Der Umweltaktivist Rubén Collío ist am 16. Februar 2022 bei einem Verkehrsunfall in der Nähe der chilenischen Stadt Villarica ums Leben gekommen. Sein Fahrzeug hatte sich auf einer Brücke überschlagen, Collío verstarb noch am Unfallort. Der Aktivist war über die chilenischen Landesgrenzen hinweg vor allem durch den Fall Macarena Valdés bekannt, auch die LN haben ihn mehrfach getroffen. Collíos Ehefrau, die Umweltschützerin Macarena Valdés, war im Jahr 2016 tot aufgefunden worden. Zuvor hatte sie sich gemeinsam mit Anwohner*innen gegen den Bau eines Kleinwasserkraftwerkes engagiert – ein Projekt des österreichischen Unternehmens RP Global und der chilenischen Firma Saesa (siehe LN 526).
Seit dem Tod von Valdés, die von Freund*innen und Angehörigen nur „La Negra“ genannt wurde, kämpfte Rubén Collío unermüdlich für Gerechtigkeit. Denn während die chilenische Justiz lange behauptete, Valdés hätte Suizid begangen, sprechen zahlreiche Beweise dagegen. Auch Angehörige gehen von Mord als Todesursache aus, Ninoska Pailaküra von der Koordinationsgruppe „Gerechtigkeit für Macarena Valdés“ beschreibt Valdés Tod als feminicidio empresarial, also „Feminizid durch die Hände eines Unternehmens“ (siehe LN-Dossier 18).
Über seinen Kampf für Gerechtigkeit sagte Collío einmal: „Ich könnte der Suche nach Gerechtigkeit für La Negra mein ganzes Leben widmen, sie wäre es wert. (…) Sie hat mir Leben gegeben, echte Liebe, echtes Lebensgefühl. Sie hat mir meine Kinder geschenkt. Und ich werde niemals aufwiegen können, was sie mir gegeben hat. Das ist keine Zermürbung, das ist Liebe. Es ist das Mindeste, was man für einen Menschen tun kann, der wirklich zählt. Und wir werden weitermachen, bis zum Schluss. Wir werden uns stärken und erneuern, bis wir das erreichen, was wir für gerecht halten.“ Collío hatte sich zuletzt um seine Kinder gekümmert und neben seinem Aktivismus als Goldschmied gearbeitet.
Im Fall von Collíos Tod hat die Staatsanwaltschaft nun standardmäßige Ermittlungen des tödlichen Unfalls eingeleitet und eine Autopsie in der Rechtsmedizin von Temuco angeordnet. Hinweise auf Fremdverschulden waren bis Redaktionsschluss nicht bekannt.
Mapuche-Organisationen riefen noch am Tag seines Todes zu einer Veranstaltung zu Collíos Ehren auf. Sie versammelten sich am Gebäude der Rechtsmedizin, um gemeinsam zu trauern und dem Aktivisten mit Musik zu gedenken. Auch die studentische Mapuche-Organisation Wecheke Kawiñ in Valdivia rief am gleichen Abend zu einer Gedenkveranstaltung auf, in den nächsten Tagen folgten Demonstrationen und Kundgebungen auch in den großen Städten des Landes. Am 20. Februar wurde Rubén Collío in Boroa im Rahmen der Mapuche-Bestattungszeremonie eluwun beigesetzt.
Collío stammte aus einer Familie von Mapuche-Aktivist*innen. Erst im Februar vergangenen Jahres war sein Vater, Marcelino Collío Calcomín, ein Kämpfer der Vereinigung Mapuche We Kuyen, an Covid-19 gestorben. Er hatte Widerstand gegen die Pinochet-Diktatur geleistet und sich in den 90er Jahren dem Umweltrat von Lo Espejo angeschlossen. Auch er unterstützte seinen Sohn im Kampf für Gerechtigkeit für Macarena Valdés.
Collío hinterlässt neben seinen fünf Kindern zahlreiche Freund*innen, Familienangehörige und Gefährt*innen im Kampf für Gerechtigkeit. Viele Gruppen haben angekündigt, diesen Kampf weiterzuführen. In einer Rede, die die Band Waikil vertont hat, sagte Rubén Collío einmal: „Sie hätten sich niemals vorstellen können, dass die allerschönsten Dinge in der Dunkelheit passieren. (…) Heute erheben wir uns aus der Dunkelheit – mit mehr Kraft denn je. Marichiweu!“.