapatistas zuletzt als rückständig beschrieben hat, die neuesten Entwicklungen begrüßt, klingt wie ein Eingeständnis, dass die autonome Praxis der Zapatistas mehr zur Sicherheit beträgt, als seine von Militarisierung begleitete Rhetorik um Transformation. Dies ist aber eher im Rahmen der gewohnten Doppelzüngigkeit zu verstehen, die er gegenüber seinen Kritiker*innen an den Tag legt.
Interessanter ist, wie es nun weitergeht: Die Zapatistas laden zu zahlreichen internationalen thematischen Treffen und zur Unterstützung beim Aufbau der neuen Strukturen ein. Die internationale Solidarität ist also in Chiapas, wie immer, herzlich willkommen.

 

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