IN GUNA YALA

Mola-Kunsthandwerk der Guna Tradition und Tourismus verbinden – eine der Herausforderungen für autonome indigene Strukturen (Foto: Lupo Cordero für Proyecto Nativo)

In Panama gibt es sechs indigene Autonomiegebiete, die zusammen etwa ein Viertel des Staatsgebietes einnehmen. Drei davon gehören zur Gruppe der Guna, je eines zu den Gruppen der Ngäbe-Buglé, der Emberá und der Naso. Das älteste Autonomiegebiet ist Guna Yala, ein etwa 200 Kilometer langer Streifen der karibischen Küste Panamas mit vorgelagerten Inseln, der erst seit einigen Jahren durch eine Straße mit dem Rest des Landes verbunden ist.

Bereits Kolumbien hatte 1870 ein ausgedehntes Autonomiegebiet der Guna anerkannt, dessen Status aber mit der Unabhängigkeit Panamas 1903 zunächst wieder erlosch. Im Jahr 1925 gab es nach territorialen Konflikten sowie Diskriminierungen und Misshandlungen seitens der vor Ort stationierten Polizeikräfte einen bewaffneten Aufstand der Guna, der schließlich zur offiziellen Anerkennung des Guna-Territoriums führte.
Kern der Selbstverwaltung sind zwei Versammlungen: der allgemeine, politische Kongress (Congreso general guna, CGG) sowie der spirituelle Kulturkongress (Congreso general de la cultura guna). Der CGG besteht aus Abgesandten aller Gemeinden und trifft politische Entscheidungen, die für alle Gemeinden verbindlich sind. Jedem Dorf sowie dem Gebiet als Ganzes stehen ein Sagla bzw. mehrere Saglagan (Plural) als politische und spirituelle Autoritäten vor. Der CGG hat einen Generalsekretär sowie verschiedene Sekretariate, etwa für die Verteidigung des Territoriums, für Information oder für Tourismus. Jede Gemeinde hat zusätzlich eigene Regeln.

Wirtschaftliche Interessen haben wie in vielen indigenen Gebieten stets zu Konflikten mit Staat und Unternehmen geführt. Ihre Autonomie und die geographische Abgeschiedenheit haben den Guna bisher jedoch dabei geholfen, sich erfolgreich gegen Großprojekte wie Staudämme oder Minen zu wehren. Herausforderungen für die Autonomie gibt es trotzdem. Der Bau der ersten Straße in das Gebiet wurde von den Einheimischen etwa mit dem Ziel vorangetrieben, Panama-Stadt schneller erreichen zu können. Mit der Straße kamen viele Tourist*innen, die zwar neue Verdienstmöglichkeiten, aber auch Müll und Umweltschäden brachten und auch die traditionelle Selbstversorger*innenwirtschaft störten. Ein Gleichgewicht zwischen Landwirtschaft und Tourismus wurde hier nicht von Anfang an mitgedacht.

Der Staat investiert zwar in Infrastruktur wie Schulen, Krankenstationen oder Wasserleitungen, für Projekte zur Stärkung ihrer Autonomie oder Kultur sind die Guna jedoch meist auf das Einwerben zusätzlicher Mittel angewiesen, etwa bei Entwicklungsbanken oder Botschaften. Gelungen ist ihnen dies etwa für die derzeit ablaufende, schrittweise Einführung zweisprachigen Unterrichts an den Schulen.

Junge Guna nehmen die Struktur des CGG zuweilen als anfällig für Korruption wahr, zudem sind politische Entscheidungsfindungen bei den Guna traditionell Männersache. Es werden Stimmen laut, die dies nicht mehr als zeitgemäß empfinden. Der Wandel braucht vermutlich etwas Zeit.

Dieser Artikel erschien in unserem Dossier “Sein oder Schein? – Die neue progressive Welle in Lateinamerika”. Das Dossier lag der Oktober/November-Ausgabe 2022 bei und kann hier kostenlos heruntergeladen werden.

AUFWACHEN NACH DEM GESELLSCHAFTLICHEN KNALL?

Proteste in Panama Regierung muss einlenken (Foto: Brandon Ortiz)

Panama ist eines der wenigen Länder der Region, in dem große Demonstrationen oder Massenproteste nur selten für Schlagzeilen sorgen. Weil das Land logistisch und finanziell gesehen in einer vorteilhaften Lage ist, entsteht häufig der Eindruck, dass hier alles in Ordnung sei. Das panamaische Bruttoinlandsprodukt verzeichnet laut Daten der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) für 2022 ein Wachstum von 8,2 Prozent, das Land ist eine der größten Volkswirtschaften der Region – und wächst wirtschaftlich gesehen in einem schwindelerregenden Tempo. Gleichzeitig ist Panama das sechstungleichste Land der Welt, was den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, die Verteilung des Wohlstands und die Lebensbedingungen angeht.

Die Proteste, die von Mai bis August dieses Jahres in Panama stattfanden, hatten in der Provinz Colón an der Karibikküste begonnen. Lehrergewerkschaften, Arbeitnehmer*innen und ganz normale Bürger*innen forderten bessere Lebensbedingungen, menschenwürdige Arbeitsplätze und eine gerechte Verteilung des Wohlstands. Die Provinz Colón ist nach Panama-Stadt die Stadt mit dem zweithöchsten Einkommen im nationalen Bruttoinlandsprodukt.

Hinter den Mobilisierungen im Mai standen Gruppen wie die Koalition für die Einheit Colóns (CUCO). Nach Aussagen des führenden CUCO-Aktivisten Edgardo Voitier gegenüber TeleSur zielten die Proteste darauf ab, die hohen Lebenshaltungskosten zu stoppen und die Kraftstoffpreise einzufrieren. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, wurden im Stadtzentrum von Colón Straßenblockaden, Demonstrationen und Kundgebungen organisiert. Obwohl unklar ist, wie viele Menschen insgesamt an den Aktionen teilnahmen, konnte CUCO die Proteste in der Provinz wochenlang aufrechterhalten – und die Regierung damit zu einem Dialog zwingen.

Im Juli brachen die Proteste erneut aus, dieses Mal jedoch landesweit. Es wurden die größten Proteste seit der Rückkehr Panamas zur Demokratie vor 32 Jahren. Sie begannen mit Straßenblockaden und Demonstrationen an mehreren Orten: in der Hauptstadt Panama-Stadt rund um die Nationalversammlung, in der Provinz Veraguas an der wichtigen Panamericana-Straßengabelung von Divisa sowie in mehreren Orten der Provinz Chiriquí.

Für den 1. Juli hatten Lehrkräfte und Professor*innen landesweit zu Streiks mobilisiert. Sie hatten ein symbolisches Datum gewählt – traf der Tag der Großmobilisierung doch den dritten Jahrestag des Amtsantritts von Panamas Präsident Laurentino Cortizo.

Den Aufrufen der Lehrergewerkschaften schlossen sich spontan landesweit unterschiedliche gesellschaftliche Akteur*innen an. Dazu gehörten einerseits Organisationen von Beschäftigten in Viehzucht, Fischerei, Landwirtschaft und Transportwesen sowie Schüler*innen. Sie alle schlossen sich in der landesweiten Allianz für die Rechte des organisierten Volkes (ANADEPO) zusammen, deren Aktionszentrum sich in der Provinz Veraguas befand.

Auf der anderen Seite gab es die Allianz für ein vereintes Volk für das Leben, die sich aus der Bauarbeiter*innengewerkschaft SUNTRACS, der Lehrervereinigung und verschiedenen anderen Gewerkschaften zusammensetzt und in der Hauptstadtprovinz verortet ist. Und schließlich mobilisierte auch die Nationale Koordinierungsstelle der indigenen Völker Panamas (COONAPIP), in der die sieben indigenen Gemeinschaften des Landes organisiert sind, zum Protest.

All diese Kräfte schlossen sich in zwei großen Bündnissen zusammen und forderten Lösungen für drei wesentliche Punkte. Dazu gehörte erstens die Senkung des Kraftstoffpreises, der im Mai und Juni bei sechs Dollar pro Gallone lag, auf drei Dollar. Zweitens forderten sie die Senkung der Preise für Grundnahrungsmittel, die zuletzt um 3,5 Prozent gestiegen waren, drittens eine Kontrolle der Arzneimittelpreise.

Darüber hinaus forderten Bildungsorganisationen, dass der panamaische Staat sechs Prozent des BIP für Bildung bereitstellt. Man müsse die Schulen ausbauen, Gebäude im schlechten Zustand sanieren und die Arbeitsbedingungen und Gehälter des Lehrpersonals insbesondere in abgelegenen Regionen verbessern. Das Problem der sogenannten escuelas ranchos, Schulen mit prekären Lernbedingungen, oft ohne Wände und mit Erdboden, müsse gelöst werden.

Dazu kamen schließlich Forderungen nach einer Reduzierung und Eindämmung der öffentlichen Ausgaben, die in den vergangenen Jahren verglichen mit den Vorjahren um 5,6 Prozent gestiegen sind. Hierfür sollten die ebenso exorbitanten wie fragwürdigen Budgets des Präsidialamts, des Ministeriums für öffentliche Sicherheit sowie des Parlaments beschnitten werden. Die Regierung ist in Skandale und Korruptionsfälle verstrickt Das Klima der Instabilität, das in den vergangenen Monaten in Panama herrschte, lässt sich auf einen Vertrauensverlust der staatlichen Institutionen zurückführen. Setzte man bei Amtsantritt der aktuellen Regierung noch Vertrauen darin, dass die Regierung Probleme lösen würde, hat diese sich nun in Skandale und Korruptionsfälle verstrickt. Die entsprechenden Fälle in der Nationalversammlung häuften sich. Gleichzeitig haben mehr als 80 Prozent der Menschen im Land Probleme beim Zugang zu Wohnung, Gesundheit, Bildung und Grundnahrungsmitteln, da die wirtschaftliche Unterstützung während der Pandemie zu keiner Zeit ausreichte.

Die Arbeitslosenquote liegt bei 9,9 Prozent, die Quote der informell Beschäftigten ist laut Angaben des staatlichen Statistikinstituts INEC allein in den vergangenen Monaten auf 48,2 Prozent gestiegen. Die Instabilität des Arbeitsmarktes und die Einkommensungleichheit werden damit in Panama zu einem zunehmenden Problem.

Die Regierung verhandelte zunächst in der Provinz Veraguas mit der ANADEPO-Führung und kündigte daraufhin an, den Kraftstoffpreis ab dem 15. Juli landesweit auf 3,95 Dollar zu senken. Dazu wurde auch das Einfrieren der Preise von zehn Lebensmitteln aus dem staatlich festgelegten Grundnahrungsmittelkorb erwähnt. Diese Maßnahmen genügten den Forderungen der Protestierenden jedoch nicht, geschweige denn die Liste der berücksichtigten Lebensmittel, die teils stark verarbeitet oder von fragwürdiger Qualität waren. Angesichts der Unzufriedenheit der Bevölkerung wies sogar das Gesundheitsministerium auf die Notwendigkeit hin, den Menschen einen gesunden und ausgewogenen Satz an Grundnahrungsmitteln zu ermöglichen. Sogar das Gesundheitsministerium zweifelt an den Maßnahmen Die Unzufriedenheit und die sozialen Unruhen hielten mehrere Wochen an. Auch wenn sich die Regierung den Forderungen der ANADEPO-Führung in Veraguas annäherte, demonstrierten die Menschen in anderen Landesteilen weiter und forderten die Einrichtung eines einheitlichen Runden Tisches für den Dialog. Mehrere Wochen lang wurde die Aufforderung der Regierung, die Straßenblockaden und Streiks zu beenden, ignoriert, da die Regierung diesen Runden Tisch verweigerte. Erst auf Vermittlung der katholischen Kirche hin wurde dieser schließlich doch noch am 21. Juli eingerichtet.

Unter dem Eindruck der Straßenblockaden sowie Massendemonstrationen im ganzen Land akzeptierte die Regierung die vom Runden Tisch für den Dialog vorgeschlagenen Bedingungen, darunter die Definition von 72 Gütern als Grundnahrungsmittel, erweitert auf Hygieneartikel. Die Gewinnspanne für bestimmte Produkte wurde auf höchstens 15 bis 20 Prozent begrenzt, der Benzinpreis wurde auf 3,25 Dollar pro Gallone eingefroren. Dazu wurde eine Nulltoleranzpolitik gegenüber Korruption vereinbart.

Im Bildungsbereich wurde eine schrittweise Erhöhung der Investitionen vereinbart. Die Abmachung legt fest, dass dies mit einer gerechten Verteilung geschehen soll, die die Qualität der Schulbildung stärkt. So sollen die hierfür vorgesehenen Mittel im Haushalt 2023 auf 5,5 Prozent des BIP und im Jahr 2024 auf sechs Prozent ansteigen. Außerdem wurde vereinbart, das Gesetz über das öffentliche Auftragswesen zu ändern, um die Mittelvergabe für den Unterhalt von Schulen zu erleichtern. So sollen öffentliche Mittel zukünftig schneller bereitgestellt werden können.

Schließlich verfügte die Regierung, den Preis von 170 Medikamenten für vorerst 6 Monate um 30 Prozent zu senken. Die Forderung nach einer Senkung der Preise einer Reihe wichtiger Arzneimittel bleibt eines der umstrittensten Themen: es bestehen wirtschaftliche Interessen an der Einfuhr von teuren Arzneimitteln, die in Panama bis zu 300 Prozent mehr kosten als anderswo.

Als Folge der erzielten Vereinbarungen endeten die Proteste schließlich im August. Noch im Oktober soll jedoch eine zweite Phase des Runden Tisches beginnen, in der strukturelle gesellschaftliche Probleme sowie offene Punkte besprochen werden sollen.

Die Protestwelle zeugt von der Zermürbung und Erschöpfung einer Bevölkerung, die es leid ist, ein unwürdiges Leben zu führen, in dem sich der Reichtum in den Händen einiger weniger konzentriert. Entsprechend sieht sie keine andere Möglichkeit mehr, als auf die Straße zu gehen. Für die öffentliche Verwaltung bietet sich nun eine gute Möglichkeit, das Vertrauen zwischen den Bürger*innen und der Exekutive wieder zu festigen und nach mittel- und langfristigen Lösungen zu suchen, um die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. In den Worten des SUNTRACS-Anführers Saúl Méndez (LN 415) heißt das, dass „die Regierung nicht weiter nur für die Reichen in diesem Land regieren kann”.

Bis zu den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 bleibt noch Zeit, den sozialpolitischen Kurs zu korrigieren und Vertrauen und Entwicklung zu erreichen. Dabei müssen die in Vereinbarungen gegossenen Forderungen der Protestierenden berücksichtigt werden: Die jüngste Protestwelle hat unter Beweis gestellt, dass das pro Kopf drittreichste Land Lateinamerikas ein aktiver und sprudelnder Nährboden für Mobilisierungen ist, der jederzeit wieder explodieren kann.

Schatten der Vergangenheit

Fotoquelle: © Stefanie Reinhard

Der nur zehnminütige, minimalistische Kurzfilm Al motociclista no le cabe su felicidad en el traje des mexikanischen Regisseurs Gabriel Herrera Torres ist größtenteils vor einem neutralen Hintergrund gedreht, im Innern eines großen Zeltes. Er würde die Zuschauer*innen wohl etwas ratlos und gelangweilt zurücklassen, wäre da nicht die Stimme aus dem Off, die die Handlung begleitet. Sie erzählt, wie der eitle Eroberer Hernán Callejos – nicht zufällig an den in Mexiko vielgehassten Konquistador Hernán Cortés erinnernd – mit seinen Soldaten im Dschungel sein Unwesen treibt: er verscheucht „Indios“ und begreift die vielen für ihn unerwarteten, unbekannten Pflanzen, Tiere und andere Dinge nur, indem er ihnen seine eigene Weltsicht überstülpt. Bei all dem ergötzt er sich an sich selbst und will allen Ruhm für sich allein.

Als symbolische Wiederaufführung der historischen Geschehnisse gewinnt die Handlung des Kurzfilms, 500 Jahre nach der Eroberung von Tenochtitlán durch Cortés, plötzlich Sinn durch eine politische Dimension: Er setzt sich kritisch mit der Hybris auseinander, die die damaligen Konquistadoren kennzeichnete, von der aber auch heutige spanische Politiker*innen beim Blick auf die Kolonialgeschichte nicht frei sind.

Zumindest im Film hat die Selbstüberschätzung eindeutige Folgen: Das Motorrad geht im wörtlichen Sinn vor die Hunde, Hernán Callejos verschwindet im Dschungel. Wer sich über zehn Minuten konzentriert, wird hier belohnt.

Fotoquelle: © Mateo Guzmán

Der zweite lateinamerikanische Kurzfilm, A love song in Spanish, ist in dokumentarischer Form, etwas länger und kommt aus dem als Filmland noch relativ unbekannten Panama. Die Regisseurin Ana Elena Tejera nimmt darin die Erinnerungen ihrer Großmutter zum Ausgangspunkt, sich mit der Militärdiktatur in Panama von 1968 bis 1989 zu beschäftigen. Es wird nicht chronologisch erzählt, sondern assoziativ, Vergangenheit und Gegenwart in stetem Wechsel. Auf Bilder aus dem Alltag der alten Frau und von panamaischen Militärpolizisten der Gegenwart folgen historische Aufnahmen, die die Realität während der Diktatur zeigen. Die Protagonistin bekräftigt: „Schrecklich, ein Leben mit der Militärdiktatur, ich habe das am eigenen Leib erlebt.“ Soweit, so tragisch vertraut im Kontext von Dokumentarfilmen zu Militärdiktaturen – die Familiengeschichte erweist sich jedoch als komplexer, als die Zuschauer*innen vielleicht zunächst erwarten würden, denn Tejeras Großmutter arbeitete selbst beim Militär, wie auch ihr verstorbener Mann. Die ambivalente Beziehung der beiden Großeltern zieht sich wie ein roter Faden durch den Film. Hier alte Bilder der beiden und neue, in denen sie ihre Liebe zu ihm bekräftigt, sich schön macht und allein zur Musik tanzt, als wäre er noch dabei – andererseits dunklere Erinnerungen, die sie genauso wenig loslassen wie die dunkle Vergangenheit das Land. Am Ende bleibt vieles unbeantwortet, als Zuschauer*in möchte man der alten Frau Fragen stellen und bleibt doch, wie sie selbst, im doppelten Sinn verstört zurück: durch die Schilderung von militärischer Gewalt und der emotionalen Bindungen zu jemandem, der Schuld auf sich geladen hat.

„IN 30 JAHREN VERSCHWINDEN WIR VIELLEICHT“

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BLAS LÓPEZ MORALES
ist Soziologe und war von 2011 bis 2013 Generalsekretär des allgemeinen Kongresses der Guna. Derzeit ist er Mitglied der Kommission, die den Umzug seiner Gemeinde Gardi Sugdub von einer Insel auf das Festland organisiert. (Foto: Proyecto Nativo, www.nativoproject.com)


Welche Veränderungen spüren Sie durch den Klimawandel?
Es gibt eine Zunahme extremer Wetterereignisse. Stürme und Überschwemmungen werden stärker, wir spüren den steigenden Meeresspiegel. In der Zeit von November bis Februar, wenn es in Guna Yala Nordwind vom Meer gibt, kann es zu Wellen kommen, die mehrere Meter hoch sind. Dieses Jahr im Januar war es schlimm. Eine Woche lang gab es Unwetter mit Überschwemmungen und Zerstörungen in mehreren Dörfern. Auf meiner Insel Gardi Sugdub waren die Auswirkungen geringer, weil der Insel eine Landzunge vorgelagert ist.

Was bedeutet eine Überschwemmung für die Inselbewohner*innen?
Das Wasser kommt manchmal am Morgen, manchmal am Nachmittag und bleibt zwei bis drei Stunden. Je nach örtlicher Gegebenheit werden zum Teil nur die Häuser überschwemmt, die nah am Wasser stehen. Auf tiefer gelegenen Inseln werden aber auch ganze Straßenzüge überflutet. Zum Teil werden dabei Häuser komplett zerstört, in anderen Fällen Feuerstelle und Feuerholz überflutet. Die Familien können dann nicht mehr kochen, was sehr hart für sie ist.

Guna-Häuser am Wasser sind bei Stürmen von Überschwemmung bedroht

Wie reagieren die Guna in solchen Fällen?
Die betroffenen Familien kommen dann meist in anderen Häusern bei Verwandten unter, die weiter entfernt vom Wasser wohnen, oft auf anderen Inseln. Wenn nötig, baut die Solidargemeinschaft des Dorfes ein neues Haus für die betroffenen Familien, der Dorfvorsteher Sagla organisiert das. Um sich zu schützen, errichten die Leute Schutzwälle am Ufer und befüllen Sandsäcke. Aber es gibt keine Vorwarnung. Das Gefühl ist, dass es keinen Schutz gibt. Auf den kleinen Inseln kann man sich nicht schnell in Sicherheit bringen. Die Leute haben Angst, dass es in Zukunft wieder passiert. Wie wird das erst in 30 oder 50 Jahren sein? Vielleicht verschwinden die Guna dann. Es gibt aber aktuell noch weitere Probleme durch die Unwetter.

Welche sind das?
Vor allem die Kinder und Älteren bekommen Bauchschmerzen und müssen sich übergeben. Der Grund ist, dass das Hochwasser auch die Flüsse überschwemmt, aus denen wir über eine Leitung unser Trinkwasser beziehen – die Leitungen verstopfen durch Sedimente und gehen kaputt.

Bei Sturm und hohem Wellengang können die Leute nicht mit ihren Kanus zum Fischen raus fahren. Meine Insel Gardi Sugdub ist im Gegensatz zu den anderen Dörfern in Guna Yala seit einigen Jahren über eine Straße mit der Außenwelt verbunden, die Leute hier leben inzwischen mehrheitlich vom Tourismus und versorgen sich nicht mehr selbst. Aber die Straße wurde aufgrund des Unwetters geschlossen, die Läden wurden daher nicht beliefert und aufgrund der ausbleibenden Touristen hatten viele Einnahmeausfälle.

Obwohl wir genug Land haben, gibt es auch auf anderen Inseln einen Trend hin zu weniger Selbstversorgung durch eigene Landwirtschaft – unser traditionelles Essen aus Fisch, Pflanzenknollen, Kokosnüssen und Kochbananen wird mehr und mehr etwa durch Reis und Geflügel ersetzt, was von Schiffen aus Kolumbien oder Colón gebracht wird. Wenn diese bei Unwetter wegbleiben, fehlen Nahrungsmittel.

Die Insel Gardi Sugdub plant den Umzug auf das Festland

Mehrere Dörfer denken inzwischen darüber nach, zurück aufs Festland zu ziehen. Inwiefern laufen konkrete Vorbereitungen?
Die Zerstörungen im Januar haben die Diskussionen angeheizt. Ein weiterer Grund dafür ist der Bevölkerungszuwachs, die Verhältnisse sind überall sehr beengt und die Inseln werden zu klein. In meinem Dorf sind wir am weitesten, wir planen bereits seit zehn Jahren den Umzug von mehr als 300 Familien, etwa 1.500 Personen. Damals haben wir die Initiative ergriffen und eine Kommission für die Organisation des Umzugs gegründet.

Wir haben uns Gedanken gemacht, etwa um die Wasser- und Stromversorgung am Ort der geplanten neuen Siedlung, die Müllentsorgung oder den Umgang mit Insekten und Krankheiten wie Malaria, die es auf den Inseln nicht gab. Der allgemeine Kongress der Guna (Congreso General Guna, ein zentrales Organ der politischen Autonomie Guna Yalas, siehe Infokasten und LN 533), fördert etwa die lokale Agrarwirtschaft, um die Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen.

Gab es Schwierigkeiten beim Umzugsprozess?

Um für alle neue Häuser zu bauen, reichte das traditionelle Baumaterial vor Ort nicht aus, insbesondere gab es nicht genug Blätter der Weruk-Palme, die wir für die Dächer verwenden. Daher haben wir mit der Regierung gesprochen, die uns im Rahmen eines Häuserbauprogramms Unterstützung zugesagt hat. Leider mussten wir dafür akzeptieren, dass die Häuser aus Zement sein werden und nichts mit unseren traditionellen Häusern gemein haben.

Für eine langwierige Suche nach anderweitiger  Finanzierung besserer Häuser hatten viele Leute keine Geduld mehr, denn bereits vor neun Jahren wurde der Bau einer Schule und einer Krankenstation begonnen. Zu deren Fertigstellung und zum Bau der Wohnhäuser kam es damals aber nicht, da die Mittel plötzlich dringend in anderen Provinzen benötigt wurden. Die neue Regierung von Nito Cortizo führt den Bau nun endlich fort. Vor einigen Wochen haben erste Arbeiten begonnen, die Übergabe der Wohnhäuser wird innerhalb von zwei Jahren erwartet. Viele Ältere wollen nach wie vor ihre gewohnte Umgebung nicht verlassen und auf der Insel bleiben. Die Jüngeren wollen dagegen umziehen, so dass insgesamt eine Mehrheit dafür ist.


Mola-Kunsthandwerk ist eine Einnahmequelle in Gardi Sugdub

Welche Schlüsse ziehen die Guna aus dem bisherigen Prozess?
Die Kommission in Gardi Sugdub arbeitet gemeinsam mit weiteren Experten an einem strategischen Umsiedlungsplan, für den wir mit Unterstützung der Interamerikanischen Entwicklungsbank  die  sozialen,  wirtschaftlichen, ökologischen und kulturellen Aspekte der Umsiedlung untersuchen und aufarbeiten. Wir organisieren auch Schulungen im Dorf, zu Themen wie Gesundheit, Umweltschutz oder wie in Zukunft die räumlichen Gegebenheiten sein werden, etwa der Schulweg der Kinder.

Den fertigen Umsiedlungsplan wollen wir dann auf der Versammlung des Kongresses vorstellen. Die Saglagan haben den Betroffenen nach den Überschwemmungen Reis gebracht. Wir Guna sollten uns aber nicht nur in der Not helfen, sondern müssen selbst einen Handlungsplan entwickeln, denn sonst bleibt uns nur, auf die Regierung zu warten. Der Kongress könnte den Plan für ganz Guna Yala nutzen oder entsprechend weiterentwickeln.

Auch der Regierung und internationalen Institutionen, die uns unterstützen können, wollen wir ihn präsentieren. Ich denke, dass der Plan eine Blaupause sein kann, auch für die anderen Inseln der Guna – von denen einige keine Kapazitäten für eine eigene Planung haben – sowie überhaupt indigene Küstendörfer, die vom Klimawandel bedroht sind und einen Umzug planen.

Arbeit für die Fischer gibt es bei Stürmen nicht

Wie man auf den Inseln sieht, haben die Guna oft Korallen verwendet, um ihre Inseln zu vergrößern oder Dämme zum Schutz gegen Überflutungen zu bauen. Welche Rolle spielt das bei den Überschwemmungen?
Die Guna haben damit angefangen, als der Platz aufgrund des Bevölkerungszuwachses zu knapp wurde und anfangs nicht daran gedacht, dass das Konsequenzen haben könnte – eine reine Überlebensstrategie. Aber die Korallenriffe sind wichtig als Schutz gegen Überflutungen, außerdem sind sie Teil der Natur, die uns am Leben erhält, genau wie der Wald und das Meer. Der Kongress hat die Entnahme von Korallen aus dem Meer inzwischen verboten, und wir müssen dafür sorgen, dass es allen bewusst ist. Heute machen das nur noch wenige, auch weil sie merken, dass es sich negativ auf den Fischfang auswirkt.

Welche Bedeutung hat die Natur in der Kultur der Guna?
Wir haben eine enge, harmonische Beziehung zur Mutter Erde, auch in spiritueller Hinsicht. Wir stellen uns etwa vor, dass die Pflanzen und Tiere unsere Brüder und Schwestern sind, Menschen, die sich einst verwandelt haben, um uns bei unserem heutigen Leben zu helfen. Unsere Schamanen sprechen mit ihnen und der Sagla erinnert uns daran, der Natur Liebe und Respekt entgegenzubringen. Wir geben uns auch entsprechende Regeln, die alle in der Gemeinschaft befolgen müssen, wie jene zum Schutz der Korallen oder etwa Schonzeiten für Langusten zur Erholung der Bestände.

Unsere Anführer sagen: Wir haben verstanden, dass wir von der Natur abhängig sind und sie nicht misshandeln dürfen. Daher nehmen wir uns beim Jagen, Fischen oder beim Hausbau nicht mehr als das, was wir zum Leben brauchen. Der westliche Lebensstil dagegen sieht anders aus.

Traditionelle Kochstellen dürfen nicht nass werden, sonst gibt es nichts zu Essen

Wen sehen die Guna denn in der Verantwortung für den Klimawandel?
Letztlich ist das Problem das kapitalistische System selbst. Die Nationen der Welt haben die Natur ausgebeutet und sie in ein monetäres Gut verwandelt. Die Regierungen vor allem der weit entwickelten Länder und die privaten Unternehmen müssen ihre Politik ändern, denn der Lebensraum von uns Indigenen wird immer verwundbarer. Wir haben auf die Natur achtgegeben, während die Verschmutzung aus den reichen Ländern kommt, von den Unternehmen. Sie produzieren Müll, stoßen Treibhausgase aus und holzen den Wald ab. Es gibt dazu zwar Konventionen der UNO, die die Regierungen unterschrieben haben, aber dann halten sie sich nicht daran. Finanzielle Hilfen kommen oft nur bei der Regierung an und nicht bei den betroffenen indigenen Gemeinschaften. Das sollte sich ändern.

Welche Rolle könnten indigene Gruppen für die weltweite Debatte um Klimaschutz spielen?
Die Regierungen und transnationalen Unternehmen müssen verstehen, dass die Mitwirkung der indigenen Bevölkerung bei diesem Thema sehr wichtig ist. Wir als Guna und Indigene nehmen an den internationalen Konferenzen und Gipfeltreffen zum Klimawandel teil. Unser traditionelles Wissen, unsere traditionellen Praktiken in nachhaltiger Landwirtschaft wie das Säen heimischer Nutzpflanzen oder die Bewirtschaftung von Parzellen mittels Agroforstwirtschaft, die eine Regeneration der Wälder erlauben, können zur Debatte einen wesentlichen Beitrag leisten. Wir müssen da noch offensiver auftreten.

Letztlich müssen wir, die Umweltschützer, NGOs, die sozialen Bewegungen, die ja zur Zeit besonders in Europa sehr aktiv sind, und die Unternehmen beim Thema Klimawandel zusammenarbeiten. Die Staaten der Welt sollten sich verpflichten, die indigene Bevölkerung bei der Stärkung ihrer Kultur und ihres traditionellen Wissens zu unterstützen.

Projekte, die uns unterstützen möchten, sind willkommen, dürfen aber nicht über unseren Kopf hinweg beschlossen werden. Sie müssen den indigenen Gemeinschaften wirklich zugute kommen, es muss viel Transparenz geben, wir müssen in die Entscheidungsprozesse eingebunden sein und man sollte uns keine Vorschriften machen, wie wir die Natur schützen sollen.

“EN 30 AÑOS A LO MEJOR DESAPARECEMOS”

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BLAS LÓPEZ MORALES
es sociólogo y fue secretario general del Congreso General Guna entre 2011 y 2013. En la actualidad es miembro de la comisión que organiza el traslado de su comunidad Gardi Sugdub desde la isla en la que se ubica a tierra firme.
(Foto: Proyecto Nativo, www.nativoproject.com)


¿Qué transformaciones percibe a raíz del cambio climático?
Hay desastres naturales con mayor densidad. La subida del nivel del mar y los vientos son cada vez más intensos. El oleaje antes era de uno o dos metros, ahora en enero era de tres, cuatro metros.

De noviembre a febrero la gente sabe que soplan vientos del norte y se acostumbra, pero este año lo que pasó en las costas fue muy intenso, durante una semana hubo inundaciones y hubo mucha destrucción en las casas. Por suerte en Gardi Sugdub no pasó tanto (una península la protege, nota de redacción), pero otras comunidades que están más expuestas al mar se ven más afectadas por la intensidad de las olas.

¿Qué significa una inundación para los habitantes de la isla?
A veces comienza por la mañana, a veces en la tarde. Son dos, tres horas durante las que las comunidades se llenan de agua. A veces se inunda todo el litoral, afectando a los que viven frente al mar. En comunidades que son bajas se llenan también las calles principales. Se destruyen las casas o se llenan con agua las cocinas y la leña cuando están frente al mar, y la gente no puede cocinar. Eso es un poco duro.

Además hay dolores de estómago y vómitos sobre todo entre mayores y niños. La calidad del agua ya no es la misma: las comunidades reciben el agua a través de acueductos que llegan a la isla, el agua proviene de los ríos en tierra firme. Con las inundaciones y el viento fuerte se inundan los ríos, las tuberías se rompen por la sedimentación, el agua se contamina y ya no es dulce.

Casas Guna en la orilla del mar están amenazadas por inundaciones en caso de temporales

¿Qué otros problemas tienen en este tipo de situaciones?
Durante los temporales la gente ya no puede salir a la pesca y se queda sin alimentos. En caso de Gardi Sugdub, hay una conexión por una carretera desde hace unos años. Muchos en la comunidad trabajan en el turismo. Durante el temporal los turistas no pudieron venir y a la gente que trabaja en turismo le afectó bastante, no hubo entrada durante una semana.

En Guna Yala tenemos terrenos, la gente tiene su finca y bien podrían alimentarse, bien podrían producir, pero la mayoría ya no trabaja en el campo. En los últimos años ha cambiado bastante la alimentación de los Guna. Ahora la gente espera a los barcos colombianos, a la gente de Panamá que proveen alimentos a la comarca. Todo viene de la ciudad y cuando de repente los barcos o los carros no llegan, no podemos abastecer las tiendas.

¿Cómo reaccionan los Guna en estos casos?
El pueblo es solidario y bien organizado. La autoridad del Sagla comienza a organizar, a ubicar a las familias en otros lugares. Con una inundación, muchas veces trasladan a las familias afectadas a otra isla y éstas se quedan en las casas de sus familiares. O la comunidad les construye la casa. Para evitar que se inunde su casa, la gente busca arena y piedras en la playa para rellenar, ponen sacos de arena, hacen barreras.

Pero no hay una alerta temprana, no hay seguridad para la población. Son islas pequeñas, ¿dónde se puede evacuar? La gente está notando esto cada vez más y está un poco asustada con lo que pasó en enero. La gente tiene miedo de que pueda pasar otra vez y pregunta: ¿Que va a pasar en 30, 50 años? Yo digo, a lo mejor el pueblo Guna va a desaparecer porque la intensidad es mayor cada año.

 

La isla de Gardi Sugdub está planificando el traslado a tierra firme

Varias comunidades ahora están pensando en trasladarse a tierra firme. ¿Cómo van los preparativos?
A raíz de los graves daños este año, mucha gente, muchas comunidades se percataron de que tenemos que cruzar a tierra firme. Otra razón es que la población aumentó y la gente ya no cabe en las islas.

La comunidad de Gardi Sugdub tomó la iniciativa, ya estamos en proceso desde hace 10 años y más avanzados que en otras comunidades. Más de 300 familias, más o menos 1500 personas se van a trasladar. Se creó una comisión para organizar y planificar el traslado, por ejemplo en cuanto al agua, la electricidad, el problema de la basura o los insectos del área. En una comunidad que vive en una isla no hay malaria y hay pocos insectos, pero el brote de la malaria es más en la costa.

El Congreso General Guna (o “Congreso”, órgano de la autonomía Guna, véase nota y LN 533 para más información) está incentivando el trabajo en el campo más allá del consumo familiar, producir más en una escala de venta, para la seguridad alimentaria.

¿Hubo dificultades en el proceso de traslado?
Para construir 300 casas no alcanzaban las hojas de la palma Weruk que utilizamos para el techo. Por eso aceptamos la ayuda del gobierno dentro de un programa para la construcción de casas. Lamentablemente son casas pequeñas y de cemento, como de cualquier barriada, no adaptadas a la cultura Guna. En la comisión no estuvimos de acuerdo con eso, pero un mejor diseño hubiera sido más caro y buscar un presupuesto a nivel internacional toma mucho tiempo. Tuvimos muchas tensiones internas porque la gente ya no quería esperar 15, 20 años más, así que al final aceptamos el diseño.

Ya hace 9 años que se comenzaron a construir una escuela y un centro de salud. Luego los fondos se desviaron hacía otros lugares, no se terminaron las obras. Ahora bajo el nuevo gobierno de Nito Cortizo las obras se reanudaron, la entrega de las casas se espera dentro de dos años. Las familias son extensas, pero en el futuro pueden agrandar las casas pequeñas.

Creo que el traslado va a afectar bastante a la población Guna, el cambio va a ser un poco drástico. Los mayores no quieren cruzar, pero la mayoría, los jovenes, sí.


Típica artesanía Guna Molas son una fuente de ingreso en Gardi Sugdub

¿Qué conclusiones sacan los Guna del proceso hasta ahora?
La comisión de Gardi Sugdub junto a otros expertos está trabajando en un plan de reasentamiento para el pueblo Guna con el apoyo del Banco Interamericano de Desarrollo. Se trata de lineamientos estratégicos en aspectos económicos, sociales, medioambientales y culturales. En la comunidad también estamos haciendo capacitación sobre cómo va a ser la adaptación al nivel de la salud, del medio ambiente, el trabajo en el campo o cómo se llega a la escuela.

Queremos presentar el plan de reasentamiento en la asamblea del Congreso. Los caciques llevaron arroz a las comunidades afectadas, pero no solamente se trata de dar y apoyar. Al Congreso le toca planificar y desarrollar una política de reasentamiento como parte de la agenda del pueblo Guna. Sino sólo nos va a quedar esperar una solución del gobierno.

El Congreso puede validar y mejorar el plan en el que venimos trabajando. Queremos presentarlo también al gobierno, a los órganos internacionales que puedan dar apoyo. Esa experiencia de Gardi Sugdup puede servir para otras comunidades Guna que quieran trasladarse – de las que algunas no tienen la iniciativa o el liderazgo para hacer su propio plan – y para otras comunidades indígenas costeras que son vulnerables frente al cambio climático.

Trabajo para los pescadores es imposible durantes los temporales

Los Guna a menudo han usado corales para agrandar las islas o hacer barreras de protección. ¿Tiene su uso de las corales algún efecto en las inundaciones?
Los Guna comenzaron a hacer rellenos con corales cuando ya no había espacio por el aumento de la población, luego también por la subida del nivel del mar. Nunca pensaron que eso podría afectar. Esto no es parte de la cultura Guna, sino una forma de sobrevivir, nada más. Nos dimos cuenta de que los corales naturales, al igual que el bosque y el mar, son el sustento diario del pueblo Guna para vivir. Por eso, el Congreso ha prohibido los rellenos. Hay que concientizar a la población que los corales son importantes como barrera natural contra las inundaciones. Pero yo veo que hoy es mínimo, son cosas esporádicas, la gente ha notado que esto se siente en la pesca.

¿Qué significado tiene la naturaleza en la cultura Guna?
Tenemos una relación estrecha, armoniosa con la Madre Tierra, también a nivel espiritual. Los pueblos indígenas creemos que los recursos naturales tienen vida, son nuestros hermanos, seres humanos que se han transformado para apoyar la subsistencia de las generaciones actuales. Los chamánes se comunican con todo este entorno, el Sagla nos recuerda hacer uso de la tierra y sus recursos naturales con amor y mucho respeto. Además el Congreso pone normas concretas, como en el caso de la prohibición de los rellenos o en el caso de la pesca, dónde cada año se hace una veda para ayudar a la recuperación de las poblaciones.

Nuestros líderes dicen, en palabras del Sagla dummad Gilberto Arias: no podemos maltratar a nuestra Madre, más bien hemos comprendido que dependemos mucho de ella, y por eso extraemos lo necesario para nosotros en la cazería, pesca, agricultura, en la construcción de las casas, entre otras cosas. Los modos de vida occidentales son otra realidad.

Cocinas Guna a leña no deberían mojarse, sino no se puede cocinar

¿A quiénes ven los Guna como responsables del cambio climático?
El problema es el mismo sistema capitalista. Todas las naciones han explotado los recursos naturales y los han convertido en un bien monetario.

Los gobiernos y también las empresas privadas – sobre todo de los paises desarrollados – tienen que adaptar sus políticas, porque nosotros, los pueblos indígenas, vivimos en comunidades cada vez más vulnerables. Hemos salvaguardado nuestros bosques, nuestros mares – si tú ves la contaminación, viene de los paises ricos, de las empresas. Producen basura y están emitiendo gases, están deforestando, lo cual, como dicen los sabios Guna, es quitarle el vestido a la Madre naturaleza porque en ella ocasionan cambios como la sequía.

En la ONU hay convenciones internacionales firmadas por los paises, pero no se ejecutan, solamente los firman. Hay financiamiento de los fondos pero no llega a las comunidades afectadas, a los campesinos, a los pueblos indígenas. Eso debería cambiar.

¿Que rol podrían tener los grupos indígenas en el debate global sobre el cambio climático?
Los gobiernos y las empresas tienen que entender que la participación de los pueblos indígenas es muy importante en este tema. Nosotros los Guna, los pueblos indígenas, estamos participando en los foros internacionales del cambio climático. Nuestros conocimientos tradicionales, nuestras prácticas tradicionales de la agricultura sostenible, como la siembra de plantas útiles nativas o la costumbre de las parcelas agroforestales, que permiten regenerar los bosques, pueden aportar mucho en el debate. La participación indígena tiene que ser más combativa en esos espacios.

Creo que es muy importante que los indígenas, los ecologistas, los ONGs, los movimientos sociales, donde ahora hay mucha mobilización por parte de los jovenes en Europa, y los empresarios trabajemos conjuntamente frente al cambio climático.

Los estados del mundo deben firmar un acuerdo y comprometerse a ayudar a los pueblos indígenas para fortalecer sus culturas y difundir sus conocimientos tradicionales sostenibles, sin condiciones respecto a cómo debemos continuar conservando la naturaleza. Si una organización o una empresa quiere apoyar a los pueblos indígenas, es bienvenida, pero siempre y cuando la participación de los pueblos indígenas en la toma de decisiónes esté, que haya mucha información y transparencia, que lleguen los beneficios a la comunidad.

LICHT AM ENDE DES KANALS


„Kein Vergessen, kein Pardon!“ Wandbild in El Chorillo (Foto: Tobias Lambert)

Am 20. Dezember 1989 endete die Kindheit von Ernesto Fitzroy Hay abrupt. Der damals 15-jährige Schüler hatte sich am Vorabend auf eine Chemie-Prüfung vorbereitet, als um 0.46 Uhr die erste Bombe auf El Chorillo fiel. Nach wenigen Stunden war es dem Erdboden gleichgemacht. In dem Armenviertel in Panama-Stadt, das Anfang des 20. Jahrhunderts für die Unterbringung von Kanalarbeitern gegründet worden war, brannten alle Holzhäuser komplett ab. Zu Fitzroys Glück zersplitterten in der Wohnung seiner Familie lediglich die Scheiben: Er wohnte in einem der wenigen Hochhäuser aus Stein. „Für Panama gibt es ein vor und ein nach der Invasion“, sagt er heute. Vor 30 Jahren setzte US-Präsident George H. Bush mit der Operation „Just Cause“ („Gerechte Sache“) die größte Luftlandeaktion seit dem Zweiten Weltkrieg in Gang. Mehr als 26.000 US-Soldaten überfielen das kleine, am Übergang von Zentral- und Südamerika gelegene Panama. Vorrangiges Ziel war die Absetzung des militärischen Machthabers Manuel Noriega, dessen Hauptquartier sich mitten in El Chorillo befand.

Bis heute wird die US-Invasion häufig als kleiner, chirurgischer Eingriff dargestellt, der Panama Freiheit und Demokratie gebracht habe. Die panamaische Elite feierte das Ende der Militärdiktatur, doch in El Chorillo erinnern sich die Menschen mit Schrecken an die Invasion. Tatsächlich verloren in jener Nacht wahrscheinlich mehrere Tausend Menschen ihr Leben. Genaue Zahlen gibt es bis heute nicht, US-Soldaten verscharrten viele Opfer in Massengräbern.

Manuel Noriega, der seit den 1970er Jahren auf der Gehaltsliste des US-Geheimdienstes CIA stand, hatte bald nach seiner Machtübernahme 1983 von den USA unterstützte nicaraguanische Contra-Kämpfer in Panama ausbilden lassen. Diese kämpften gegen die linke Regierung der Sandinisten. Dazu stellte er sein Land als Zwischenstation bei illegalen US-Waffenlieferungen an Iran zur Verfügung, aus deren Erlösen die Contras finanziert wurden. Die USA sahen dafür großzügig über Noriegas Drogengeschäfte mit dem kolumbianischen Medellín-Kartell hinweg. Als Ende 1986 der Iran-Contra-Skandal aufflog, verlor Noriega seine Bedeutung für die US-Kriegsstrategie in Zentralamerika und wurde plötzlich zum Bad Guy.

„Es gibt ein vor und ein nach der Invasion“

Trinidad Ayola verlor am 20. Dezember ihren Mann, der als Soldat zur Schicht in einer Kaserne nahe des Flughafens eingeteilt war. Die heutige Präsidentin des Komitees der Angehörigen der Invasionsopfer ist eine der wenigen Personen, die öffentlich über den anhaltenden Schmerz und die Geringschätzung sprechen, mit der die Opfer in der panamaischen Gesellschaft häufig konfrontiert werden. Außerhalb der betroffenen Gebiete ist die Erinnerung an die Invasion kaum präsent, selbst in Schulbüchern wird diese nur am Rande erwähnt. Seit Jahren fordern Ayola und ihre Mitstreiter*innen eine echte Erinnerungspolitik, Entschädigungen für die Hinterbliebenen und dass der 20. Dezember zum nationalen Trauertag erklärt wird. Doch gerade an dieser Frage scheiden sich in Panama die Geister. Den Grund dafür sieht Ayola darin, dass die politische Elite die Invasion damals aktiv eingefordert hat und nicht die guten Beziehungen zu den USA aufs Spiel setzen will. Auch seien die meisten Opfer eben in Armenvierteln wie El Chorillo zu verzeichnen gewesen und nicht etwa in wohlhabenderen Wohngegenden. Das damalige Vorgehen der USA hält sie für völlig unverhältnismäßig. „Es war unnötig, so viele Menschen zu töten. Die USA konnten von der Kanalzone aus jeden Schritt Noriegas überwachen.“Den USA sei es darum gegangen, neue Waffen in der Praxis zu erproben und das panamaische Militär zu zerschlagen, sagt Trinidad Ayola. „Und sie wollten die für Ende 1999 vereinbarte Übergabe des Kanals an Panama verhindern, um sich eine dauerhafte Militärpräsenz im Land zu sichern.“ Aber es gab Widerstand. Gewerkschaften, Opfer der Invasion und Studierende wehrten sich erfolgreich gegen die US-Pläne, den Kanalvertrag neu zu verhandeln.

Bereits kurz nach der Abspaltung Panamas von Kolumbien im Jahr 1903 hatten sich die USA mittels eines Pachtvertrages das alleinige Verfügungsrecht über einen 80 Kilometer langen und 16 Kilometer breiten Landstreifen mitten in Panama gesichert. Bis 1914 entstand dort der Schifffahrtskanal. Zwischen 1949 und 1984 bestand in der Zone auch die berüchtigte School of the Americas, an der die USA zehntausende lateinamerikanische Militärs in Antikommunismus und Foltermethoden ausbildeten. Im September 1977 unterzeichneten der sozialreformerische Militärherrscher Panamas, Omar Torrijos, und US-Präsident Jimmy Carter schließlich zwei Verträge, die die schrittweise Übertragung der Kanalzone an Panama bis Ende 1999 vorsahen. Die USA behielten aber das zeitlich unbegrenzte Recht, zum Schutz des Kanals in Panama zu intervenieren. 1981 starb Torrijos bei einem unaufgeklärten Flugzeugabsturz. Bis heute bleibt der Verdacht eines Anschlags seitens der CIA oder Noriegas.

Fitzroy und tausende weitere Menschen aus El Chorillo lebten zwei bis drei Jahre lang in einem Lager für Geflüchtete innerhalb der Kanalzone. Perspektivlosigkeit und Gewalterfahrungen während der Invasion führten in den 1990er Jahren vielerorts zu einer drastischen Zunahme der Kriminalität. „Überall bildeten sich bewaffnete Banden, ständig geschahen Banküberfälle, Staatsunternehmen wie die für Telekommunikation und Elektrizität wurden privatisiert und Arbeiter entlassen“, erzählt der heute 45-jährige Universitätsdozent Fitzroy.

Die Opfer des 20. Dezember kämpfen weiterhin dafür, dass die Invasion aufgearbeitet wird und sie Entschädigungen erhalten. Mit der Einrichtung einer Wahrheitskommission, die vor allem die genaue Zahl der Todesopfer ermitteln soll, konnten sie 2016 einen handfesten Erfolg erzielen. Und im vergangenen Jahr empfahl die Interamerikanische Menschenrechtskommission in einem Bericht, für den die Angehörigen der Opfer lange gekämpft hatten, dass die USA Entschädigungen an die Hinterbliebenen zahlen sollen. Offizielle Reaktionen darauf gibt es bis heute zwar noch keine. „Aber das stärkt uns den Rücken und gibt uns moralisch recht“, bilanziert Ayola.

Heute prägen einfache Neubauten aus den 1990er Jahren das Bild El Chorillos. Schriftzüge und Bilder erinnern an die US-Invasion vor 30 Jahren. Bis vor wenigen Jahren lieferten sich Gangs mit Namen wie Vietnam 23 oder Bagdad in der Gegend blutige Revierkämpfe. Zuletzt hat sich die Lage zwar entspannt, verrufen ist das Viertel jedoch noch immer. Fitzroy betont, dass es heute weniger Gewalt gebe, sei auf die Eigeninitiative der Bevölkerung zurückzuführen. Die Verbesserung liege vor allem daran, dass er und andere engagierte Bewohner*innen bereits seit den 1990er Jahren soziale Präventionsarbeit für Kinder und Jugendliche machten. „Die Regierungen haben sich nie gekümmert.“

DEMOCRACIA EN CRISIS

Miembros del PRD haciendo campaña para ‘Nito’ Cortizo (Foto: Alexis Alvarado)

La oposición siempre gana, pero después todo sigue igual – igual de neoliberal. Esta regla empírica de la política panameña ha sido confirmada una vez más cuando el 5 de mayo Laurentino ‘Nito’ Cortizo del Partido Revolucionario Democrático (PRD) ganó las elecciones con un 33.5 por ciento de los votos.

Desde el fin de la dictadura militar (1968-1989), ningún partido ha logrado gobernar más de un período y los tres partidos más grandes se han turnado en el poder. En la teoría estos partidos ocupan lugares diferentes en el espectro político: el Cambio Democrático (CD) vendría a ser un partido del centro, el Partido Panameñista de derecha nacionalista. Mientras que el PRD sería de izquierda moderada, incluso es formalmente miembro de la Internacional Socialista. Por lo tanto, su asunción al gobierno debería suponer un cambio de rumbo. En la práctica, no obstante, los tres partidos principales de Panamá siempre han seguido la misma política neoliberal de derecha – el PRD justamente ejecutó la privatización de la mayoría de las empresas estatales en la década de los 90.

El presidente electo, Nito Cortizo, lo demuestra al ser consultado acerca de su posicionamiento ideológico: “Yo soy pragmático”, el empresario dijo a la emisora Telemetro, “La inversión privada crea puestos de trabajo y, por lo tanto, aumenta el consumo. Esto es muy importante para ayudar a un país con tanta pobreza y desigualdad como Panamá. No se trata de ser de derecha o de izquierda”. Cortizo considera que la mejora de la calidad del sistema educativo se consigue mediante una mayor orientación hacia las necesidades del mercado laboral y quiere que lxs inversionistas “se sientan como en su casa”.

El enojo con la clase política es muy grande

Los únicos temas de importancia en la política panameña parecen ser la economía y, en los últimos años, la corrupción. Los Panama Papers en 2016 demostraron el rol de Panamá como foco de evasión de impuestos y lavado de dinero. Luego se supo que la constructora brasileña Odebrecht – recientemente a cargo de grandes obras como la nueva línea de metro o la ampliación del aeropuerto – había pagado 60 millones de dólares en sobornos en Panamá.  En el parlamento, varixs legisladorxs habían proporcionado a sus familiares contratos de trabajo a gran escala o habían regalado dinero fiscal. Además, desde hace tiempo muchos miembros de la administración pública son considerados como botellas, o sea, llegaron al poder sin calificaciones gracias a favores políticos. La Corte Suprema no es percibida como independiente, ya que cada presidentx nombra cuatro o cinco de sus nueve jueces. Según la encuesta Latinobarómetro, el 83% de la población piensa que el país está gobernado por algunos grupos para su propio beneficio. En consecuencia, el enojo con la clase política es muy grande.

Electoralmente, ese enojo se encauzó hacía el apoyo de un candidato independiente, Ricardo Lombana. Él recibió un notable 19.2 por ciento de los votos con una campaña basada en las redes sociales dirigida a la juventud urbana, pero sin maquinaria partidaria, sin programa electoral elaborado y con poca experiencia política. Respecto a la elección simultánea de legisladorxs, el enojo popular fue articulado por la campaña #NoalaReeleccion y su demanda de no reelegir a los diputados que carecen de integridad. Como resultado de ella, sólo 14 de lxs 50 candidatxs a la reelección fueron reelegidxs, la cuota más baja desde 1994. Cinco legisladorxs ahora serán independientes, cuatro más que antes. Para hacer frente al descontento de la gente, casi toda la clase política se ha pronunciado a favor de cambios en la constitución que prevengan la corrupción.

En todo caso, la preocupación popular por la economía parece pesar aún más que aquella por la corrupción. Del expresidente Ricardo Martinelli (CD), a pesar de su encarcelamiento por corrupción y espionaje ilegal de opositorxs políticxs durante su mandato, muchxs panameñxs siguen teniendo una buena opinión, condensada en la frase: “Robó, pero hizo”. A Rómulo Roux, ex ministro de Martinelli, sólo le faltaron unos 45.000 votos para ganar la elección (obtuvo el 31.15 por ciento de los votos), probablemente porque fue asociado con el legado económico de su mentor.

Juan Carlos Varela (Partido Panameñista), sucesor de Martinelli y presidente saliente, en cambio, hizo un esfuerzo creíble en la lucha contra la corrupción. Sin embargo, en la percepción de la población, no le importó suficientemente la economía, la cual no creció tan fuertemente en su mandato como antes bajo Martinelli.

Hay demasiado consenso y ninguna diversidad ideológica

Esto a Varela le valió el apodo de Tortugón, o sea, no robó, pero tampoco ‘hizo’. A su compañero de partido José Blandón – alcalde de la ciudad de Panamá con algunas ideas ambientalistas y en los años 90 duro crítico de las privatizaciones que realizó el PRD – lo llevó a hundirse en la elección con el 10.5 por ciento de los votos a pesar de sus esfuerzos por distanciarse de Varela. Finalmente Nito Cortizo, con un perfil más autoritario y conservador, ganó las elecciones con el lema “Hacer sin robar”. Los perfiles de Cortizo y Blandón dejan en evidencia que ser de un determinado partido político no dice mucho en Panamá.

¿No hay otros temas relevantes aparte del desarrollo económico y de la prevención de la corrupción? La competencia, propia de una campaña electoral, lleva normalmente a los partidos a expresar sus diferencias políticas. En los debates televisivos, lxs candidatxs de hecho hablaron de varios puntos, como la baja calidad de la educación escolar, la creciente escasez de medicamentos, el inminente colapso del sistema de pensiones o la frustración del sector agrario ante las grandes importaciones de alimentos. No obstante, las controversias sustanciales desempeñaron un papel bastante menor.

“La democracia panameña es débil y está en crisis”, dice el sociólogo y profesor universitario Alonso Ramos en conversación con LN, “hay una falta de representación, hay demasiado consenso y ninguna diversidad ideológica. Aunque se le dio mucha importancia al discurso del cambio de poder regular después del fin de la dictadura, no hay cambios reales. En la campaña electoral no se discutieron temas tan importantes, pero a la vez delicados, como los escándalos, lo que en última instancia toca el estado de nuestra democracia, así como también el cambio climático, al cual Panamá es muy vulnerable. Y finalmente, tampoco se habló de la desigualdad”.

Cambio de figura, pero no de rumbo ‘Nito’ Cortizo en su toma de posesión (Foto: Wikimedia, CC BY-SA 4.0)

La economía de Panamá ha crecido un promedio de 5.6 por ciento en los últimos cinco años y tiene uno de los ingresos per cápita más altos de América Latina. Aunque todos lxs políticxs se comprometen a luchar contra la pobreza, la mayoría no habla de que en Panamá el 10 por ciento de la población, los ricos, perciben 30 veces más ingresos que el 10 por ciento más pobre. Sólo en una docena de países de todo el mundo la desigualdad es aún mayor. ¿No podría esto ser un punto de partida para los movimientos y partidos de izquierda?

Según la encuesta “Barómetro de las Américas”, el 29.5 por ciento de la población panameña se describe a sí misma como políticamente de izquierda. Sin embargo, hay sólo un partido de izquierda, el Frente Amplio por la Democracia (FAD), que surgió del sindicato de trabajadores de la construcción, Suntracs. Su defensa de un estado de bienestar y de un sistema tributario más progresivo parece ser una noción más bien radical para Panamá:

Los representantes de la izquierda han sido perseguidos por la oligarquía

Ya por segunda vez el FAD, que se postuló por primera vez en 2014 a elecciones nacionales, tendrá que disolverse de acuerdo a la ley porque fue el único partido que permaneció por debajo del 2 por ciento de los votos. No obtuvo ningún escaño en el parlamento y sólo el 0.7 por ciento de los votantes votó por su candidato Saúl Méndez (ver LN 415). ¿Por qué el panorama se ve tan difícil para la izquierda en Panamá?

“Se debe a los 150 años de presencia colonial de los EE.UU. en Panamá, después de la construcción del ferrocarril en 1850”, intenta explicar Alonso Ramos. “Esto ha tenido una influencia decisiva en la cultura política. Este trauma sigue marcando a nuestra sociedad actual en lo que somos y en lo que no somos. Desde la década de 1930, todos los que han representado las ideas de la izquierda han sido perseguidos por la oligarquía. Es por eso que hoy en día sólo muy poca gente en Panamá se reivindica de izquierda, ni siquiera el FAD lo hace”.

Esto también tiene un impacto en la sociedad: temas como el aborto o los derechos de personas LGBTIQ* apenas se discuten, casi no hay políticos que critiquen las posiciones conservadoras de la iglesia católica y de los evangélicos. ¿Hay esperanza en los nuevos movimientos políticos? Claudia Cordero, científica especializada en la comunicación y la cultura, está desilusionada: “Desafortunadamente, no hay tales movimientos en este momento”, explicó a LN durante la campaña electoral. “De momento muchos jóvenes están compartiendo la campaña #NoalaReeleccion en las redes sociales o tienen su sticker en sus autos y creen que están participando en un movimiento social. Pero el motor de esta campaña es el grupo Movin. Trata de parecerse a un movimiento ciudadano contra la corrupción, pero de hecho detrás hay principalmente unas 15 a 20 personalidades influyentes en torno al multimillonario Stanley Motta. Ellos son los poderes fácticos del país. Quieren llenar el vacío que deja el desgaste del sistema, quieren canalizar la molestia y proteger al modelo imperante pidiendo que no se reelijan los diputados. Tratan de dar la impresión de que quieren cambiar todo, sólo para que nada cambie de verdad.”

La élite quiere canalizar la molestia y proteger al modelo neoliberal.

Sin embargo, hay un actor que ha demostrado poder protestar de manera eficiente contra las políticas neoliberales de esta oligarquía, ejecutadas por los gobiernos de turno: La última movilización poderosa y masiva fue la resistencia indígena a una nueva ley de minería en 2011 (LN 443). A pesar de la represión y la difamación masiva por parte de los medios, incluyendo un lenguaje racista, la protesta de lxs indígenas Ngäbe Buglé tuvo éxito y la ley fue finalmente retirada. Aunque los liderazgos en su momento fueron captados por los partidos políticos y así neutralizados, es probable que en los próximos años aumenten otra vez los conflictos con grupos indígenas porque los gobiernos siempre han mirado los recursos de las regiones indígenas autónomas con el fin de impulsar el crecimiento económico. No obstante, si los indígenas siguen siendo el único grupo relevante que no está de acuerdo con el gatopardismo panameño, es probable que la regla empírica de la política en Panamá se vuelva a confirmar en cinco años más.

 

ZWISCHEN CHINA UND USA


Wahlsieger Laurentino ‘Nito’ Cortizo // Foto: Wikimedia, (CC BY-SA 4.0)

Am Ende wurde es eine Hängepartie: Erst kurz vor Mitternacht – Stunden später als erwartet – erklärte die Wahlbehörde am 5. Mai Laurentino ‘Nito’ Cortizo von der Revolutionären Demokratischen Partei (PRD) zum Sieger. Er gewann mit 33,5 Prozent der Stimmen, nur rund 45.000 mehr als Rómulo Roux von der konservativen Partei Demokratischer Wandel (CD), der auf 31,15 Prozent kam.

Verschiedene Korruptionsskandale seit Bekanntwerden der „Panama Papers“ hatten vor der Wahl für großen Unmut gesorgt. Neben der Wiederbelebung der Wirtschaft und der Bekämpfung der Armut zielten Cortizos Wahlversprechen daher besonders auf die Eindämmung der Korruption sowie Verfassungsänderungen zur Konsolidierung der Demokratie. Cortizo betonte etwa, dass bei Verfehlungen künftig keine Politiker*innen mehr unantastbar sein würden und kündigte an, der Korruption überführte Firmen wie den aus Brasilien stammenden Baukonzern Odebrecht landesweit von Aufträgen ausschließen zu wollen. Die als abhängig wahrgenommene Justiz solle stark und unabhängig werden. Aufbauend auf Empfehlungen der Nationalen Konzertation für die Entwicklung, einem dauerhaften Dialogforum unter Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen, sollen einige Verfassungsänderungen vom Parlament beschlossen und anschließend der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden. Nach den Skandalen hofft Cortizo so auch, den internationalen Ruf Panamas sowie den „Nationalstolz“ wiederherzustellen.

Bei der gleichzeitigen Parlamentswahl war mit Spannung erwartet worden, wie stark sich die Kampagne #NoalaReelección mit ihrem Engagement gegen die Wiederwahl von korrupten Abgeordneten auswirken würde. Die Kampagne gab sich als Bürger*innenbewegung, war jedoch maßgeblich von der Oligarchie initiiert worden. Auf den ersten Blick war sie erfolgreich: Nur 14 von 50, d.h. 28 Prozent der sich zur Wiederwahl stellenden Abgeordneten wurden erneut gewählt, der geringste Wert seit 1994. Fünf Abgeordnete werden parteilos sein, vier mehr als bisher. Die einzige de facto nicht-neoliberale Partei Panamas, die linke Breite Front für die Demokratie (FAD), hat keinen Sitz im Parlament bekommen und blieb als einzige Partei landesweit unter zwei Prozent der Wähler*innenstimmen. Sie muss sich nach den gesetzlichen Bestimmungen daher auflösen. Cortizos Wahlbündnis „Uniendo Fuerzas“ aus PRD sowie der Molirena-Partei kam dagegen nach Auszählung aller Stimmen auf eine Mehrheit von 40 der 71 Sitze.

Was ist von dem ehemaligen Unternehmer zu erwarten?

Cortizo hat also im Prinzip freie Bahn. Was ist ab der Amtsübergabe am 1. Juli von dem ehemaligen Unternehmer zu erwarten, dessen Partei formell Mitglied der Sozialistischen Internationalen ist? Nach der Wahl auf seine ideologische Verortung angesprochen, sagte er dem Sender Telemetro: „Ich bin pragmatisch. Private Investitionen schaffen Arbeitsplätze und erhöhen so den Konsum. Das ist sehr wichtig, um einem Land mit solcher Armut und Ungleichheit wie Panama zu helfen. Dabei geht es nicht um rechts oder links.“ Cortizo sieht sich als Vermittler zwischen den gesellschaftlichen Gruppen, zwischen Unternehmer*innen, Arbeiter*innen und Bauern und Bäuerinnen. Konkret bedeutet das etwa: Die Verbesserung der Qualität im Bildungssystem, eines seiner Anliegen im Wahlkampf, versteht er insbesondere als stärkere Ausrichtung an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes. Cortizo möchte, dass sich Investoren „wie zu Hause fühlen“ und hat daher bereits einen Minister eigens für die Erleichterung privater Investitionen ausgewählt.

Unter den potenziellen Investoren könnte China eine wichtige Rolle spielen. Bereits Cortizos Vorgänger Varela hatte im Jahr 2017 diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China aufgenommen und dafür die langjährigen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen. Panama schloss sich Chinas „Neue Seidenstraße“-Initiative an. Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping kam im Dezember 2018 sogar zu einem Staatsbesuch. Zahlreiche Kooperationsabkommen wurden vereinbart, chinesische Investor*innen stecken in großem Stil Geld in Häfen am Panamakanal und schlagen die Finanzierung weiterer Infrastruktur vor. Diskutiert wird etwa ein Bahnprojekt zur Verbindung des westlichen Landesteils mit der Hauptstadt.

Diese Entwicklung missfällt den USA, die Lateinamerika traditionell als ihren Hinterhof betrachten, erst recht Panama, wo sie bis 1999 den von ihnen errichteten Kanal kontrollierten. In dem sich entwickelnden Handelskrieg zwischen den USA und China sitzt Panama nun mittendrin. Daraus erwächst neues Selbstbewusstsein. Cortizo, der in den USA studiert und gearbeitet hat, möchte mit beiden Großkunden des Kanals Geschäfte machen und hat auf Kritik aus den USA mit dem Hinweis reagiert, dass sie künftig der Region mehr Aufmerksamkeit schenken sollten, auch über Panama hinaus. Ansonsten könne Chinas Einfluss zunehmen.

Die wirtschaftliche Bedeutung seines Landes will der neue Präsident nutzen, um Panama politisch ein stärkeres Gewicht zu verschaffen. Er möchte auch auf diplomatischem Terrain ein Vermittler sein und bei der Lösung von Krisen in der Region wie derzeit in Venezuela eine Rolle spielen. Dazu passt allerdings nicht, dass er die Anerkennung Juan Guaidós als Interimspräsident Venezuelas durch seinen Vorgänger nicht in Frage stellt. Nimmt er sich zu viel vor?

Denn neben dem fehlenden Vertrauen der Bevölkerung in die staatlichen Institutionen drohen weitere Probleme. Die Rentenkasse steht vor dem Kollaps, Medikamente sind rar. Trinkwasserknappheit ist vielerorts ein Problem, während der Betrieb des Panamakanals – das Fundament der Wirtschaft – dem Ökosystem der Kanalzone große Wassermengen entnimmt. Um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, schielen alle Regierungen schon immer auf die Ressourcen in indigenen Autonomiegebieten. In den nächsten Jahren dürfte es zu einer Zunahme von Konflikten mit indigenen Gruppen kommen. Als eine der wenigen Akteure haben diese in den letzten Jahren demonstriert, dass sie effektiv gegen neoliberale Regierungspolitik mobilisieren können: Die letzte größere, von unten entstandene Protestbewegung Panamas war der indigene Widerstand gegen ein neues Bergbaugesetz im Jahr 2011 (LN 443). Trotz Repression und massiver Diffamierung durch die Medien inklusive rassistischer Untertöne hatte der Protest damals Erfolg, das Gesetz wurde schließlich zurückgezogen.
Die Demokratie in der Krise, Verfassungsänderungen, ökologisch-soziales Konfliktpotential und dann am Reibepunkt zwischen US-amerikanischen und chinesischen Interessen: Es gibt einiges zu tun für den selbsternannten Vermittler.

MACHTWECHSEL OHNE RICHTUNGSWECHSEL

Wahlkämpfer der PRD im indigenen Autonomiegebiet Guna Yala (Foto: Alexis Alvarado)

Die Opposition gewinnt immer. Diese Faustregel der panamaischen Politik hat sich ein weiteres Mal bestätigt. Nach Auszählung von 94 Prozent der Stimmen (bis Redaktionsschluss) hat Laurentino ‘Nito’ Cortizo von der Revolutionären Demokratischen Partei (PRD) die Präsidentschaftswahl am 5. April mit 33,5 Prozent gewonnen. Der zweitplatzierte Rómulo Roux vom Demokratischen Wandel (CD) kam auf 31 Prozent. Eine Stichwahl gibt es in Panama nicht. Bei der gleichzeitigen Parlamentswahl gewann das Wahlbündnis der PRD 30 von 71 Sitzen, Cortizo wird also auf die Zusammenarbeit mit anderen Parteien angewiesen sein.

Seit Ende der Militärdiktatur (1968 – 1989) hat es keine Partei geschafft, mehr als eine Legislaturperiode am Stück zu regieren. Nach den Regierungen Ricardo Martinellis (CD) von 2009 bis 2014 und, seitdem, Juan Carlos Varelas von der Panameñista-Partei (PPA) war daher von vielen erwartet worden, dass nun die PRD als dritte große politische Kraft wieder an der Reihe ist. Nach zehn Jahren fern der Macht ist es nun so gekommen.

„Es gibt einen Mangel an Repräsentation, zu viel Konsens und keine ideologische Vielfalt”

Trotzdem ist diese Wahl besonders, was damit zu tun hat, dass seit der letzten Wahl gleich mehrere Skandale das Land erschütterten. Es begann 2016 mit den Panama Papers, die Panamas Rolle als Dienstleister für Steuer- und Geldwäschedelikte weltweite Aufmerksamkeit bescherte. Dann ging es weiter: Im Rahmen des Odebrecht-Skandals kam heraus, dass die brasilianische Baufirma auch in Panama insgesamt rund 60 Millionen Dollar Schmiergelder gezahlt hatte, sie war zuletzt prominent am Ausbau des Flughafens sowie der U-Bahn von Panama-Stadt beteiligt. Expräsident Martinelli sitzt wegen Korruption und illegaler Bespitzelung politischer Gegner*innen während seiner Amtszeit in Haft. Parlamentsabgeordnete hatten reihenweise und in großem Umfang Familienangehörige mit Arbeitsverträgen versorgt oder Steuergelder gezielt verschenkt. Dazu kommen langfristige Missstände: Viele Mitglieder*innen der öffentlichen Verwaltung gelten als botellas, „Flaschen”, die ohne Qualifikation aufgrund politischer Gefälligkeiten an ihr Amt gekommen sind. Das oberste Gericht wird als abhängig wahrgenommen, da die Präsident*innen abwechselnd vier oder fünf der neun Richter*innen am obersten Gerichtshof vorschlagen. Das alles hat das Vertrauen der Bevölkerung in alle drei Gewalten des Staates erschüttert: Laut der Umfrage „Latinobarómetro“ denken 83% der Bevölkerung, dass das Land von einigen Gruppen zu ihrem eigenen Vorteil regiert wird. Entsprechend groß ist die Wut auf die politische Klasse.

Da die Verfassung eine Wiederwahl von Präsident*innen nicht erlaubt, richtete sich diese Wut vor allem auf die gleichzeitig zu wählenden Parlamentsabgeordneten. Artikuliert wurde sie durch die Kampagne #NoalaReeleccion und ihrer Forderung, nicht integre Abgeordnete abzuwählen.

In Panama bezeichnet sich heute kaum jemand als links


Ausnahmslos alle sieben Präsidentschaftskandidat*innen – darunter nur eine Frau – sprachen sich angesichts des Unmuts für Änderungen der Verfassung aus, um die Missstände in Zukunft zu verhindern. Dies wollen sie entweder über eine verfassunggebende Versammlung oder – wie Nito Cortizo – über alternative Wege wie Parlamentsbeschlüsse erreichen.

Als weitere Folge spielten parteipolitisch unabhängige Kandidat*innen erstmals eine wichtige Rolle. Gleich drei stellten sich zur Wahl. Der erfolgreichste von ihnen, Ricardo Lombana, bekam immerhin 19,2 Prozent der Stimmen. Er sprach mit einer auf den sozialen Medien aufgebauten Kampagne vor allem die urbane Jugend an und verstand es, aus der Wut Kapital zu schlagen. Möglicherweise gereichte ihm das Fehlen einer Parteimaschinerie zum Nachteil. Von allen Kandidaten hatte er am wenigsten politische Erfahrung und arbeitete kein Wahlprogramm aus, erst spät veröffentlichte er eine Auflistung von Wahlversprechen.

Nito Cortizo dagegen war parallel zu einer Tätigkeit als Unternehmer 10 Jahre lang Abgeordneter für die zentristische Partei Solidarität und wechselte erst 2004 zur PRD. Dank guter Kontakte wurde er dort unter Präsident Martin Torrijos sofort Landwirtschaftsminister. Bereits nach zwei Jahren trat er in dieser Funktion zurück, als er das für Torrijos wichtige Freihandelsabkommen mit den USA mitverhandelte und diese ihre landwirtschaftlichen Exporte nicht den gesetzlichen sanitären Kontrollen unterwerfen wollten. Er erklärte seine Kandidatur bereits vor drei Jahren. Nachdem die PRD in den letzten Jahren zerstritten war, gelang es Cortizo, die Partei wieder zu einen. Trotzdem lud er das Partei-Establishment nicht zu seiner Abschlusskundgebung ein.

Der Zweitplatzierte Rómulo Roux, ehemaliger Außenminister von Ricardo Martinelli, wurde mit dem Erbe seines Mentors in Verbindung gebracht – Wirtschaftswachstum, aber auch Korruption. Seine Partei CD hat nach wie vor den Ruf einer auf Martinelli zugeschnittenen Ein-Personen-Veranstaltung. Kandidat der Regierungspartei PPA war José Blandón, der Bürgermeister der Hauptstadt, in Panama der wichtigste politische Amtsträger nach dem Präsidenten. Er bekam nur 10,5 Prozent der Stimmen, obwohl er versucht hatte, dem Malus der Regierungspartei durch Abgrenzung vom scheidenden Präsidenten Varela zu entgehen. Dieser bemühte sich zwar glaubwürdig im Kampf gegen die Korruption, kümmerte sich aber in den Augen der Bevölkerung nicht genug um die Wirtschaft, die in seiner Amtszeit nicht mehr so stark wuchs wie zuvor. Das brachte ihm den Spottnamen Tortugón (Schildkröte) ein.

Die Kandidat*innen sprachen bei den Fernsehdebatten über verschiedene Punkte wie etwa die mangelhafte Qualität der Schulbildung, die grassierende Medikamentenknappheit, den drohenden Kollaps des Rentensystems oder die Frustration des Agrarsektors über die Konkurrenz durch umfangreiche Lebensmittelimporte. Trotzdem spielten substantielle Kontroversen im kurzen, gemäß neuer Regeln auf zwei Monate beschränkten Wahlkampf eine eher geringe Rolle.

Fehlende inhaltliche Unterscheidbarkeit der Parteien ist charakteristisch für die panamaische Politik. In der Theorie ist die PRD gemäßigt links, die Panameñista-Partei rechts-nationalistisch und der CD irgendwo dazwischen. In der Praxis haben jedoch alle drei Parteien stets die gleiche neoliberale, rechte Politik gemacht – die Privatisierung der meisten Staatsunternehmen in den 1990er Jahren hat etwa die PRD verantwortet.

„Die panamaische Demokratie ist schwach und in der Krise”, sagt dazu der Soziologe und Universitätsdozent Alonso Ramos, „es gibt einen Mangel an Repräsentation, zu viel Konsens und keine ideologische Vielfalt. Auf den Diskurs vom regelmäßigen Machtwechsel wurde nach dem Ende der Diktatur zwar viel Wert gelegt, wirkliche Wechsel gibt es aber nicht. Wichtige, aber heikle Themen wurden im Wahlkampf nicht diskutiert, weil das bedeutet hätte, das neoliberale Modell in Frage zu stellen. Zu diesen Themen gehören die Skandale, letztlich der Zustand unserer Demokratie, außerdem der Klimawandel, dem gegenüber Panama sehr verwundbar ist. Und schließlich die Ungleichheit.”
Panamas Wirtschaft ist in den letzten fünf Jahren im Mittel um 5,6 Prozent gewachsen und hat eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen in Lateinamerika. Während alle Politiker*innen geloben, die Armut bekämpfen zu wollen, sagen die meisten nichts dazu, dass in Panama die reichsten 10 Prozent mehr als 30-mal so viel Einkommen haben wie die ärmsten 10 Prozent. Nur in einem Dutzend Länder weltweit ist die Ungleichheit noch größer. Könnte das nicht ein Ansatzpunkt für linke Bewegungen und Parteien sein?

„Es wird der Anschein erweckt, alles verändern zu wollen, nur damit sich am Ende nichts ändert.”

Nach der Umfrage „Barométro de las Americas“ bezeichnen sich 29,5 Prozent der Bevölkerung Panamas als politisch links. Es gibt aber lediglich eine linke Partei, die aus der Bauarbeitergewerkschaft Suntracs heraus entstandene Breite Front für die Demokratie (FAD). Ihr Eintreten für einen Sozialstaat und ein progressiveres Steuersystem scheint eine für das neoliberale Panama geradezu radikale Vorstellung zu sein. Denn bereits zum zweiten Mal in Folge droht der 2014 erstmals angetretenen FAD aufgrund des geringen Stimmenanteils die Auflösung (vorgeschrieben bei weniger als 2 Prozent). Zur jetzigen Wahl formierte sich die FAD neu, für ihren Kandidaten Saúl Méndez (siehe LN 415) stimmten aber lediglich 0,7 Prozent der Wähler*innen. Warum hat es die Linke so schwer in Panama?

„Es liegt an der 150-jährigen kolonialen Präsenz der USA in Panama nach dem Bau der Eisenbahn 1850”, versucht sich Alonso Ramos an einer Erklärung. „Das hat einen großen, bestimmenden Einfluss auf die politische Kultur gehabt. Dieses Trauma prägt unsere Gesellschaft bis heute darin, was wir sind und was wir nicht sind. Seit den 1930er Jahren sind alle, die linke Ideen vertreten haben, von der Oligarchie verfolgt worden. Deswegen bezeichnet sich in Panama auch heute noch kaum jemand als links, nicht einmal die FAD.”

Das hat auch Auswirkungen im gesellschaftlichen Bereich: Themen wie Abtreibung oder LGBTIQ*-Rechte kamen im Wahlkampf so gut wie nicht zur Sprache. Als Ricardo Lombana sich hierzu einmal vorsichtig-moderater Weise äußerte, schlug ihm sofort breite Kritik entgegen. Die Wertevorstellungen von katholischer Kirche und Evangelikalen wurden nicht in Frage gestellt. Nito Cortizo und die meisten anderen Kandidat*innen machten frühzeitig klar, dass sie diese teilen.

Liegt die Hoffnung also in neuen politischen Bewegungen? Claudia Cordero, Kommunikations- und Kulturwissenschaftlerin, ist ernüchtert: „Leider gibt es solche Bewegungen im Moment nicht. Viele junge Leute liken im Moment zwar die Kampagne #NoalaReeleccion in den sozialen Medien oder haben deren Aufkleber am Auto und glauben dann, dass sie an einer sozialen Bewegung teilnehmen. Treibende Kraft hinter dieser Kampagne ist aber die Organisation Movin. Sie bemüht sich, den Anschein einer Bürgerbewegung gegen Korruption zu erwecken, tatsächlich stecken dahinter vor allem 15 bis 20 einflussreiche Persönlichkeiten um den Milliardär Stanley Motta. Sie wollen die Abwahl von Abgeordneten herbeiführen, um den Protest zu kanalisieren und das herrschende Modell zu bewahren. Es wird der Anschein erweckt, alles verändern zu wollen, nur damit sich am Ende nichts ändert.”
Die Krise der Demokratie könnte für den neuen Präsidenten einige Herausforderungen bergen. Bei der letzten Fernsehdebatte sagte er: „In diesem Land muss der Präsident sagen, wo es lang geht. So Gott will, wird ab dem 1. Juli also Nito Cortizo in diesem Land das Sagen haben. Ist das klar?”

Einige Wähler*innen mögen das für eine legitime Einstellung in Krisenzeiten gehalten haben. Lässt diese wohl als Drohung gegen korrupte Abgeordnete gedachte, autoritäre Ansage Schlimmes erahnen? Die Panamaer*innen werden es bald erfahren. In fünf Jahren wird dann klar sein, ob die Faustregel der panamaischen Politik ihre Gültigkeit behält und sich wieder alles ändert, damit alles so bleibt, wie es ist.

“DAS GRUNDGESETZ SCHÜTZT UNSER LAND”

BLAS LÓPEZ
ist Soziologe und war von 2011 bis 2013 Generalsekretär des allgemeinen Kongresses der Guna. Derzeit ist er Mitglied der Kommission, die den Umzug seiner Gemeinde Gardi Sugdub von einer Insel auf das Festland organisiert.

(Foto: privat)


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Wie ist die politische Autonomie und Selbstverwaltung der Guna organisiert?

Im Jahr 1925 gab es nach einer Phase von Diskriminierungen und Misshandlungen seitens des Staates Panama einen bewaffneten Aufstand der Guna, in dessen Folge der Staat unser Volk und unser Territorium Guna Yala offiziell anerkannte. Die jetzige Selbstverwaltungsstruktur des Gebietes gibt es seit 1972 und wurde von den Guna in einem Grundgesetz (Ley fundamental) festgehalten. Dieses wird jedoch nicht vom Staat anerkannt, weil es teilweise im Konflikt zu nationalen Gesetzen steht, etwa was die natürlichen Ressourcen betrifft.

Wie sieht die Selbstverwaltungsstruktur konkret aus?

Kern der Selbstverwaltung sind zwei Versammlungen, der allgemeine Kongress (Congreso general guna, CGG) sowie der Kulturkongress (Congreso general de la cultura guna, CGCG), der spiritueller Natur ist. Der CGG tagt zweimal pro Jahr, besteht aus Abgesandten aller 49 Gemeinden und trifft die politischen Entscheidungen, welche die Gemeinden dann umsetzen müssen. Beide Kongresse haben mehrere traditionelle Repräsentanten, die Sagla dummagan. Der CGG hat einen Generalsekretär, er hat außerdem verschiedene Sekretariate geschaffen, etwa für die Verteidigung des Territoriums, für Information, für Tourismus. Jede Gemeinde hat zusätzlich eine eigene Ordnung mit Regeln.

Welche Bedeutung haben Natur und Biodiversität für die Guna?

Eine sehr wichtige, die Guna bewahren sie seit jeher. Sie haben eine Beziehung zur Natur, auch in spiritueller Hinsicht, und leben täglich mit Erde und Meer. Eine entscheidende Bindefunktion haben dabei traditionelle Rituale, der CGCG sowie der Ortsvorsteher Sagla als politische und spirituelle Autorität, der im Dorfversammlungshaus täglich in einer religiösen Form des Gesangs daran erinnert, wie wichtig die Liebe zur Natur ist. Dann wird bei uns seit einigen Jahren ein zweisprachiger Unterricht umgesetzt, wofür auch Lernmaterial zu unserer Kosmovision in unserer eigenen Sprache entwickelt wurde. Das alles festigt uns in unserer Beziehung zur Natur. Und es gibt konkrete Regeln wie beispielsweise jährlich ein dreimonatiges Fangverbot für Langusten, Schildkröten und Meeresfrüchte, damit sich die Bestände erholen können.

Werden solche Regeln gut befolgt?

Zunächst gibt es eine soziale Kontrolle solcher Regeln. Das Fangverbot ist den meisten Fischern und auch den professionellen Händlern bekannt, dagegen gibt es kaum Verstöße. Der CGG ernennt für diese Zeit etwa Inspekteure in jedem Hafen, die dann den Fang konfiszieren und ins Meer zurückwerfen. Die Leute wissen, dass sie nichts verkaufen können, also fangen sie auch kaum, allenfalls mal für sich selbst. Andere Beispiele sind Müllentsorgung in der Umwelt oder dass Korallen aus dem Meer zur Vergrößerung der bewohnten Inseln und zum Schutz gegen den steigenden Meeresspiegel verwendet werden, was langfristig das marine Ökosystem schädigt und daher unerwünscht ist. Das machen die Leute aus Gründen des praktischen Überlebens, es hat nichts mit unserer Kultur zu tun. Je nach Ausmaß eines Verstoßes kann der CGG Geldstrafen verhängen.

Wie gehen die Guna mit Einflüssen von außen um, etwa mit Projekten und dem Tourismus?

Besuche von Touristen oder Wissenschaftlern sind im Prinzip willkommen, solange sie unsere Kultur respektieren. Externe Investitionen in Projekte sind nur möglich, wenn sie zum Vorteil der Guna geschehen, dafür muss man beim CGG einen Antrag stellen. Das Grundgesetz besagt, dass nur Guna Land in Guna Yala erwerben dürfen (Anm. d. Red.: im Jahr 2005 begonnene Verhandlungen mit der Regierung zur Aufweichung dieses Grundsatzes wurden von den Guna abgebrochen, siehe LN 387/388). Es gab viele Anfragen, um in Unterkünfte für Touristen zu investieren, aber nach einer schlechten Erfahrung, infolge derer ein von externen Geldgebern finanziertes Hotel vom CGG geschlossen wurde, dürfen touristische Einrichtungen und Dienstleistungen nur noch von Guna bereitgestellt werden. Vor einigen Jahren wurde dann die erste Straße nach Guna Yala eröffnet. An ihr hatten neben der Regierung auch die Bewohner ein Interesse, da die Reise von Panama-Stadt nach Guna Yala per Schiff oder Flugzeug teuer war. In das durch die Straße erschlossene Dorf Gardi Sugdub, in dem ich wohne, kommen nun viele Touristen.

Welche Folgen hatte das für das Leben dort?

Der Tourismus hat das Leben dort vollkommen verändert, er ist nicht Teil unserer Kultur und wir waren darauf nicht vorbereitet. Jetzt müssen wirauf ihn reagieren. Einerseits werden die neuen Verdienstmöglichkeiten durch den Tourismus von den meisten positiv gesehen. Viele Einwohner arbeiten jetzt als Führer oder bringen Touristen zu den Unterkünften, von denen es in der Umgebung etwa 30 gibt. Andererseits bestellen immer weniger Leute dort ihre Felder, wodurch sie keine Selbstversorger mehr sind, so wie es heute noch in den meisten anderen Dörfern ist. Die Straße führte auch zu einem Müllproblem und zur Abholzung von Wald, welche wiederum Bäche austrocknet und im Sommer zu Wasserknappheit führt. Tourismus und Landwirtschaft sollten eigentlich zwei sich ergänzende Bausteine sein, dafür wird aber eine neue Strategie gebraucht, denn bisher machen die Touristen hier vor allem Strandurlaub und kommen nur wenig in die Dörfer. Es gibt daher Ideen zu Agrotourismus, das heißt wir könnten den Gästen zeigen, wie wir traditionell unser Land bestellen.

Gibt es sonst Konflikte mit externen Akteuren?

Mit der Regierung hat es immer gewisse Spannungen gegeben. Guna Yala ist eine Goldgrube für den Tourismus, und wirtschaftliche Interessen führen zu Konflikten mit Staat und Unternehmen. Aktuell gibt es etwa einen Konflikt um schon immer von den Guna genutzte Gebiete, die bei der Anerkennung des Territoriums aber nicht einbezogen worden. Dort vergibt der Staat nun Landtitel an Unternehmen, und der CGG klagt dagegen vor dem interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof. Weitere Konflikte drehen sich derzeit um ein Stromkabel, welches durch unser Land verlegt werden soll, oder um eine von uns erhobene Maut für Autos und Boote, die laut einiger Verkehrsunternehmen und der Regierung nicht rechtens sei. Der CGG wehrt sich auch hier juristisch und gründet jetzt ein eigenes Verkehrsunternehmen. Von Großprojekten mit enormen Auswirkungen wie Bergbau oder Staudämmen sind wir nicht betroffen. Wenn Unternehmen kommen wollten, um unser Land auszubeuten, hat der CGG diese bisher immer stoppen können.

Was gibt es für Projekte in Guna Yala und wie werden sie organisiert?

Der Staat investiert in Schulen, Krankenstationen und Wasserleitungen. Der CGG sowie kommunale NGOs unterhalten einige kleine Projekte, etwa zur Wiedergewinnung bestimmter Pflanzensamen oder zum Wiederanbau des Kakaos, der spirituelle und zeremonielle Bedeutung für die Guna hat. Die Finanzierung solcher Projekte erfolgt zum Beispiel durch die Weltbank. Meine Gemeinde Gardí Sugdub ist dabei, als Reaktion auf die durch den Klimawandel sowie die Korallenschäden bedingten Überschwemmungen auf das Festland umzuziehen. Die Gemeinde hat diese
Initiative selbst ergriffen, auch weil sie an der Straße viel Land besitzt, auf dem das neue Dorf gebaut werden soll.

Sollte die Selbstverwaltung weiterentwickelt werden?

Ja, wir brauchen mehr vorausschauende Planung im Sinne eines Regionalplans, um dies dann auf einzelne Projekte anwenden zu können: Wie stellen wir uns unsere Zukunft in 20, 30 Jahren vor? Welcher Tourismus passt zu uns? Wir müssen aber auch den CGG selbst strukturell erneuern. Ich nehme etwa bei den lokalen Amtsträgern einen Rückgang des Selbstbewusstseins wahr, wir müssen sie stärken. Das gilt auch für die Frauen, die in unserer Kosmovision eine wichtige Rolle spielen und schon heute in vielen Funktionen für den CGG arbeiten. Er muss sich aber noch weiter öffnen, denn Frauen und Männer sollten die Entscheidungen gemeinsam treffen. In den Gemeinden passiert das zum Teil schon, aber die Organisation der Frauen ist nicht überall gleich stark. Schließlich ist die Realität der jungen Guna eine besondere: sie studieren, nutzen das Internet und haben eine andere Perspektive, was manchmal auch Kritik gegenüber dem CGG bedeutet. Der CGG ist nicht perfekt, aber unser Territorium und damit die Autonomie sind die Stärke unseres Volkes, sie sind für unsere Identität und den Schutz der Natur sehr wichtig. Wir sollten weiter an ihrer Verbesserung arbeiten.

“LA LEY FUNDAMENTAL PROTEGE NUESTRA TIERRA”

BLAS LÓPEZ
es sociólogo y fue secretario general del Congreso General Guna entre 2011 y 2013. En la actualidad es miembro de la comisión que organiza el traslado de su comunidad Gardi Sugdub desde la isla en la que se ubica a tierra firme.

(Foto: privat)


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¿Cómo llegaron los Guna a conseguir autonomía política y a la posibilidad de un autogobierno?

En 1925, después de un período de discriminación y maltratos por parte del Estado de Panamá, se produjo un levantamiento armado de los Guna. Como resultado de este el Estado terminó reconociendo oficialmente a nuestro pueblo y a nuestro territorio de Guna Yala. La actual estructura de la administración indígena del territorio existe desde 1972 y fue establecida por los Guna en una Ley Fundamental. Desgraciadamente, el estado todavía no la reconoce, ya que en parte esta ley entra en conflicto con las leyes nacionales, por ejemplo, con respecto al manejo de los recursos naturales.

¿Cómo se organiza la autonomía Guna?

El núcleo de nuestra autonomía lo conforman dos órganos, el Congreso General Guna (CGG) que cumple un rol organizacional y el Congreso General de la Cultura Guna, de naturaleza espiritual. Ambos congresos tienen varios representantes o líderes tradicionales, los Sagla dummagan. El CGG tiene dos asambleas al año, las cuales están formadas por delegados de las 49 comunidades y toman las decisiones políticas que las comunidades deberán acatar. El CGG cuenta además con un secretario general y varias secretarías, por ejemplo para la defensa del territorio, para las relaciones públicas y para el turismo. Cada comunidad tiene además sus propios reglamentos.

¿Qué significado tienen la naturaleza y la biodiversidad para los Guna?

Son muy importantes, los Guna las salvaguardan desde siempre. Tienen una relación con la naturaleza, también en sentido espiritual, y viven diariamente con la tierra y el mar. Los rituales tradicionales, el Congreso de la Cultura así como el Sagla como autoridad política y espiritual de una comunidad tienen una función cohesiva esencial. Mediante un canto religioso traditional en la casa local del congeso recuerda diariamente a todos lo importante que es amar a la naturaleza. Desde hace algunos años se ha implementado una educación bilingüe en Guna Yala, para lo cual también hemos desarrollado material educativo sobre nuestra cosmovisión en nuestro propio idioma. Todo esto nos fortalece en nuestra relación con la naturaleza. Y además hay normas concretas, como, por ejemplo, cada año hacemos una veda de tres meses para la pesca de langostas, de tortugas y de mariscos, para ayudar a la recuperación de las poblaciones.

¿Son respetadas estas normas?

En primer lugar, existe un control social de dichas normas. La mayoría de los pescadores y compradores profesionales son conscientes de la prohibición de la pesca, por lo tanto las infracciones son muy escasas. El CGG nombra inspectores para este período. Ellos se encargan de decomisar lo pescado y de arrojarlo nuevamente al mar, en cada puerto y otros lugares. La gente sabe que no puede vender nada, así que casi no pescan nada, sólo para ellos mismos a veces. Otros ejemplos de infracciones son el botar basura en el medio ambiente o el uso de corales marinos para ampliar las islas habitadas y protegerlas contra el aumento del nivel del mar, lo que daña al ecosistema marino a largo plazo. La gente hace esto para sobrevivir, pero eso no tiene nada que ver con nuestra cultura. Dependiendo del grado de una infracción, el CGG puede imponer multas.

¿Cómo maneja el pueblo Guna las influencias externas, como proyectos científicos o económicos y el turismo?

Las visitas de turistas y científicos, por ejemplo, son bienvenidas siempre y cuando respeten nuestra cultura. Las inversiones externas en proyectos sólo son posibles si son en beneficio del pueblo Guna, para lo cual se debe presentar una solicitud al CGG. La Ley Fundamental establece que sólo personas Guna pueden adquirir tierras en Guna Yala (nota de la redacción: unas negociaciones iniciadas en 2005 con el gobierno para suavizar este principio fueron suspendidas por el pueblo Guna, véase LN 387/388). Ha habido muchas solicitudes para invertir en cabañas turísticas, por ejemplo, de empresas que desean comprar una isla. Después de una mala experiencia, como resultado de la cual un hotel financiado por inversionistas extranjeros fue cerrado por el CGG, las instalaciones y servicios turísticos sólo pueden ser manejados por personas Guna. Hace algunos años se abrió la primera carretera a Guna Yala. Además del gobierno panameño, los habitantes de la región también tenían interés en la carretera, ya que el viaje de la ciudad de Panamá a Guna Yala en barco o avión era caro. Ahora muchos turistas vienen al pueblo Gardi Sugdub, mi comunidad, a la que se puede acceder por esa carretera.

¿Qué consecuencias tuvo la carretera para la vida en la comunidad?

El turismo ha cambiado la vida allí por completo, ya que no es parte de nuestra cultura y no estábamos preparados. Ahora tenemos que reaccionar a esto. Por un lado, las nuevas oportunidades de ingreso que ofrece el turismo son vistas positivamente por la mayoría. Muchos habitantes trabajan ahora como guías o llevan turistas a las cabañas, de los cuales hay unas 30 en la zona. Por otro lado, cada vez son menos las personas que trabajan en el campo, lo que significa que ya no son autosuficientes, como solían serlo y como todavía lo son en la mayoría de las demás comunidades. La carretera también provocó un problema con respecto a los temas de basura y de la deforestación. La deforestación a su vez seca los arroyos y provoca escasez de agua en verano. También se ha observado transporte de drogas por la carretera. El turismo y la agricultura deberían ser dos componentes complementarios, pero se necesita una nueva estrategia para lograrlo, porque hasta ahora los turistas han estado haciendo vacaciones de sol y playa aquí y apenas vienen a la comunidad. Por lo tanto, estamos pensando en fomentar el agroturismo, es decir, podríamos mostrar a los visitantes cómo cultivamos tradicionalmente nuestra tierra. Resumiendo, esta carretera no estuvo bien planificada, pero sin embargo el CGG ya ha aprobado otra nueva carretera, sin una evaluación del impacto ambiental. Los Guna de los pueblos afectados sólo ven los ingresos que trae el turismo y no los aspectos negativos. Uno debería haber aprendido de la experiencia con la primera carretera.

¿Existen otros conflictos con actores externos?

Siempre ha habido cierta tensión con el gobierno. Los intereses económicos en particular conducen a conflictos con el Estado y con las empresas, porque Guna Yala es una mina de oro para el turismo. En la actualidad, existe un conflicto por una zona tradicionalmente utilizada por los Guna, pero que no estaba incluida dentro del reconocimiento original del territorio. El estado ahora otorga títulos de propiedad a las empresas para uso turístico allí, y el CGG está persiguiendo una demanda en la Corte Interamericana de Derechos Humanos. Otros conflictos actuales incluyen un cable de electricidad que quieren poner a través de nuestro territorio, o veleros comerciales que navegan por nuestras aguas territoriales sin permiso. Algunas empresas o individuos afirman que los impuestos que cobramos a los carros y botes no son legales, porque quieren controlar el transporte a Guna Yala ellos mismos, y el gobierno está de acuerdo con ellos. Pero el CGG dice que no, que ésta es nuestra carretera y que ya hemos iniciado nuestra propia empresa de transporte. En principio, nuestros derechos no están amenazados y el Estado respeta los acuerdos internacionales para la protección de los pueblos indígenas. Los grandes proyectos con enorme impacto como la minería o las hidroelectricas no nos han afectado. Cada vez que las empresas han querido venir a explotar nuestro territorio, el CGG siempre ha podido pararlas.

¿Cuáles son los proyectos en Guna Yala y cómo están organizados?

El Estado invierte en escuelas, centros de salud y acueductos. El CGG y también ONGs comunales tienen algunos pequeños proyectos, como la recuperación de ciertas semillas o la recuperación de la plantación de cacao, la cual tiene una importancia espiritual y ceremonial para el pueblo Guna. Estos proyectos son financiados, por ejemplo, por el Banco Mundial. Mi comuna, Gardi Sugdub, se está trasladando desde la isla en la que se ubica a tierra firme con más de 300 familias, en respuesta a la amenaza de inundaciones por el cambio climático y los daños causados por la extracción de corales. La comunidad tomó esta iniciativa por sí misma, también porque es propietaria de muchos terrenos por la carretera, en las que se construirá la nueva comunidad. Sin embargo, debido a problemas de financiación, hasta ahora sólo se han construido dos edificios que están sin terminar, un hospital y una escuela.

¿Cree que se debería seguir desarrollando la administración autónoma en el futuro?

Sí, necesitamos una planificación más orientada al futuro en el sentido de un plan regional, de modo que podamos aplicarlo a los proyectos individuales: ¿Cómo vemos nuestro futuro en 20 o 30 años? ¿Qué tipo de turismo nos conviene? El CGG está creando un fondo con los ingresos del turismo, ¿cómo debería invertirse este dinero en las comunidades? Esto preocupa a muchos, pero en las reuniones del CGG a menudo se debaten problemas más cotidianas como las finanzas o los conflictos fronterizos. Ahora sería el momento de una discusión abierta. Para la planificación de proyectos, el pueblo Guna cuenta con muchos profesionales, el CGG también mantiene su propio instituto de investigación y desarrollo. Tenemos que adaptar nuestras normas a los cambios, pero también renovar al propio CGG estructuralmente. Creo que a nivel de las comunidades estamos viviendo una crisis de nuestras instituciones tradicionales debido a las influencias externas. Percibo una disminución de la autoestima entre las autoridades locales, por ejemplo. Tenemos que fortalecer las instituciones. La realidad de los jóvenes Guna es diferente a la de los mayores, ellos estudian, utilizan el internet y tienen una perspectiva diferente, a veces también son críticos con el CGG. El CGG quiere organizar mejor a los jóvenes e integrarlos en sus estructuras. Las mujeres juegan un papel importante en nuestra cosmovisión. Hoy en día, muchas mujeres trabajan para el CGG en diferentes funciones, pero el CGG necesita abrirse aún más, porque las mujeres y los hombres tienen que tomar las decisiones en conjunto, lo que no ha sido el caso hasta ahora. Eso ya está ocurriendo en algunas comunidades, pero la organización de mujeres no es igual de fuerte en todas partes. La comunicación con los habitantes también debería mejorarse, por ejemplo, ya que algunos todavía no conocen la Ley Fundamental. El CGG lleva a cabo relaciones públicas a través de su página web y Facebook, así como conferencias de prensa con el fin de llegar a la sociedad panameña. Ahora también se establecerá una estación de radio propia. La tecnología puede ser una herramienta para nosotros. El CGG no es perfecto, pero nuestro territorio y por lo tanto nuestra autonomía son la fortaleza de nuestro pueblo, son muy importantes para nuestra identidad y la protección de la naturaleza. Debemos seguir trabajando en su mejora.

KONTINENTALES BEBEN

Leviathan – das biblische Monster aus den Tiefen des Meeres: Einen besseren Namen für die Untersuchungsoperation hätten sich die Ermittler*innen kaum ausdenken können. Am 18. Februar dieses Jahres begann die brasilianische Bundespolizei erneut, Büros und Privatwohnungen von Politiker*innen zu untersuchen. Diesmal ging es um Schmiergeldzahlungen des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht im Zusammenhang mit dem Bau des umstrittenen Projekts Belo Monte. Das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt am Xingu-Fluss mitten in Amazonien wird von Kritiker*innen als „Belo Monstro“ – „Schönes Monster“ – bezeichnet. Und tatsächlich liegt das Bauwerk im Flusslauf des Xingu wie ein gestrandetes Meeresungeheuer.

Nach Aussagen der Ermittler*innen sollen ein Prozent der etwa 8,5 Milliarden US-Dollar Gesamtkosten des Baus in die Kassen von Parteien geflossen sein. Um welche Parteien es sich handelte, wurde nicht erwähnt. Vermutlich handelt es sich aber um die rechtskonservative PMDB, der der aktuelle Präsident Michel Temer angehört, und um die linke Arbeiterpartei PT, an deren Vorgängerregierung Temer als Vizepräsident ebenfalls beteiligt war.

Leviathan ist die jüngste Ermittlung, die aus der Operation Lava Jato – deutsch für „Autowaschanlage“ – erwachsen ist. Lava Jato begann vor zwei Jahren und elf Monaten und brachte schon einigen Politiker*innen massive Probleme — wie im Fall des ehemaligen Gouverneurs des Bundesstaates Rio de Janeiro, Sérgio Cabral. Unter anderem weil er Bestechungsgelder von Odebrecht im Zusammenhang mit der Renovierung des Fußballstadiums Maracanã angenommen hat, sitzt Cabral derzeit im Gefängnis. Die öffentlichkeitswirksamen Ermittlungen trugen auch zur umstrittenen Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff bei, obwohl ihr bislang keine Beteiligung an den kriminellen Machenschaften nachgewiesen werden konnte. Zunächst ging es bei Lava Jato nur um die Veruntreuung von Geldern des staatlichen brasilianischen Erdölkonzerns Petrobras für die Wahlkampfkassen von brasilianische Parteien. Doch je weiter die Ermittler*innen bohrten, desto mehr kam zum Vorschein. Schnell ging es auch um den Baukonzern Odebrecht und der Skandal zog  internationale Kreise.
Da die Schmiergeldzahlungen unter anderem über die Schweiz und die USA liefen, klagten die beiden Länder vor einem New Yorker Gericht gegen Odebrecht. Im vergangenen Dezember stimmte das Unternehmen einer Strafe von 3,5 Milliarden Dollar zu, der höchsten Summe, die je in solch einem Fall gezahlt wurde. Odebrecht hatte vor  Gericht zugegeben, in den Jahren von 2001 bis 2014 etwa 788 Millionen US-Dollar Schmiergeld in zwölf Ländern Lateinamerikas und Afrikas gezahlt zu haben, um an öffentliche Aufträge zu kommen. Seitdem kommen die Ermittlungen nicht mehr zur Ruhe.

In der Dominikanischen Republik wurden die Büroräume von Odebrecht durchsucht. In Venezuela fror die Justiz Ende Februar die Konten des Unternehmens ein, auch hier hatten Militärs Büroräume durchsucht. Der Präsident Panamas, Juan Carlos Varela, soll ebenfalls Bestechungsgelder der Firma entgegengenommen haben. In Kolumbien wurde der ehemalige Vizeminister für Transportwesen, Gabriel García Morales, verhaftet, weil er gegen Schmiergelder den Auftrag für den Bau einer Überlandstraße an Odebrecht vergeben haben soll.
Viele Politiker*innen versuchen, die Odebrecht-Aussagen zu nutzen, um ihren politischen Gegner*innen zu schaden. In Ecuador, wo am 21. Februar die erste Runde der Präsidentschaftswahlen stattfand, versuchte die Opposition die Anschuldigungen gegen die Regierung zu verwenden, um dem Kandidaten von Präsident Rafael Correa zu schaden. In Venezuela, wo die Auseinandersetzungen zwischen Opposition und Regierung sich in den letzten Monaten massiv zugespitzt hatten, versucht die Regierung den Skandal für sich zu nutzen. Der sozialistische Präsident Nicolás Maduro hatte Mitte Februar erklärt: „Ein Gouverneur hat Geld von Odebrecht angenommen und dafür wird er ins Gefängnis gehen!“ Die Anschuldigungen gingen in Richtung des Oppositionsführers und Gouverneurs des Bundesstaates Miranda, Henrique Capriles, der die Vorwürfe von sich wies.

Tatsächlich erstrecken sich die Vorwürfe über alle politischen Lager hinweg. Offenbar zahlte Odebrecht in die Wahlkampfkassen sowohl linker als auch rechter Politiker*innen, um danach eine Bevorzugung bei der Vergabe von Aufträgen zu erhalten. In Argentinien gibt es Hinweise, dass Odebrecht korrupte Verbindungen sowohl zu den linken Ex-Präsidenten Néstor und Cristina Kirchner als auch zum rechten Präsidenten Marcelo Macri unterhielt.
Der spektakulärste Fall des Odebrecht-Skandals ist sicher Peru. Praktisch alle Präsidenten, die das Land von 2001 bis 2016 regiert haben, sollen von Odebrecht bestochen worden sein. Gegen den Ex-Präsidenten Alejandro Toledo (2001-2006) ist ein internationaler Haftbefehl ausgesetzt, er soll 20 Millionen Dollar erhalten haben und dafür den Auftrag für den Bau der „Interozeanischen Straße Süd“ zwischen Peru und Brasilien an Odebrecht vergeben haben. Toledos derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt.

Um das ganze Ausmaß des Skandals zu erfassen, wollen die Staatsanwaltschaften der betroffenen Länder bei den Ermittlungen zusammenarbeiten. Am 18. und 19. Februar trafen sich in Brasília Generalstaatsanwält*innen aus 15 Ländern, mehrheitlich aus Lateinamerika und Afrika, um sich über ihren jeweiligen Untersuchungsstand auszutauschen. Zehn Staaten unterschrieben ein Abkommen, das unter anderem internationale Ermittler*innenteams vorsieht. Es ist die größte internationale juristische Kooperation, die je zu einem Korruptionsfall  in Lateinamerika stattfand.

Die Zusammenarbeit wird wohl auch nötig werden, denn das komplizierte Netz von Odebrechts Zahlungen zu entflechten, wird eine schwierige Aufgabe. Mehrere Briefkastenfirmen und Banken in Steuerparadiesen waren dabei involviert. Das Unternehmen ging so weit, eine Bank auf Antigua und Barbados aufzukaufen, um Zahlungen abzuwickeln. Die panamaischen Behörden ermitteln in diesem Zusammenhang auch gegen die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die schon bei der Veröffentlichung der Panama Papers eine Hauptrolle spielte.
Als Hauptplaner dieses kriminellen Netzwerks wird der Firmenchef und Gründererbe, Marcelo Odebrecht selbst, angesehen. Im vergangenen Jahr ist er in Brasilien zu 19 Jahren Haft wegen Bestechung, Geldwäsche und anderer Delikte verurteilt worden. Durch seine Kooperation mit der Justiz wird er seine Strafe vermutlich halbieren können, zudem wird wohl ein Teil in offenen Vollzug umgewandelt. Insgesamt haben 77 Ex-Manager*innen von Odebrecht im Rahmen von Kronzeug*innenregelungen ausgesagt. Mehrere Medien warnen davor, die Anschuldigungen der Ex-Odebrecht Manager*innen zu ernst zu nehmen: Schließlich beschuldigten da Kriminelle andere, um ihre eigene Haut zu retten.

Bislang unterliegen die Aussagen der Ex-Manager*innen noch der Geheimhaltung, da es um laufende Ermittlungen geht. Nur tröpfchenweise kommen Gerüchte zutage. Viele Politiker*innen – insbesondere die von den Anschuldigungen betroffenen – verlangen nun, dass die Geheimhaltung aufgehoben wird: Die kleinen Nadelstiche schaden mehr, als die Explosion einer großen Bombe. Vor allem können sie wohl besser an ihrer Verteidigung arbeiten, wenn sie wissen, was ihnen vorgeworfen wird.

Die Opposition in Brasilien glaubt, dass die Regierung nun bei ihrer Verteidigung gegen ein drohendes Odebrechtbeben ein gutes Stück vorangekommen ist. Am 22. Februar wurde Alexandre de Moraes als neues Mitglied des Obersten Gerichtshofs bestätigt. Michel Temer hat den ehemaligen Justizminister und Ex-Mitglied der PMDB als Nachfolger für den im Januar tödlich verunglückten obersten Richter Teori Zavasci bestimmt (siehe LN 512). Zavasci war für die Beurteilung der Aussagen der 77 Ex-Manager*innen von Odebrecht zuständig. Nun glauben Regierungskritiker*innen, dass die Regierung mit Moraes einen Vertrauensmann in das Gericht gehievt hat, um der politischen Klasse die Schlinge aus dem Hals zu ziehen. Andererseits sind die Ermittlungen und Enthüllungen bereits so fortgeschritten, dass es unwahrscheinlich erscheint, dass die alten Eliten so korrupt weiter regieren können wie bisher. In der Dominikanischen Republik gab es im Januar bereits Massenproteste, die ein Ende der Straflosigkeit in dem Korruptionsskandal verlangten.

Vielleicht hat der Fall des Bauriesen also positive Folgen für die Region. In einen Kommentar für die brasilianische Zeitung Estadão schrieb der peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa ironisch, man müsse vielleicht in ein paar Jahren ein Denkmal für Odebrecht errichten: Schließlich hätten die Aussagen der Manager*innen das in Lateinamerika so virulente System Korruption zu Fall gebracht.
Noch ist es zu früh, um zu beurteilen, ob der Odebrecht-Skandal wirklich zu tiefgreifenden politischen Veränderungen führt. Aber der Skandal zeigt deutlich, wie die lateinamerikanischen Demokratien von finanziell potenten Privatinteressen untergraben werden.

Der peruanische Anthropologe und Amazonienexperte Alberto Chirif weist darauf hin, dass viele Bauprojekte, an denen Odebrecht und geschmierte Politiker*innen verdient haben, womöglich nur aufgrund der korrupten Machenschaften beschlossen wurden. Als Beispiel nennt er die erwähnte Interozeanische Straße-Süd in Peru. Als das Projekt 2005 beschlossen wurde, hieß es, es würde den Handel zwischen Brasilien und Peru beleben. Doch sechs Jahre nach der Eröffnung der Straße sieht die Realität anders aus: Kaum ein brasilianisches Unternehmen nutzt die relativ schmale Straße, die mehr als 5.000 Höhenmeter überwindet. Das Projekt war ein absoluter Fehlschlag. In einem Kommentar für das Nachrichtenportal SERVINDI schreibt Chirif, dass dies den politischen Entscheidungsträgern um Präsident Toledo schon vorher klar war. Sie hätten bewusst gelogen, weil sie von Odebrecht geschmiert wurden: „Das eigentliche Ziel, das mit der Straße erreicht werden sollte, war allein ihr Bau.“ Laut Chirif ging es von Anfang an nur darum, öffentliche Gelder zu privatisieren. Die beteiligten Politiker*innen machten sich zu Kompliz*innen, da ihre eigenen Wahlerfolge von den Schmiergeldzahlungen des Baukonzerns abhingen.

Und auch beim Bau des „Schönen Monsters“ Belo Monte mag eine ähnliche Motivation eine Rolle gespielt haben. Gegen den Bau sind insgesamt 25 Klagen anhängig, zahlreiche Gesetze zum Schutz von indigenen Gemeinschaften und der Umwelt wurden missachtet. Doch der Bau wurde immer wieder von der Exekutive mit dem Verweis auf „nationale Interessen“ gegen die Judikative durchgesetzt. Das Ausmaß der Schmiergeldzahlungen wirft nun die Frage in den Raum, in wessen Interesse die Regierung damals agierte: in dem der Bevölkerung oder in dem der beteiligten Konzerne?

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