FÜR DEN KAMPF UM WASSER GEWÜRDIGT

Internationaler Nürnberger Menschenrechtspreis Rodrigo Mundaca (Mitte) mit seiner Auszeichnung (Foto: Giulia Lannicelli)

Der Nürnberger Menschenrechtspreis wird alle zwei Jahre an Menschen verliehen, die sich trotz hoher Risiken für die Wahrung der Menschenrechte engagieren. Der diesjährige Preisträger Rodrigo Mundaca kämpft in der chilenischen Region Petorca nördlich der Hauptstadt Santiago für den freien Zugang zu Wasser. Mundaca ist Sprecher der Organisation Modatima, der Bewegung zur Verteidigung des Zugangs zu Wasser, der Erde und des Umweltschutzes. Modatima wurde 2010 gegründet und verfolgt das Ziel, die Rechte der lokalen Bevölkerung – Landwirt*innen, Arbeiter*innen und Einwohner*innen – zu verteidigen und Wasserkonflikte sichtbar zu machen. In der Region Petorca bauen agroindustrielle Unternehmen Avocados und Zitrusfrüchte für den Export an (ausführliche Reportage siehe LN 527). Nach Angaben von Modatima ist die lokale Bevölkerung seit den 1990er Jahren davon betroffen, dass sich die Unternehmen, in Absprache mit Politiker*innen, der regionalen Wasserressourcen bemächtigen.
Die Jury weist darauf hin, dass der Kampf um Wasser in Chile kriminalisiert und Mundaca in seiner freien Meinungsäußerung eingeschränkt, strafrechtlich verfolgt und verurteilt werde. „In den Jahren 2012 bis 2014 stand er 24 Mal vor Gericht”, erläutert die Jury in ihrer Begründung. Zudem erfahre Mundaca permanent Einschüchterungen und Drohungen und müsse in ständiger Angst, verhaftet zu werden, leben und arbeiten. Die Hoffnung der Jury sei, dass der Preis Mundaca den notwendigen Schutz verleiht, um seinen Einsatz ohne diese großen Gefahren fortzusetzen.

Der Kampf um Wasser wird in Chile kriminalisiert


Einige Tage nach der Preisverleihung erklärt Mundaca in Berlin, welche Gesetze seiner Meinung nach ausschlaggebend für die Privatisierung des Wassers in Chile sind. So führte eine Verordnung im Forstrecht in den ersten Jahren der Pinochet-Diktatur dazu, dass eine Fläche von über zwei Millionen Hektar der Siedlungsgebiete der Mapuche drei Unternehmensgruppen überlassen wurde. „Der Ursprung für die Zwangsvertreibung von Mapuche-Gemeinschaften liegt in ebendiesem Dekret”, stellt Mundaca fest. Eines der drei Unternehmen existiert heute nicht mehr, die anderen beiden sind die Firmengruppen Matte und Angelini. Mundaca ergänzt, dass der Ursprung des ungleich verteilten Reichtums im Land auf der Aneignung von Grundstücken und Naturgütern basiere. Die stehe auch in Beziehung zum Wassergesetz, dem Código de Aguas, das 1981 – ebenfalls während der Diktatur – erlassen wurde. Doch auch noch in den Jahren nach der Diktatur, als die Concertación de Partidos por la Democracia, ein Bündnis von Mitte-Links-Parteien, Chile regierte, wurde etwa die Privatisierung der Abwasserentsorgung aus sanitären Anlagen beschlossen.
Ohne eine Änderung der Verfassung habe die chilenische Bevölkerung demnach keine Chance, ihr Recht auf Wasser wiederzuerlangen, so der Wasseraktivist Mundaca. Artikel 19 der Verfassung von 1980 schreibt Privatpersonen, die Wasserrechte besitzen nämlich das Eigentum an diesen zu. „Bis heute ist die Privatisierung des Wassers durch die Verfassung abgesichert“, so Mundaca. Sowohl für eine Abschaffung der besagten Verordnung im Forstrecht als auch für eine Abschaffung des Wassergesetzes benötige es eine Verfassungsänderung. Der Kongress in Chile könne beschließen, dass Wasser nicht mehr als Privateigentum geltend gemacht werden kann. „Aber dafür bräuchte es ein qualifiziertes Quorum von drei Fünftel. Und die dafür nötigen Stimmen gibt es nicht“, erläutert der Agraringenieur.

Sieben Minister aus Piñeras Kabinett sind selbst Eigentümer von Wasserrechten

Zudem hat Präsident Sebastián Piñera schon während seiner ersten Wahlkampagne versprochen, Rechtssicherheit dafür zu schaffen, dass das Privateigentum an Wasser und die Verordnung zum Forstrecht unberührt bleiben. Nun regiert er gemäß dieser Aussage. Die Erkenntnis, dass sieben Minister aus Piñeras Kabinett selbst Eigentümer von Wasserrechten sind, ist auch Mundacas Arbeit zu verdanken. In einem Artikel von Anfang Oktober berichtete BBC Chile, dass der chilenische Agrarminister Antonio Walker Minderheitsgesellschafter von drei Unternehmen ist, die über Wasserrechte verfügen. In Bezug auf den Umfang der Nutzungsrechte wird er mit den Worten zitiert: „Vielleicht sind es 400 Liter Wasser pro Sekunde“.
An das Berliner Publikum gerichtet, sagte Mundaca, die Menschen in Europa „wissen nicht, dass 71 Prozent der Wassernutzungsrechte, die auf die Bereitstellung von Strom aus Wasserkraftweken abzielen, im Besitz der italienischen Firma ENEL sind; die Italiener sind Eigentümer der Flüsse im Land.” Erst vor wenigen Wochen hat die chilenische Regierung den Fluss Renaico zur Versteigerung freigegeben, der Grenzfluss zwischen den Regionen Bío-Bío und Araucanía. Mundacas Wissen nach seien es vor allem transnationale Unternehmen mit Sitz in Europa, die sich die Flüsse Chiles aneignen und die natürlichen Ressourcen durch exzessive wirtschaftliche Nutzung immer weiter verringern. Und das in einer Zeit, in der die Regierung mehrere Regionen zu Wassernotlagegebieten (zonas de emergencia hídrica por sequía) erklärt hat und der Klimawandel und die Trockenheit nicht mehr aus dem aktuellen Diskurs wegzudenken sind. Erst im September war Valparaíso aufgrund der vor Ort herrschenden Dürre zum Wasserkatastrophengebiet erklärt worden.
Die Jury des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises appellierte in ihrer Begründung auch an die Verpflichtung Chiles zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen. Konkret gehe es hierbei um das sechste Entwicklungsziel in der Agenda 2030: die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle zu gewährleisten. Dafür kämpfen Organisationen und Aktivist*innen wie Rodrigo Mundaca angesichts der politischen Untätigkeit, die bislang nur den Interessen von Großunternehmer*innen zuspielt. Umso wichtiger also, dass die Nürnberger Jury diese Arbeit mit dem Internationalen Menschenrechtspreis würdigt.

 

„TÄGLICH SIND WIR BESSER ORGANISIERT“

„Wir sind die Angst der Regierungen, die im Namen der Wahrheit lügen.“ Am Eingangstor einer besetzten Universität

Was sind die Gründe für die Besetzung der Universität?
Rolando: Die Gründe sind vielfältig, ein zentraler Punkt ist aber die geplante Privatisierung der San Carlos Universität, der einzigen öffentlichen Universität des Lande (mit Standorten in verschiedenen Städten; Anm d Red.). Die Universitätsleitung hat eine Erhöhung der Gebühren für jedes Examen von 50 auf 100 Quetzales (etwa 6 € bzw. 12 €, die Red.) beschlossen und die Kosten für notwendige Kurse vor Beginn des Studiums von 350 auf 1.000 Quetzales pro Kurs erhöht (etwa 41€, bzw. 118€). Wenn man zum Beispiel fünf Kurse machen muss, sind das 5.000 Quetzales (590€). Viele Studenten haben nicht die Möglichkeit, das zu bezahlen.
Carlos: Ein anderer Punkt ist ein Abkommen der Universitätsleitung mit der Industriekammer: Praktika sollen in privaten Firmen gemacht werden. Medizinstudenten werden ihre Praktika dann zum Beispiel nicht mehr in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen auf dem Land machen, wo der Bedarf am größten ist, sondern zum Beispiel im privaten Krankenhaus hier in Quetzaltenango.

Wie ist die Situation der Besetzer*innen und was sind ihre Forderungen konkret hier für Quetzaltenango?
Rolando: Die Besetzung der San Carlos Universität hier in Quetzaltenango ist Teil eines landesweiten Kampfes, es gibt Besetzungen überall im Land. Wie gesagt: die zentrale Forderung ist das Nein zur Privatisierung, als regional größtes Universitätszentrum außerhalb der Hauptstadt sind wir an der Seite des Kampfes an der Universität in der Hauptstadt. Wir in Xela (Kurzform für Quetzaltenango; Anm d. Red.) haben noch eine Reihe weiterer Forderungen, zum Beispiel die der besseren Qualifizierung der Dozentinnen und Dozenten, von denen viele nicht in ihrem Fachgebiet unterrichten und nicht ausreichend vorbereitet sind für ihren Unterricht. Des Weiteren fordern wir, weitere Studiengänge zu schaffen. Fächer wie zum Beispiel Geschichte, Sozialwissenschaft oder Politik fehlen hier völlig, dabei ist in Xela der zweitgrößte Standort der San Carlos Universität im ganzen Land.
Carlos: Wir wollen auch mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung schaffen, zum Beispiel bei der Universitätsleitung. Der aktuelle Rektor für Quetzaltenango ist seit acht Jahren im Amt, aber er wurde nie von den Studenten gewählt.

Gibt es Unterstützung aus der Bevölkerung?
Rolando: Ja, es gibt viel Unterstützung, viele Personen solidarisieren sich mit uns, kommen hier an das Tor der Universität und bringen Lebensmittel vorbei. Die Mehrheit der Studentinnen und Studenten und auch der Dozentinnen und Dozenten unterstützt den Kampf, nicht alle, aber die große Mehrheit. Es gibt Veranstaltungen, Foren und Kulturveranstaltungen hier vor den Toren der besetzten Universität.

Und die Unterstützung durch Organisationen?
Rolando: Auch die ist gut, allen voran seitenss der Gewerkschaft der Arbeiterinnen und Arbeiter der Universität. Ein Vertreter des Menschenrechtsobmannes für Guatemala war die ersten Tage der Besetzung hier vor Ort und hat uns unterstützt.

Die Tendenz zur Privatisierung der Universitäten ist in Guatemala kein Einzelfall…
Carlos: Die Privatisierung der Bildung, Gesundheit et cetera. ist eines der zentralen Geschäfte heute in Guatemala. Seit Jahren betreiben alle Regierungen in Guatemala diese Politik der Privatisierung. Die öffentliche Bildung und Gesundheit werden jahrelang nicht verbessert, um dann die Privatisierung als angeblichen Ausweg zu präsentieren. Neben großen Teilen der Gesundheitswesens und des Bildungssystems sind beispielsweise die Strom- und Wasserversorgung seit langem privatisiert. Jetzt geht es um die staatlichen Universitäten – aktuell die Gebührenerhöhung und in ein paar Jahren dann wahrscheinlich die vollständige Privatisierung.

Wie lange wollen Sie die Proteste fortsetzen?
Antonio: Wir setzen die Proteste fort, bis die Universitätsleitung die Gebührenerhöhung zurücknimmt. Bisher gab es keine direkten Gespräche zwischen uns und der Universitätsleitung, für die kommende Woche ist aber ein Gespräch geplant.

Gibt es Repression gegen Sie?
Rolando: Bisher gab es keine Drohungen oder Konfrontation von Seiten der Polizei oder der Armee. Die San Carlos Universität hat einen Autonomiestatus und ist öffentliches Eigentum. Auf Beschluss der gewählten Gremien der Studierenden wurde es jetzt besetzt. Zurzeit versuchen sie eher, uns mit Desinformation zu schaden und zu spalten, aber das wird ihnen nicht gelingen, täglich sind wir besser organisiert.
Antonio: Aber wir kennen natürlich die Geschichte unseres Landes, wir wissen wie viele politisch aktive Studierende ermordet wurden während des Bürgerkrieges. Daher treten wir in der Öffentlichkeit zurzeit auch nur maskiert auf. Die Repression in der Vergangenheit hat auch die Privatisierung gefördert, viele Leute hatten Angst vor der Repression und haben es deshalb vorgezogen, an einer privaten Universität zu studieren.

* Die Namen wurden von der Redaktion geändert.

 

WIE IMMER BLEIBT NUR DER PROTEST

Straßenkampf Das brutale Vorgehen von Polizei und Militär hat die Situation weiter eskalieren lassen / Foto: Luis Méndez

Ein Streik von Lehrer*innen und Ärzt*innen Mitte April führte zu einer neuen Welle von landesweiten Protesten, die bis heute anhält. Ausgangs­punkt waren von der Regierung geplante Umstrukturierungen des Bildungs- und Gesundheitssystems, die sich in einer tiefen Krise befinden. Statt den Dialog mit den Gewerkschaften zu suchen, wurde versucht, die Proteste durch brutales repressives Vorgehen der Polizeieinheiten aufzulösen, was den Konflikt zunehmend eskalieren ließ. Zuerst schlossen sich Studierende, Schüler*innen, Eltern und soziale Organisationen an, im Juni folgte der Transportsektor und selbst Teile der Polizei traten zeitweise in den Streik. Die Situation ähnelt der nach den umstrittenen Wahlen von 2017, durch den der jetzige Präsident Juan Orlando Hernández von der rechten Nationalen Partei (PNH) trotz verfassungsrechtlichen Verbots eine zweite Amtszeit antreten konnte. Große Teile der Bevölkerung, die von Wahlbetrug ausgehen, sind seither nicht zur Ruhe gekommen. Auch aktuell gewinnen die Proteste ihre Stärke durch die solidarische Beteiligung von Bürger*innen, die sich, Spaltungsversuchen seitens der Regierung zum Trotz, spontan in ihren Dörfern oder Vierteln organisierten.
Neben Streiks wurden Schulen und Universitäten besetzt, es kam zu Straßenblockaden und Massendemonstrationen als Ventil der vorherrschenden Unzufriedenheit großer Bevölkerungsteile. Längst gehen die Aktionen und Demonstrationen über die Forderungen der Lehrer*innen und Ärzt*innen hinaus. Die Mitte Mai gegründete Plattform zur Verteidigung der Bildung und Gesundheit (Plataforma por la Defensa de la Salud y la Educación), in der sich landesweit 18 Gewerkschaften zusammengeschlossen haben, organisiert sich wie eine Basisbewegung in lokalen und regionalen Versammlungen und artikuliert mit lokal organisierten Kämpfen, wie etwa mit Organisationen von Indigenen und Kleinbauern und -bäuerinnen. Dies gibt dem Protest neue Impulse und bringt das Regime von Präsident Hernández in starke Bedrängnis. Verschiedene gesellschaftliche Sektoren fordern seinen Rücktritt, der gemeinsame Nenner, der sie vereint, ist die Ablehnung seiner Regierung.

Das Bildungs- und Gesundheitssystem stecken in einer tiefen Krise


Mitte April hatte das Parlament unter der Führung der regierenden Partei PNH die umstrittenen Gesetze erlassen, die das marode Gesundheits- und Bildungssystem sanieren sollten, jedoch laut Gewerkschaften eine erneute Kürzung der Staatsausgaben vorsehen und einen ersten Schritt in Richtung Privatisierung staatlicher Infrastruktur darstellen. In den öffentlichen Krankenhäusern in Honduras fehlt es an Medikamenten und grundlegender Ausstattung, im Bildungssektor mangelt es an Materialien und adäquaten Unterrichtsorten. Angestellte beklagen immer wieder ausstehende Lohnzahlungen über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Die Auswirkungen dieser Situation betreffen besonders die ärmeren Bevölkerungsteile, welche ihre Bildung in staatlichen Einrichtungen erhalten und in Krankheitsfällen auf die öffentlichen Gesundheitszentren und Krankenhäuser angewiesen sind. Die Gewerkschaften betonen, dass die Regierung selbst für die Krise verantwortlich ist, denn der Haushaltsetat für die beiden Sektoren wurde in den vergangenen Jahren immer weiter gekürzt. Die Bildungsausgaben sanken laut einer Analyse der unabhängigen Bürgerinitiative CESPAD (Centro de estudio para la democrática) von 32,9 Prozent des Haushaltes im Jahr 2010 auf 19,9 Prozent im Jahr 2019, im Gesundheitssystem sank der Anteil im selben Zeitraum von 14,3 Prozent auf 9,7 Prozent. Die ausufernde Korruption, die sich zum Beispiel in der Plünderung des Sozialversicherungsinstitut IHSS im Jahr 2015 zeigte, aus dem über 300 Millionen US-Dollar geraubt wurden, trägt ebenfalls zur Krise bei und führte seinerzeit zum Zusammenbruch des Gesundheitssystems. Auch hohe Regierungsfunktionäre der Nationalen Partei (PNH) sollen in den Korruptionsskandal verwickelt sein.

Die Proteste gewinnen ihre Stärke durch Solidarität in der Bevölkerung


Die in den Gesetzesänderungen vorgesehenen Maßnahmen seien keine Lösung des Problems, sondern eine neoliberale Umstrukturierung nach den Wünschen des Internationalen Währungsfonds, betonen Vertreter*innen der Gewerkschaften. Pläne für diese Umstrukturierung stehen bereits seit dem Regierungswechsel nach dem zivil-militärischen Putsch von 2009 auf der Agenda und wurden von Hernández‘ Vorgänger im Präsident*innenamt Porfirio Lobo vorangetrieben. So soll unter anderem die öffentliche Bildung und Gesundheitsversorgung dezentralisiert und der Staat von seiner Verpflichtung befreit werden, der Bevölkerung diese grundlegenden Rechte zu garantieren. Dies sollen stattdessen die 298 Landkreise übernehmen. Aber die meisten haben weder die Kapazitäten, Personal dafür zu unterhalten, noch für die nötige Infrastruktur zu sorgen. So könnte die Verwaltung öffentlicher Einrichtungen an private Unternehmen oder Nichtregierungsorganisationen übergeben werden, welche Schulen und Krankenhäuser mit internationaler Finanzierung, zum Beispiel durch USAID, betreiben würden. Diese Maßnahmen scheiterten bisher jedoch unter anderem am Widerstand der organisierten Lehrer*innen. Das Umstrukturierungsgesetz und zusätzlich erlassene Notstandsdekrete, die laut Gewerkschaftler*innen den Abbau von Arbeitsrechten und Massenentlassungen mit sich bringen, werden auch als ein Versuch gewertet, die starke Organisation der Gewerkschaften zu untergraben, um den Widerstand gegen neoliberale Reformen zu brechen. So berichten Aktivist*innen über anhaltende Drohungen und Überwachung: streikendes Personal wird mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen unter Druck gesetzt und in Kommunikationsmedien und sozialen Netzwerken kommt es zu Diffamierungskampagnen.

Foto: Luis Méndez

Neben der selektiven Repression ist aber vor allem das brutale Vorgehen von staatlichen Sicherheitskräften und Militärs gegen die Proteste zu beobachten. Die Menschenrechtsorganisation COFADEH (Komitee der Familien von Verhafteten und Verschwundenen) dokumentierte alleine im Zeitraum von Mitte Mai bis zum 9. Juni 48 illegale Verhaftungen, drei Fälle von Folter, die gewaltsame Auflösung von 48 Demonstrationen und repressive Maßnahmen gegen 136 Protestaktionen. Am 19. Juni bestimmte der Nationale Rat der Verteidigung und Sicherheit den Einsatz des Militärs, um die Demonstrationen zu kontrollieren. Dies führte bereits zu drei Todesopfern und mehreren Verletzten durch Polizei und Militär. Am 24. Juni drangen Sicherheitskräfte von Polizei und Militär in die nationale Universität von Honduras in Tegucigalpa ein und verfolgten Studierende, die auf der Straße vor der Universität demonstrierten und sich mit den Bildungs- und Gesundheitsprotesten solidarisierten. Bei dem gewaltsamen und illegalen Eingriff in die Autonomie der Universität wurden fünf Studierende durch Schüsse der Polizei verletzt. Eine Eilmission von Amnesty International dokumentierte bis Anfang Juli acht Todesopfer und 80 Verletzte. Menschenrechtsorganisationen wie COFADEH, kritisieren zudem den massiven Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen, willkürliche Verhaftungen und das Einschleusen von Provoka­teur­*innen in Demonstrationen.

// Foto: Luis Méndez

Die landesweiten Proteste führten bereits wenige Wochen nach Verabschiedung zur Außerkraftsetzung der Notstandsdekrete, die die Gesetze zur Umstrukturierung begleiten sollten. Als Antwort auf den Druck der Straße rief die Regierung Lehrer*innen und Ärzt*innen zu einem Dialog auf. Die von der Regierung zum Dialog eingeladenen Personen waren allerdings keine Vertreter*innen der Plattform für die Verteidigung der Bildung und Gesundheit, sondern gelten als der Regierung nahestehende Personen. Um an einem Dialog teilzunehmen, fordert die Plattform unter anderem die Teilnahme aller in der Plattform vertretenen Organisationen am Dialog, das Ende der Repressionen gegen Lehrer*innen und Ärzt*innen, die Untersuchung der Todesfälle mit Gewalteinwirkung bei den Protesten und eine internationale Vermittlung. Dabei solidarisiert sich die Plattform auch mit anderen Kämpfen, wie der Forderung nach Demilitarisierung der Dörfer Guapinol, Pajuiles und Guadalupe Carney, die sich im Widerstand gegen verschiedene zerstörerische Megaprojekte, wie Bergbau und Wasserkraftwerke, in der Region befinden und sich ebenso mit den Aktionen der Plattform soldarisieren.

Der systematischen Abbau von Grundrechten seit 2009 führte zur Krise


Die Regierung lehnte die Punkte jedoch bisher ab. Deshalb rief die Plattform zu einem alternativen und breiten gesellschaftlichen Dialog auf, zu dem neben Gewerkschaften und sozialen und Basisorganisationen auch Regierungsvertreter*innen eingeladen wurden. Bei einem ersten Treffen am 18. Juni in der Hauptstadt Tegucigalpa nahmen Hunderte von Delegierten aus dem ganzen Land teil. Ziel des Dialoges ist eine Analyse der Stärken und Schwächen des nationalen Bildungs- und Gesundheitssystems und die Erarbeitung einer Strategie zu deren Verbesserung. Unterdessen nehmen die Proteste kein Ende, bis die umstrittenen Gesetze endgültig außer Kraft gesetzt werden. „Wir werden nicht aufhören, zu landesweiten Protesten zu mobilisieren“, erklärt Ligia Ramos, Sprecherin der Plattform gegenüber der Internatio­nalen Nahrungsmittelgewerkschaft Rel-Uita. „Wir müssen die Regierung dazu zwingen, diese Gesetze abzuschaffen und einem neuen Modell die Tür zu öffnen, das wir gerade gemeinsam mit der Bevölkerung entwickeln.“
Obwohl die Zustimmung für Hernández im Land selbst sehr gering ist, halten die USA und die Europäische Union weiter an ihrem Verbündeten fest. Die aktuelle Krise ist das Produkt des Bruchs der verfassungsmäßigen Ordnung durch den Putsch 2009 und dem seither stattfindenden systematischen Abbau von Grundrechten und zivil-gesellschaftlichen Handlungsräumen. Wie schon vor zehn Jahren, bleibt den Honduraner*innen nur der massive Protest auf der Straße. Und wie nach dem zivil-militärischen Putsch und dem Wahlbetrug von 2017 zeigt sich die internationale Gemeinschaft bisher gegenüber den Menschenrechtsverletzungen in Honduras blind.

AVOCADOS IN DER WÜSTE

Hier wächst kaum noch etwas Die Provinz Petorca leidet unter Wassermangel (Foto: Viola Güse)

Wasser plätschert auf den Boden, der Duft vertrockneter Erde und von der Sonne verbrannter Pinienzapfen liegt in der Luft. Eine Frau wässert die Pflanzen im Schulhof. Ein Pavillon spendet wenige Quadratmeter ersehnten Schatten in der trockenen Hitze. Die Pflanzen, die sich durch die spröde, rissige Erdoberfläche gekämpft haben, saugen das spärliche Wasser auf. Einige grüne Blätter, Kakteen und die bunten Türen des Schulgebäudes bringen etwas Farbe in die wüstenähnliche Umgebung. Aktivistische Dorfbewohner*innen aus Guayacán, einem Ortsteil der Gemeinde Cabildo einige hundert Kilometer nördlich von Santiago de Chile, sind in der Schule zusammengekommen, um bei einer internationalen Gruppe Studierender auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Das Wasser ist knapp in ihrer Region, zumindest für die Bevölkerung. Bergbau und Agroindustrie florieren, während die dort lebenden Menschen um jeden Tropfen Wasser kämpfen müssen. Kämpferisch deklariert Rufino Hevia, Sprecher des Consejo de Defensa Territorial de Guayacán (Rat für die Verteidigung der Territorien Guayacáns): „Mobilisieren bedeutet mehr als auf die Straße zu gehen. Mit der ganzen Provinz Petorca, besonders den ländlichen Orten der Gemeinde Cabildo wollen wir einen gemeinsamen Plan erarbeiten, um den Wassermangel in all seinen Dimensionen zu bekämpfen, Forderungen zu stellen und Bedürfnisse zu artikulieren – aus eigener und gemeinschaftlicher Kraft.“

Der wasserintensive Anbau des Superfoods Avocado verschlimmert das eigentliche Problem

Der Weg nach La Ligua, der Hauptstadt der Provinz, ist gesäumt von weiten grünen Baumplantagen. Das Ausmaß der Wasserknappheit ist hier nicht zu erkennen. Die saftigen Blätter der Avocadobäume wiegen sich im Wind. Ein idyllischer Anblick, doch der Schein trügt. Sieht man auf die andere Seite der riesigen Anbaufläche, erstreckt sich dort ein langes, trist wirkendes Tal. Bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass sich einst ein Fluss seinen Weg durch dieses trockene Stück Erde gebahnt haben muss. Noch vor zehn Jahren floss hier die Lebensquelle der Region, der Río Ligua. Von der mit ihm verbundenen vielfältigen Flora und Fauna sind nur noch Überbleibsel zu erkennen. Der zweite Fluss in der Provinz, der Río Petorca, ist schon seit 1997 ausgetrocknet. Fragt man die Bewohner*innen von La Ligua, bekommt man immer wieder eine ähnliche Antwort: „Ich kann mich noch erinnern, als ich als Kind hier war. Die Leute trafen sich zum Baden, machten Picknick.“ Die Jüngsten kennen den „Fluss“ oft gar nicht mehr in dieser Form.

Um dramatischen Entwicklungen wie dieser auf den Grund zu gehen, muss man einige Jahrzehnte zurückblicken. Der Código de Agua, ein Gesetz aus der Zeit der Militärdiktatur unter Pinochet (1973-90), gab dem Staat das Recht, Wasserrechte gratis an private Interessent*innen zu vergeben. Diese können seitdem mit Wasser handeln wie mit einer Ware. Wie so viele Überbleibsel aus der Diktatur begünstigt das Gesetz nur wenige Großunternehmer*innen. Besonders Indigene und die bäuerliche Bevölkerung leiden unter dieser Machtverteilung. Neben der Agrar- und Bergbauindustrie im Norden Chiles erzeugt die Forstwirtschaft sogar im feuchteren Süden ähnliche Probleme. Am Ende liegt die Wurzel der Probleme, wie so oft in Chile, im extrem neoliberalen Wirtschaftssystem, das fast alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringt. Das Absurde ist, dass das chilenische Entwicklungsmodell, das seit der Diktatur verfolgt wird, ungeachtet der sozialen und ökologischen Schattenseiten, einigen anderen lateinamerikanischen Ländern als Vorbild dient.

Für ein Kilo Avocados werden ca. 1.000 Liter Wasser benötigt

Aktuell liegen sowohl die Wasserrechte zur Stromversorgung als auch die konsumtiven – also die Rechte für das Wasser, das verbraucht wird – fast komplett in der Hand weniger riesiger nationaler und internationaler Unternehmen. Besonders gravierend ist dabei, dass mehr als 80 Prozent des Trinkwassers von der Agrar-industrie verbraucht werden und nur weniger als fünf Prozent für den menschlichen Konsum bestimmt sind. Neben vieler anderer Rohstoffe wird so auch das Grundrecht auf den Zugang zu Wasser zum Spielball marktgesteuerter Interessen und die Trinkwasserversorgung in Chile zur teuersten Lateinamerikas.

„Es ist ein Problem der politischen Strukturen. Seit der Diktatur gab es keinen Wandel. Dieses diktatorische System hat das komplette freiheitliche Grundprinzip, das wir hatten, zerstört, frei zu denken, sich frei zu organisieren“, bedauert Nibaldo Yturrieta, Mitglied des Rates zur Verteidigung der Ländereien von Guayacán (Consejo de Defensa Territorial de Guayacán).

Unternehmen zapfen das wertvolle Grundwasser illegal über unterirdische Leitungen  an

Obwohl der Großteil der Wasserressourcen in Petorca ohnehin in der Hand der Großproduzent*innen liegt, ist der Durst der Pflanzen und der Minen nicht gestillt. Über unterirdische Leitungen zapfen die Unternehmen illegal das wertvolle Grundwasser an. Die chilenische Bevölker­ung profitiert nicht von den immensen Gewinnen der oft transnationalen Konzerne. Europäische Konsument*innen sind jedoch Nutznießer*innen dieses Systems. Beispielsweise exportierten chilenische Produzent*innen 2016 mehr als 58.000 Tonnen Avocados nach Deutschland. Für ein Kilo – etwa zweieinhalb Früchte – werden circa 1.000 Liter Wasser benötigt. Im Vergleich dazu: Für die Produktion eines Kilos Tomaten braucht man circa 180 Liter. Der wasserintensive Anbau des gefeierten Superfoods verschlimmert so noch einmal das eigentliche Problem.

Abgesehen von den extremen Auswirkungen auf die Umwelt, sind die sozialen Folgen gravierend. In der gesamten Provinz verloren mehr als 7.000 Kleinbauern und -bäuerinnen ihre Existenzgrundlage. Teilweise muss die Bevölkerung über Lastwagen mit Trinkwasser versorgt werden. Die Wasserqualität ist fragwürdig und die Kosten für die Verbraucher*innen immens.

Die politischen Kräfte sehen, wie in vielen anderen Regionen, die Lösung im Bau eines Stausees. Dabei bekämpfen sie jedoch nur die Symptome, nicht die Ursachen. Die Trockenheit ist nicht das ursprüngliche Problem. Nicht ein Stausee wäre die richtige Reaktion, sondern die Überführung des Wassers in öffentliche Hand. Der Bau führt weniger zu einer Umwälzung der Eigentumsverhältnisse als zu zahlreichen weiteren Schwierigkeiten.

Ein Gesetz aus der Zeit der Militärdiktatur gab dem Staat das Recht, Wasserrechte gratis an private Interessent*innen zu vergeben

Direkt auf dem Gebiet von Guayacán soll der Stausee Los Ángeles entstehen. Mindestens 34 Familien müssen dafür umgesiedelt werden. Die Kommunikation mit den Betroffenen seitens des Bauministeriums ist dabei miserabel. Die Menschen sind besorgt, weil nicht einmal ein endgültiger Ort feststeht, an dem sie zukünftig wohnen können. Rufino Hevia bemängelt: „Wir wurden überhaupt nicht in den Prozess miteinbezogen, nur formelle Versammlungen haben stattgefunden. Niemals wurden wir nach unseren Visionen und Vorschlägen für die Lösung der Wasserproblematik gefragt, geschweige denn über die Auswirkungen des Projekts informiert.“ Er sieht den sozialen und kulturellen Verlust, der seiner Gemeinde bevorsteht, in der Geschichte des Stauseebaus in Chile bestätigt. In ihrer Manifestation hat der Rat niedergeschrieben: „Wir werden nicht die Kosten einer landwirtschaftlichen Entwicklung tragen, die nur den großen Plantagen nützt.“

Auf nationaler Ebene sind winzige Fortschritte im Streit um die Wasserrechte, wie deren Reform in der ersten Legislaturperiode Michelle Bachelets 2005, seit dem Regierungswechsel im März hinfällig. Damals wurde der Einzug des Patents und eine Strafzahlung eingeführt, falls die Erwerber*innen des Rechts keine Projekte zur Lösung des Wasserproblems durchführen. Viele der Zertifikate waren dennoch von der Regelung nicht betroffen. Nun kündigte Juan Andrés Fontaine – Bauminister der neuen Regierung unter Sebastián Piñera – an, den Verfall der Wasserrechte wieder auszusetzen. Er sieht die Aufgabe des Staates darin, „die Bedingungen zu erfüllen, damit der Markt in effizienter Weise funktioniert. Unsere Diskrepanz mit der vorgeschlagenen Reform liegt darin, dass die Rechte bestimmten Nutzen zugewiesen sind. Wir denken, dass diese zur freien Verfügung stehen sollten.”

Zwei Drittel der Einwohner*innen haben kein fließendes Wasser

Aus der Opposition kam Kritik. Die Senatorin Adriana Muñoz von der sozialdemokratischen PPD findet den Vorschlag absurd: „Es gäbe keinerlei öffentliche Kontrolle über die Nutzung der Wasserrechte. Der Gebrauch ist dann willkürlich von Seiten des Eigentümers und die Regierung distanziert sich davon, dass Wasser ein nationales Gut für den allgemeinen Gebrauch ist.“ Auch die Einwohner* innen Guayacáns sehen seitens der aktuellen Regierung keine Hilfe bei der Wasserfrage. Patricio Estrella, Direktor der Schule in Guayacán, die gleichzeitig als Versammlungsort für die Aktivist*innen dient, sagt: „Gerade ist alles paralysiert.

Das Vertrauen in die Politik ist ohnehin verschwunden. Teilweise profitieren die Politiker*innen nicht nur indirekt von den Regelungen, sondern sind direkt involviert. Der Fall des Ex-Ministers Edmundo Pérez Yoma von der Christdemokratischen Partei (DC) beispielsweise sorgte für einen Skandal. Gemeinsam mit vier weiteren Unternehmern wurde er 2015 des Wasserraubes angeklagt. Statt der ihm zustehenden 100 bepflanzbaren Hektar, hatte er 500 Hektar Land bewirtschaftet. Infolge der Intensivlandwirtschaft werden vielfach Anbauflächen genutzt, die eigentlich nicht zu diesem Zweck geeignet sind und deshalb die Wasserbeschaffung erst notwendig machen. Rodrigo Román, Anwalt der Nichtregierungsorganisation Defensoría Popular, sieht darin „das nationale Epizentrum des Wasserraubes.“ Während zwei Drittel der Einwohner*innen kein fließendes Wasser haben, zapft die Avocadoindustrie es illegal ab.

Teilweise sind Politiker*innen direkt in den Wasserraub involviert

Rodrigo Sánchez Villalobos, der Bürgermeister von La Ligua, bemängelt jedoch die mangelnde rechtliche Verfolgung, die Großproduzent*innen wenig schmerzt. „Die Gesetzgebung ist ziemlich mild, weil man zwar bestraft wird, jedoch einfach mit der illegalen Extraktion weitermachen kann. Wenn man eine Anbaufläche von 100, 200 Hektar hat, zahlt man die Strafe und macht weiter wie bisher oder kann die Plantage sogar noch ausbauen.“

Ähnliche Probleme gibt es auch mit dem Bergbau in der Region. Die Kupfermine Cerro Negro in Cabildo erweitert seit Jahren ihre Schlackeseen, vergiftet so die umliegende Natur und ist zudem maßgeblich an der Planung des Stausees beteilgt, der ihr die nötige Energie liefern soll. Entschädigungsangebote sind meist nur hohle Phrasen. „Diese Mine ist sehr ausgebufft, eine dreckige Mine. Sie spalten unsere Gemeinde und bieten uns alles Mögliche an. In dieser Schule wollten sie Fenster bauen, den Hof und den Weg pflastern und einen Internetzugang installieren. Das ist nie passiert. Und die wenigen Erfolge, die man sehen kann, sind nur unter dem Druck unserer Gemeinschaft zustande gekommen. Wir möchten eine Schule, einen Kindergarten von ihnen, eine soziale Struktur. Wasser, damit die Leute dauerhaft versorgt sind – das wäre angemessen. Wir möchten einen Brunnen für die landwirtschaftliche Bewässerung, denn wir können hier nichts anbauen, weil der Staat uns weder einen Brunnen noch einen Wasserspeicher für dauerhafte Wasserzufuhr ermöglicht. Durch unseren Druck haben sie nun zumindest angefangen, einen Speicher für 11.000 Liter Wasser zu bauen. Wenigstens etwas…“, meint Rufino Hevia.

Yturrieta gibt die Hoffnung nicht auf. Obwohl ihn schon so viele Regierungen enttäuscht haben, die wenn überhaupt nur leere Versprechungen gegeben haben, wird er Geduld haben und auf kommunaler Ebene bis zur nächsten Wahl weiterkämpfen. „Wir können ein besseres Chile erlangen, ein Chile, wie wir es möchten. Ich hoffe, dass Frente Amplio (2017 gegründetes Linksbündnis, Anm. d. Autorin) ihre Arbeit fortsetzt. Und, dass sie dieses Thema einbringen.“

Am 21. April gingen wieder zahlreiche wütende Bürger*innen auf die Straße und zeigten mit lauter Musik, Trommelrhythmen und Sprechchören, dass sie nicht zum Schweigen zu bringen sind. „Wasser ist zum Leben und nicht für den Tod“, schallte es durch die sonnigen Straßen in und um Guayacán. Der Protestzug startete an der Schule. Die jüngsten Einwohner*innen sind von klein auf Teil des Kampfes. „Ríos libres, pueblos vivos“ (Freie Flüsse, lebendige Völker) und „Aguante Guayacán“ (Halte aus, Guayacán) war auf den Transparenten zu lesen. Das Thema betrifft weite Teile der Bevölkerung und schafft Solidarität im ganzen Land und über die Grenzen hinweg. Protestaktionen wie der Plurinationale Marsch für das Wasser und die Erde am 28. April fanden vom höchsten Norden bis in den Süden Chiles statt. In Santiago waren Partnerorganisationen aus Brasilien, Kolumbien, Bolivien und Peru dabei. Denn Wasser ist ein nicht nur physisches, sondern auch symbolisch essenzielles Grundrecht. Es ist untrennbar mit dem Ökosystem und der Kosmovision der darin lebenden Völker verbunden.

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