Maira, Sie repräsentieren eine Generation, die von der Klimakrise stark betroffen ist und sein wird. Wieso sind Sie in diesem Kontext aktiv geworden?
In Peru sehen und spüren wir Produzent*innen jeden Tag direkt, wie sehr die Klimakrise uns schadet. Die Farmen haben mit mehr Pflanzenkrankheiten und geringeren Ernten zu kämpfen. Das Wetter ist unberechenbar und oft schädlich für Pflanzen und Ernte. Darunter leiden nicht nur die kleinbäuerlichen Betriebe und Familien. Es ist wie eine Kettenreaktion: Die ganze Genossenschaft leidet, die ganze Branche – und im großen Maßstab ist die Ernährung der Welt gefährdet. Das jeden Tag zu sehen, hat mir und vielen Menschen in meiner Region klar gemacht, dass wir aktiv werden müssen, um die Klimakrise aktiv zu bekämpfen.
Wie wirkt sich die Klimakrise auf die Mitgliedsbetriebe aus?
Der gesamte landwirtschaftliche Betrieb ist davon betroffen. Das Wetter in der Region Piura, in der die Genossenschaft sitzt, hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Einerseits haben wir viel längere Regenperioden mit sehr starken Niederschlägen. Andererseits sind wir mit extremen Dürren konfrontiert. Das verursacht Probleme wie häufigere und auch neue Pflanzenkrankheiten. Infolgedessen sind die Erträge bei unseren Hauptprodukten Kaffee, Kakao und Zuckerrohr geringer. So fehlen uns Einnahmen, die wir aus dem Verkauf der Produkte erzielt hätten.
2023 hatten wir besonders schwere Probleme mit den sintflutartigen Regenfällen, die El Niño (siehe Infokasten) verursacht hat. Die Böden in den Bergen wurden vom Regen regelrecht weggespült. Viele Straßen und Transportwege waren unterbrochen. Einen großen Teil der Ernte konnten die Familien nicht zu uns transportieren, da sie von der Außenwelt abgeschnitten waren.
Um solchen Krisen entgegenzuwirken, hat die Genossenschaft Norandino Klimaprojekte ins Leben gerufen. Mit einem Darlehen werden Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel finanziert, darunter ein Wiederaufforstungsprojekt. Wie funktioniert das?
Das Aufforstungsprojekt gibt es seit 2010. Seitdem pflanzen wir in den oberen Bergen der Region Bäume. Diese schützen die Bauernhöfe, die sich in den mittleren oder niedrigeren Bergregionen befinden und verhindern das Wegspülen der Böden. Wir arbeiten mit Dörfern und Gemeinschaften im Hochgebirge zusammen, die in 3.500 Metern Höhe liegen. Gemeinsam mit den meist einkommensschwachen Familien pflanzen wir die Bäume und kümmern uns um die Aufzucht und Pflege
Es ist also ein übergreifender Plan für alle Dörfer und Gemeinschaften in der Region Piura?
Ganz genau. Wenn es um die Anpassung an den Klimawandel geht, haben wir ein weiteres wichtiges Projekt: Wir legen in den Gemeinden Familiengärten an, in denen Gemüse- und Getrei- desorten auf biologische Weise auf dem Grundstück einer Familie angebaut werden. Mitarbeitende unserer Kooperative besuchen die Familien und schulen sie. Sie besprechen gemeinsam: Welche Sorten gedeihen gut? Wie baut man sie an? Und welche Gerichte kann man daraus kochen? Die biologische Lebensmittelproduktion ist gut für das Klima. Und sie erhöht das verfügbare Einkommen der Familien, weil sie ihr Gemüse nicht woanders kaufen müssen
Welche weiteren Projekte setzen Sie in der Genossenschaft um?
Wir als Kooperative schließen Verträge mit den Kaffeebäuer*innen, in denen wir bestimmte Abnahmemengen garantieren. Mit dem Geld der Darlehen finanzieren wir den Aufkauf des Kaffees, bis die Kund*innen ihre Zahlung leisten. So müssen die Kaffeeproduzent*innen nicht auf das Geld warten. Das verschafft ihnen einen sicheren Markt mit fairen Preisen. Außerdem haben wir die Möglichkeit, weiterhin gute landwirtschaftliche und klimaresistente Techniken in der Kooperative einzusetzen, sodass die Erzeuger*innen nachhaltig wirtschaften können.
Sie sind als junge Berufstätige auf dem Land geblieben. Aber generell gibt es das Problem der Landflucht: Junge Leute ziehen in die Städte, auf dem Land fehlt der Nachwuchs. Versuchen Sie, dem entgegenzuwirken?
Es ist wirklich wichtig, dass die jungen Menschen auf dem Land bleiben. Wir versuchen, sie zu gewinnen, indem wir junge Frauen und Männer in allen Bereichen der Genossenschaft mitarbeiten lassen und ihnen Verantwortung übertragen. Unser Präsident ist das beste Beispiel: Er ist erst 35 Jahre alt. Es ist allerdings schwierig, junge Leute in der Landwirtschaft zu halten, vor allem wegen der schweren körperlichen Arbeit, die damit verbunden ist. Wir arbeiten an Möglichkeiten, diese Arbeit mit Hilfe von Technologie zu erleichtern.